Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.06.1886
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1886-06-28
- Erscheinungsdatum
- 28.06.1886
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18860628
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-188606287
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18860628
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1886
- Monat1886-06
- Tag1886-06-28
- Monat1886-06
- Jahr1886
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
3428 Nichtamtlicher Teil. 146, 28. Juni 1866. Kirchenversammlung zu Rom gehalten wurde ward in der zehnten Sitzung derselben 1515 verordnet, daß fernerhin kein Buch ohne Censur der Geistlichkeit gedruckt werden sollte. Es wurde in der vom Papst Leo X. daraufhin am 15. Mai jenes Jahres erlassenen Bulle den Bischöfen und Inquisitoren zur Pflicht gemacht, sämtliche Manuskripte ihres Bezirkes vor dem Drucke durchzulesen und Ketzer meinungen zu unterdrücken, und u. a. als Strafe bestimmt, daß beim Druck eines Buches ohne Censur Verlust des Buchdrucker- Privilegiums, öffentliche Verbrennung des betreffenden Werkes und eine Strafe von 100 Stück vollwichtiger Dukaten, ohne Hoffnung einer Aufhebung oder Wiedererstattung oder Befreiung vom Banne erfolgen würde.*) Durch dieses strenge Vorgehen des Papstes bestärkt, erließ hierauf der Mainzer Erzbischos und Kardinal Albrecht von Brandenburg am 17. Mai 1517 das schärfste Censuredikt, das bis dahin erschienen war. Er bestellte darin seinen Weihbischos Paulus und den Doktor der Theologie Jodokns Trntvetter, beide in Erfurt, zu Büchercensoren und Inquisitoren**), und ver pflichtete dieselben, mit jeder Gewalt gegen alle, weß Standes und Würden sie seien, selbst mit Anwendung der Tortur zu verfahren, alle zum Drucke bestimmten Schriften eingehend zu untersuchen, die zulässigen zuzulasscn, die verwerflichen zu verwerfen und überhaupt alles das zu thun, was einem Inquisitor nach den Rechten und Provinzialstatnten zustehe. Welche Bücher sie fänden, die dem Glauben und den Sitten nachteilig wären, davon sollten sie den Kauf, Verkauf und sogar den Besitz untersagen und die Wider spenstigen durch kirchliche und weltliche Bußen bestrafen.***) Dieses wichtige Dokument lautet ins Deutsche übersetzt seinem Wortlaute nach wie folgt: »Albert rc. rc. dem ehrwürdigen und ehrenwerten in Cdristo geliebten Paul, Bischof von Ascalon, unserm Generalvikar, Oso. vr. und dem Äla,A. äockooi Druttsttsr, Büsol. Or., Canonicus zu S. Marien in unserer Stadt Erfurt, stetes Heil im Herrn. Das unfern Schultern auferlegte schwere Amt verpflichtet uns, nach dem zu streben, was mit dem katholischen Glauben übereinstimmt, und mit aller Kraft dem entgegenzutreten, was demselben zuwider ist. Da nun die Erfahrung, welche die Meisterin der Dinge ist, lehrt, wie durch die Buchdruckerknnst unter dem Schein des Guten vieles an das Licht tritt, was dem katholischen Glauben und den guten Sitten widerspricht, auch dem Heil der Seelen schädlich ist und oft die wür digsten Personen beschimpft, so haben wir beschlossen, zu einem heil samen Gegenmittel, Dich Bischof Paul! zu unserem Kommissar für die Prüfung der Bücher und zu druckenden Schriften zu ernennen und Euch beiden, von deren Reise an Jahren und EinsiHt wir hin länglich unterrichtet sind und auf deren Gesetzesliebe und Schrist- kunde wir das höchste Vertrauen setzen, und jedem von Euch insbe sondere, übertragen wir bis auf Widerruf unsere Vollmacht in Bezug aus die in der Mainzer Diöces entstandenen und noch entstehenden ketzerischen Meinungen. Wir ermahnen und befehlen Euch, in unserer ganzen Diöces gegen jedermann, sei er an Würden, Stand, Graden und Berühmtheit, wer er wolle, wegen ketzerischer Meinung in kluger Weise zu inquirieren, die ketzerische Lehre und deren Werke nach ihrer Natur zu examiniren, selbst mit Hilfe der Folter, wenn dies Euch notwendig erscheint, und nach den Bestimmungen des Rechts die Ketzerei auszurotten, zu vernichten. Die von ihr Befleckten bessert und verhängt Strafen gegen weltliche und geistliche Ketzer jeden Standes und jeder Würde: verfahret gegen ihren Leib und ihr Gut, wenn sie unter unsere Gerichtsbarkeit gehören und unsere Vollmacht Gewalt über sie hat, welcher Art und Weise ihr Unglaube auch sei. Ihr sollt die Bücher und die zum Druck bestimmten Schriften prüfen; *) Die ausführlichen Bestimmungen des Papstes Leo X , sowie die Censuredikte der späteren Päpste in: L. Hoffmann, Censur und Preß freiheit a. u. d. T.: Geschichte der Büchercensur. Berlin 1819. S. 46 u. folg. **) S. Koch, die Erfurter Weihbischöfc in: Zeitschrift für Thüring. Geschichte. Bd. VI. S. 87. Jena. ***) Vergl. K. A. Schaab, Gesch. d. Erfindg. d. Buchdrkst. Mainz 18öS III. S. 404 u. folg. was Ihr zuzusetzen befindet, hinzufügen und beischreiben; was zu be seitigen ist, ausstreichen und vertilgen; überhaupt alles und jedes thun, beschließen und ausführen, was einem Ketzerrichter nach dem Recht, den Provinzialstatuten und sonst zusteht und gebührt. Was Ihr beschlossen habt, sollt Ihr durch kirchliche Censuren und andere kanonisch fest- gestellte Strafen gegen Personen und deren Sachen, Rechte und Güter sestiglich durchsetzen und in jeder rechtskräftigen Weise zur Aus führung bringen. Findet Ihr Bücher oder Druckschriften, welche dem Glauben und den guten Sitten entgegen sind, oder in irgend einer Weise sich durch Schlechtes Hervorthun, so verbietet deren Verkauf, Kauf und Besitz; Widersprechende überwindet mit weltlichem Gericht, durch Geldstrafen und andere Rechtsmittel; Zeugen, welche aus Haß, Liebe, Gunst oder Dankbarkeit sich der Aussage entziehen, sind durch kirchliche Censuren zum Zeugnis der Wahrheit zu nötigen.*) Gegeben in der Martinsburg, den 17. Mai 1517.« Der Erzbischof von Mainz war immerwährender Kanzler der Universität Erfurt und übte dadurch eine tief eingreifende Macht über die Geister aus. Er konnte die Ausführung seiner Ver ordnung in keine geschicktere, seinen Absichten dienstbarere Hände legen, als in jene des Weihbischofs Paulus und des Or. Jodocus Trntvetter. Den ersteren nennt ein Zeitgenosse: lieliAlonis rslo prasluosns, bsrstioas pravitntis Inquisitor nominuri rusruit.**) Und der letztere, einer der berühmtesten Theologen der damaligen Zeit, unerschütterlicher Anhänger des alten Systems, war einer der unversöhnlichsten Gegner Luthers, obgleich dieser und seine An hänger alle Mühe aufwandten, ihn zu gewinnen. Er war im Jahre 1507 an die neu begründete Universität Wittenberg berufen worden, kehrte aber 1514 nach Erfurt zurück, wo er im Jahre 1517 seiner großen Rechtgläubigkeit und Strenge wegen neben dem Weihbischof zum Inquisitor und Büchercensor ernannt wurde ***) Zwar starb er schon am 9. Mai 1519, so daß er also in der im Eingänge er wähnten Epoche nur kurze Zeit wirksam war; allein die Ernennung dieser beiden Männer beweist hinlänglich, welche Eigenschaften man von den Männern verlangte, denen man das Censoramt über trug, und daß ihre Nachfolger nicht minder eifrige Anhänger des alten Systems waren, ist wohl zweifellos. Zu Beginn des sechzehnten Jahrhunderts zeigt sich in der Geschichte der Städte Deutschlands ein Stillstand in dem bis herigen frischen, kräftigen Gedeihen, dem bald ein entschiedenes Rückschreiten folgte,ch) und nirgends tritt diese Erscheinung greller hervor, als bei Erfurt. Die Kämpfe der Anhänger der alten Lehre mit jenen der neuen wurden wohl an keinem anderen Orte erbitterter geführt, als gerade in Erfurt, welches von den ersteren als die Wiege der damaligen großen Umwälzung angesehen wurde. Die Streitigkeiten der Mainzischen Beamten mit dem Rate der Stadt fanden selbst in unbedeutenden Vorfällen immer wieder neue Nahrung.chch) Als im Jahre 1521 Martin Luther auf seiner Reise nach Worms zum Reichstage auch nach Erfurt kam und daselbst eine Predigt hielt, bereiteten ihm einige Geistliche einen glänzenden Empfang. Dieselben wurden daraufhin aus den Stiften ausgestoßen, und die Studenten und viel Volk plünderten und verwüsteten deren Häuser. Darüber war nun wieder die Erfurter Geistlichkeit, in deren Händen die Censur lag, im allge meinen erbittert und wußte nun besonders die Buchdrucker, welche *) S. Onäsinis 1. o. S. 589. lllbrornw oensorss ooirstitunntur st Irnsrstions prnvitntis inguisitorss. **) Vgl. Onclsnns 1. s. S. 819. Xooll l. e. S. 87. ***) S. 2. -4 blrünrck, Xsuckernlain blrtvrckisnssrn <is rsstnurntis llttsris sto. Lrkurt. 1813. S. 31 und desselben Verfassers Über lieferungen zur vaterländischen Geschichte. Magdeburg 1825. I. S. 13. i) Lancizolle, Grundzügc des deutschen Städtewesens. Berlin 1829. S. 88 ff. V. ü'tzttnu I. e. S. 125 ff,
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder