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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1920-11-13
- Erscheinungsdatum
- 13.11.1920
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1920
- Monat1920-11
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- Börsenblatt für den deutschen Buchhandel
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idtr 257, 13. November 1920. Redaktioneller Teil. um sich über eine primitivere Form zu höherer Leistungsfähig keit emporzuarbetten. Aber die inzwischen erreichte Entwicklung der S. P. D.-Buchhandlungen hätte ihnen doch ein grötzerer Ansporn sein können. Der Fehler liegt in der Psyche der U. S. P. ; sie erwartet alles von einer fortschreitenden Revolution, stellt ihre ganze Arbeit darauf ein, denkt sich vielleicht wie in Ruß land oder Budapest eines Tages im Besitz der politischen Diktatur und glaubt dann leicht on dloc über die Bestände der Buchhand lungen, Bibliotheken usw. verfügen zu können. Daher auch der Appell der Redaktion der »Soz. Gemeinde» an die Machtinstinkte ihrer Leser, indem sie schrieb: »Wenn wir gleichwohl den Ar tikel (Elberfelds) zum Abdruck bringen, so deshalb, weil wir meinen, sein Inhalt trage dazu bei, die Kommunalisierung min destens dort ernstlich anzustreben, wo unsere Vertreter in der Mehrheit und außerdem die nötigen Vorbe dingungen für die Kommunalisierung ge geben sind». Diesen letzten von mir hervorgehobenen Satz (»und außerdem» usw.) hat Herr Eck. rs«. pol. Delbanco den Lesern des Bbl. vorenlhalten. Er ist aber von der Redaktion der »Soz. Gemeinde- sehr klüglich geschrieben worden und ändert recht wesentlich die Stellungnahme zu dem Artikel. Zweifellos ist der Übergang vom privatwirtschaftlichen zum gemeinwirt schaftlichen Betriebe Wohl überall mehr oder weniger eine Macht frage. An Machtfragen sind wir aber gewöhnt; »nzeitige An sprüche, deren sachliche Berechtigung sich nicht genügend durch gesetzt hat, entwickeln sich zu Machtfragen, oft aber streitet auch die Zahl der Fordernden gegen Einfluß, Besitz oder reale Macht verhältnisse. Eine Machlfrage ist z. B. der Kanrpf der organi sierten Sortimenter gegen den Verlag. Machtfragen von eminenter Bedeutung können auch ohne ausdrucksvolle Kämpfe und Härten gelöst werden, wenn die Interessenten auf beiden Seiten zu der Einsicht kommen müssen, daß jede andere Lösung aussichtslosen Kampf und Schädigung bedeuten. Als Buchhändler in nahezu 40jähriger Praxis, sozialdemokratischer Zeitungsverlegcr und Stadtverordneter einer industriellen Großstadt glaube ich, daß ineine Meinung über die Frage der Kommunalisierung von Buchhandlungen Interesse findet. Noch in keiner Stadt Deutschlands, wo die S. P. D. Einfluß auf die Leitung der kommunalen Angelegenheiten besitzt, hat man das Bedürfnis empfunden, die Buchhandlungen zu kommunalisieren. Das Pro gramm der S. P. D. fordert die Überführung der Produk tionsmittel in gesellschaftlichen, d. h. staatlichen oder ge- meinwirtschaftlichen Betrieb. Von einer Enteignung der Laden geschäfte ist niemals bei uns die Rede gewesen. Diese Ideen sind vielmehr echt kommunistisch: ernten, wo sie nicht gesät haben. Unter »Produktionsmitteln» ist auch nicht sofort die gesamte Produktion zu verstehen. Unsere Theoretiker, die sich diesen wirtschaftsrevolutionierenden Vorgang Wohl kaum so naheliegend vorgcstellt haben, sind heute von den Praktikern abgelöst, welche über die Sozialisierungs reifeein ausschlaggebendes Wort mit- zusprechcn haben. Meiner Meinung nach sind sozialisierungs reif im Buchhandel die Schulbücher für staatliche und Gemeindc- fchulen (also nicht der gesamt« Schulbücher-Verlag, sondern nur diejenigen Bücher, für die der Staat als Monopolist des Schul wesens in Betracht kommt); dementsprechend auch Lehrmittel, ferner Fahrpläne, Tarife staatlicher Einrichtungen, Gesetzbücher. Nicht sozialisierungs fähig halte ich die P o l i t i s ch e Presse in Rücksicht auf Freiheit des Geistes und der KriIik ; es stünde aber meines Erachtens nichts dagegen, wenn diese Presse aller Richtungen dem Privatnutzen entzogen und gemeinnützigen, mit öffentlichen Rechten ausgestatteten Volks gruppen oder Parteien Vorbehalten würde. Skrupellose »Zei tungskönige» bilden stets eine Gefahr für ein politisch zur Mündigkeit strebendes Volk. Wir haben sie in allen kapitalistisch entwickelten Ländern, und ich halte diese mehr macht- als geist- produziercnden Existenzen für entbehrlich. Einzel-»Kommnnali- sierungen- ändern nichts an dem System; es ist gleichgültig, ob eine Stadt oder eine Regierung Besitzer einer Zeitung wird, sei es um über ein öffentliches Organ unbedingt zu verfügen und dadurch Einfluß auf die Öffentlichkeit zu nehmen, oder aus an deren Gründen. Die Hauptsache ist, daß weder Staat noch Ge meinde ein Monopol auf die Presse erhalten darf, denn je mehr in einem demokratischen Gemeinwesen zentralisiert werden muß, um so mehr muß zugleich der öffentlichen Kritik freie Bahn ge. schaffen werden. Die Preßfreiheit ist die dringendste Forderung der Demokratie; Hassalle hat sie an die Spitze seiner bekannten drei Forderungen gestellt, und die Presse muß vor allen Dingen frei nach oben, frei von der Beamtenschaft sein, mag die Regierung besetzt sein, wie sie wolle. Auch die sozialdemokrati schen Regierungen haben die Preßfreiheit aufrechterhalten; nur Diklaturstreber können es nicht unterlassen, an dieses Palladium jeder aufrichtigen Demokratie zu rühren. Doch ich wollt« nicht politisch werden. Nur soviel sei gesagt, daß Demokratie auch mit gesunder geschäftlicher Freiheit, die den Gesamttnteressen des Volkes nicht zuwiderläuft, sehr gut harmoniert. Zwischen der engsten Privatwirtschaft und der höchstent wickelten Gemeinwirtschaft (Staats-Sozialismus) liegen bekannt lich viele Zwischenstufen gesellschaftlicher Betriebs formen, bei denen der Betriebswille des Besitzers bis zur völligen Ausschaltung zurücktritt. Wir kennen alle Formen vom ein fachen Teilhaber bis zum Syndikat einer Industrie. Ich halte auch z. B. die an vielen Orten zum Zweck des Zeit- schriftenvertriebs erfolgten Zusammenschlüsse der Sorte mentsbuchhandlungen, sowie die im Oktober d. I. in München erfolgte Fusion katholischer Buchhandlungen unter Führung des Verlagskonzerns Manz-Kösel für vorbe reitende Schritte zur Sozialisierung des Buchhandels, wobei allerdings das Motiv der Gemeinnützigkeit fehlt. Der Kleinbetrieb kämpft seinen Todeskampf; der Zusammenschluß der Sortimenter ist eins der Symptome dieses Kampfes. Hier und da gibt er die Form des Eigenbetriebes auf und geht, um sich vor dem Untergang zu retten, zum genossenschaftlichen oder gesellschaftlichen Betrieb über. So, wie eben gesagt, in vielen Städten im Zeitschriftenvertricb, im genossenschaftlichen Bar sortiment, in Leipzig das Grosso, und Kommissionshaus und die Forderung des genossenschaftlichen Kommissionsbetriebes. Das Zeitalter der Vergesellschaftung bricht an; es bringt aber nichts Feindliches, wenigstens nicht für die Allgemeinheit der berechtigten Interessen; die 10 000 am Leipziger Verkehr inter essierten Verlags- und Sortimentsfirmen Mitteleuropas haben ein Recht, zu fordern, daß das Eigen-Jntcresse von ca. 50—100 Leipziger Firmen sich dem gemeinsamen Interesse bereit willig unterordnet. Eine große Gruppe (der Gemeinwirtschaft näher, als man glaubt) bilden die etwa 150 sozialdemokratischen Zeitungen mit ca. 100 Buchhandlungen, die, allerdings meist in Form der G. m. b. H., Genossenschaft oder A.-G. betrieben, doch ihre Überschüsse, soweit sic nicht wcggesteuert oder zur eigenen Fort entwicklung des Betriebes notwendig sind, den gemeinnützigen Zielen dieser Partei zuführen. Sie bilden darin be kanntlich keine Ausnahme, denn andere Parteien, religiöse Preß- vereine, evangelische Gesellschaften usw. nehmen die Ertrag- Nisse ihrer Handlungen in gleicher Weise für Gemeinzwecke in Anspruch. Ter vielerorts gesuchte Übergang vom reinen Privat betrieb zum gesellschaftlichen Betriebe beweist schon an sich, daß der letztere nicht minderwertig ist, sondern höher zu bewerten ist. Die Frage der geschäftlichen Leitung solcher Vereinigungen ist ja nicht leicht, wird aber doch überall gelöst, und meistens wird dabei die innere Organisation des Geschäfts besser ausgebaut, als beim Privaten Kleinbetrieb. Eine ordentliche Buchführung ist ohnehin gesetzliche Regel; aber das »Alles in einer Person <- System des Kleinbetriebs ist überwunden; für wichtige Funk tionen finden sich für hohe Gehälter tüchtige Personen. Sollte das einer Stadt, einer Universität unmöglich sein? So gut eine Stadt neben ihren umfangreichen Werken, Elektrizitätswerk, Gas werk, Straßenbahn, Wasserwerk, Schlachthaus, Krankenhäusern, Schulen, landwirtschaftlichen Gütern usw., ihre besondere Sorge noch auf einen Ratskeller mit guten Speisen und Getränken verwenden kann, so wenig Mühe braucht sie zu verwenden, um auch eine Buchdrucker«! oder Buchhandlung mit Gewinn zu be treiben, wenn ihre Berechnungen ihr nahelegen, künftig ihren Drucksachenbedarf und Bücherbedarf (Schulbücher) selbst herzu stellen. Es können Zeiten kommen, wo die betreffenden Buch händler selbst es vorteilhaft finden, ihre Stadt mit Kapital an. lS7I
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