Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.10.1921
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1921-10-12
- Erscheinungsdatum
- 12.10.1921
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19211012
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-192110121
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19211012
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1921
- Monat1921-10
- Tag1921-10-12
- Monat1921-10
- Jahr1921
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Redaktioneller Teil. protzen Fächer der Philologie und Geschichte ist gewiß die Hand- schriftenkunde als die vornehmste nnter ihren Hilfswissenschaften eine unerläßliche Disziplin: eben deshalb wird dafür gesorgt und muß noch mehr dafür gesorgt werden, daß sie auf allen Universitäten vertreten ist, und daß auch eine Anzahl von Bibliothekaren sie gründlich kennt. Allein, wie darf dieser kleine Ausschnitt aus dem, was heute das Buch ist und der Wissenschaft und dem Leben bedeutet, an die Stelle des Ganzen treten? Nur eine verblendete philologisch-archäologische Nomantik starrt noch immer, wenn vom Buch die Rede ist, ausschließlich auf alte Handschriften und Inkunabeln und alte Bibliothekskataloge und übersieht das unendliche Leben und die Rechte des wirklichen Buch wesens, das die Gegenwart nährt. Eine Professur für Bibliotheks wissenschaften, deren Inhaber sich ausschließlich mit Handschriftenkunde und -Geschichte beschäftigen würde, würde nur der kleinen Zahl von professionellen Philologen und Historikern zugute kommen, für deren Ausbildung auch sonst gesorgt werden muß, während sie für die vielen Tausende, für die das Buch etwas bedeutet, ohne jeden Nutzen wäre. Was soll also die Professur für Bibliothekswissenschaften leisten? Die Antwort kann nur lauten: Ihr Objekt ist das gesamte heutige Buch wesen, einschließlich der Zeitschriften und Zeitungen, wissenschaftlich, pädagogisch, technisch und kommerziell betrachtet, zunächst in Deutsch land, dann auch in allen Kulturstaaten. Es bedarf nicht vieler Worte, um die Größe und Würde dieser Aufgabe, aber auch ihre Notwendig keit ins Licht zu setzen. Die Notwendigkeit, sie in Angriff zu nehmen, war schon dringend für uns vor dem Weltkriege: denn wir waren be reits anderen Ländern gegenüber im Rückstand — jetzt nach dem Kriege, dem Zusammenbruch und der Büchernot gibt es kaum eine Aufgabe, die kulturell wichtiger ist. Unser geistiger Wiederaufbau hängt aufs engste mit ihr zusammen: aber die Professur wird auch dann ihre Wichtigkeit niemals einbllßen, wenn einmal alles wieder hergestellt ist. Die Professur für Bibliothekswissenschaften gehört in den Kreis der nativnalökonomischen Führer, aber der geistes-wirtschaftlichen. Ihr Inhaber, der natürlich die Bibliothekstcchnik und -künde beherrschen muß — darauf ist das größte Gewicht zu legen — muß ernstlich, um nur die wichtigsten Aufgaben zu nennen, die gesamte Statistik des Buch-! wesens überschauen: er muß die Bedingungen der Bücherproduktiou kennen und in das Zeitschriften- und Zcitungswesen eingcdrungen sein. Zweitens aber muß er das Volksbibliothekswesen studiert und sich die Aufgaben des Volksbildungswesens, so weit es durch Bibliotheken auf- zubaucn und zu erhalten ist, klargemacht haben. Wie viel hier bei uns noch zu tun, ja wie Wertvolles hier noch zu schaffen ist, lehrt ein Ver gleich mit Amerika. Neben der Schule muß an jedem Ort die Volks bibliothek stehen und eine zentrale Bedeutung erhalten. Die Hebung des Bildnngsstandes der ganzen Nation, die Überwindung überspann ter parteipolitischer Gegensätze, die Unterdrückung parteipolitischer Kastenbildung, die Übermittelung der Schätze unserer klassischen Lite ratur und die Einführung in die echte populär-wissenschaftliche Literatur ist von hier aus zu erreichen, soweit sie sich überhaupt erreichen läßt. Hier organisatorische Richtlinien aufzustelleu und mit organisatori schen Kräften des Staats in Verbindung zu treten, ist die Aufgabe des Professors für Bibliothekswissenschaften. Drittens ist, um nur noch diesen wichtigen Pnnkt zu nennen, auf folgendes hinznweisen: Deutsch land besitzt im Unterschied von allen anderen Kulturstaaten seit Jah ren auf dem Gebiete des Buchwesens eine höchst bedeutende Körper schaft, den Buchhändler-Börsenverein. In den Händen dieses Vereins, der zunächst ein kommerzieller ist, liegt, ich will nicht sagen das ganze Schicksal des deutschen Buchwesens, aber doch ein gewaltiger Teil des selben. Der Verein ist sich auch dessen voll bewußt: er hat daher nicht nur stetige Fühlung mit den großen Bibliotheken und mit einzelnen Männern der Wissenschaft gesucht, sondern er hat auch selbst eine große Bibliothek in Leipzig geschaffen und ist in zahlreichen Fällen den be sonderen Bedürfnissen der Wissenschaft durch große Schenkungen und durch Erleichterungen der Bücherbeschaffung entgegcngekommen. Allein die Wissenschaft und ihre Bedürfnisse müssen doch notwendig einem solchen Verein gegenüber, mag er auch zahlreiche wissenschaftliche Sach verständige besitzen, ins Hintertreffen kommen, wenn nicht neben dem Verein und unabhängig von ihm die Wissenschaft von der National ökonomik des Buchs selbständig zum Ausdruck kommt. In einem ein zelnen Fache, der Chemie, hat sich längst schon ein festes Verhältnis zwischen der Industrie und der Wissenschaft ansgebildet: in der Ge samt-Wissenschaft muß etwas Ähnliches geschehen zum Vorteil und Fortschritt für beide Teile. Ein Sachkenner ist gefordert, der die Ver hältnisse, Aufgaben und Schranken des Verlegerberuss und des Buch handels ebenso gründlich kennt wie die großen Bedürfnisse der Wissen schaft und Literatur in bezug auf die Produktion und Verbreitung des Buchs und der Zeitschrift unter den verschiedenen hier einschlagenden Gesichtspunkten. Und über Deutschland muß sein Blick hinausreichen in die anderen Länder, sowohl um zu lerncu, was dort zu lernen ist, als auch um das deutsche Buch zu schützen. Zwei Einwendungen können gegen diese noch unvollständige Skiz- zierung der Aufgabe einer Professur für Bibliothekswissenschaften ge macht werden: sie sei zu umfassend, auch seien ihre Bestandteile zu ver schieden und — man werde keinen Gelehrten finden, dem man sie über tragen könne. Der erste Einwurf widerlegt sich leicht: sie umfaßt noch nicht den vierten Teil der Aufgaben, die man ohne Gemütsbevorzugung und Sorgen jedem jungen Professor für Nationalökonomie zumeist. Nationalökonomie des Geistes, angewandt auf das Buchwesen, darum handelt es sich, und dieser Begriff schließt organisatorisch alle die Auf gaben zusammen, die oben ausgeführt sind. Wichtig ist, daß der Pro fessor für Bibliothekswesen sich sein Fach heute noch selbst aufbauen muß, weil er sich nur auf eine verzettelte kümmerliche Tradition zu stützen vermag: aber ist das ein Unglück und ist das ein Einwurf? Gilt hier nicht vielmehr, daß nun endlich geschehen muß, was schon längst geschehen sein sollte? Aber man wird keinen Mann finden, der die Aufgabe übernimmt! Nun, selbst wenn das der Fall wäre ich bezweifle es übrigens und denke an Männer, die m. E. der Aufgabe ge wachsen sind —, so folgt daraus nur, daß man sie sich erziehen müßte: denn die Aufgabe ist unabdinglich. Die beste Erziehung ist es, wenn immer dringlicher und immer kräftiger ans Grund gewonnener Ein sicht der Ruf nach Ausfüllung dieser Lücke im Betrieb der Wissen schaft ertönt: denn die erkannte Not schasst nicht nur Tugenden, sondern erweckt auch Arbeitskräfte. Man stelle also das Thema »Bibliotheks wissenschaften« im Sinne der Nationalökonomik des Geistes immer dringender und warte, wenn es sein muß, bis man den geeigneten Mann findet: aber mau vertue nicht den Schatz, den man an dieser einzigartigen Professur in Preußen besitzt, indem man etwas ganz anderes ans ihr macht, sei es eine Professur ausschließlich für die wis senschaftlich fragwürdige »Bibliothekskunde«, sei es eine Professur für die Geschichte mittelalterlicher Handschriften und Bibliotheken. Das wäre schon vor zwanzig Jahren ein Fehler gewesen, bei den heutigen Verhältnissen des Buchwesens wäre es aber unverzeihlich. Und mag der Mann, dem inan die Professur anvertraut, zunächst noch nicht alle Aufgaben, die mit ihr verbunden sind, in die Hand nehmen — wenn er nur das Ganze der Aufgabe von hoher Warte als eine Einheit sieht, wird eben dieses Ganze aus jedem Teil, den er bearbeitet und vorträgt, hervorleuchten. Das billige Buch. Über dieses Thema verbreitet sich wiederholt Herr Professor I)r. Bethe in den L. N. R.^>. Obgleich ich den Wunsch des Herrn Professors siir einen durchaus erklärlichen und sehr berechtigten halte, zweifle ich doch durchaus daran, daß der Herr nur einigermaßen die Umstände erkannt hat, die hierfür ausschlaggebend sind, und er somit in der Lage ist, aus dem betretenen Wege daran mitzuarbeiten, die Schwie rigkeiten zur Verbilligung des Buches zu beseitigen. Berufene Stellen, wie die buchhändlerischen und graphischen Verbände, sollten zur Klä rung einer derartigen Krage In der Öffentlichkeit mehr beitragen; was im Börsenblatt darüber geschrieben wird, ist doch nur einem kleinen, ganz bestimmten Leserkreise, den Buchhändlern, zugängig. Ich bin weder Druckereibesitzer, noch Buchhändler, aber das weih ich doch, daß gerade der Umstand, den der Herr Professor als besonders ausschlag gebend ins Feld führt, der am wenigsten wichtige ist. Er empfiehlt nämlich die Heranziehung kleinerer Orte wegen geringeren Lokalzuschlages. In einer Druckstadi wie Leipzig muß man aber hierauf einmal zu sprechen kommen, denn Leipzig hat einen sehr hohen Zuschlag. Können denn kleine Orte derartige Arbeiten drucken, d. h. besitzen sie die Einrichtungen und die dafür geschulten Leute? Auf diese Frage ist mit einem glatten Nein zu antworten. Wenn auch das vom Herrn Professor als so billig gepriesene Werk einmal in einem kleineren Orte gedruckt wurde, so beweist das noch lange nicht, daß auch die Herstellung der großen Menge wissenschaftlicher Arbeiten aus diesem Wege möglich ist, und wenn es möglich ist, so wird doch *> Prof. Bethe hatte zuletzt in Nr. 174 der Leipziger Neuesten Nach richten zu diesem Thema geschrieben: »Die wissenschaftliche Literatur Deutschlands ist in Gefahr, zu versiegen. Mit ihr wird die wissen schaftliche Produktion versiegen. Das gemeinsame Interesse des Buch handels und der Wissenschaft fordert gegenseitiges Verständnis und gemeinsame Anstrengung, die Schwierigkeiten zu überwinden. Dazu scheinen die kleinen Druckereien in kleinen Orten mit geringeren Orts zuschläge» als in Leipzig, Berlin und München eine Möglichkeit zu bieten». Zu diesen Bemerkungen nimmt der obige Aussatz Stellung. Die L. N. N. haben feine Aufnahme abgelehnt. Wir verweisen im übrigen aus unsere Notiz im Börsenblatt Nr. 138 vom 16. Juni mit der gleichen Überschrift Red. 1811
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder