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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.04.1920
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1920-04-29
- Erscheinungsdatum
- 29.04.1920
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- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. 92, 29. April 1920. statt «1k 15.—l Kann das Publikum das noch zahlen, und wie lange wird es das noch können? In solchen Stunden steht der Verleger mißtrauisch an dem zwanzigprozentual immer größer wachsenden Zuschlagsturm hinauf, der ihm seine Sonne zu ver dunkeln droht. Und gleichzeitig bringt ihm die Post die Rück gängigmachung von Bestellungen auf neue Auflagen: »Ter Preis ist zu teuer«, schreibt das Sortiment. Wenn das jetzt schon zu teuer ist, was wird ihm das Sortiment erst sagen, wenn er ihm in einem Vierteljahr sein neuestes Werk anbietet, das soeben zum Satz in die Druckerei gegeben wurde, das hergestellt wird mit abermals riesig erhöhten Kosten für Papier, Satz und Druck, Buchbinderarbett? Und der Verleger spielt einmal mit dem flüch tigen Gedanken, ob es nützlich für ihn wäre, aus dem Schatten des Rtesenturms sich hinweg zu begeben — auf ein wirtschaftlich freieres Gelände. Die Frage des Teuerungszuschlags wird Wohl die Geister in der kommenden Zeit lebhaft beschäftigen. Dabei darf man nie aus den Augen verlieren, wie der Sortimenterzuschlag ent standen ist. Er ist entstanden zu einer Zeit, wo es eine allge meine Teuerung schon gab, die sich aber gerade auf Bücher noch nicht erstreckt hatte. Wohl waren die Spesen gestiegen, aber nicht die Bücherpreise. Der Sortimenterzuschlag sollte die Teue rung des Sortiments betriebs wieder einbringen, eben weil dieser nicht den nötigen Ausgleich in entsprechend erhöhten La denpreisen des Verlegers fand. Insoweit war der Sortimentcr- zuschlag durchaus am Platze. Nimmermehr war aber beabsich tigt, ihn, wie es jetzt bet allen neueren Büchern der Fall ist, auf die, und zwar gesamte, Wirtschaftstcuerung des Verlags gewerbes anzuwenden, wie sie jetzt in denhohen Ladenpreisen zum Ausdruck kommt. Der Sortimenterzuschlag ist demnach be rechtigt auf Bücher, die »zu billig« sind; er ist nicht berechtigt auf Bücher, die einen »angemessenen« Preis haben; er ist vollends unberechtigt bei Büchern, von denen der Sortimenter selber sagen mutz, sie seien »zu teuer«. Denn wenn die Preise angemessen sind, dann verteuert sie der Sortimenter mit seinem Zuschlag in unangemessener Weise; wenn sie gar zu teuer sind, dann verteuert er sie ja no ch mehr I Im letzteren Falle ist es nicht anders: das Sortiment erhebt zu seinem Vorteil einen 207«igen Zoll vom Publikum dafür, daß der Verleger ungeheure Preise für seine Herstellungen anlegen mutz. Die besonderen Verhältnisse, aus denen der Sortimenter zuschlag ursprünglich ganz solid und folgerichtig sich erhob, ha ben sich unter ihm hinweg nach und nach immer mehr, zuletzt mit beängstigender Geschwindigkeit verschoben; die Erhöhung des Zuschlags von 10 auf 207» hat dieser Fundamentsverschiebuug aufs wirksamste nachgeholfen, und so gleicht der Zuschlag jetzt einem Turm, der von selber immer um 20"/« in die Höhe und Breite wächst im selben Maße, als seine Grundmauern schwächer werden. Dieser Turm mutz eines Tages einstürzen, und dann wird er vielleicht viele erschlagen. Was den früher einmal rich tigen Gedanken des Sortimenterzuschlags mit derselben Sprung haftigkeit immer widersinniger macht, mit der die Bücherpreise jetzt hinaufschnellen müssen, das ist, daß er sich radikal und restlos auf alles erstreckt: auf die Verteuerung der Bücherherstel lung, auf die Steigerung des Verfasserhonorars, auf die allge meine Verteuerung des Verlagsbetriebs, auf den Verlegergewinn — einfach auf alles. Wenn der Buchbinderleim um weitere «ik 100.— teurer wird, so erhebt das Sortiment seine 207« davon; wenn das Buchdruckermetall um 307« steigt, so zieht das Sorti ment seinen 207°igen Nutzen daraus; wenn die Markvaluta fällt und die ausländische Zellulose daher teurer wird — das Sorti ment erhebt auf die Teuerung seine 207». Und wenn der gesamte Verlag in einer gewissen Zeit 10 000 000 «L für allgemeine Un kosten, für Spesen mehr aufwendet, so bezahlt das Publikum dem gesamten Sortiment 2 000 000 «1k dafür. Denn alle diese Posten: Papier, Druckpreise, Buchbindcrpreise, Spesen — das alles hat der Verleger in seine Ladenpreise hineingerechnet, die dem Sorti menterzuschlag als Grundlage dienen. So wird jede Teuerung innerhalb des Verlagsgewerbes mit 207» zum Vorteil des Sortiments. Glückliches Sortiment I Aber hinter diesem Glück liegt eine große Gefahr, und es ist wahrlich die allerhöchste Zeit, datz Sorti ment und Verlag, sowie deren berufen« Vertreter und der Bör senverein das erkennen und die Gesahr rechtzeitig noch abwenden. Robert Lutz. Diederichs, Eugen: Politik des Geistes. Erstes bis drittes Tausend. 8". 197 S. Jena 1920, Eugen Diederichs. Ladenpreis geheftet «1k 8.—, geb. «kk 11.50. Diederichs, Eugen: Die geistigen Aufgaben der Zukunft. Eine Ansprache an die Leipziger Buchhandlungsgehilfen. 8°. 16 S. Leipzig 1920, Ver lag der »Eule«, Ortsgruppe Leipzig des Angestelltenver bandes des Buchhandels, Buch- und Zeitungsgewerbes. Ladenpreis geheftet ^ 1.20. Es wäre gewiß eine lohnende Aufgabe, eine Naturgeschichte des deutschen Verlagsbuchhändlers zu schreiben. Sicherlich würde sich dann Herausstellen, daß jede Zeit ihren Verleger hatte, und daß dieser Verleger ein Typ seiner Zeit war. Gemeinsam ist dem deutschen Ver leger aber im guten Sinne alle Zeit eins gewesen: die schöpferische Kraft, die den geistigen Gütern am besten dadurch gerecht wurde, daß er ihnen eine Heimat schuf, deren Sonderart seine eigene Schöpfung war. Viele dieser Hüter und Lebendigmacher geistiger Schätze mögen daran Genüge gefunden haben und Genüge finden, in der von ihnen geschaffenen Geisteswelt fernab von der großen Öffentlichkeit anregend und gestaltend zu wirken. Es kommt aber auch vor, das; der Verleger nicht bloß diese engere Welt umfaßt und beherrscht, sondern daß er ent scheidenden Einfluß außerhalb dieser Sphäre sucht, das; er den Fuß weit in die große Welt hineinsetzt, ja Hineinsetzen muß, weil seine kleine Welt sich ja doch nur in der großen voll auswirken kann. Je nach der Stärke der vorhandenen persönlichen Kräfte wird sich dieser Über tritt vollziehen. Eugen Diederichs in Jena, der Schöpfer des Kultnrverlages, hat uns ein Buch gegeben. Es ist ein Sammelwerk von Essays, Arbeiten, die der Verfasser seit 1914 in der von ihm herausgegebenen und ver legten Zeitschrift »Die Tat« veröffentlicht hat. Er behandelt die ver schiedensten Gegenstände und alles, was seit dieser Zeit den deutschen Geist bewegt hat. Wir würden uns ins Endlose verlieren müssen, wenn wir hier näher auf den Inhalt eingehen wollten. Die Arbeiten sind in die sechs Abteilungen: Politik des Geistes — Der Aufbau des deutschen Volksstaates — Deutsches Volkstum — Der neue Glaube — Lebensformen — Revolution und Sozialismus eingeteilt und umfassen nicht weniger als 64 verschiedene Themen. Was ganz allgemein dazu zu sagen ist, läßt sich in wenigen Worten des Verfassers zusammen fassen: »Die Aufsätze sind nicht geschrieben einer Partei zuliebe, im Gegenteil, der Parteischablone gegenüber rechne ich mich zu den völlig unpolitischen Menschen. Ich bekenne mich zu dem Grundsatz: im Staatsleben kommt es weniger auf theoretische Überzeugung als auf praktische Arbeit an«. Warum sollte nicht ein Verlagsbuchhändlcr, der wie im vorliegenden Falle in wenigen Jahrzehnten vor uns das inhaltlich nnd organisatorisch mustergültige Gebäude seines Unter nehmens hingestcllt hat, nicht berufen sein, sein in der kleineren, be grenzten Geisteswelt bewiesenes schöpferisches Talent in der großen Welt zu versuchen? Sind es doch hier wie dort die Kraft des Geistes und die praktische Erfahrung, die ein Gebilde zu schaffen vermögen! So sind die Vorschläge mancherlei Art zu bewerten, die der Verfasser dem deutschen Volke zu machen hat. Nicht jeder Leser mag mit allen in diesem Buche vertretenen Ansichten einverstanden sein. Aber dar über dürfte kaum ein Zweifel herrschen, daß alles, was darin gesagt und vorgeschlagen wird, der Beachtung und Überlegung wert ist. Und wenn sie schließlich auch Nebensache ist, so muß hier doch auch die Form beachtet werden, in der diese Äußerungen geboten sind, die vielfach fast aphoristische Art des Ausdrucks, die flüssige, lesbare und überall fes selnde Darstellung. Wenn man heute, dieses Buch in der Hand, auf der Suche nach Persönlichkeiten ist, die unserem Volke so sehr fehlen, so wird man gewiß den Eindruck haben, daß man eine solche mindestens im Verfasser gefunden hat. Zugleich wird dem Leser aus der Zunft offen bar, daß in diesem kulturpolitischen Buche der neue Verlcgertyp der Zeit und der Zukunft sich zu entpuppen beginnt. Der Geist der vier Wände des Verleger-Arbeitsranmes wird zum Weltgcist. Er arbeitet nicht nur, sondern beginnt zu herrschen. Insofern ist diese »Politik des Geistes« auch symptomatisch in gutem Sinne für unseren Beruf. Es ist klar, daß die Ausführungen des Verfassers ln seiner zwei ten Schrift, dem Druck eines vor den Leipziger Bnchhandlungsgehilfen gehaltenen Vortrages, sich in der Geöankenrichtung seines Buches be- 420
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