Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.04.1921
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1921-04-11
- Erscheinungsdatum
- 11.04.1921
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19210411
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-192104117
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19210411
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1921
- Monat1921-04
- Tag1921-04-11
- Monat1921-04
- Jahr1921
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
83. 11. April 1921. Redaktioneller Teil. sich abzulenken. Nach ihrer Darstelluna ist nur der Verlag an der Sache schuld. Er nehme eben nichts zirrück. Er schicke den Händlern wohl von den weniger stark gefragte,! Abendblättern eine geringere Zahl als von den Morgenausgaben, oder der Händler mUsse die Abend ausgaben, die der Verlag liefere, unbedingt absetzen. Das Verlust- rlsiko schiebe der Verlag dem Händler zu. Nicht immer sind die Kun den mit dieser Aufklärung zufrieden«. Manche, die vielleicht 60 und mehr Tagespension zahlen, ereifern sich aus reiner Prinzipienreiterei wegen 20 oder 30 Mehrausgabe ganz erheblich. Darunter leidet das ganze Geschäft. Dem Verkäufer kann man es bei dem ausgehobenen oder eingeschränkten Riickgabcrecht nicht verdenken, wenn er seine Be darfsangabe aufs knappste bemißt und lieber sicheren kleinen Umsatz dem großen Angebot vorzieht. Weniger gefragte Tageszeitungen suchen aber durch volles Nlickgaberecht den Verkäufer dach zu bestimmen, einige Stücke mehr aufzulegen, wenn auch bei größter Ausdauer keine Nach frage zu erwarten ist. So sind manche Blätter stets ausverkauft, von anderen liegen noch ein bis zwei Dutzend aus, ohne daß sie von den Gästen immer als ausreichender Ersatz «ungeschützt werden. Gehen wir nun auf einige Einzelheiten näher ein. Die Jnterna- ttonalität der binnenländischen Heilbäder finden wir an der See nicht. Von Kolberg ab ostwärts macht sich wohl ein starker polnischer und — früher — russischer Einschlag unter den Kurgästen bemerkbar, doch kann man nicht von Jnternationalität sprechen. Ebenso finden wir auf Rügen, in Vorpommern, Mecklenburg, Holstein bis nach Helgoland einen skandinavischen Einschlag. Im der Mehrzahl sind dies nur Pas santen. Das Angebot an ausländischen Zeitungen ist daher gering. Weiter bemerken wir, daß in der Hauptsache das Hinterland die Be sucher stellt. Slerliner wimmeln freilich überall hevmn. Hamburg dagegen sendet seine Angehörigen ostwärts kaum Uber Warnemünde und allenfalls noch Rügen und Vorpommern hinaus. Westwärts besuchen sie hauptsächlich die Bäder der nordfriesischen Inseln und der Küste von der dänischen Grenze bis zu den ersten ostfriesischen Inseln. Das Hauptbesuchsfeld der Hamburger bildet Travemünde mit den Nachbar- bädcrn. Sehr starken Besuch haben die Seebäder aus dem Freistaat Sachsen her aufzuweisen. Von Swinemünde bis Arendsee in Mecklen burg — hauptsächlich aber auf Rügen und in Warnemünde mit den Nachbarorten findet man sie in Hellen Scharen. Eine Familie zieht die andere nach. Und bemerkenswert ist, kein Volksstamm macht es sich anscheinend so zur Pflicht, unentwegt bei den Zeitungsverkäufern die Hauptblätter der Heimat zu verlangen, wie die Sachsen. Das fällt umsomehr auf, als doch die Sachsen nirgends als Partikularisten ver schrieen sind. Die ostpreußischcn und westpreußischen Bäder haben neben überwiegendem Besuch aus der zugehörigen Provinz teilweise recht starken Besuch aus Berlin und, wie erwähnt, aus dem Auslände. Die friesischen Inseln werden hauptsächlich vom Rheinland und Westfalen her besucht, dazu viel Berliner und Hamburger. Sehr gering ist der Besuch überall aus Cüddeutschland. Aus Bayern kommen sehr lvenige. Diese besuchen vielleicht Hamburg, früher auch Kiel oder Bremen, um mal einen großen Hafen zu sehen, aber als Bäderbesucher find sie an der See selten. Aus dem Schwabenlande trifft man schon öfter mal jemand an der See. Die Badener sind ebenfalls selten an der See -u finden. Mitteldeutschland ist verhältnismäßig stark vertreten. Eine besondere Vorliebe für bestimmte Gegenden ist hierbei nicht zu er kennen. Aus Schlesien verstreut sich der Besuch ebenfalls, wenn auch eine gewisse Bevorzugung der pommerschen und mecklenburgischen Bäder zu bestehen scheint. Diese gewissermaßen landsmannschaftkiche Verstrenung der Be sucher hat natürlich zuerst ihre Ursache in dem Vorhandensein beson ders günstiger Zugverbindungen. Allmählich mag dazu eine gewisse Gewohnheit getreten sein. Viele besuchen den Ort ihrer Wahl immer wieder, so daß sich mit der Zeit ein Stamm von Gästen gebildet hat. Diese drücken natürlich dem Ort ihr Gepräge auf. Darum ist es für die Zeitungen wichtig, die Reiseziele ihrer Leser zu kennen. Wie der Handel der Flagge, so folgt die Zeitung dem auf Reisen befindlichen Leser. Und bei starker Verbreitung einer Zeitung am Ort kann die Badevcrwal- tung nicht umhin, bei der Anzeigenvergebung darauf Rücksicht zu nehmen. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, daß sich die Gäste außerdem noch freiwillig nach anderen Rücksichten zu gruppieren pfle gen. Co ist ja bekannt, daß einzelne Badeorte sich als »christliche« oder »nur von Christen besucht« zu bezeichnen pflegen, während andererseits bestimmte Badeorte von jüdischen Kreisen bevorzugt werden. Die Ab stufungen hierin z. B. von Borkum, wo im Sommer 1920 alle Bekannt machungen der Baöevcrwaltnng daS Hakenkreuz Irrigen, bis anderer seits zu Heringsdorf, das als bei Berliner jüdischen Kreisen sehr be liebt gilt, sind reckt mannigfaltig und spielen beim Absatz von Zeitun gen ein« wichtige Nolle. Das Lcsebedürfnis an der See erstreckt sich in der Hauptsache auf leicktere Unterhaltungsliteratur. Zu schweren Lesestoff duldet die schläfrig machende Seeluft nicht. Die Lektüre der Tageszeitungen pflegt meist eine oberflächliche zu sein. Bevorzugt werden Wochenschriften, Unterhaltungsblätter. Daneben der Gesellschaftsroman, wie er sich im Feuilleton der Tageszeitungen und in den bekannten Serienbüchern darbietet. Modcströmungen spielen hierbei eine große Nolle. Um über den Geschmack hierbei etwas zu sagen, mögen einige Beobachtungen aus dem Vorjahr Erwähnung finden. Lesesäle wie in den Heilbädern findet man nur in einem Teil der Seebäder. Hinsichtlich Ausstattung und Zahl der abgelegten Blätter stehen selbst die größeren Seebäder, mit zwei oder drei Ausnahmen, weit zurück. Der Zuspruch ist stellenweise trotzdem nicht unbedeutend. Die besonderen Lesesäle der Vcrlagshäuser Ullstein und Scherl in Westerland und Norderney finden dank bester Lage und Einrichtung sehr regen Zuspruch. Der Lesestoff beschränkt sich hier natürlich auf die betreffenden Verlagöerzeugnisse. In Norderney und Westerland ist auch das Angebot in den öffentlichen Lesesälcn der Kurverwaltung gut. Ebenso in einigen größeren Badeorten der Ostsee, wie Trave münde, Heringsdorf nsw. An der Nordsee machen die hier so häufigen Winde das Lesen im Freien am Strande und auf der Strandpromenade oft unmöglich. Dadurch wird natürlich der Zudrang zu den Lcsesälen verstärkt. An der Ostsee ist die Luft weniger bewegt. Darum sicht man hier in den Strandburgen, auf den Bänken der Promenaden und Waldwog« mehr mit Lesen Beschäftigte. Die Ostsecbäder bieten bei der vorherrschenden Vereinigung von Wald und See überhaupt mehr Ge legenheit zu ungestörten Leseplätzen als eine Düne der Nordsee, wenn die Sonne zu stark herniederbrennt. Ein gewisse Vorliebe für mehr aber minder erotisch angehauchte Lektüre ist nicht zu verkennen. Die Leihbibliotheken führten garnicht genug Literatur dieser Art, um der Nachfrage genügen zu können. Als Ersatz dafür werden die bekannten »mondänen« Zeitschriften überall mit Nachdruck verlangt. Oft zur Verzweiflung der Verkäufer. DaS Vertricbsgeschäft liegt an der See zu einem großen Teil in der Hand sogenannter Auch-Buchhändler. Diese wissen oft gar nicht, wo die ver langten Blätter erscheinen. In ihrer Verlegenheit sind sie überaus froh, wenn ihnen der Zufall jemand in den Weg führt, der Aufschluß geben kann. Tie Leser — oder vielmehr Leserinnen — wissen das nämlich bemerkenswerlerwcise nur selten zu sagen, auch wenn sie das Blatt schon lver rveiß wie lange lesen. Die so auffallende Streifenmarkierung einzelner Vttcherserien, die auf sehr große Entfernung den Lesestoff nach der Gattung erkennbar machte, erfreute sich keiner Beliebtheit. Es war doch nicht allen er wünscht, sich jedem Vorübergehenden gleich darin zu offenbaren. Im Einklang mit dieser Beobachtung steht es, daß nach der überwiegend ge äußerten Meinung der Sortimenter in den Badeplätzen eine zuneh mende Abneigung des Publikums gegen die mit einem farbigen Bild umschlag versehenen Bücher überhaupt sich kundgibt. Ob dies auch für buntfarbige Zeitschriften zu erwarten sein sollte, wurde verschiedentlich bejaht. Eine gewisse Abstumpfung und Gewöhnung mag allerdings auch hier nicht zu leugnen sein. Ausschlaggebend ist einstweilen wohl immer noch das Stoffliche des Bildes. Darstellungen der Lebensfreude und Lebenslust finden jedenfalls gerade an der See. wo die Lebenslust meist kräftig angeregt wird, stärkere Nachfrag?. Aber auch ohne farbige Bilder finden Unterhaltungsblätter guten Absatz. Die Nachfrage nach Tageszeitungen ist, wie oben schon erwähnt, an der See nicht übermäßig. Nach der Zahl der Gäste sollten eigentlich mehr Blätter abgesetzt werden. Nun lassen sich viele ihr abonniertes Exemplar nachsenden. Sehr viele gönnen sich auch »Zeitungsferien«. Nur keine Zeitung in die Hand nehmen — das ist ihr fester Vorsatz, wenn sie ankommen. Viele führen es auch durch. Ab und zu sehen sie so im Vorübergehen doch mal nach den ausgehängtcn Blättern hin. Bieten ihnen die Überschriften keinen Anreiz, dann sind sie froh, ihrem Vorsatz nicht untreu werden zu brauchen. Vielleicht kaufen sie deshalb auch be reitwilliger eine illustrierte Wochenschrift. Da sind sie wenigstens sicher, nicht immer mit so schweren Problemen lnchclligt zu werden, wie die heutigen Verhältnisse das den Tageszeitungen zur Pflicht machen. Die schöne Cauregurkcnzeit scheint ja einstweilen für die Tages presse dahin zu sein. Und wer sich von den Zeitfragen ein Bild machen will, der kommt auch trotz aller Vorsätze selbst im Badeort von der ge wohnten Zcitungslektüre nicht los. Dieser Wuusch nach der gewohnten Lektüre ist bestimmend für den Absatz der einzelnen Blätter. Die Schließung der Nordseebäder während des Krieges brachte der Ostsee einen verstärkten Zustrom aus Westdeutschland. Allzuviel scheint aber nicht hängen geblieben zu sein. Die Mehrzahl der neuen Gäste ist wohl zur alten Liebe zurückgekehrt. Der früher so starke Besuch aus West deutschland und Berlin nach den holländischen und belgischen Seebädern scheint heute in der Hauptsache den friesischen Inseln zugute zu kommen. An sonstigen Veränderungen ist hervorzuhebcn, daß infolge der stärker gestiegenen Preise der vornehmeren Seebäder ein Abstrom zu den be nachbarten kleineren sich zu erkennen gibt. Dann hat gerade an der See das Schiebertum sich etwas breit gemacht: Zoppot, Kolberg, Warne münde, Swinemünde, Heringsdorf, Travemünde, Westerland und Nor- 601
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder