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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.04.1920
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1920-04-14
- Erscheinungsdatum
- 14.04.1920
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. AK 79, 14. April 192V. gönnen, dankbar, daß er zuerst durch seine offenherzige Ent hüllung des Umsturzplans die Abwehr ermöglicht hat. Inzwischen war in der März-Nummer der Zeitschrift des Sprachvereins in einem Aufsatz des Herrn vr. August Schmits in Heidelberg die Bestätigung zu lesen, das; der Um sturz der Rechtschreibung von der Regierung geplant wurde, »als sie bei der Umgestaltung aller öffentlichen Ange legenheiten in unserm vielgeprüften Vaterlande auch die Sprache in das Triebwerk zu ziehen beschloß--. Daraufhin sei auf Vorschlag der Reichs sch u l behörde der Beschluß des Reichsm^iisteriums des Innern erfolgt, den Januar-Ausschuß einzusetzen. An sich ist es ja nicht verwunderlich, daß mancher so obenhin meint, auf ein bißchen Umsturz mehr oder weniger komme es nicht an; auch nicht verwunderlich, daß viele Lehrer und Lite raten uns Verlegern nicht zärtlich gesinnt sind, — uns, die wir, wie sie denken und manchmal sagen, aus ihren Schädeln Sekt trinken wollen. Mancher dieser feindlichen Freunde mag sich an dem Gedanken Wärmen, die Schulbücher des fluchwürdigen Kaiserreichs und des gemlltlose» Berlagskapitalisten dreimal tot zuschlagen : durch einstweilige Verfügungen über Geschichtsunter richt, durch Umsturz der Rechtschreibung und zuletzt durch die von der Reichsschulkonferenz erwarteten neuen Richtlinien, Schulordnungen, Lehrpläne und Methoden. Neues wird und mutz kommen. Wenn es g ut ist, so fürchten wir Buchhändler uns nicht davor, sondern machen mit, denn dazu sind wir da. Nur Pläne wie diesen einer unmöglichen Rechtschreibung lehnen wir ab, sind auch als Sachkundige die Erstbercchtigten dazu. Diese Frage mutz aber entschieden sein, ehe auf Beschlüsse bei Reichsschulkonferenz, die, wenn auch verschoben, bestimmt zusammenlritl, neue Bücher gedruckt werden. Darum bleibt es unsere Aufgabe, auch nach jenen kleinen An fangserfolgen nicht nachzulassen und die Überzeugung von der Verkehrtheit jener Bestrebungen überallhin zu verbreiten, sodatz sie — hoffentlich — in sich selbst zusammensinken. Zu diesem Ende noch einige Beiträge. In dem erwähnten Aufsatz des Herrn vr. August Schmits ist bemerkenswert das offene Geständnis, daß die Lautschrcibung folgerichtig nicht dnrchzufllh- rensei. Lautliche Zweideutigkeiten wie Lehre und Leere, Meer und mehr müßten durch Beibehaltung des doppelten e oder ein anderes Unterscheidungszeichen geklärt werden; für in und ihn, im und ihm sei die Unterscheidung zweckmäßig; keinesfalls dürfe vermeintliche Lautlreue zu der Schreibung Siistem (System) usw. verführen; bei v sei die Ausnahme zu machen, das; cs in fremden Wörtern mit dem W-Lhnlichen Laut das Zeichen behalte, also Vokal, Veto, Valuta. Zugegeben wird weiter, daß der gesprochen so wandlungsfähige Laut g nicht zu fassen sei; selbst die Bühnensprache habe für ihn noch kein festes Gesetz; hoffnungslos sei es, hier einer Lauttreue nachzujagen. — Also, man weitz, daß Folgerichtigkeit unmöglich ist, daß vieles willkürlich oder vielmehr selbwachsen bleiben mutz, und doch verheißt man, sich selbst täuschend, Dauer dem, was man jetzt dem deutsche» Volke aufzutischen gedenkt. »Mit einer opfervollen Übergangszeit sollte es für den Rest unseres Jahr tausends (!) und darüber hinaus genug sein ... Die Zeit ist da, wo ein befreiender Schritt und Schnitt geschehen kann; wer weiß, wie bald sie noch einmal wiederkehrt? . . . Einmal müssen die Verleger sich gefallen lassen, daß ihre Ware recht schreiblich veraltet--. Einmall? Nein! Wenn einmal die gesunde Entwicklung des Sprachlebens gewaltsam gestört ist und Willkür an ihre Stelle tritt, daun ist überhaupt kein Halten mehr, daun löst eine Welle der Willkür die andere ab. Sehr lehrreich in dieser Be ziehung ist die Mitteilung, die Herr Gustav Ruprecht in Nr. 7 der Deutschen Verlegerzeitung über die »lantlroie sraip- waise« des Kreisschulinspektors vr. Robert Mettig macht. Der Herr hat bereits die Taten des Berliner Vorausschusses wett übertrumpft, so: Manjen lesiern düser aphantlu^ mack (ma:g) der besritene (we:j> sonderlij ersainen; si sint die alt hengebragte sraipwaise so gewömt unt stroiben sij ge:gen aine noierui; aus dusern gebicke. — A:bcr aine solje so:rli:be für das althe.rgebragte, di tsuglaij tsur inisagtu,; ainer noieru,; serlaitete, wä:re tsu beklagen. Gern möchte ich noch als weiteren Beleg für die Schreib willkür der uns zugedachten Zukunft eine Probe aus der Zeit schrift des von Herrn Professor vr. Georg Kewitsch in Freiburg i. B. und.Herrn Lyzeallehier Robert Hahn in Potsdam geleiteten »Rechtschreibfereins-- hier Mit teilen ; aber dafür reichen nicht einmal die jetzt üblichen Buch staben aus. An neuen Gründen für den Umsturz der Schriftsprache ist mir unter den mannigfachen Eingängen der letzten Wochen wenig zu Gesicht gekommen, überzeugende überhaupt nicht. So glaubt ein Universitätslehrer, langjähriger Vorkämpfer der Schriftreformer'), auf mich als Buchhändler besonderen Eindruck zu machen, indem er mir an einem gewissen vielverbreiteten Werke vorrechnet, daß daran durch die geplante Einheits-Recht schreibung so und so viel Millionen Buchstaben, also eine Un masse Papier hätte gespart werden können. — Gewiß, Herr Ge heimrat, -sil fi sil» ist unbestreitbar kürzer, als »diel Vieh fiel». Aber Sparsamkeitsmenschen haben noch viel wirksamere Kürzun gen ausgedacht, zum Beispiel: Höchstes Glück sucht Künstlerin <Ges.>, in» teress. Ersch., dkl, nüttl. Alt., a. best. Fan,., streng sol., in erst. Kreis, verk., gemllt- u. charakterv., m. all. Vorauss. s. eine ausgez. Hausfr., in ein. ivahrh. glück!. Ehe m. alt. nur vorn. Herrn m. aus- gezeichn. Chor., in best. Ver mögenslage, v. etwa'SV I. od. darüber. Wahrhaft. Zu schrift. »sw. Das flutscht doch noch besser mit der Sparsamkeit; aber wollen Sie solche Bücher oder Zeitungen lesen? Wäre das Buch, an dem Sie die Millionen-Ersparnis errechnet haben, in Ihrer lautrechten Schrift gedruckt worden, so hätte es kein Mensch gelaust, der arme Verleger wäre darauf sitzengeblieben und Ihre Sparsamkeit Vergeudung gewesen. Darum beeindruckt mich Ihr Brief ganz anders, als Sie meinen; die Sache kommt mir vor, als wenn jemand, um Leder zu sparen, sich zu enge Stiefeln machen läßt. Auf Brauchbarkeit kommt es an, bet Stiefeln und in der Schriftsprache! In einem Aufsatze: »Die verflixte Rechtschrei bung« (Volksbildung Heft 2 vom 2V. Februar 1920, Verfasser- ungenannt) ist zu lesen: »Wir Huben von diesen in der Schreibung verschiedenen Wörtern noch zwei besonders lästige behalten: das und daß, wieder und wider. Es ist nicht zuviel behauptet, dast allein die Unterscheidung von das und daß einen sehr erheblichen Bruchteil aller unserer Rechkschrclbgual, und zwar nutzloser Qual, ausmacht.« Das kann nur ein Lehrer geschrieben haben. Ich bin keiner, aber gerade deshalb meine ich, daß man nicht aus Bequemlich keit den Schülern die Denkarbeit ersparen, ihnen eine die Sprach- begriffe verwirrende oder verwischende Schreibweise erlauben *) Die neulatetntschen Fremdwörter Reform und Reformen sind ein Beispiel für den Mangel an sprachschöpferischem Vermögen un serer Zeit und sind auch als Fremdwörter schlecht gebildet. Reform heißt wörtlich Nücksormung oder Rückbildung, ist also eigentlich ziem lich gleichbedeutend mit Reaktion. Nu» verwendet der, wie bek vielen Fremdwörtern, verwaschene Sprach-,.brauch die beiden für nahe zu entgegengesetzt« Begriffe: Bessernde Neuerung und Rück,vollen zu Überlebtem. Eine lebenvolle Sprache hätte Wörter aus Eigenem ge sunden. E
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