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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.11.1920
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1920-11-27
- Erscheinungsdatum
- 27.11.1920
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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- Zeitungen
- Digitalisat
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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Redaktioneller Teil. 268, 27. November 1^20. tur der Huebnerschen Idee. Blies er damals eine Fanfare, um die Diplomatie mir die kulturelle Front des deutschen Buchwesens zu rufen, so spielt er hier — dank seinem Stile melodiös — die Orgel. Es ist liberraschend, wieviel Register er darauf hat und wie er überall her die Luft zusammenholt, um seinen Gedanken die möglichst grosre Tonstärke zu geben! Wieviel Skeptizis- und Pessimismus bringt er gegen vergangene Zustände und Methoden in der deutschen Weltpolitik ans, um uns seinen Optimismus für seine vielwegigen, aber einzieligcn Ideen aufzuzwingen. Diese sind tausend Handhaben eines kulturellen Antimachiavellismus unter dem Zeichen des »Ewigen Friedens«. Da zu wäre viel zu sagen. — AVer ich will lieber zur Berdeutlichung des Gcdaukeureichtums der Schrift kurz, schnell über die Klaviatur der Huebnerschen Orgel hinstreifen und dabei werden auch einige Töne aufblinken, für die das Ohr der deutschen Buchhändler empfindsam, zuweilen sogar empfänglich sein sollte: Zustände und Wirkungs weise der kaiserzeitlichcu Diplomatie — Propaganda im Kriege Alleinherrschaft des Machtgedankens — Schmälerung der staatlichen Hoheitsrechte und -Kräfte nach dem Kriege — Sozialisierung des deutschen Staates — Sozialisierung der deutschen Bildung — Sittlicher Endzweck der geistigen Weltpolitik — »Kulturidealismus« als neues »Prestige« Deutschlands — Völkerbund — Vermenschlichung der welt politischen Zwecke und Mittel — Umwandlung im Auswärtigen Amt — Neuaufforstung des Beamteustandes — Heranziehung von Außen seitern, Parlamentariern - Engere, regere Kontaktbilduug zwischen tu- und ausländischer Öffentlichkeit und Diplomatie Ausland deutschtum — Nachrichtendienst — Diplomatie und Presse Presse attache (das ist der literarische Gesaudtschaftsgehilfe, der ausländischen Ämtern und Bibliotheken die Beschaffung deutscher Literaturwerke er leichtern, Übersetzungen vermitteln, Lcsebibliotheken, Zeitungsverkaus, Buchläden registrieren, Kunstausstellungen fördern, Schauspieler- und Sängerreisen anregcn, Aufklärungsschriften in der betreffenden Lan dessprache veranlassen, Redaktionen, Vcrlagshäuscr, Dichter usw. be suchen soll; der deutschen Zeitschriften Material und Mitarbeiter zu führt, die Herausgabe guter Touristeubücher unterstützt, Ilbcrsetzungs- vcrträ'gc zwischen Verlegern inspiriert, Übersetzer auskundschaftek, für deutsche Hochschulen und Büchereien einen Bestelldienst der ausländi schen Fachzeitschriften einrichtet, den Professoren- und Studentenaus tausch im Gang hält, den Absatz deutscher Zeitungen, Bücher und Filme im Auslande begünstigt usw. usw. — ). Die Huebnerschen Imperative wenden sich auch an nicht beamtete Kreise, au die Presse, den Buchhandel, die Wissenschaft, den Kunst- Handel. (Klubhäuser — Lehrstühle für Journalistik — Antiqua- statt Fraktur-Zcituugsschrist — Weltbibliographie —Förderung des auslän dischen Sortimenterstandes — Gesellschaft für Auslandsbuchhandel — Musterlager, Kataloge ins Ausland! — Internationale Beziehungen zwischen Buchhandlungsgehilfen — Kommissionsplätze — Zwischen staatliche Gelehrtenzusammenkllufte — Internationale Aufklürungs- stellen über Fragen und Interessen der Künstlerschaft usw.) Wer zweifelt noch an der Reichhaltigkeit der Huebnerschen Orgel- klavtatur und hätte nicht Lust, mit eigenen Gedanken darauf zu phan tasieren? Denn es bedarf in der Tat einer gewissen Phantasie, um die poli tischen Voraussetzungen und Endabsichten dieser auf nüchterner, üp piger Sachkunde beruhenden Schrift (sich) zu vergegenwärtigen. Man denkt von vornherein an den Gegensatz, an den Widerspruch der Wirklichkeit zu diesen Ideen, der sich — grotesker Weise — auch im Schicksal gerade dieser Schrift darin äußert, daß das Manuskript da zu infolge Papiernot erheblich gekürzt werden mußte, während die Weltpolitiker alten Schlages und aller Länder für dicke Memoiren- bände Papier und Absatz überaus reichlich finden. Aber auch die Skepsis, der gerade auch dieser Unterschied ein gefundenes Fressen sein könnte, muß den praktischen Vorschlägen Huebners eine belang reiche, unmittelbare Bedeutung für die Gegenwart zucrkcnuen, die der kleinen Broschüre ein Recht auf unser Interesse gewährleistet. Georg Eltzschig. Kleine Mitteilungen. Aus Sowjetrußland. — Uber die buchhäudlerischen Verhältnisse in Rußland in der Revolutionszeit hat das Börsenblatt schon wiederholt Mitteilungen gebracht, z. B. 1919, Nr. 161, sowie 1929, Nr. 27, 192, 158 usw. Kürzlich gingen der Redaktion wieder einige Mitteilungen von einem in P e t e r sb u r g ansässig gewesenen Buchhändler zu, der jetzt Ende Juli 1929 mit dem letzten schweizer Zuge in seiner Heimat, der Schweiz, eingctrosfeu ist. Er schreibt u. a.: »Wir können Gott dan ken, daß für uns Ausländer die Möglichkeit bestand, Rußland zu ver lassen, ist doch das Leben dort zu einer wahren Hölle geworden. Die Lebcnsprodukte stiegen dermaßen in die Höhe, daß eine Person bei be scheidenen Ansprüchen pro Tag 899 bis 1299 Rubel bedurfte. Wer diese Barmittel nicht auftreiben konnte, mußte eben zugrunde gehen. 1422 r-tts ich im August nach Ausbruch des Krieges aus der Schweiz nach St. Petersburg zurückkehrte, fand ich das Geschäft beim alten vor. nur waren meine Mitarbeiter aus der Hauptstadt ausgewiesen und in der Provinz interniert worden. In der ersten Kriegszcit, etwa bis Dezember 1914, war das Interesse für die deutsche Literatur sehr zurückgegaugen. Im Jahre 1915 wurde es lebhafter, namentlich war die Nachfrage nach technischer, chemisch-technischer und technologischer Literatur eine sehr starte. Auch liefen aus den Provinzen von Kriegs gefangenen große Bücherbestellungen ein. Um meine Kunden befriedigen zu können, vergrößerte ich mein Lager und kaufte gegen bar einen großen Bestand an Büchern und Lehrmitteln. Ende Dezember 1914 liquidierte die Firma A. Deubner in St. Petersburg. Ich erwarb durch Barkauf den Nestbestaud. Die Firma I. Grote mußte liquidieren, weil der Inhaber Reichsdeutscher war. Der vorhandene Bücherbestand ging in meine Hände über. Im Monat Dezember 1916 war ich genötigt, das Lokal Newsky Prosp. 29 zu räumen, da der holländische Kirchen- rat die Räumlichkeiten an eine holländische Bank vermietete. Man räumte mir indessen ein Lokal mit vier großen Schaufenstern im Parterre des Hauses ein. Durch Auslagen gewann ich Kundschaft von der Straße. Allmählich übernahm ich auch russische Literatur. Das neue Lokal war bedeutend kleiner als die alten Räume. Der Raum mangel machte sich sehr bemerkbar. Ich griff daher zum kauf der Buchhandlung und Leihbibliothek von Zipperowitsch (früher Iassc- Hanseu), St. Petersburg, Liteiuy-Prosp. 27. Dort richtete ich daun ein Bücherlagcr ein. Später übernahm ich noch die über dem Geschäft liegende Wohnung, da ich noch größerer Lagerräume bedurfte. Die Einnahmen waren anfangs glänzend. In erheblicher Weise machte sich der Mangel an russischen Büchern fühlbar, da nichts Neues auf den Markt gebracht wurde. Nach Ausbruch der zweiten Revolution boten viele Privatleute ihre Bibliotheken an, die ich erwarb. Große Schwie rigkeiten bereitete es mir, das erübrigte ükapital, das zur Deckung mei ner Verpflichtungen in Deutschland dienen sollte, sicherzustelleu. In den Banken mar es nicht sicher, ebenso nicht im Hause, da oft Haus suchungen, die mit Raub verbunden waren, stattfanden. Im schweize rischen Konsulat war das Geld auch nicht sicher, ist doch das Konsulat beraubt worden. Ich suchte einen Ausweg und kaufte mich für 55 999 Rubel in die Lebensversicherung ein und ließ schon im Jahre 1918 das Kapital auf die Polizen eiutragen. Aber auch hier wurden meine Pläne durchkreuzt, indem die Regierung die Policen annullierte und die Einzahlungen als Staatseigentum erklärte. Im September 1918 machte ich eine große Bestellung von deutschen Büchern durch Vermitt lung des St. Petersburger Deutschen Konsulats. Leider blieb die Büchersendung aus, wohl infolge der deutschen Revolution. Ende Juli 1919 wurde ich als .Bourgeois' iu der Nacht verhaftet und sollte ge zwungen werden, mit vielen anderen meinesgleichen in der Umgebung Petersburgs als Arbeiter Wege ausznbessern. Ich entfloh und ging nach Petersburg zurück, wo ich sechs Monate im Hospital lebte. Zwei Jahre haben wir immer in der Hoffnung auf Befreiung gelebt: diese Hoffnung traf nicht ein, aber ein vollständiger wirtschaft licher Zusammenbruch. Mitte Mai 1929 wurden sämtliche Buchhandlungen für deutsche Literatur (K. L. Nicker, O. M. Wolfs, Andreas Jsler, Eggers L Co. usw.) nationalisiert, ohne daß den In habern irgend eine Entschädigung geboten wurde. Die russischen Vcr lagsgeschäste sowie Sortimente waren bereits im April 1919 nationali siert worden. Ein Drekret der Sowjet-Regierung im Mai 1929 verbot jeden Bücherkauf uud -verkauf bei hoher Strafe. Weder Iustitutioueu noch Privatleute durften Bücher kaufen oder ver kaufen. Wer ein Werk benötigte, hatte sich mit einer Bittschrift an die Regierung zu wenden, von der allein es abhiug, ob das Gesuch bewil ligt wurde oder nicht. Die Herausgabe neuer Werke sowie Neuauflagen wurden dadurch unmöglich gemacht. Das Recht der Herausgabe behielt sich die Ne gierung vor, die nun eine Unmenge von Schriften in ungezählten Auf lagen für ihre Propaganda in alle Windrichtungen verbreitete. Das einzige von Bedeutung, was sie hcrausgab, das waren die russischen Klassiker. Unter der Redaktion des russischen Schriftstellers Maxim Gorki sollten etwa 159 bis 299 der modernsten deutschen Auto ren ins Russische übersetzt werden. Viele dieser modernen Werke wur den von Lehrern übersetzt. Wie weit jedoch dieser Plan verwirklicht wurde, ist mir nicht bekannt.« Stellenangebote und Stellengesuche in Zeitungen. In einer Anfrage der Deutschen Volkspartei im Reichstag heißt es u. a.: Bei den Beratungen über den Entwurf eines Arbeitsnachweises im Reichsarbeitsministerinm sind Bestrebungen zutage getreten, iu dem Arbeitsnachweisgesetz einen schwerwiegenden Eingriff in die Freiheit der Presse dadurch vorzunehmen, daß die Aus gabe von Stellenangeboten und Stellengesuchen iu dem Inseratenteil der Zeitungen ganz un tersagt oder erst dann zugelassen werden soll, wenn der zustäu-
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