Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.02.1922
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1922-02-27
- Erscheinungsdatum
- 27.02.1922
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19220227
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-192202274
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19220227
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1922
- Monat1922-02
- Tag1922-02-27
- Monat1922-02
- Jahr1922
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Redaktioneller Teil. — Sprechsaal. X: 48. 27. Februar 1922. PersolilllnMiAeli. Gestorben: am 20. Februar au den Folgen eines Leidens, das er sich im Felde Mgczogen hatte, Herr Otto Fischer, Barpaket-Kassierer der Firma G. E. Schulze in Leipzig, der der Verstorbene seit Be ginn seiner buchhändlerischen Laufbahn angehört und treue Dienste geleistet hat; ferner: am 23. FebiRar nach längerer Krankheit am Herzschlag im 72. Lebensjahre Herr Theodor Bogen in Leipzig. Der Verstorbene, ein Sohn des älteren Buchhändlern wohl noch bekannten Kastellans der Buchhändlerbörsc in der Nitterstraße, des »alten Bogen«, ist viele Jahre der Firma F. Volckmar ein treuer Mitarbeiter gewesen und gehört in die Reihe der zahlreichen Jubi- lare dieser Firma. Bogen hatte an dem Kriege 1870/71 teilgenommen und nmr in jeder Beziehung ein alter Veteran von echtem Schrot und Korn. Sprchsiml. (Ohne Verantwortung der Redaktion,- jedoch unterliegen alle V^n.endungen den Bestimmungen über die Verwaltung des Börsenblatts.) Zum Thema ,,Schund-LiteraIur". Von Alfred Schmidt i. H. Hosbuchhandlung Heinrich Staadt, Wiesbaden. Tie interessanten Ausführungen des Herrn Prof. Hildebrandt in Nr. 18 des Bbl. 1922 betreffend den »Kampf gegen die Schundliteratur . sowie die Aumerkung der Redaktion zu diesem Aufsatz geben mir Ver anlassung, etwas von der praktischen buchhändlcrischcn Seite zu diesem Thema zu sagen. »Grau, teurer Freund, ist alle Theorie«, kam es mir unwillkür lich über die Lippen, als ich Prof. Hildebrandts Vorwurf wegen des unbedachten Verbrenucns der Schundliteratur und der »Vernichtung der großen volkswirtschaftlichen Werte« las. Die Praxis erst zeigt cs, ivo beim »Einstampser« diese »volkswirtschaftlichen Werte« hiukommen: Nnr von zwei Städten will ich meine Beobachtungen aus der Praxis berichten, und allen, denen der Kampf gegen die Schuudhefte eine Auf gabe geworden ist, werden diese beiden Beispiele genügen. Zwei Städte mit alten Gassen nnd alten Winkeln, gerade dort, wo dieses Gift am verheerendsten wirkt, Hamburg und Frankfurt (Main), sind cs. »Verbrechcrviertel - nennt man in Hamburg diese eine Gegend, die Gott sei Dank zum großen Teil dem Sanierungsplan zum Opfer gefallen ist, »Altstadt« nennt man sie in der Goethe-Stadt. Als im Jahre der Papiernot 1919 sich in jedem dieser Stadtteile ein leerer Laden nach dem andern mit einer »Altpapicrhandlung« bevölkerte, hatten diese tüchtigen Geschäftsleute bald heraus, daß mit deu ihnen zum Ein- stampfcu übergebenen Näuberschwarten ein weit besseres Geschäft zu macheu sei, wenn man sie »für alt« verkaufe, anstatt sie der Papier mühle zu überliefern. So wurde schnell eine »schöne Auslage« zurecht gemacht und das Geschäft florierte. Das Gift kam von neuem inS Volk und wirkte noch viel schlimmer. Ich bin öfters an diesen Läden vorbeigegangen und mußte zu meinem tiefen Bedauern sehen, wie unsere Heranwachsenden Schulbuben, ja sogar auch Mädels den Inhalt dieser Hefte auf den Steiustufen vor diesen Läden förmlich verschlan gen, wie sie die Fensterscheiben dieses sauberen Gschaftlhubers mit ihren Nasenabdrttckcn zierten, um die gräßlichen wüste» Bilder ganz in sich aufzunehmen. Hundert Schritte davon standen zwei stramme Hüter der Ordnung, so wie sie uns Popert in Helmut Harriuga schildert, und mußten zusehen, wie der Keim in die Herzen der Kinder gelegt wurde, um die heilige Ordnung zu verderben, mußten zusehen, weil unsere Republik noch kein Gesetz kennt, das den Druck, Verkauf oder den Vertrieb dieses Volksgiftes verbietet. Ein Mäcen, der sich schon während meiner ersten Hamburger Jahre 1911 1913 um Verbreitung guter, billiger und spannender Literatur unter den Lehrlingen der Schiffswerft seines Vaters verdient gemacht hatte, setzte mich in die an genehme Lage, des öfteren mit einigen buntschillernden Heften der »Bunten Jugendbücher« durch diese Straßen zu pilgern. Dabei machte ich die erfreuliche Erfahrung, daß der gesunde Sinn der Kinder die spannenden« Hefte ans dieser Sammlung mit Freuden aufuahm und mehrere »Niki-tiki-Tavi« nnd »Prärie am Jocinto u. a. m. bin ich aus diese Weise los geworden. Fänden sich mehr Mäeeue, oder würde der Staat einmal als Mäcen auftreten und den Jngendringen zum prakti- Berniitworts. Akedaktenr: Richard Albert t. — Bcrlaa: Der Börsen Druck! R a m m L T e e in a n n. Sämtlich in LclpUa - Adresse der 260 sehen Kampfe für Beschaffung billiger, spannender Hefte einige Hundert tausend Mark übers ganze Reich bewilligen, wir wollten diesen Drachen bald töten. So aber fehlen die Mittel, und die Seuche frißt weiter. Wie cs in diesem Viertel mit den Schundheften war, so konnte ich's nach dem »Gängcviertel« zu mit den Romanen beobachten. Den Boden kram, den die Leute uns Antiquaren angcbotcn hatten und mit dem wir sie an den Altpapierhändler verwiesen, fand ich in zehn von hundert Fällen fein säuberlich in dem vorher lcergestandenen Ladeu im Hause der »Altpapicrhaudlung« in einer Auslage prangend. Hier gibt es also nur ein Radikalmittel gegen dieses Gift, das sind die Flammen. Wir wollen für jeden Scheiterhaufen dieser Literatur, den wir in Flammen aufgehen lassen können, dankbar sein. Zum Andenken au diese Tat wollen wir jedesmal eine Fichte pflanzen und schützen, damit dereinst Ersatz für das verlorcngegangcnc Papier vorhanden sein wird. Sollten wir in 30 Jahren wieder in der glücklichen Lage sein — und ich hoffe es zuversichtlich, daß wir cs sind , unser Papier zum großen Teil aus Lumpen und Hadern Herstellen zu können, dann mag der stolze Fichtenstamm als Segel- oder Schiffsmast den Wellen des Ozeans erzählen, wie die deutschen Jugcndbünde und der deutsche Jungbuchhandel den Kamps gegen die Schundliteratur geführt haben, zum Segen der Allgemeinheit. Aber auch ein zweites Radikalmittel gegen diesen Schund gibt cs, das ist das »Standcsbewußtsein«. Die Schamröte und der Zorn zu gleich flogen mir ins Gesicht, als ich bei einem Spaziergange durch die vertrauten Gassen der alten ehrwürdigen Goethestadt Frankfurt am Sonntagmorgcn über den Nvmcrberg kommend die zwei großen Schau fcnsterschciben eines emporgekommencn Auchbuchhändlcrs, der sich jetzt stolz »Großsortiment« nennt, mit zwei Reihen übelster »Buffalo Bill«-, »Nie Carter«-, »Rat Pincerton«- und ähnlicher Schundliteratnrhcste be spannt sah. Auch diese Straße liegt in einem Viertel, durch das man am späten Abend nicht gern allein geht und wo sich am Tage natür lich das entsprechende »Laufpubliknm« für das Gift in Buchform findet. Schämen sollte sich dieser Händler. Es klingt wie eine Entweihung dieser alten trauten Gassen und Gäßchen, von denen uns Goethe so liebevoll in »Dichtung und Wahrheit« berichtet. Wie ein Rückschritt gegenüber der Jugendzeit unseres Meisters mutet cs uns an, wenn wir aus »Dichtung und Wahrheit« vernehme», daß die Händler dieser Zeit durch Verkauf und Vertrieb der alten spannenden deutschen Volks büchcr gewaltige Volksbildungsarbeit leisteten, sodaß wir ihnen noch heute Dauk und Achtung dafür zollen müssen. Führten sie nicht Goethe zu den Quellen des »Faust«, des »Goetz« usw., gaben sic nicht den Bren tanos, Arnims, und wie sie alle hießen, vielerlei Anregung zu ihren herrlichen Werken und Sammlungen der Romantik! Hier ist es die hehrste Aufgabe unseres Standes, dafür zu sorgen, daß die Quellen verstopft werden, die so unreines Wasser liefern. Des Jungbuchhänd lcrs schönste Aufgabe in dem Kampfe gegen diesen Schmutz ist hier, die Augen offen zu halten und Pionier für das Gute und Beste im deutschen Schrifttum zu sein. Verlangen die Händler-Abnehmer der Großsortimente die Näuberschwarten, dann soll man sic aus den ver derblichen Einfluß im Volke aufmerksam machen und ihnen den guten und besseren Ersatz anbieten. Versucht es, Kollegen vom Grosso- Sortiment! Auch hier führt ein wenig Beharrlichkeit bald zum Ziele, und sorgt dafür, daß der Schild rein bleibt. Daß in dem hoffentlich bald kommenden Gesetze gegen die Schund literatur die wichtige Stellung des Buchhändlers gebührend berück sichtigt und den Fachleuten Sitz und Stimme in den zu errichtenden Spruchkammern cingeräumt wird, sollte eine unserer wichtigsten Forde rungen an die Neichsregierung sein. »Viciemnt eousules« möchte ich den dazu berufenen Vertretern des Buchhandels, dem Börsenverein und den buchhändlcrischen Angestelltenvcrbändcn zurufcn. Neuester Bücherbettel. Das Neueste auf dem Gebiete des Bücherbettels ist folgendes: Ein bayrischer Studienrat schreibt im November: Als Weihnachtsvücher möchte ich zu Händen meiner Schüler wissen« und nennt daraus 10 Büchcr im Werte von Mk. 450.—. In der Ecke seiner Postkarte steht: Der Betrag folgt nach Eingang durch Postscheck konto Nr. . . . Als das Geld nicht kam und wir reklamierten, kommt eine Postkarte, worin die Bücher außerordentlich gelobt werden und betont wird, er hätte die Bücher als Werbest ücke bestellt und könne als Familienvater soviel Geld nicht aufbringcn, und er finde, das; die Überlassung der Büchcr zum Friedenspreise im Hinblick ans seine Werbetätigkeit (von der wir gar nichts wissen) gerechtfertigt sei. Also Vorsicht ist angebracht! Schwab.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder