Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.07.1881
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 04.07.1881
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18810704
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-188107047
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18810704
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1881
- Monat1881-07
- Tag1881-07-04
- Monat1881-07
- Jahr1881
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Natur, sondern auch wissenschaftliche Werke der verschiedensten Art, um einen größeren Leserkreis zu finden, wenigstens arabesken artig verzierte Titel, figurirte Initialen u. s. s. haben mußten, die sämmtlich von Formschneidern ausgesührt wurden. Besonders in der Figurirung der Anfangsbuchstaben suchten sie — da sie gewöhnlich auch tüchtige Zeichner (und umgekehrt) waren — ihr Talent zu zeigen und verwandten eine Fülle von architektonischem Witz und ornamentaler Satire auf ihre Composition. Der Um fang der am Ende des 15. und im Laufe des 18. Jahrhunderts publicirten illustrirten Werke ist ein so großer, daß eine An führung auch nur der wichtigsten uns zu weit führen würde. Was an Chroniken, Romanen, Reisebeschreibungen, volksthüm- lichen Gedichtsammlungen, medicinischen, namentlich anatomischen, an naturwissenschaftlichen Werken, an Andachts- und Gebetbüchern, einschließlich der Bibel, an Abhandlungen über verschiedene Künste und Gewerbe, an elastischen Autoren in der Urschrift und in Ucbersetzung u. s. s. geschaffen ward — und deren Zahl war eine Legion — wurde auf die mannigfachste Weise durch mehr oder minder paffende Holzschnitte erläutert und commentirt. Freilich läuft viel Aberglauben dabei mit unter. Aber der An stoß, welchen das Volk dadurch erhielt, um sich über die Welt und die Statur, über Kunst, Wissenschaft, Gewerbe und öffent liches Leben zu insormiren, ist nicht hoch genug anzuschlagen; ebenso wenig die Förderung, welche die zeichnende Kunst selbst und die Reinigung des Geschmacks dadurch gewonnen. lieber die zeichnende Kunst in Verbindung mit dem Holz schnitt und die civilisatorische Bedeutung dieser Verbindung mag hier, im Verhältniß zu den übrigen bildenden Künsten, eine kurze Zwischenbemerkung gestattet sein. Dieselbe ist — vielleicht steht diese Behauptung im Widerspruch mit der Ansicht vieler unserer Leser — höher als die irgend einer andern Kunst anzuschlagen. Es soll damit selbstverständlich nicht gesagt sein, daß die Illu stration eine künstlerisch höhere Stufe einnimmt als die übrigen Künste, sondern nur, daß sie als populäres Bildungsmittel einen ungleich tieferen und weiteren Umfang beansprucht. Es läßt sich dies sowohl geschichtlich wie ästhetisch sehr leicht erklären. Denn es liegt in der Natur jeder Kunstthätigkeit — und namentlich gilt dies von den bildenden Künsten —, daß sie in ihrer Ent wicklung bis zu einer Culminationsepoche fortschreitet, über die hinaus ihre organische Lebensentwicklung im positiven Sinne auf hört. Jede Kunst hat ihre Kindheit, ihre Blüthczeit, ihr Alter: schließlich bleibt von ihr nichts übrig als die Erbschaft der tech nischen Mittel, welche aber den erlöschenden PromctheuSsnnkcn nicht zu neuer Flamme zu beleben vermag. So culminirte die Plastik, in welcher Idee und Form zur harmonischen Gleich berechtigung gelangte, in dem entsprechend organisirten, nämlich ebenfalls harmonisch gearteten Hellenenthum, so culminirte ferner die religiöse Malerei im Cinquecento — und keine Anstrengungen vermögen in diesen Gebieten die verloren gegangene Kraft der Vollendung zu erreichen, geschweige darüber hinauszugehen. Das Höchste, was darin erreicht werden kann und was man zum Lobe eines späteren Werkes der Plastik und der religiösen Malerei sagen mag, ist, daß jenes der Antike, dieses den Werken der Cinquecentisten nahe komme, oder, wie man sich auszudrückcn pflegt, in deren „Stil" gearbeitet sei. Ohne mich hier auf die näheren Nachweise cinzulassen, glaube ich doch behaupten zu dürfen, daß, was die Technik, d. h. das Gebiet der Darstellungsmittel betrifft, die moderne Knnstentwicklung diese specifischc Eigenthümlichkeit zeigt, daß sie bereits einen Schritt über die Malerei hinausgethan hat — zur Zeichnung, d. h. zur Illustration. In der neuere» Kunst tritt dies noch schärfer hervor als in der früheren Zeit; That- sache ist, daß in zweifacher Beziehung die Zeichnung mehr und mehr eine hervorragende Stellung einnimmt, in der großen Kunst der Carton, in der kleinen Kunst die Illustration. Gerade unsere größten Künstler, ein Carstens, ein Cornelius, ein Kaulbach, ein Schwindt sind dies nicht durch ihre Gemälde, sondern durch ihre großartigen Cartonzeichnungen geworden, und wo sie diese Cartons in Gemälde umsetzten, stehen diese weit hinter den farblosen und oft rohen Zeichnungen an künstlerischer Großheit und Adel des Eindrucks zurück. Es scheint gewisser maßen ein künstlerisches Naturgesetz, daß in dem moderne» Kampf zwischen Colorit und Composition schließlich die letztere den Sieg davon tragen muß: Composition aber ist Zeichnung. Die Zeichnung nun ist etwas viel Abstrakteres als die Farbe, schließt sich also als Darstellungsmittel viel adäquater dem sich geistig mehr zuspitzenden Gedankeninhalt des Kunstschaffens an. Was aber die populäre Bedeutung der Zeichnung in der Form der Illustration betrifft, so bedars es kaum besonders be tont zu werden, daß dieselbe ungleich größer ist als die der Künste ersten Ranges: Bauwerke, Statuen, Gemälde sind der Luxus des gebildeten Kunstgefühls, und so vielfach in neuerer Zeit durch Museen, Gemäldesammlungen, Ausstellungen u. s. f. sür die Popularisirung des Kunstgeschmacks gesorgt wird — Ein richtungen, die ohnehin der früheren Zeit gänzlich unbekannt waren —, einen wahrhaft civilisatorischen Einfluß aus die Ge- sammtbildung können sie schon deshalb nicht gewinnen, weil sic meist auf die größeren Städte, als die Centren der künstlerischen Bildung, beschränkt sind. Wenn die Werke jener Künste, wie gesagt, als der Luxus des gebildeten Kunstgesühls betrachtet werden müssen, so ist dagegen die Illustration als das eigent liche tägliche Brot des künstlerischen Geschmacks oder sagen wir des intcllcctuellen Anschauungsbedürsnisses im Volke zu bezeichnen. Denn die Anschauung haftet zunächst an dem reinen, formalen Bilde dessen, was die Natur oder die ihr nachbildende Phantasie schafft; die Hinzuthat der Farbe ist angenehm, macht die An schauung lebendiger, aber sie ist keine nothwendige Bedingung derselben; mit einem Worte: durch die Illustration wird ein absolutes Lebensbedürfniß der geistigen Existenz des Volkes be friedigt. Vom illustrirten Abcbnch bis hinaus zum illustrirten Shakespeare und Goethe gibt es sür jede Alters- und Bildungs stufe eine ungeheure Zahl illustrativer Werke, welche schon da durch von außerordentlichem Einfluß aus die allgemeine Bildung sind, daß sie durch die Anschaulichkeit der Bilder das Interesse an der Literatur selbst erhöhen. Im Allgemeinen kann man bei der Betrachtung der kultur geschichtlichen Bedeutung der Illustration hinsichtlich des Inhalts drei Seiten unterscheiden: die künstlerische im engeren Sinn des Wortes, die novellistische und die didaktische. Rücksicht lich der Form muß die periodische von der nichtperiodischen ge trennt werden. Was die künstlerische Seite, d. h. die Bildung des allgemeinen Geschmacks betrifft, so würde eine einfache stati stische Betrachtung zahlreiche Beweise dafür liefern, daß der Ein fluß der Illustration als populären Bildungselements viel höher anzuschlagcn ist als der Einfluß der Malerei aller Zeiten, ge schweige denn der Plastik und Architektur. Dank unseren Knnst- vcreinen werden alljährlich einige Tausend mehr oder weniger mittelmäßiger Bilder in die Welt, d. h. aus die Ausstellungen geschickt, welche znm großen Theil den Geschmack des Publicnms wenn nicht zu verderben, so doch jedenfalls nicht zu bilden ge eignet sind. Entsteht dann und wann ein wirkliches Meister werk, so kommt es wohl in der Residenz einigen bevorzugten Kunstkennern vor die Augen, aber wenn die illustrirten Zeitungen nicht davon Abbildung gäben, würde der überwiegend größere
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder