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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.09.1921
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- 1921-09-22
- Erscheinungsdatum
- 22.09.1921
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Ar 222, 22. September 1921. Redaktioneller Lei!. Sie sind scharmant, sie sind famos, sie sind galant. Und ihre kecke Laune versteht es, sich vortrefflich mit Heines witzigen Worten zu verständigen. Die Meisterwerke der Weltliteratur nrit Ori ginal-Graphik, die im Verlage von Or. I u l i u s S ch r ö - der in München erscheinen, rechtfertigen ihren Preis (man sähe manches Stück gern auch in einer volkstümlicheren Ausgabe) schon dadurch, daß sie unentwegt an der Auslese der besten buchgewerb lichen Materialien festhalten. Das war früher schon nicht billig, heutzutage ist es leider fast schon unbezahlbar geworden. Als ein buchgewerbliches Meisterstück sonder Fehl und Tadel, als ein buchkünstlerisches Meisterwerk ist an ihre Spitze zu stellen: Wil helm Raabe, Die schwarze Galeere. München, 1920. Wie hier mit dem ausgezeichneten Druck von G. I. M a n z in München auf dem getönten schweren Van Geldern die 17 Holz schnitte von Bruno Goldschmitt sich zusammenfinden, das zu betrachten ist eine Augenweide sondergleichen. Schon bei dem anscheinend sehr einfachen -antik« Kalbpergamenteinbande, dessen Vorderdecke ein Holzschnitt, prachtvoll schwarz schattend, ziert, läßt sich erkennen, daß vielfach dergleichen Wirkungen so sehr von den echten Stofsreizen abhängen, daß sie sich durch Er satzmittel, und seien diese auch noch so kunstfertig verwertet, nicht erreichen lassen. Die anderen Bände der Reihe, die bisher er schienen sind: William Shakespeare, Hamlet. Mün ch e n, 1920; Comte de Gobineau, Sabonarola. Mün ch e n, 1920; I. W. v. G o e t h e, F aust. I. Teil. M ünchen, 1921, hatSepp Frank mit Radierungen ausgestattet, und auch sie sind Druckleistungen hohen Wertes. Über die Buchbil- dcr sind die Urteile sehr verschiedenartig ausgefallen. (Mir persönlich, man verzeihe, wenn ich mit dieser Bemerkung allzusehr hervortrete, ist es sogar verdacht worden, daß ich sie großenteils für höchst schätzenswerte Leistungen halte und meine Ansicht nicht ändern möchte.) Eine Übersteige rung der technischen Virtuosität ist gelegentlich unverkennbar. Aber seit wann ist denn die Beherrschung seiner Technik für den Graphiker ein Vorwurf? Und eine gewisse Übermüdung oder Un gleichmäßigkeit (vor allem in dem Faustbande, wo der Künstler sich im Allegorie- und Symbolgewirr verstrickt und nur zu einer reinen vollen Wirkung in den Bildern für die Gretchcn-Tragödie gelangt) ist gleichfalls unverkennbar. Aber vor allein in dem Hamlet- und in dem Savonarolabande bewährt er die besten Eigenschaften eines Illustrators, die richtig einzuschätzen man sich die Schwierigkeiten der von ihm zu lösenden Aufgaben vergegen wärtigen möge. Und auch an den Einfällen, die die Übergänge zwischen Dekoration und Illustration vermitteln, ist er reich. Was ihm fehlt, oder noch sehlt, ist das Gleichgewicht seiner geistigen und künstlerischen Mittel. Wofern er einmal an ein Thema gerät, das zum Ausbeuten verlockt, wird ihm die Illustration leicht nicht nur zur Interpretation, sondern sogar zum Kommentar. Das berührt dann die Frage, der diesmal hier nicht eine Antwort ge sucht werden soll, wie weit die Buchbildgrenzen reichen, was und wieviel sich bildlich sagen läßt. Eine Frage, die zu beantworten die Buchkunstmeisterwerke der deutschen Renaissance, die gewal tigen Buchunternehmungen des Kaisers Maximilian, schon ein mal, vergeblich, versuchten. Vergessen sei jedoch nicht die An merkung, daß der Faustdruck von G. I. Manz, ohne typographi sche Tüfteleien, vorzüglich gelang. In dem Buchdrucker, der die Buchdruckerkunst übt, wohnen zwei Seelen. Die eine bannt ihn vor den Schriften seines Setzerkastens in die Gesetze, nach denen der mechanische Prozeß des Drückens sich vollzieht. Die andere möchte emporfchweifen in die Weiten seiner Phantasie, seinem Willen gehorchen, alles auszudrücken, was sich durch Schrift aus- drücken läßt. Von den Fesseln der Druckschriftschwere frei fühlt sich der Schreiber. Er kann die Buchstaben und ihr Gefüge zum Satzbild formen, ohne mit den gegebenen Größen rechnen zu müssen. Seitdem die Schreiberkünste von neuem geweckt, von neuem verstanden wurden, hat deshalb auch die Buchhandschrift eine erneuerte Eigengcltung gefunden. Ist doch die Kunstform des Schreibens die heute am meisten verbreitete, weshalb sie auch die meistverständliche werden müßte. Die Bücherliebhaber haben den kalligraphischen Manuskripten eine erhöhte Teilnahme zu gewendet, die Bücherhersteller, unterstützt von den neudeutschen Schreibmeistern und Schreiberschulen, in den Umdruck- und sonsti gen Verviclfältigungsverfahren ein Mitte! sich angeeignet, das schöngeschriebene Buch auch in Druckwicdergaben zu verbreiten So haben die einst sich verfeindenden Gewerbe der Wiegendruck zeit, die alten Buchschreiber, die neuen Buchdrucker, nun ein Bündnis an dieser Grenze des Buchlandes geschlossen und eine neue Form der Liebhaberausgabe sich gemeinsam gewonnen, das gedruckte-geschriebene Buch. Von ihm wird späterhin noch man ches ausführlicher zu berichten sein. Einstweilen sei hier kurz aus zwei neue Reihen solcher Schreibwerke verwiesen, aus die D o - mi n ad rucke, die der Verlag von Walter Seifert, Stuttgart-Hcilbronn, hcrausgibt. Sie sind schöne Schreibbücher Willi Webers, die bedeutendere Dichtungen der Gegenwart in ein edles Buchgewand hüllen. Und auf die Münchener Sc riptordrucke des DreiMasken Ver lag es, verschiedenen Schreibkünstlern anvertraute Auswahl- sammlungcn deutscher Gedichte. Sie mit den Anthologicbändche» zu vergleichen, die vor einem Halbjahrhundert den Spott auf die Goldschnittlhrik herabzogcn, ist eine rechte Freude. Dergleichen kleine Zierlichkeiten könnten ein Mittel werde», das Buchgeschenk zu verbreitern und zu vertiefen. Auch davon sei späterhin noch die Rede. Nicht allein die Anzahl unserer Liebhaberausgaben, auch ihre Buchgröße ist im ständigen Wachsen. Für den beeilten Buchhändler mag es ein Trost sein, daß er bald, wie der Theater direktor abendfüllende Stücke, schausenstcrfüllende Bünde erhalten wird. Aber sür den Buchfreund und Büchersammler ist die Be nutzung einer Bücherleiter zum Lesen eines Buches kein Vergnü gen. Man hatte gehofft, das Folioformat, das Atlasformat mütz- ten die Grenze des Bücherwachstums angeben. Man hatte ge meint, es gäbe keine so großen Ochsen und Schafe mehr, um aus ihrem Fell die Deckenüberzüge dieser Gigantenbücher zu schneiden. Man hat sich getäuscht. Der Bücherschrank, der durch zwei Etagen geht, wird nun bald unentbehrlich werden, wofern man nicht auf den glücklichen Ausweg gerät, die Papierrollen unserer Rotations- Pressen für ein endloses Format zu verwerten. Die Absichten der Buchkünstler in allen Ehren, aber es braucht doch nicht schließ lich dahin zu kommen, daß das Ausladen eines neuen Buches mit der sehr beliebten Stratzensensation des Einsetzens einer neuen Schaufensterscheibe verwechselt wird, wo dann auch die beeiltcsten Leute warten, ob nicht auch die neue Scheibe gleich wieder zer bricht. Oder daß der Vertreter eines Umzugsspediteurs, der an die Sondervergütung für Geldschrank- und Flügeltransport er innert, die Frage anschließt: Sind Sie Bibliophile? Haben Sie eine Bibliothek? Wenn ja, wir rechnen für den Bandquadratmeter soundsoviel. Man möchte heute keine Bücherliste schließen, ohne an ihrem Ende wenigstens ein Buch zu verzeichnen, das Gelassen heit und Heiterkeit lehrt, das zu der Freiheit der Humore des Lebens führt, das ein Sorgenlöser ist. Von diesen Heilmitteln der Seele seien hier am Ende drei kurz genannt. Lichtende rgs Briefe an Johann Friedrich Blumenbach. Her an SgegebenunderläutertvonAlbertLeitzmann. Dieterich' sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig, 1921. Jede Seite Lichtenberg zwingt zum Anschauen und Be denken. Der Autor, der englischen commonsenss mit französischer Psychologie und deutscher Tiefgründigkeit in einer ihm eigenarti gen Mischung vereint, ist kein Unbekannter und Vergessener. Amt und Würden des deutschen Klassikers sind ihm längst von den Literaturgeschichten zugebilligt worden. Gelesen wird er noch viel zu wenig. Um so dankbarer darf es empfunden iverden, daß sein alter Verlag sich der Ehrenpflicht nicht entzieht, durch neue Veröffentlichungen für die Vervollständigung des Lichtenberg- Briefwechsels — es läßt sich ihm nicht allzuviel in deutscher Sprache an die Seite stellen — zu sorgen, und daß er dabei die Unterstützung des kundigsten Lichtenberg-Herausgebers findet. Jeder, der Lichtenberg noch nicht gelesen hat, ist um den Genuß, der ihm bevorsteht, zu beneiden. — Kneipzeitringen. Ge- dichteundSinnsprüche vonWilhelmBn sch. Mün chen, Braun L Schneider, 1921. Auch Wilhelm Busch, der »Humorist», gehört nun schon zu den Größen, mit denen die Literaturgeschichten rechnen, und die fröhliche, von sei- 1407
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