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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.01.1920
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- 1920-01-20
- Erscheinungsdatum
- 20.01.1920
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. Zil 15. 20. Januar 1920. es heißt sogar, daß er und seine Freunde Urban und Spalatin sich Entbehrungen auferlegten, um solche kostbare echte Aldinen, die wie Schätze ausbewahrt wurden, zu erwerben. Wer Freude am Echten empfindet und für irgend welchen Schein nichts übrig hat, der vermag freilich dem Surrogat oder Ersatz keinen Geschmack abzugewinnen; er haßt die Imitation oder Nachahmung, die ja zumeist gleichbe deutend mit Schein, Täuschung, ja Betrug ist. Wir haben zur zeit eben eine solche Periode überwunden, die infolge des Man gels an Rohstoffen ganz und gar unter dem Zeichen des Er satzes und der Nachahmung stand. Ersatz und Nachahmung sind bekanntlich bis zu einem gewissen Grade Bundesgenossen, nur sind beide in ihren Ursachen und in ihren Wirkungen grundver schieden. Der Ersatz ist aus praktischen Erwägungen heraus oft an Stelle des echten Materials verwendet worden. So hat es bereits zu jener Zeit, als an Leder kein Mangel war, Ein bandstoffe gegeben, die bestimmt nicht allein ihres billigen Preises, sondern vor allem ihrer großen Haltbarkeit und ihres guten Aussehens wegen als vollwertiger Ersatz für dünne Ein bandleder verwendet wurden und damit nicht selten die Ab satzfähigkeit eines Werkes zu heben vermochten. Zudem darf nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Eigenwert des Er satz st o f f e s oft wenig hinter jenem eines echten zurückbleibt, daß ferner der mit dem Krieg einsetzende Mangel an Leder und Stoffen aus der Not eine Tugend machte, d. h. die Wahl des Ersatzes zu einer völkischen und ethischen Tat stempelte. Weit anders verhält es sich jedoch mit der N ach a h mu ng. Diese will stets etwas Besseres, Wertvolleres, Echtes Vor täuschen, sie will den Schein für Wahrheit bieten und zumeist einem falschen Prnnkbednrfnis Rechnung tragen. Der »Marmor- künstler«, der die Kalkwände einfacher Landhäuser in Marmor platten verwandelt oder Steinsäulen mit Vollendung marmor artig bemalt, der Maler, der einfache Bretter mit den Maserun gen edelster Hölzer und Intarsien schmückt, der Handvergolder, der seine Bände dem Stile früherer Jahrhunderte zum Ver wechseln ähnlich gestaltet, sie alle werden, je stärker sie ihr Sonderfach beherrschen, um so größere Meister der Täuschung, günstigstenfalls der Illusion sein. Da die Nachahmung selten aus praktischen Erwägungen heraus erfolgt, da vielmehr die Grundabsicht, etwas »möglichst echt» zu geben, offensichtlich zutage tritt, so ist dieses Beginnen oft gleichbedeutend mit dem Versuch des Betrügens. Nachahmung ist in hohem Maße un lauter und deshalb auf das entschiedenste zu verurteilen; sie bewirkt freilich oft das eine Gute, daß sie bei den Menschen, die für hohlen Schein nichts übrig haben, die Sucht nach Echtem und dis Freud« am Echten nur noch verstärkt. Da die Nachahmung sich alle Errungenschaften der Technik zunutze gemacht hat, so ist sie nicht selten so vollkommen, daß nicht allein Laien getäuscht werden, sondern auch Fachleute ob der Echtheit des Gegenstandes in Zweifel geraten. Es gibt beispielsweise Leinwandpapiere, die im Aussehen und Griff so täuschend echter Leinwand entsprechen, daß nur ein Prüfen der Festigkeit Auf schluß über die wahre Art des Stoffes gibt. Die Nachahmung wird allerdings zuweilen so unvollkommen geboten, daß ein solches Material geradezu widersinnig, ja lächerlich zu wirken vermag. Man denke an Leinenpapiere mit aufge druckter Leinenstruktur ohne Pressung oder an prachtvoll schil lernde Lederpapiere mit aufgedruckter Krokodil-, Saffian- oder Rindsledernarbung ohne entsprechende Prägung. Ein Griff läßt in solchen Fällen die Täuschung sofort als solche erkennen; die glänzend glatte Oberfläche ist hier das denkbar größte illusion zerstörende Mittel. Wenn schon, denn schon! Soll ein Kunst leder oder Lederpapier verwendet werden, dann sei es vor allem kräftig genarbt; man achte aber darauf, daß die Narbung nicht beim Kaschieren der Buchdeckel verloren geht, wie das bei zahl reichen Leinwandpapicren der Fall ist. Ist eine Nachahmung unvollständig, dann ist sie nicht selten zugleich unpraktisch. Denn unpraktisch ist es, wenn man «inen Ersatz wählt, dessen blendendes Aussehen schon nach kurzem Gebrauch des Gegen standes, also etwa eines Buches, unansehnlich wirkt, wenn das »Leder« sich an den Ecken in Papierfasern auflöst, oder wenn das »Leinen« so empfindlich ist, daß die geringste Feuchtigkeit oder ein Hauch von Fettigkeit den Buchdeckel unansehnlich macht. Eine Nachahmung kann also vollendet, aber auch mangelhaft, ja unzulänglich sein. Daß man mit Hilfe der Nachahmung oft fälschen und täu schen will, in einzelnen Fällen sogar in betrügerischer Absicht, führte ich bereits aus, die Jmitationkannjedoch auch zur Illusion werden. Dann will sie Fehlendes ver schmerzen, Lücken und Mängel nicht offen zutage treten lassen. Welcher Art die Wirkungen sein können, die der Gebrauch von Nachahmungen zeitigt, unterliegt nach dem bisher Ausgeführten keinem Zweifel mehr. DieNachahmung ist, von wenigen Ausnahmen abgesehen, 1. unmoralisch, denn sie dient un lauteren Zwecken, 2. unästhetisch, weil sie die Schönheit des nachgeahmten Materials nie oder doch nur unvollkommen zu erreichen vermag, 3. unpraktisch, weil sie zu einem Ge brauch auffordert, der bei Ausführung mit echtem Material dem Gegenstand keinen Abbruch tut, im Falle der Nachahmung jedoch bei der Empfindlichkeit der Ersatzstoffe weit schneller zur Ab nutzung und damit zum Erkennen des tatsächlichen Sachverhalts führt. Auf dem Gebiete der Büchererzeugung spielt heute der Ersatz, der sich noch während des Krieges offen und ehrlich als solcher bekannte, die Rolle des Täuschungsmittels. Die Sucht nach Prunk und bloßem Schein ist in unserer stoff- und lederarmen Zeit größer denn je; ihr glaubt man Rechnung tragen zu müssen. Zwar taucht hier und da schon wieder schüchtern ein Leinenrücken auf, der Luxusband protzt sogar mit Leder und Pergament, aber Ersatzstoffe beherrschen heute mehr denn je den Markt. Der Bücherfreund, den tiefe Niedergeschlagenheit ergriffen hatte, hat sich resigniert den Verhältnissen gefügt: er hat auf Leder und Leinwand verzichten gelernt, er hat bei seinem Bedürfnis nach Echtem und bei seiner Freude am Echten sein Interesse einem anderen Material zugewandt: dem Papier, dem handgefärbten Buntpapier nämlich. Die starke Bevorzugung der Batiktechnik auf textilem Ge biete führt« zur Erzeugung von Batikpapieren. Mit den in Steindruck ausgeführten ähnlichen Buntpapieren, mit den durch Buchdruck- oder Stempeltechnik hergestellten oder den altmodi schen Marmor- bzw. Tunkpapieren haben diese Batikpapiere nichts gemein. Am ehesten könnten sie noch mit den Künstlerkleister papieren verglichen werden, denen sie insofern ähneln, als auch diese von Kllnstlerhand gefertigt« Papiere sind, von denen also jeder Bogen ein Original darstellt. Zu diesen handgefertigten Künstler-, Batik-, Java-Papieren, oder wie sie sonst heißen, wer den zumeist echte Hadernpapier«, feine Büttenpapiere, auch »sel ten schöne französische und italienische Jngres-Papiere» ver wendet. Ihre Schönheit, Farbenpracht und Eigenart im Muster, das natürlich nur aus wolkigen, linearen, punktartigen, seltener aus ornamentalen Motiven besteht, hat diesen Batikpa pieren große Beliebtheit verschafft. Diese Freude an echten deutschen, handgefertigten Batikpapieren ist gleichbedeutend mit der Freude am Zufälligen und Einmaligen des farbigen Bildes oder Retzmotivs. Der Kenner weiß, daß das gleiche Spiel der Farben und Formen bei dieser Art Zufalls künste sich so leicht kein zweites Mal wiederholt. Und diese Freude am echten Batikpapier vermag ihn über den Mange! an den anderen echten geliebten Materialien hinwegzuhelfen. Es ist deshalb im Hinblick auf bibliophile Anschauungen durchaus nicht besonders kaufmännisch gehandelt, wenn eine Kunstwerk statt, die solche Papiere fertigt, die »seltene Gleichmäßigkeit bei größten Auflagen« besonders betont. Diese Freude am Echten muß sich naturgemäß in Ent- täuschung verwandeln, wenn auch auf diesem Gebiete dem handgefertigten »Original Künstler-Batikpapier« die Nachah mung auf dem Fuße folgt: man »druckt« nämlich bereits Batik papiere. Diese mit Hilfe des Steindrucks und Offsetdruckverfah rens hergestellten und im Stile der echten Batikpapiere gehaltenen Papiere sind mit Recht als unecht anzusprechen, weil ihnen gerade das Wesentliche der oben beschriebenen Papiere abgeht, nämlich das Einmalige und Zufällige. Bei diesen Papieren be steht eben eine unerwünschte Übereinstimmung der ganzen Auflage
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