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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.09.1920
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1920-09-08
- Erscheinungsdatum
- 08.09.1920
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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Ar 202, 8. September l920. «edaknoneller Teil. ihren etngezogenen Lüsten eilen sie zurück, sich zu einen, drängen zu immer engerem Verband, bis sie sich alle im Stamm vereint sehen, der so das Gesamtinteresse bindet, damit es so gebunden (z. B. durch Börsenvereinssatzungen) zu neuer sruchlbingender Arbeit, in neuer Form und Freiheit sich gle.ch dem Geäst des Baumes wiederenifalten darf. Vielleicht wirkt ein anderes Bild noch anschaulicher; das Bild, wie jedes Buch seine Ursprungs- säden (Würzelchen) aufweist, wie sich immer mehrere Bücher gleich Wurzeln zu einem Verlag (Verlagswurzel) vereinen, wie diese Verlagswurzeln teils unmittelbar, teils nach vorheriger weiterer Vereinigung (Vereinigung wissenschaftlicher Verleger!) zum Stamm drängen, um dort am Kommissionsplatz oder im Barsorliment (bibliographisch betrachtet in den Katalogen des Börsenvereins, der Barsortimente usw.) zusammengedrängt und durcheinandergewirbelt zu werden. Aber auch in diesem Stamme bleiben sie nicht in Ruhe, di« Sammlung wird gleich wieder zur Teilung, aber nach neuen Regeln. Strebten im Wurzelwerk die Bücher eines Verlags zusammen, so reißen sie sich jetzt auseinander, lagern sich in den Barsorümenlen und den Biblio graphien nach ihren Urhebern, in den Kompendien-Katalogen systematisch, bei den Kommissionäre» nach ihrer Mission, ihren Bestimmungsplätzen und werden nun Hinausgetrieben durch das Geäst der Bllcherwagen in das weitverzweigte, immer weiter verzweigbare Geäst des Sortiments. Und die Kraft der Wur zeln, das Erstarken des Stammes, das gesunde Ausbreiten des Geästes und Gezweiges, alles dies ist aufs innigste miteinander verkettet und bestimmt den Fruchtrcichium und die Ausbreitung des Bücherbaumes. Denn in dem Matze, als Bucherkräfte auf- steigcn, fliegen die Geldkräfte zurück und schaffen den Kreislauf der Erneuerung. Dieses Auf- und Absteigen der Kräfte zwischen Wurzeln und Gezweig geht unaufhörlich vor sich, täglich, stünd lich, minütlich strömen Bücher, Biicherdallen, Bllcherwagen zu sammen zum Kommissionsplatz, gehen inhaltlich anders geordnet, mit andern Adressen in Bücherwagen, Bücherballen wieder hin aus, kommend von Verlegern, treibend zu den Sortimenten, wo die Ballen wieder zu Büchern zerfallen, um daselbst wie Kohle im Ofen verbraucht zu werden und damit Geldströmun gen umgekehrter Folge auszulösen. Dieser immerwährende Kreislauf macht seinen gewohnten, nur leicht veränderlichen Gang ohne ein anderes Geheiß, ohne einen andern Zwang zu befolgen, als den jenes triebhaften Geistes, der sich unter Kämp fen, die keinem Weiden erspart bleiben, durch Generationen hindurch aus Tausenden von Interessen und Ideen herausgebildet hat. Er schasst und wächst Weiler mit dem Körper, der mit ihm geworden, schafft und lebt sein eigenes Leben, an dem wir teil haben, mittreibend, aber auch dasselbe beeinflussend. Um nun von vornherein Einsprüchen zu begegnen, meine Bücherbäume wiesen allerlei Lücken auf, so will ich jeden bitten, sich jetzt mit seiner Phantasie und aus Grund seiner besonderen Erfahrungen seinen eigenen Bücherbaum zu Pflanzen. Es steht ihm dann frei, z. B. den Stamm dem Verlag einzuräumen, dann bestände das Wurzelwerk, auch nur grob gezeichnet, aus den verschiedenen buchgewerblichen Zweigen, den Autoren, den Künstlern, dem eigenen Betriebe, alles dies wieder mit seinen Wurzelanhängen. Das Kommissionsgeschäft wäre dann schon eine Abzweigung, etwa neben der Post, dem direkten Versand usw., und das Sorti ment prangt dann nicht mehr so allein beherrschend am Himmel. Das alles auszuführen ist heute auf dem kurzen Raume keine Zeit, denn dann müßte immer noch erst die Verteilung des Sästeverlaufs, der Fruchtertrag der einzelnen Zweige, der Rück lauf von Kräften, kurz jeder ergreifbare Vorgang womöglich zahlenmäßig eingetragen werden. Das ist ein aussichtsreicher Weg, aber für den jetzt verfügbaren Raum zu weitläufig?) Für jetzt genügt es zunächst, wenn wir durch die bisherigen Gedanken z» der inneren Gewißheit gekommen sind, daß cs sich im Buchhandel nicht um ein maschinelles, sondern um ein le bendig-organisches Gebilde handelt, das sein Eigenleben hat, *i I. o. Uexküll empfiehlt in seiner Schrift: Staatsbiologie (Ber lin 1920, Gcbr. Partei) die »Organbämnc« sogar fiir eine anschaulich- statistische Staatskarte. Mein Gedanke des Baumes als Sinnbild rührt übrigens nicht von dort. zu dem zwar jeder Einzelne beisteuert, das aber in seinem Ge- sannveriaus doch der Willkür des einzelnen entzogen ist und ent zogen werden muß. Bei einem organischen Gebilde, also auch beim Buchhandel, sind gemäß der inneren Struktur, des inneren Zirkulationsprozesses alle Glieder und Organe in ihrem Wachs tum und Gedeihen aufs innigste von einander abhängig, und d.ese Tatsachen können wir bei all unserem beruflichen Handeln nie eindrucksvoll und bildhaft genug im Auge haben. Früher hat man uns Kindern die Geschichte erzählt von den Gliedern, die sich gegeneinander auslehnien, so lange bis sie erlebten, daß sie dadurch sich selbst samt dem Körper zum Siech tum brachten, und wir verlachten die Torheit der Glieder; heute wird uns die neu« Mär von den Kampforganisationen als dem Heiisweg in die Zukunst erzählt, und in unserem überklugen Geschei,seinwollen belen wir ihr nach und sehen nicht, wie die Tatsachen der jüngsten Vergangenheit uns täglich zu belehren suchen, daß es der Weg unsruchlbarer Vergiftung, der Zersetzung und des Siechtums ist. Wir müssen unsere Kräfte zusammenrasfen, müssen es ma chen, wie der Naiursorscher und der Arzt es machen: erst gründ lich bewachten, untersuchen und verstehen, erst die natürlichen Zusamnunhänae und Lebensbäche aufspüren, dann den Quell der Trübungen suchen und dann erst reden und handeln. Zu einer solchen Arbeitsweise müssen wir aber jetzt näher zusammen rücken. Hätte sich von uns im letzten Menschenaltcr nichk jedes Einzelne mit seinem Gesellschafts- und Jnieressenkreis so gründ lich von seiner Nachgeordneten Wirischaftsschicht gelöst und ge wöhnt, auf sie als Ausbeuteobjekt herabzusehen und ihre Bedürf nisse zu verkennen, manches jn unserer Wirtschaftsorganisation wäre vielleicht anders verlaufen, jedenfalls hätten wir nicht den unseligen Klassengeist gebraucht, und die Klasscnkämpfe wären vermieden worden. Wir würden uns heute alle besser verstehen, würden lieber einander Opfer bringen und alle viel leichter fahren. Vielleicht lernen wir aber aus der Unlust dieser jüngsten Kampfesweisen doch auch wieder, auf unser Menschentum zurück zukehren, uns als Volk, als Organismus, als Teil und Glied eines solchen zu empfinden und so ernpfindend natürlicher und gerecht« zu handeln. j Damit will ich nun vom allgemeinen Teil meiner Ausfüh rungen scheiden und mich dem andern, besonderen Teile zuwenden, dem Beitrag zur Darstellung des Sortiments als wesentlichen, unlösbaren Bestandteils ini organischen Getriebe des Gesamtbuch handels. Eine solche Darstellung erscheint um so notwendiger, als auch seitens des großen Verlegers jene Loslösung von seiner wirtschaftlichen -Unterschicht-, dem Sortimenter stattgefunden hat, bcn der ich vorhin sprach. Denn der unverkennbare Geist man gelnder Achtung vor der Arbeit des Sortiments, die leise Min derachtung des Typus Sortimenter macht es den meisten Ver legern von vornherein unmöglich, sich dein Sortiment so zu nä hern, daß sie aus vorurteilsfreier williger Beobachtung heraus Wesen, Wert, Wirkungsweise, Entwicklungsfähigkeiten usw. des Sortiments in Hinsicht aus den Verlag, wie auch in Hinsicht , auf die bücherbcdllrftigen Kreise erkennen lernen könnten und ^zu schätzen verständen. Sie sehen nur das Errechenbar«, Mecha« i Nische des Sortiments, und auch das nur, soweit es in ihren i Betrieb hereingreift. Ja, sie sehen allenfalls noch einseitig das i Unzulängliche des Sortimentsbetriebs, ohne sich aber klare Ne- ^ chenschast geben zu können, auf welche besondere Weise sich eben ^auch hier das Kräfteverhältnis zwischen Ideal und Wirklichkeit, i zwischen Wollen und Können, zwischen Wunsch und Erfüllung äußert, das sich hier wie in allem Menschenwerk geltend macht. iNur aus solcher Fremdheit gegenüber dem Sortiment kann ich jein auf so dürftig errechneten Grundlagen gestütztes Vorgehen des Vorstands des Deutschen Verlegervereins erklären. § Daß das Sortiment eine dem Verlag vollkommen ebenbürtige Aufgabe bei meist viel kärglicheren Lebensbcdingungen leistet, ^ weiß heute fast kein Verleger. Er weiß kaum, was schon allein das bedeutet, daß in jenem vorhin geschilderten Zirkulations und Umwandlungsprozeß vermittelst der Aufsaugungs- und Ver arbeitungskraft des Sortiments die für die Öffentlichkeit auf die Dauer ziemlich schwerfällig, reizlos und einseitig wirkenden 1061
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