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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 31.05.1922
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- 1922-05-31
- Erscheinungsdatum
- 31.05.1922
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Redaktioneller Teil. X? 125, 31. Mai 1922. Kubins dämonische Visionen haben ihre begeisterten Feinde und Freunde. Sicherlich aber wird man dem Künstler nicht gerecht, wenn man in ihm den Geisterbanner unter den deutschen Buchkünst lern der Gegenwart sehen will, den gewissermaßen berufsmäßigen Grauenerwecker. Das hieße denn doch die seelischen Abgründe nicht erblicken, die in seiner Auffassung des Dämonischen liegen. Man kann in dieser Beziehung sehr lehrreiche Vergleiche anstellen wenn man sich der für Barbey d'Aurevillhs Diaboliques, eine der besten französischen Novellensammlungen des neunzehnten Jahr hunderts, von Fälicien Rops radierten Bildfolge, die aber nur als selbständiges Bildwerk veröffentlicht worden ist, erinnert. Und man möchte behaupten, daß der belgische Künstler sehr viel einseitiger sich dem einzigartigen Werke genähert hat — die Dia- boliques-Folge gehört allerdings nicht zu seinen besten Leistungen — als der deutsche, dessen neunzehn (zwanzig) Federzeichnungen einen stattlichen Quartanten zieren: JulesAmedöeBarbey d'Aurevilly, Teufelskinder. München, Georg Müller, 1921. Die geläufige Übersetzung von Arthur Schurig liest sich gut. Auch daß ein bibliographisches Nachwort statt einiger Seiten allgemeiner Betrachtungen gegeben wird, ist gut, nur hätte es in seinen Angaben über die Originalausgaben etwas ausführlicher und genauer sein dürfen. (Bei dieser Gele genheit soll nicht unvermerkt bleiben, daß der gewiß bald in den Antiquariatskatalogen stehende Band selbst eine bibliographische Notiz erfordert: auf dem Einband-Schutzumschlage findet sich eine Kubinsche Zeichnung, die im Buche selbst nicht steht, sodaß der Umschlag für das vollständige Exemplar »unentbehrlich» ist. Vorsichtige Sammler werden ihn, um sein Beschmutzen zu ver hindern, einkleben lassen, unvorsichtige werden ihn wegwerfen und er wird selten werden. Ein Fall, der übrigens noch für manche andere deutsche Liebhaberausgabe der letztverflossenen Jahre zu verzeichnen wäre.) Das Illustrations-Problem, ein Hereinragen unsichtbarer Welten in die uns sichtbare Welt zu veranschaulichen, seelische Vorgänge durch eine bildliche Darstel lung zu versinnlichen, ist ja nicht nur als ein Jllustrationspro- blem restlos unlösbar, weil jede seelische Verkörperung, die greif bar, die real erscheinen soll, im Bilde so oder so in die Körper welt einbezogen werden muß, indessen der Dichter weit weniger eingeschränkt wird, da seine und seines Lesers Phantasie Unsag bares weit weniger deutlich auszudrücken brauchen. Auch der Buchkünstler muß sich an die Phantasie des Lesers wenden, indem er mit seinen Illustrationen sie auf das Unheimliche stimmt. Aber er ist gezwungen, irgendwelche feste Formen den undeutlichen, zerfließenden Gestaltungen zu verleihen. Da ist eine Grenze, die sich nicht überschreiten läßt. Wenn etwa das Bild aus dem Rah men tritt, ein beliebtes Gespenstermotiv, so läßt sich das nur in einer Art zeichnen, die mehr oder minder die von dem Dichter gewollte Illusion aufhebt, und der Illustrator muß auf Umwegen es vermeiden, einen anders gemeinten Vorgang in die groteske Wirkung umzukehren. Wie das W. Masjutin versucht hat, als er die berühmteste Petersburger Novelle Gogols illustrierte (Nicolai Gogol, Das Bildnis. Mit Zeichnungen von W. Masjutin. Stuttgart, Julius Hoffman n, 1920), mag man in der eben erwähnten interessanten kleinen Lieb haberausgabe studieren, die das nicht zu unterschätzende Verdienst hat, ein schönes Beispiel der in Deutschland wenig bekannten russischen Buchkunst zu geben, die es verdiente, mehr gekannt zu sein. Ganz abgesehen davon, daß die Russen selbst denn doch eine ganz andere Einfühlung in ihr heimisches Schrifttum haben, und ganz abgesehen davon, daß die meisten von westlichen Künst lern illustrierten russischen Werke sehr die Treue in der Wieder gabe des russischen Menschen und seiner Umwelt vermissen las sen, liegt in nicht wenigen dieser russischen Werke eine so origi nale Verbindung von Naivität und Raffinement, ästhetischem und technischem Raffinement, daß sich ein genaueres Bekannt- werden mit der russischen Buchkunst, wenn sich einmal eine Ge legenheit bietet, wie hier, schon lohnt. Besonders als Vignet- tisten, in ihren Bildern zum russischen Rokoko und zum russischen Biedermeier, haben die Russen hervorragende Leistungen aufzu- weisen, die eine Verschmelzung von Pariser und Petersburger Grazie (alten Stils, wie man vorsichtigerweise wohl hinzufügen muß) sind und eine starke Eigenart zeigen. Das fremd Anmu- 77« tende, das Fremdartige bleiben da gewiß nicht ohne Einfluß, wie ja auch der Europäer anfänglich an den asiatischen Kunstäußc- rungen seine Aufmerksamkeit nur aus ihm als Merkwürdigkeit und Seltsamkeit Erscheinendes richtete, auf das Exotische, das man chem abendländischen Dichter und Künstler sich eine eigene morgenländische Traumwelt aussinnen ließ. Unter diesen orien talischen Phantasien werden die von dem Grafen de Villiers de l'Jsle-Adam erschauten Visionen immer einen ersten Rang behaup ten, da es ihrem Verfasser gelungen ist, sie in die künstlerische Form zu zwingen. Der zehnte Adalundruck bietet sie in einer von Erwin Rieger besorgten deutschen Auswahl, deren vorneh mes Buchgewand der vornehmen Weise des französischen Dich ters entspricht, der lange genug zu den Verkannten gehört hat. Auch die Radierungen von Richard Teschner wahren die Haltung, die dieses noble Buch hat und von seinem Leser ver langt. (Villiersdel'Jsle-Adam. Visionenausdem Osten. Wien, Avalun-Verlag, 1921). Es wäre unbil lig, wollte man bei der Erwähnung dieser literarischen Bezie hungen zwischen Osten und Westen einer Gabe nicht gedenken, die Richard Wilhelm, der Übersetzer der lange noch nicht genug nach Gebühr gewürdigten Sammlung: Die Religion und Phi losophie Chinas (Jena, Eugen Diedcrichs Verlag), uns verehrte und der der Verlag eine Buchform verlieh, der vor allem auch das nachzurühmen ist, daß sie, obschon sie den Charakter einer Chinoiserie hervortreten läßt, sich von allen Übertreibungen eines billigen Ungeschmacks freihält: Chinesisch-deutsche Jahres- und Tageszeiten. Lieder und Gesänge, verdeutscht von Richard Wilhelm. Mit 16 Nach bildungen chinesischer Holzschnitte. Jena, E u -/ gen Diederichs, 1922. Für die Anordnung seiner Antholo-/ gie der großen chinesischen Poeten durste der Übersetzer sich mi§ Recht einen Goetheschen Titel aneignen: er ist der erste, derj deutsche Übertragungen chinesischer Lyrik aus der Ursprache der- : mittelt, wenn man von einzelnen zerstreuten früheren Versuchen in gelehrten Werken absieht, und zwar meisterhaft vermittelt, so- weit das überhaupt möglich ist. Denn das ästhetisch-graphische Element der Originale läßt sich nicht wiedergeben, jene Tiefen wirkung, die das chinesische Gedicht aus den es aufzeichnenden Schriftzeichen plastisch hervortreten läßt. Eine Art der Buch kunst, die, auf die Ausdrucksfühigkeit der Schrift gegründet, in der europäischen unserer Gegenwart noch sehr viel weniger auSge- bildet ist als seit langem im fernen Osten. Das Nachwort, eine feinfühlige Einführung in das Wesen der chinesischen Poesie, ge leitet den deutschen Leser sicher in den Bereich des Menschentums, das der Band bezeugt. Die deutschen Buchfreunde können ihn auf kein Lesepult aus Jade oder Nephrit stellen, aber sie werden ihn auch in einer kleinen Weltliteraturbibliothek nicht missen wollen. Die Änderung ihrer Auffassung, bedingt durch den Ge schmackswandel, mutz gerade bei einer sie erneuernden Druck legung solcher älteren Werke des Weltschrifttums besonders merk bar werden, die seit ihrer Entstehungszeit ein stets anerkannter und gekannter literarischer Besitz gewesen sind. Das gilt für die erste Blütezeit der deutschen Dichtung nicht, die erst durch ge- lehrte Ausgrabungen wieder entdeckt wurde, als eine zweite Blütezeit, die Klassiker« und Romantiker-Epoche, schon herangc- reift war. Es läßt sich daher, nachdem auch die buchgewerbliche Tradition hier viele Jahrhunderte unterbrochen war und nach dem die wissenschaftliche Erkundung des alten deutschen Schrift tums von vornherein seine freie künstlerische Wirkung einge schränkt hatte, weil sie durch die Bindung an geschichtliche Vor aussetzungen den nur genießenden Leser immerhin hemmte, ver stehen, wenn man es versucht, eine alte deutsche Dichtung, die nur in engeren Fachkreisen gekannt war, in einer neuzeitlichen Aus stattung zu veröffentlichen, die aus den ästhetischen, nicht noch aus den historischen Elementen des Gedichtes entwickelt wurde. Denn das retrospektive Moment, das so oft die Illustration eines Klassikers gefährdet, fällt hier nahezu fort. Der dritte Phan« tafüsdruck: Dietrich von Glaz, Der Gürtel. Mit Steinzeichnungen von Rudolf Großmann. Mün chen, Phantasus Verlag, 1921, ist ein solcher recht ge lungener Versuch. Richard Zoozmann hat den mittelhoch, deutschen Text frei und gekürzt in das Neuhochdeutsche
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