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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.11.1921
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- 1921-11-26
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- 26.11.1921
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Redaktioneller Teil. ^ 276, 26. November 1921. gen auch hierfür eine beherrschte Wissenschaftlichkeit der Leistung, wie sie die schöne Untersuchung von Eduard Stemplinger über Horaz im Urteil der Jahrhunderte (Diete- rich'sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig, 1921s be weist. Es läßt sich keine bessere Einführung in die Horazlektüre finden als diese Geschichte der ästhetischen und moralischen Be- Wertung desjenigen lateinischen Dichters, der niemals ganz seine repräsentative Geltung verloren hat, als ein Inbegriff altrö- Mischer Lebensheiterkeit und Weltklugheit, wie etwa Cäsar den altrömischen Militär und Politiker, Cicero den altrömischcn Rhetor, Vergil den altrömischen Nationalklassiker <Wer wird nicht seinen Klopstock loben. . .) für das letztverflossene Jahrhundert humanistischer Schulbildung repräsentiert. Mit der Urbanität des allen Horaz war man also, auch wenn man sich nichts weiter aus den literarhistorischen Rangslreitigkeitcn machte, in die ihn seine Bewunderer und Gegner im Verlauf der Jahrhunderte ver- wickelten, durchaus einverstanden. Aber der geistreiche Lebemann, den man sich gern vorstellle, war auch ein vortrefflicher Metriker, und das hat die guten Absichten seiner Übersetzer nicht wenig gestört. Wie denn überhaupt die kunstreichen Nachbildungen aller Feinheiten der antiken Dichtersprache, die sich in einer anderen bisweilen gar nicht, meist nur höchst mühselig wiedergeben lassen, den Übersetzungen antiker Klassiker ihren Weg versperrte. Je kunstvoller sie wurden, desto mißverständlicher und trockener wur den sie auch, trotz aller ihrer Wissenschaftlichkeit. Was das ge schulte Ohr eines gebildeten Griechen oder Römers in den be rühmten Schrifttumswerken seiner Muttersprache heraushörte, das konnte allmählich annähernd auch ein Nachgcborener heraus hören lernen, wenn er, sich in diese Sprache vertiefend, mit ihr vertraut würde. Aber eine metrische Richtigkeit, die die deutsche Sprache zwängte, ließ die fleißigsten und gelehrtesten Übersetzungen oft verderben, weil sie zwar in der Herstellung der Hüllen antiker Poesie Bewundernswertes leisteten, dieser Leistung jedoch die eigensten Werte jener Dichtungen aufopferten, ihren de- grifflichen Inhalt, ihren inneren Rhythmus. Daß manche, im Versmaß und im Wort getreue Übersetzung, vielleicht eine Gedulds probe langer Jahre, den Leser abschreckt, liegt nicht zum wenig sten an solchen Mißverhältnissen, deren Ausgleich nur in beson deren Fällen möglich scheint. Wer etwa, des Griechischen nicht gut mächtig, den Meister der griechischen Chorlyrik in seiner neuesten, schön ausgestatteten und sorgfältig bearbeiteten deut schen Ausgabe, die sich klug auf eine Prosa-Wiedergabe ein- schränkte. (Pin dar. übersetzt und erläutert von Franz Dornseisf, Leipzig, Insel-Verlag, 19211, kennenlernt — sie ist dazu die weitaus empfehlenswerteste —, wird sogleich eine deutliche Vorstellung dieser ganzen Kunstgattung er halten, die sehr weit von der entfernt ist, die einige geschätzte ältere Übersetzungen des Dichters vermitteln. Denn diese Über setzungen werden erst verständlich, wenn man sie genau mit ihrein Urtext vergleicht. Keineswegs jedoch brauchen sich Kunstgefühl und Wissenschaftlichkeit auszuschließen. Um sich in die Umwelt einer Vergangenheit zu versetzen, bedarf es mancher Kenntnisse von Tatsachen, die ein Dichter jener Zeit voraussetzt. Das ver lockt leicht zu einem archäologischen Kommentar, der sich überall zwischen die Dichtung und ihren Leser drängt. Wenn derartig lebhafte Übersetzungen zum Überdruß wurden, ist das nicht ver wunderlich. Mit Recht ziehen es deshalb die neuen Übertragun gen aus dem Griechischen und Römischen vor, ihre Arbeit ge schmackvoll zu rahmen, Gegenwart und Vergangenheit reinlich zu trennen, statt sie in eine historisch-kulturhistorische Mosaik zu zer legen. Auch das wird wieder die Gunst der Leser den antiken Autoren zuwenden. Und es ließe sich Wohl fragen, mag auch mancher Pädagoge darüber sein Hauvt schütteln, ob es nicht besser ist. daß die Schüler humanistischer Anstalten die alten Schriftsteller teilweise aus guten Übersetzungen kennenlernen, an statt daß sie ihnen bloß bruchstückweise durch grammatikalische Übungen zugänglich werden. Besonders gilt das für die nicht aus den Schulen gelesenen Werke. Für sie sind gute bw -vgarck- Ausgaben das wünschenswerteste Hilfsmittel. Als das Vorbild einer solchen sei die letzte Arbeit des Wiener Privatdozenten der Philologie August Mayer bezeichnet, eine künstlerisch un^ wissenschaftlich vollwertige Leistung. (Der Kranz des Me- 1710 leagros von Gadara. Auswahl und übertra- gungvonAugustOehler. Mitgegenübcrgestell- tem Urtext. Berlin, Propyläen-Verlag, I920.j Für einen älteren Gymnasiasten müßte ein Buch wie dieses, müßten überhaupt die guten Übersetzungen ohne pädagogische Tendenzen ein erwünschtes Festgeschenk sein, das er mit seinen ihm sonst werten Bänden ins Leben mitnehmen wird. Eine ähnliche Beob achtung machte schon A. A. Renouard, ebenso als Buchhändler wie als Bllchersammler ausgezeichnet, in seinem Lstawgue <ls la bidliotbequo ö'uo smsteur (Paris, 1819, III, 275). Er hebt da hervor, wie die Engländer an der duchgewerblichen und wissen- tv-onum nicht sparten und für sie gern einen höheren Preis an- legken, während die französischen Schulbücher nur aus die Billig keit zugeschnitten seien. Das möge seine Geltung für die unteren Klassen und ihren Bücherverbrauch haben. In den oberen aber bilde sich schon die Büchersammlung des jungen Mannes, der, wenn er literarische Interessen hätte, seinen ansehnlicheren Bü chervorrat aushebe, zu dem die schäbigen Schulausgaben nicht gehörten. So entfremde er sich den klassischen Studien. Das Beispiel soll sich nicht gegen die gegenwärtigen Schulausgaben richten. Und es soll auch nicht für unbedingt beweiskrästig gel ten. Immerhin jedoch verdient es Wohl, daß man es auch heut zutage noch überlegt. Auch die Liebhaberausgabe hat sich von neuem den antiken Autoren zugewendet, aus einem inneren Bedürfnis heraus, nicht der bloßen Buchmacherei wegen. In früheren Jahrhunderten gehörten die Prachtausgaben dieser Klassiker zum selbstverständ lichen Bibliothekenschmuck, waren gesuchteste Liebhaberwerte, zu mal in dem Sammelsport der Großpapiere. Nun verweigert man auch den Übersetzungen, die es wert sind, nicht die höchsten Buchchren. Die okkiciu!» Sergen lis in Berlin-Steg litz — deren Luctores-Reihe sich nicht damit begnügen will, Musterdrucke zu veröffentlichen, die vor allem eine glückliche Lösung des ästhetisch-technischen Problems der griechischen Ty pographie erreichte, wovon noch ausführlicher späterhin die Rede sein soll — hat (1920) den Q. Valerius Catullus. Deutsch von Ernst Hohenemser veröffentlicht, einen köstlichen Band, zu dessen vielen Vorzügen auch der gehört, die erste vollständige deutsche Übertragung des größten römischen Lyrikers zu bieten. Dazu erhalten wir nun auch noch den deut schen Properz, wie Wik ihn uns schon lange wünschten: Paul Mahn, Die Gedichte des Properz. Deutsche Nach dichtung (Verlag der Täglichen Rundschau, Ber lin 1921). Der Hinweis daraus, daß in verhältnismäßig kur zer Zeit eine vierte Auslage, für die der Verlag keine Ausstat- tungskosten sparte, möglich und nötig wurde, ist eine nicht zu überbietende Empfehlung. Ein Modename hat es leicht, die Auflagenhöhe gipfeln zu lassen. Ein deutscher Properz jedoch, der war ein Unbekannter wie der jüngste Dichter unserer Tage. Er hat einen Übcrraschungssieg davongetragen. Die Leser, die ihn erst aus dieser Nachdichtung kennenlernten, werden, wenn sie aus ihrem Konversationslexikon oder sonstwoher wußten, daß der Sextus Propertius ein Dichter mit sehr vielen dunklen Stel len sei, nicht wenig den Kopf geschüttelt haben. Denn aus dem eleganten Bande tritt ihnen dieser vornehme Weltmann des MLccnas-Kreises mit einer Leichtigkeit entgegen, die überhaupt nicht das Gefühl aufkommen läßt, es könnte irgendwelche Schwie rigkeiten haben, ihn deutsch statt lateinisch reden zu lassen. Je doch, man sehe sich einmal an, wie ihn Knebel, von Goethe sekun diert, sprechen ließ. Wie man denn überhaupt diese Nachdich tung recht eigentlich erst schätzen lernt, wenn man sie mit dem Original vergleicht. Das Geheimnis dieser wie aller anderen ge lungenen Nachdichtungen und Übersetzungen ist leicht zu verraten, aber sehr viel schwerer anzuwendcn, ihr Meister hat die beiden Sprachen gekannt, die, aus der er, und die, in die er übertrug. Man unterschätze derartige, für eine Nachbildung sremden Geistes- und Sprachgutes selbstverständlichste aller Voraussetzungen nicht. Wir haben sehr viele Übersetzungen, sehr wenige gute. Als ein Diener am Wort muß der Übersetzer philologische Akribie mit künstlerischer Souveränität verbinden. Vermag er das, dann er füllt seine Leistung nach dem von ihr gewählten Standpunkt zu
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