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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.04.1921
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- 1921-04-29
- Erscheinungsdatum
- 29.04.1921
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Xr 99, 29. April 1921. Redaktioneller Teil. umsonst« bekommt. So unrecht hat er nicht mit allen den Über treibungen ; auch ich habe schon mehr als einmal von der gras- i sierenden Aufschlagswut sprechen müssen. — Am Schluß ist dann die treffliche Bibliographie des Buchwesens, zusammengestellt ^ von O. E. Eberl, Bibliothekar an der Deutschen Bücherei, ab- gedruckt. Da ist mir auch das zweite Heft vom dritten Jahrgang der »Vierteljahrsschrift für angewandte Bücherkunde« (Berlin- Nikolassee: Max Harrwitz) zur Hand, aus dem ich die Aufsätze über »die Göschenschen Prachtausgaben« und -Shakespeareiana« als für Antiquare besonders interessant erwähne. Aus den »Mitteilungen und Nachrichten« gehört noch der Aufsatz über die Affaire Clavijo hierher und die Notiz über »Bibliographische Raritäten der modernen deutschen Literatur«. Berlin-Wilmersdorf. Philipp Rath. Eine Vorlesung vor den Pan--(Arünt>ern. Ans einer »S ch o n u n g s l o s e n Le b e n s ch r o n i k«' von Kurt Marxens, die demnächst im Nikola Ver lag. A.-G. in Wien erscheint. Die erste bibliophile Zeitschrift großen Stils war bekanntlich der »Pan«, der nm die Mitte der neunziger Jahre in Berlin gegründet wurde. Ein stattliche Anzahl von Kennern, Kunstfreunden und Mä zenen nahm das verdienstvolle Werk mit Geschmack und Umsicht in An griff. Künstlerisch wie gesellschaftlich gefiel sich das Unternehmen so fort in aristokratischen Formen. Am eifrigsten beteiligten sich Ge heimrat Or. Wilhelm Bode, Henry van de Velde, Gras Harry Keßler, Baron Eberhard von Bodenhansen; die Redaktion wurde Otto Julius Bierbaum, nach seinem Ausscheiden Cäsar Flaischlen übertragen. Adelige Schriftsteller, wie Georg von Ompteda und Wilhelm von Polenz, befanden sich häufig in ihrem Gefolge. Es waren Ama teure von viel Geschmack und einer gewissen Großzügigkeit des Den kens, Mäzene ans signorilem Selbstbewnßtsein ohne Vorurteile. Kunst und Literatur betrachteten sie als reine Gennßobjckte. weshalb sie denn auch im »Pan« dem neuen Knnstgewerbe unter Führung Henry van de Veldes und der ästhetischen Dichtung besondere Beachtung schenkten. Der »Pan« hatte sich für den Zeitraum einiger Jahre ge nügend finanziert, seine literarischen Beiträge waren etwas glatt und farblos, aber doch stets von einer aparten, exklusiven Note, die Kunst blätter, bei deren Auswahl Wilhelm Bode maßgebenden Einfluß übte, durchweg wertvoll und vorzüglich in der Reproduktion. Unter de» Auspizien der Gründer von Rang und Adel entwickelte sich nun eine vielfach anregende, geistig belebte Geselligkeit, ein Schmau sen und Pokulieren mit schöngeistig feudalem Anstrich, eine sublimierte Lebensfreude, wie sie den deutschen Oberklassen nur in ihren besten Zeiten vergönnt war, unserm Bürgertum aber überhaupt nicht liegt. Sammelten sich jene feinsinnigen, körperlich wie geistig mohlge- pflegten Herren zu ihren Aufsichtsratssitzungen, so wählten sie das Hotel Bristol Unter den Linden zu ihrem Stammquartier: die Mit arbeiter, Maler und Schriftsteller, gingen täglich bei ihnen ans und ein. Die Unterhaltung, richtiger die Konversation dieser vornehmen Le- benskünsiler plätscherte angenehm, mit leichtem Geist und Witz dahin; ein treffendes, tieferes Wort blieb selten hasten, man bewegte sich in threm liebenswürdigen Zirkel wie in einem lauen Bade und gab sich dann nicht ungern wieder den nervenstärkenden Kaltwasserdnschen revolutionärer Wasserstiefler hin. Takt und rücksichtsvolle Manieren sind eine gute Sache, aber sie können im lll>ermaß zur Tortur werden. Das bekam ich zu spüren, als Wilhelm von Polenz, der ernste, gediegene Landcdclmann, mehrere seiner Standcc-gcnossen und vertrauenswürdige Literaten zur Vor lesung seines Schauspiels »Andreas Bockholt« in sein Hotelzimmer ge laden hatte. Wilhelm von Polenz war ein beachtenswerter, kerndeut scher, realistisch gerichteter Erzähler. Seine beiden Romane »Der Bütt- nerbaner« und »Der Grabenhäger« hatten unbestrittene Qualität. Es war ihm sogar die Ehre zuteil geworden, daß der alte Tolstoi, der die Bedeutung eines Kunstwerks nur nach der Kraft agrar-ethischcn Gehalles beurteilte, diese Romane für die einzig guten der gesamten deutschen Literatur erklärt hatte. Als Dramatiker aber war Wilhelm von Polenz ganz unmöglich. Es ging auf die Mittagsstunde, als wir, noch ungefrühstückt, uns leicht bcllommcn »m den Dichter scharten: Graf Seebach, der General intendant des Dresdner Hoftheaters (aus naheliegendem Grunde die Hauptperson), Herr von Bodenhanscn, Graf Harry Keßler, ein völlig literaturfremder Afrikarcisendcr Graf Pfeil, Woldemar von Seydlitz, Ernst Hardt, Cäsar Flaischlen, Walter Harlan und ich. Der Dichter hatte, wohl nur instinktiv, seinen Platz so gewählt, daß er, mit dem Rücken gegen die Tür, den Ansgang versperrte — eine Gewohnheit vorlescnder Dramatiker, von der Frank Wedekind grimmig lächelnd zu behaupten pflegte, Hanns von Gnmppcnberg habe isie erfunden —, wir waren also gewissermaßen gefangen und mußten, durchaus nicht wißbegierig, nach einer dnrchschwclgten Nacht todmüde, jmit leerem Magen, so wehrlos wie hoffnungslos die Polenzsche Vor lesung über uns ergehen lassen. In den ersten Szenen wirkte das Drama lediglich einschläfernd, bald aber löste cs eine vom Verfasser durchaus nicht beabsichtigte, durch unsere hinfällige Verfassung ins Nervöse gesteigerte Lachlust aus, der wir doch aus Takt und Anstand nm Gotteswillen nicht nachgcbcn dursten. Andreas Bockholt war ein Schwerverbrecher, der soeben seine Strafe verbüßt hatte, von dem men schenfreundlichen Zuchthausdirektor nun in geläutertem Zustande der Gesellschaft und seinem Berufe zurückgcgeben und vor weiteren Fol gen seiner Missetaten behütet werden sollte. Andreas Bockholt war indes noch immer ein sehr unsympathisches Individuum, ja gerade heraus gesagt, ein gräßliches Urviech. Der Direktor hatte seine liebe Not mit ihm. Er sagte: Man muß vor allen Dingen dem armen Schächer das Selbstbewnßtsein heben, ihn gar nicht merken zu lassen, daß er nicht unsresgleichen ist. Deshalb lud der Direktor ihn in den Kreis seiner Familie znm Mittagessen ein, sehr gegen den Willen seiner zart- sinnigen, doch tief in gesellschaftlichen Vorurteilen steckenden Gemahlin. Als ans dem Munde des Dichters das Wort »Mittagessen« fiel, zuckten wir Zuhörer konvulsivisch zusammen und hörten unsre Magen knurren. Nun kam die Szene, wo Bockholt wirklich an der Familicntafcl des Direktors zu speisen, vielmehr zu fressen begann. Regiebemerkungen wiesen sachlich auf Bockholts proletarische Manieren hin, wie er schmatzte, riilpste, das Messer durch den Mund zog und wie die arme Frau Direktor darüber in Entsetzen geriet. Ihr Gatte, der Menschen freund, fand, man müsse im Interesse des edlen Zweckes solch unerfreu liche Eindrücke in Geduld ertragen. Je gieriger nun der Zuchthäusler sich an dem Mittagessen gütlich tat, desto heftiger litten wir unter Neid und Appetit. Tenn es war inzwischen zwei Uhr geworden und ein Ende des Dramas nicht abznsehcn. Die brillant erzogenen Aristokraten saßen steif und ernst, mit anfangs höflich interessierten, später un durchdringlichen Mienen in ihren Klubsesseln, Ernst Hardt litt unter zunehmenden Gähnkrämpftn, Harlan und ich hielten, scheinbar tief er griffen, das Gesicht in die Hände vergraben, warfen uns zuweilen flehende, stöhnende Blicke zu und erbebten insgeheim unter qualvollen Lachkrämpfen. Als die Vorlesung selbst überstanden war, setzte die Diskussion darüber- ein. Man erging sich in Komplimenten und analysierenden Feinsinnigkeiten. Dem Dichter aber kam es vor allem darauf an, das Urteil des Intendanten zu vernehmen. Der drückte sich mit allerhand verbindlichen Redensarten nm den Kern der Sache, die Aufführbarkeit, herum; denn daß es eine verlorene Cache war, hatte sich nach der ersten halben Stunde heransgestellt. Die allgemeine Verlegenheit erreichte ihren Gipfel, als Graf Pfeil naiv drauf los an den Intendanten die Frage richtete: »Na, Exzellenz, wann wird in Ihrem Hofthcater die Premiöre sein?« Graf Scebach schien peinlich berührt, war aber ans seiner Reserve nicht herauszulocken. Endlich, endlich nach drei Uhr konnten wir uns aufatmend in den Speisesaal verfügen und uns mit Bockholtscher Gier auf köstliche Platten stürzen. Auch mit Sekt erholten wir uns von der übermensch lichen Anstrengung des literarischen Genusses. Ein neben mir sitzender Graf nahm cs besonders genau damit, indem er achselznckend drei Flaschen znrückgab, »weil sie nach dem Pfropfen schmeckten«. Unterwürfig entkorkte der Kellner jedesmdl eine neue, und ich dachte mir, in Ehr furcht erschauernd: es geht doch nichts über den empfindsamen Geschmack und die stolze Sicherheit eines Herrn der großen Welt. M>Nk MlNklliiiMN Zur Abwehr der Nechtschreibungsänderung und der Kulturabgabe. — Wir möchten nicht verfehlen, auch an dieser Stelle unsere Mit glieder nochmals auf die von der Hauptversammlung einstimmig ge faßten Entschließungen zur Frage der Nechtschreibungsänderung und der Kulturabgabe (siehe Börsenblatt Nummer 97, Seite 613 und Seite 614) ausdrücklich hinzuweisen. Der Sache wäre außer ordentlich gedient, wenn solche Mitglieder, die entweder selbst Zei tungen oder Zeitschriften heransgeben, oder zu derartigen Unterneh mungen engere Beziehungen haben, diese ausnntzen. nm den genannten Entschließungen weitestmöglich« Verbreitung zu sichern. Auch dadurch, daß im persönlichen Verkehr die Entschließungen verbreitet und auf sie aufmerksam gemacht wird, kann die Abwehr dieser Pläne, die im dringendsten Interesse des Buchhandels liegt, wirksamst unterstützt werden. Duisburg außerhalb der Zollgrenze! — Vielfach besteht die irrige Meinung, als ob Duisburg auch in das Gebiet der neu errichteten Zoll grenze falle! Es ist dies nur für den Hafen der Fall (Schiffsladun gen). — Pakete und Bahnsendungen nach Duisburg, ein schließlich Rnhrvrt und Meiderich, bedürfen vorläufig keiner Zoll inhaltserklärung! 631
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