4068 v»rim«i-n >. d. Dtschn, Fertige Bücher. X- 74, 8, April 1920. Der erste amtliche Führer durch die Nationalgalerie von Ludwig Iufti Direktor der Nationalgalerie Oktavausgabe mit fünf Tafeln in Schnellpreffen-Kupferdruck nach Cornelius / Krüger / Feuerbach / Manet C. D Friedrich und zwölfen in Netzätzung nach Graff / Lessing / Achenbach / Koch / Menzel / Böcklin MareeS / Leibl / Liebermann / Kokoschka / Hecke! 4ZS Seiten Text auf holzfreiem Papier von Friedensqualität und 17 Vollbildern In Pappband Mk. 8.40 Die Kunst dem Volke! Dieser Ruf ertönt heute von allen Seiten, und mancherlei Maßnahmen werden zur Erreichung dieses Zieles verlangt und ausgesührt. Die Hauptsache aber ist mchr so einfach, nämlich die geistige Vermittlung. Zablreicher als in anderen Ländern find in Deutschland kne Menschen aus allen Schichten, die mit bobem Ernst und starkem Willen das künstlerische Schaffen miterleben wollen und in Galerien und Ausstellungen dies Erlebnis suchen. Steht nun der Mann aus dem Volke wirklich vor Feuerbachs Medea, so ist er meist mehr oder weniger hilflos. Nat- und ziellos arbeitet er sich durch die Galerieräume und geht mit wenig mehr als dem Gefühl erfüllter Pflicht ermüdet nach Hause. Nun gibt der Direktor der Berliner Nationalgalcne, Gehcim-Rat Ludwig Justi, emen Führer zu der ihm anoertrauten Sammlung heraus Zum ersten Male wird hier der Versuch gemacht, durch das gedruckte Wort erschöpfend und vertiefend sehen zu lehren, das Erlebnis der einzelnen künstlerischen Schöpfung zn vermitteln, rein ins Innere des Kunstwerks hinein zu führen, obne alle Voraussetzungen geschichtlicher oder anderer Kenntnisse. Von dem erfahrenen und sicheren Kenner gelenkt, wird das Auge des Beschauers von Form zu Form auf dem Gemälde geleitet. Mit Klarheit und Fülle erschließt sich dem sehenlernenden Laien der darin gestaltete Geist. Wie das Kind, das Schritt für Schritt gehen lernt und nach und nach sich die Umwelt erobert, so kann hier der ernsthaft und gelehrig Strebsame, har er erst an einem Bilde begriffen, was wirkliches künstlerisches Erlebnis ist, sich selbst an der Hand dieses Führers die ganz reiche Welt der deutschen Malerei im neunzehnten Jahrbundert erobern. Es gibt eine unendliche Literatur über Kunst, aber noch nie ist hier versucht worden, der Not dort abzubelfen, wo ihre Wurzel liegt, nämlich dem willigen Laien zu helfen, daß er erfassen lernt, wie Kunstwerk formal entstanden ist, nach welchen Gesetzen der Geist des Schaffenden sich zu Form gestaltet hat. Der reiche Stoff ist nach einzelnen künstlerischen Gesichtspunkten geordnet, wofür jedeSmal ein Beispiel herausgegriffen ist, dessen Abbildung heraueklappbar dem Text beigegeben ist, so daß der Leser alles Gesagie Mit dem Auge genau »erfolgen kann, alles, wo von die Rede ist, kann auch gesehen werden. DaS ist ungeheuer lehrreich und erzieht zu selbständigem Verständnis. Und dieser Gang durch die Nationalgalerie rundet sich zu einer Geschichte der deutschen Malkunst im neunzehnten Jahrhundert bis in die neuesten Bestrebungen hinein, wie sie klarer und anschaulicher bisher noch nicht erfaßt worden ist. Wer dieses Buch wirklich gelesen hat, der muß gelernt haben, wie Form und Inhalt eines Bildes erlebt sei» will. Da wird nirbt gewertet und abgeurteilt, da wird eben Sehen ge lehrt, und dem Betrachter bleibt cS überlassen, woraus er sich die meiste Nahrung ziehen will. Auch den Vorzug eines erstaunlich billigen Preises hat dieses handliche Buch. So kann man eS wohl nicht nur als geistige Leistung, sondern auch als wahrhaft soziale Tat begrüßen.