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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.09.1915
- Strukturtyp
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- 1915-09-27
- Erscheinungsdatum
- 27.09.1915
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. .V 224, 27. September 1915. Es sei nicht verkannt, daß billige Bildungsschriften, Klassiker usw., dem jungen Soldaten, dem Landwehrmann, dem Arbeiter geboten, ein großes soziales Gut bedeuten. Es möchte scheinen, daß auf diesem Gebiete das Mögliche schon erreicht ist. Von diesen sozialen Unternehmungen allein aber kann der deutsche Buchhandel nicht leben — auch nicht vom »schönen Buch», für den Bücherfreund als Kulturzeichen erschaffen. Das gute, künstlerisch, wissenschaftlich, dichterisch und ethisch wertvolle Buch, gehöre es der Lhrik, der Belletristik, der Medita tion oder der Wissenschaft an, hat seine Mission im Mittel stand noch lange nicht erfüllt. Und mir scheint, hier wäre das Gebiet für den Deutschen Verlegerverein, wieder einzuseyen. Hält man diese Anschauung für unrichtig oder in einem Vor urteil befangen, so prüfe man folgende Beobachtung nach: Man denke an zwei oder drei Bekannte. Was für Bücher kauften diese vor zehn oder fünfzehn Jahren? Was kaufen sie jetzt? Wir fanden früher auf ihren Tischen als Neuerwerbungen Nietzsche, Treitschke, Burkhardt, Mörike, Keller, Meyer, Liliencron, Ricarda Huch, Jacobsen, Kleist, Hauptmann, Sudermanns erste Romane, Ibsen, Hamsun, Key, Lagerlöf, Björnson, Auguste Hausch- ner, Helene Böhlau, Toni Schwabe, Oskar Wilde, Schlaf, Hart, Holz, Morgenstern, Bölsche, Wille, Zola, Balzac usw., je nach der Art des Besitzers in den Ausgaben zum normalen Preis, sachte angeschafft, treu gelesen, verbreitet durch Empfehlung, als Geschenk in Propaganda umgesetzt. Diese Bücher wareu nicht nur (von oft recht geldarmen Menschen) gekauft — sie waren ein geliebter Besitz, sie waren Erinnerungen, mit der eigenen Ent wickelung tief verbunden. (Man wird sagen, jemand könne nicht bis zum Tode immer wieder Ricarda Huch, Kleist usw. kaufen — aber weiter ) Heute? Bei denselben Bekannten (die damals in der Kleinstadt der gebildete Sortimenter monatlich oder vierteljährlich mit Äuswahlsendungen nach ihrer Geschmacksrichtung beschickte) sehen wir heute: Pappbändchen ä 50 Pfennig — mit einem Auszug von dem und jenem Bedeutenden, das schon ganz im Bücherschrank steht — Bücher um der schönen Einbände, der Type und des Papieres willen, Pappbändchen mit originellem Muster, die man sammelt wie Kinder Liebigbilder sammeln; wie finden 1 Mark-Bände, mit genommen vom Bahnhof, finden Romane, die Reklame hoch warf und deren Inhalt in einem grausigen Gegensatz zu ihrer Auflage- ziffcr steht; wie finden eine Last von überflüssigem, Eintagsfliegen — darunter mal ab und zu noch eine Treue an die alte Gewohn heit der Wahl, das gute Buch. Warum? Weil die Fünfzigpfen nig-Bändchen und das 1 Mark-Buch eigentlich nichts kosten, weil man, sein Können betrachtend, ein sieht, daß man im Jahre oder Monat für Nichtigkeiten so viel ausgegeben hat, daß es nicht reicht, den Philosophen, von dem man ein Exträktchen las, zu kaufen, die verschiedenen Bücher, die man eigentlich lesen wollte, zu fünf oder sechs Mark anzu schaffen. Man hat eine Masse kleiner Dinger, für die kein Platz ist, — soll man aber nun irgend ein Stückchen Philo sophie ins Lazarett schicken? Oder die Romane von Schau spielerinnen, Sportleuten, die so lieblich billig waren? Das Buch ist sowohl eine geistige als räumliche Platz- frage. Könnte der deutsche Verlagsbuchhandel nicht die Tische wieder abräumen, aus denen all das zu zwanzig, fünfzig und hundert Pfennigen liegt? Abräumen, um für das gute, moderne Buch wieder Platz zu machen? Dem guten Buch sollte freilich noch ein anderer Helfer er stehen: die Zeitschrift, weder dienstbar dem einzelnen Verlag, noch einer Partei, weder Semiten noch Antisemiten, weder dem Geschäft noch dem TagesgeschnM. Wir haben kein Literaturblatt in geistiger Harmonie, wir haben nur Übersichten über einzelne Verlage, Rundschauen, Re imen, wie immer genannt. Wir sehen in guten Zeitschriften einen Einzelnen urteilen, nach seiner Wahl, nach seiner Gunst, seiner Ranküne oder Beschränktheit. 1310 Es fehlt uns das Blatt, in dem jedes wirklich belangvolle Buch besprochen wird — nach seiner Form, seinem Stil, seiner Kultur, seinem Wert. Es fehlt uns der — mit Schiller zu sprechen — »unbestochene Richter«, das wäre ein Blatt mit einem Stab von Mitarbeitern, denen erstens Wissen innewohnt, zwei tens Vorurteilslosigkeit. In diesem Blatte sollte jedes Buch von Rang zwei oder drei gleichzeitige Kritiken haben. Hinter dem Kritiker müßte die Persönlichkeit von Wert stehen, die sich auch dann nicht vergreift, wenn das Objett ihrem persönlichen Ge schmack nicht entspricht. Die Gründung eines solchen Blattes erschien mir längst ein Bedürfnis der Zeit. Der Gedanke kam mir bei meinen eigenen Rezensionen — Es ist mir vorgekommen, daß ich, z. B. über Jacob Wasser mann schreibend, im gleichen Blatt den wertlosesten Roman eines Schwächlings von einem anderen Kritiker mit demselben Maß von literarischer Hochachtung behandelt sah. Dieses Beispiel ließe sich ins Schauerliche vermehren. Ein gebildeter Leser wird einem Literaturblatt, dessen ver schiedene Mitarbeiter den Begriff von Wert so verschieden aus fassen, völlig mißtrauen. Ein gebildeter Leser wird nicht einen Einzelnen als absoluten Richter über Alles anerkennen — die Auswahl, die ein Philister in einer Monatsschrift trifft, wird jeden mit mehr Feuer Begabten kalt lassen, ebenso die Aus wahl, die ein absolut jüdisches oder absolut antisemitisches Blatt gibt. Die Zeitschrift zu schaffen, in der eine Republik von Kritikern auf Gewissen und Einsicht hin die Erscheinungen der Zeit Prüft, würde sich das Vertrauen des Gebildeten er werben, ein solches Organ würde wieder zu Rate gezogen — es würde mehr als alles um 1 50 oder 10 -s zur Anschaffung, zur langsamen Erwerbung guter Bücher reizen. Bei der Gründung eines Blattes kritischer Art spielt die Honorarfrage für die Mitarbeiter eine untergeordnete Rolle. Dennoch würde der Sache ein Schritt nähergekommen sein, wenn sich Autoren und Kritiker zusammenschlössen und ihre Arbeit an dem Blatt als eine unbezahlte übernähmen. — Ich zweifle nicht, daß es viele geben würde, die ihre kritische Mühe um der Sache willen täten — um der schönen Sache willen, dem Guten, auch dem Verkannten, den Weg bahnen zu helfen. Die Mission des Buches und damit des Verlagsbuchhandels scheint mir heute die Wiedereroberung der gebildeten Stände — die Kultur genug besitzen, nicht nur das zeitgenössische Buch kaufen zu wollen, für das so viel Reklame gemacht werden kann, daß es sich aufdrängt wie Wetter oder Mode — und das infolge wohlinszenierter Massenauf lagen andere gleichzeitige Bücher einfach tot macht. Diese Ausführungen berühren, das sei noch einmal betont, nicht die Versorgung des vierten Standes mit billigen Bildungs schriften, sie richten sich gegen den Massenvertrieb seich ter Belletristik zu Preisen, die das gute Buch buch händlerisch tot machen; richten sich gegen die unzähligen Pro ben und Auszüge für einige Pfennige, mit denen das Werk selbst in gewissem Sinne abgetan wird; richten sich gegen die völlig disharmonische Kritik in unseren Blättern mit vielen Rezensenten, und in jenen, die einem einzelnen mit notwendig gebundener Übersicht die Auslese überlassen. Sophie Hoechst etter. Die Verordnungen über die Anordnung einer Geschäftsaufsicht zur Abwendung des Konkurs» Verfahrens für das Deutsche Reich vom 8. August und für Österreich vom 17. September 1914. Von Justizrat Dr. A n s ch li tz. I. Um den durch den Krieg hervorgerufenen wirtschaftlichen Stö rungen entgcgenzuarbeiten und sie in ihren Folgen zu mildern, hat der Bundesrat auf Grund der ihm durch Gesetz vom 4. August 1914 verliehenen Ermächtigung unter dem 8. desselben eine Verordnung erlassen, die sich mit der Anordnung einer Geschästsaufsicht zur Ab wendung des Konkursverfahrens besaht. — In gleicher Weise wurde in Österreich eine kaiserliche Verordnung erlassen.
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