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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.03.1919
- Strukturtyp
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- Band
- 1919-03-13
- Erscheinungsdatum
- 13.03.1919
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. 47. 13. März 1919. entgegengestellt werden, da — ein charakteristisches Zeichen der neuen Preßfreiheit — keine einzige bürgerliche Zeitung während dieser Zeit erscheinen durste. Wir haben daher auch von den Ereignissen im Reiche nur ein sehr unvollkommenes Bild und wären dankbar, wenn uns aus dem Leserkreise Mitteilungen zugingen, in welcher Weise der Buchhandel der verschiedenen Städte von den politischen Ereignissen "der letzten Zeit beein flußt worden ist. Der Leipziger Buchhandel konnte sich natürlich so wenig wie irgend ein anderer Berussstand der Einwirkung dieser Er eignisse entziehen, ohne daß man in allen Fällen mit Be stimmtheit hätte sagen können, ob in seinen Reihen am Anfang Streik oder Gegenstreik stand und was als Ursache oder Wir kung zu betrachten war. Nur das kann mit Sicherheit be hauptet werden, daß der gesamte Leipziger Buchhandel, ver treten durch den Verein der Buchhändler zu Leipzig, sich ein- mutig aus die Seite der Leipziger Bürgerschaft bzw. des Bür- gerausjchusses gestellt und sich mit ihm solidarisch erklärt hat. Wesentlich erleichtert wurde diese Stellungnahme durch eine Noteinrichtung des Vereins der Buchhändler zu Leipzig, die ge wissermaßen als Ersatz für die außer Betrieb gestellten Vermitt lungs-Einrichtungen anzusehen und dazu bestimmt war, den Verkehr der Leipziger Buchhändler untereinander während der Streik tage aufrechtzuerhalten, sei es auch nur durch mündlichen Ge dankenaustausch. Nachdem am 3. März der Vorstand des Ver eins erstmalig die Mitglieder zu einer Zusammenkunft einge laden hatte, um in gegenseitiger Aussprache Stellung zu den Ereignissen zu nehmen, Nachrichten auszutauschen und sich über weitere Maßnahmen zu verständigen, ist diese Vermittlungs und Nachrichtenstelle zu einer von zahlreichen Buchhändlern Leipzigs gern benutzten Einrichtung während dieser arbeits- und lichtlosen Zeit geworden, die manchem nicht nur die Tages zeitung ersetzte, sondern auch jene Zivilcourage stärken half, um die es nach Bismarcks Wort leider gerade im deutschen Bürger- tum bisher schlecht bestellt war. Vielleicht wird mancher Leipziger Buchhändler ihren Wegfall ebenso bedauern, wie den Anlaß, aus dem sie hervorging. Ursprünglich täglich um II, später um 10 Uhr vormittags fanden sich durchschnittlich 2—300 Berufsgenossen im Buchhändlerhause als dem gegebenen Ver sammlungsort zusammen, um zu hören, was in Leipzig oder der Welt draußen vorgegangen sei, was dieser und jener erlebt, diese oder jene Versammlung angeregt oder beschlossen habe. In der Regel gab der Vorsteher des Vereins der Buch-- händler zu Leipzig, Herr Hosrat Richard Linnemann, ein Stimmungsbild über die jüngsten Geschehnisse an der Hand ihm zugegangener privater oder öffentlicher Mitteilungen, das von den übrigen Vorstandsmitgliedern, insonderheit Herrn Degener, durch Nachrichten aus den städtischen und staatlichen Körper schaften ergänzt wurde, um dann bestimmte Fragen oder An träge zur Erörterung zu stellen und den Versammelten Gelegen heit zu geben, sich über die Lage auf Grund ihrer Erfahrungen zu äußern. Herr Alfred Hoffmann <C. F. Kahnt) hatte in dankenswerter Weise die Berichterstattung über die jeweils tags vorher abgehaltene Versammlung des Bürgerausschusses über nommen, sodaß auf diese Weise die Versammlung ständig über die Anschauungen und Maßnahmen desselben unterrichtet war. Von besonderem Interesse waren auch die Mitteilungen großer Firmeninhaber, die durch ihren Betrieb mit den graphischen Gewerben in Verbindung stehen und aus diesen Kreisen berich ten konnten. Wie notwendig und nützlich solche gemeinsamen Zusammen künfte sind, um einer Bewegung Ziel und Richtung zu geben, zeigte sich schon am ersten Tage, wo es sich herausstellte, daß mancher Unternehmer ans Unkenntnis, wie er sich zu verhalten habe, seinen Betrieb noch nicht eingestellt hatte und nunmehr schleunigst Anweisung gab, das Personal auf Grund des in die ser Sitzung erfolgten Beschlusses zu verständigen. Dieser ein stimmig gefaßte Beschluß lautete wie folgt: -»Die Versammlung des Vereins der Buchhändler zu Leipzig am 3. Mürz ISIS beschließt infolge der eingetretencn Verhältnisse, daß ihre Mitglieder in sämtlichen Betrieben die Arbeit ruhen lassen und sie nicht eher wieder aufnehmen, ISO als bis dies durch Bereinsversammlung beschlossen ist. Die Versammlung erklärt, daß es mit der Ehre eines Kaufmanns nicht vereinbar ist, wenn ein Vereinsmitglied in den jetzigen Zeiten den Beschlüssen der Vereinsversammlung nicht nach kommt.« Wenn diesem Beschlüsse zuwider trotzdem in einzelnen Betrieben hinter verschlossenen Türen gearbeitet worden ist und teilweise sogar Rechnungsauszüge und andere Schriftstücke ver sandt worden sind, so kann ein solches Verhalten nicht scharf genug getadelt werden. Erwünscht wäre es, wenn es hier nicht bei einer bloßen Vermahnung durch den Verein der Buchhändler zu Leipzig bliebe, sondern Mittel und Wege gesunden würden, um diesen Firmen das Unzulässige ihrer Handlungsweise mit aller Entschiedenheit klar zu machen. Ist doch der Buchhandel, wie sich immer deutlicher zeigt, kein in sich abgeschlossenes Wirt schaftsgebiet, sondern in den allgemeinen Wirtschaftsprozeß der art einbezogen, daß er gar nicht aus ihm herausgelöst werden kann. Das gilt nicht nur von den Groß- und gemischten Be- trieben, sondern in gleicher Weise vom reinen Buchhandel, jo verschieden auch die Bedingungen sein mögen, unter denen die einzelnen Firmen stehen. Der Buchhandel kann die Entwicklung schon deswegen nicht aushalten, weil er ein viel zu kleines Ge biet ist, als daß für ihn besondere Arbeits- oder Arbeiterbedin gungen geschaffen werden könnten. Und wenn wir auch auf dem Standpunkt stehen, daß zunächst jeder einzelne Betrieb da für Sorge zu tragen habe, daß bei ihm alles aufs beste be stellt sei und er keinen Grund zu Klagen gebe, so werden doch durch die Arbeiter- und Angestelltenbewegung, zum Teil auch auf gesetzgeberischem Wege, so viele betriebs- und wesensfremde Elemente in jedes einzelne Geschäft hineingetragen werden, daß ein fester Zusammenschluß der Arbeitgeber im Buchhandel ein Gebot der Selbsterhaltung ist. Diese Auffassung schließt die Verständigung mit dem eigenen Personal nicht aus, auch wo die Voraussetzungen für die Einrichtung von Angestelltenaus schüssen nicht gegeben sind; sie besagt nur, daß es damit nicht getan ist, da die Entwicklung über diese private Verständigung hinweggehen und Arbeitnehmer wie Arbeitgeber in die Organi sationen Hineintreiben wird. Damit aber werden Verhältnisse geschossen, in denen weit weniger die Rücksicht aus die Besonder heit eines Betriebs und seines Verhältnisses zu den Angestellten, als vielmehr die Stärke der beiderseitigen Organisationen ent scheidend ist. Zudem wird die Ordnung der Arbeits- und Ar beiterfragen ohne Rücksicht auf die Lebensfähigkeit und das Ge deihen eines Berufsstandes von der Regierung schon deswegen den Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Organisationen zugewiesen werden, weil die gegenwärtigen Machthaber zurzeit von sich aus gar nicht in der Lage sind, sie vom Standpunkte des All gemeinwohls ans entscheidend zu beeinflussen. Die Verankerung des Rätesystems in der Gesetzgebung, eine der hauptsächlichen Forderungen der Arbeiter- und Soldatenräte, hat auch in der Leipziger Bewegung eine Rolle gespielt, und es ist gar nicht ausgeschlossen, daß auch der Buchhandel unter diese Vormund schaft gerät, wenn er sich nicht energisch dagegen wehrt. Auch in diesem Streik ist weder auf die Stellung Leipzigs als Mittelpunkts des Buchhandels Rücksicht genommen worden, noch auf sonstige auswärtige Beziehungen der Stadt oder aus das, was Leipzig zur Blüte verhelfen, seine Stellung im Reiche bestimmt hat. Die Quittung darüber wird nicht ausbleiben, und so sehr wir wünschen, daß die buchhändlerische Vormacht stellung unserer Stadt erhalten bleibe, so nachdrücklich müßte den gegenwärügen Machthabern klargemacht werden, wohin eine Politik führt, die ein Gemeinwesen nur als ein Ding an sich betrachtet, ohne Rücksicht auf die von ihm übernommenen Pflichten gegenüber dem wirtschaftlichen Gesamtorganismus. Der Leipziger Buchhandel hat unter Führung des Vereins der Buch händler zu Leipzig in vorbildlicher Weise getan, was unter den gegenwärtigen Verhältnissen allein getan werden konnte, er hat gezeigt, daß er nicht gewillt ist, sich dem Terror einer kleinen Gruppe ehrgeiziger Gewalthaber zu fügen, auf deren Konto allein dieser Streik zu setzen ist. Er hat daher sein Geschick mit der Leipziger Bürgerschaft verbunden, bereit, für Ruhe, Ordnung und Gesetzlichkeit einzutreten, ohne die ein gedeihliches Arbeiten
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