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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.03.1921
- Strukturtyp
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- 1921-03-02
- Erscheinungsdatum
- 02.03.1921
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- Deutsch
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Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchbandel. Redaktioneller Teil. 51. 2. März 1921. seiner Umgebung aufs engste verflochten sein. Ja, er kann, wenn er will, dieses geistige Leben nach bestimmten Richtungen hin beeinflussen, kann schlafende Interessen Wecken, bestehende fördern und erweitern. Hellhörig muß er freilich sein, um auch den feineren geistigen Hauch der Zeit zu verspüre». Die Gestal tung unseres künftigen geistigen Lebens wird z. B. unzweifelhaft durch die Jugendbewegung aufs stärkste beeinflußt. Darf die Frage, ob sich der Buchhändler diese Bewegung in richtiger, Weise zunutze gemacht hat dadurch, daß er sich mitten in sie hineinstellte, immer bejaht werden? Beim Verlage sicherlich, nicht immer aber beim Sortiment. Sonst könnte nicht ein Buchhändler dem Börsenblatt schreiben: »Aus der Ablehnung der Auswirkungen unserer heutigen Zeit heraus geh! ein großes und immer mehr ansteigendes Wollen durch einen Teil unseres Volkes, der erkannt hat, daß wir nur durch die sittliche Erneuerung des einzelnen, und dadurch des ganzen Volkes, wieder genesen können. Vor allem ist es di« Jugend, die, aus allen Lagern zusammengesetzt, als .Jugendbewegung' bezeichnet werden muß. Ferner nenne ich noch die Fichte-Gesellschaft (Sitz Hamburg). In diesen Kreisen ist ein besonders großes Bedürfnis nach dem guten Buche vorhanden, das ganz bewußt gepflegt wird und so zu immer neuem Verlangen führt. Dazu helfen besonders die Arbeitsgemeinschaften im Sinne einer deutschen Volkshoch, schule, wie sie bereits die Fichte-Gesellschaft durch die Fichte- Hochschulen und Fichte-Gemeinden ins Leben gerufen hat, und die sich mit sietem Erfolge erweitern. Leider ist der Sorti mentsbuchhandel, bis auf einige Ausnahmen, bisher diesen Bewegungen nicht gefolgt und hat diese Kreise nicht an sich herangezogen. Am meisten steht er Wohl der Jugendbewegung teilnahmslos gegenüber. Diese vor allem, mit dem Drange der Jugend, hat sich selbst geholfen und suchte ihrerseits nun in ihrem Kreise selbst die Bücher zu vertreiben. Die örtlich geschlossenen Gruppen und Jugendringe treten von überallher an den Verleger heran, um nur Bücher für ihre Ausstellungen zu erhalten. Der Verleger kommt dann in die Lage, daß er diese Kreise, wenn er dem Verlangen nicht nachgibt, für den Absatz seiner Werke verliert, da der Sortimentsbuchhandel hier versagt. Es haben sich auch gerade in letzter Zeit viele Bücherstuben aufgetan, die dem Verlangen der Jugend Rech nung tragen; leider sind dabei auch Berufsfremde in unfern Beruf eingedrungen. Warum soll der Sortimentsbuchhandel sich dieser Bewegung verschließen und jede Neugründung nicht fördern?! Im Gegenteil, gerade diese Kreise würden einen kaufkräftigen Stamm des Sortiments bilden und würden es so in den Stand versetzen, sich nicht mehr, um der wirtschaftlichen Lage willen, mit den heutigen.Schlagern' und sonstigen Erzeugnissen der Buchdruckpresse abgeben zu müssen, die es heute, als Ausdruck der Zeit, so massenhaft gibt. Es wird ihm ein Leichtes sein, am Orte mit diesen Kreisen Fühlung zu nehmen. Ein weiterer Weg geht noch durch die jungen Angestellten, von denen viele der Jugend bewegung angehören und die wohl oft im Geschäft nicht in der Lage sind, ihre Gedanken so vertreten zu können, daß sie die betreffende Literatur zum Verkauf bestellen können, weil sie eben von vornherein aus Unkenntnis abgetan werden. Der Buchhandel war sich doch immer seiner Verantwor- tung dem Volke gegenüber bewußt, hier kann er an setzen, damit er sich wieder langsam zu seiner Höhe erhebe. Sollt« cs nicht werden?« Hier heißt es allerdings Persönlichkeitswerte in die Wag. schale weifen. Der Verleger sei das Beispiel, man denke z. B. an Eugen Diederichs in Jena. Stärkere Aufmerksamkeit dürfte das Sortiment schon der! Volkshochschulbewegung entgegenbringen, weil sie! viel mehr im Mittelpunkte des öffentlichen Interesses steht, wäh rend die Jugendbewegung, obwohl viel bedeutungsvoller, mehr! als Unierströmung erscheint. Und doch muß sich Wohl mancher! Kollege vom Sortiment die Gewissensfrage Vorlegern »Hast du! auch wirklich alles getan und nichts versäumt, um dir diese Be wegungen in geeigneter Weise nutzbar zu machen?« Ich fürchte,! nicht immer wird die Beantwortung dieser Frage zur eigenen 248 Befriedigung ausfallen. Und doch gehören alle diese Dinge zu den kleinen Mitteln, die dem Geldbeutel wenig Beschwerden machen und oft großen geschäftlichen Nutzen bringen. Natur gemäß erfordert die soziale Bewegung der Gegenwart die gleiche Aufmerksamkeit. Ihr heutiges Bild trägt das Kennzeichen der Vernachlässigung durch das zünftige Soriiment in Gestalt zahl reicher Acbeiterbuchhandlungcn. Zugegeben, daß auf beiden Seiten sich von selbst abstoßende politische Pole diese Entwick lung herbeifllhren halfen. Ohne Zweifel ist aber auch die unter schiedliche, vom Berussstande des Käufers abhängige Art der Kundenbedienung als mitwirkcnde Ursache einzustellen. Fällt es dem zünftigen Sortimenter schon schwer, seine meist nach rechts orientierte politische Gesinnung in eine nculralc geschäft liche Stellungnahme zu verwandeln, so fällt es dem Verkäufer im Buchladen meist noch schwerer, in der Art der Bedienung oder Abfertigung des Kunden jegliche Bezugnahme auf Stan desunterschiede zu unterlassen. Aus meiner Sortimenterzcit kenne ich nur eine Handlung, in der grundsätzlich vorgeschrieben war, zwar der Frau aus dem Volke nicht den Titel »gnädige Frau« anzuhängen, Wohl aber ihr die Tür beim Hinausgehen zu öffnen und im Punkte Höflichkeit und Entgegenkommen keinen Personenunterschied aufkommen zu lassen. Die Folge war, daß in der Schulbücherzeit die Kinder aus den Volksschulen bis aus die Straße hinaus vor dem Laden standen und um jeden Preis bei uns ihre Schulbüchereinkäufe machten. Auch hatten wir sehr interessante Kundschaft aus Arbeiterkreisen. Besonders stolz war unser Chef auf einen Straßenpslastcrer, der ein großer Schopenhauer-Verehrer war und viel philosophische Literatur kauft«. Gelegentliche Pflasterarbeit vor dem Geschäft hatte ihn in den Laden gelockt. In der Folge gehörte er zu unseren ständigen Kunden, und ich sehe heute noch meinen Chef, den Vielbeschäftigten, der sich's nie nehmen ließ, dieses Phänomen eines Bücherkäufcrs selbst zu bedienen und oft halbe Stunden lang sich mit ihm über alles Mögliche zu unterhalten. Daß auch der Herr Regierungspräsident und die Spitzen der Behörden sowie das Offizierskorps zu unserer Kundschaft gehörten, sei nur nebenbei erwähnt, um nicht den Verdacht zu erwecken, wir hätten es auf Popularitätshascheret abgesehen gehabt. Schon der Umstand, daß die Höhe des Einkaufs bei der Behandlung des Kunden niemals eine Rolle spielen durfte rein Neelnmbuch mußte mit der gleichen Liebenswürdigkeit abgegeben werden wie ein großes Konversationslexikon), läßt erkennen, daß der Erfolg mit eigentlich selbstverständlichen Mitteln im Dienste des Buches und des Publikums gesucht und gefunden wurde. Das Beispiel soll dazu dienen, um zu zeigen, daß es wenn auch nicht auf einmal, so doch durch stetige Einwirkung auf das Publikum möglich ist, eine Buchhandlung zu einer Art geistigen Brennpunkts für alle Stände zu machen, in dessen Strahlcnkreise weder ein Unter, schied der Person noch der Partei gilt, wo es sich eben nur darum handelt, nach bestem Wissen und Gewissen die verschiedensten geistigen Bedürfnisse zu befriedigen. Leider ist die Befürchtung nur allzu berechtigt, daß sich hier gemachte Fehler kaum wieder gut machen lassen, besonders wenn man bedenkt, in wie starkem Maße sich die Klassengegensätze verschärft und gleichsam zur Bil dung eigener Welten geführt haben, die sich untereinander kaum noch verstehen und bewußt die letzten zwischen ihnen gelegenen Brücken abbrechen. Aber auch hier wird einst die Zeit ruhiger Überlegung und geistiger Annäherung wiederkommen. Möge der Sortimenter diese Gelegenheit nicht verpassen! Er ist geradezu dazu berufen, als geistig ausgleichender Faktor zwischen den Menschen zu vermitteln, und kann unendlich viel Gutes für ein besseres Zusammenleben der Stände tun, wenn er will und das Zeug für eine solche Vermtltlertötigkeit besitzt. Das Geschäftlich stellt sich dabei ganz von selbst ein. Werben! Das ist ein Kapitel, über das sich in bezug auf das Sortiment sehr viel sagen läßt. Der Verleger wird nicht ganz mit Unrecht behaupten, daß die Werbearbeit für das Buch in der Hauptsache auf seinen Schultern lastet, zum mindesten, daß ihm die Beschaffung der kostspieligeren Werbemittel und Anwendung der teureren Werbemaßnahmen obliege, während dem Sorti menter das Schaufenster, sein Hauptwerbemittel, nur wenig koste. Interessant wäre gewiß eine statistische Nebeneinanderstcllung,
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