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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.09.1917
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1917-09-12
- Erscheinungsdatum
- 12.09.1917
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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Redaktioneller Teil. Als Feldbuchhändler in Frankreich. Von A. Qua ritsch. ES ging recht plötzlich mit meiner Anforderung als Feld- duchhündler. Erst nachmittags gegen 5 Uhr wurde ich davon in Kenntnis gesetzt, und um Mitternacht saß ich bereits mit voller Ausrüstung im V-Zuge, der mich über Köln, Lüttich und Namur nach Mündiger Fahrt meinem Bestimmungsort St. Quentin zuführte. So ganz unvermittelt aus einer schönen deutschen Stadt hierher verschlagen, werde ich den ersten Ein druck, den St. Quentin auf mich machte, so leicht nicht vergessen. Der gänzlich abgedunkelte Bahnhof, aus dem ich mich mit meiner ganz ungewohnten schweren Bepackung hinausschob, die finste ren Straßen, die nur flüchtig und stückweise durch vorbei sausende Autos etwas erhellt wurden, und das ferne Grollen der Somme-Schlacht kündeten die Nähe des gewaltigen Kampfes. Mit anderen Kameraden stolperte ich zur Kommandantur und von dort immer im tiefsten Dunkel den endlos erscheinenden Weg zur Kaserne, wobei mir ab und zu ein hilfreicher Kamerad meine Sachen ein wenig mit schleppen half. In der Kaserne, wo selbstverständlich alles wegen Fliegergesahr nach außen völlig abgedunkelt war, ging es in langem Gänsemarsch mit Gewehr und Gepäck durch die Küche. Es gab ein Stück Kommißbrot und eine Scheibe Rotwurst, die mir, da ich alle Hände voll hatte, nach einigen Schritten zu Boden siel. Trotzdem habe ich sie schleunigst aufgehoben und in der Kantine zu einem Glase Bier verzehrt. Kaum war das geschehen, so wurde wieder an getreten zum Quartierverteilen. Mit etwa IVO Kameraden wurde ich in einer wegen der auffallend starken Kälte ein wenig angeheizten Halle untergebrachl, in der Holzpritschen mit Stroh säcken standen. Gleichwohl fror man in vollem Zeuge, und ich war froh, als die Nacht ohne jeden Schlaf ein Ende nahm. Wieder gab's morgens in der Kaserne einen Frühstücks gänsemarsch, und gegen 8 Uhr fuhr ich mit der elektrischen Bahn zum Marktplatz, an dem die damalige Armeehauptbuch handlung lag. Auf mein Klopfen wurde mir von den schon anwesenden Kameraden geöffnet. Natürlich freute ich mich sehr, dort einem befreundeten Kollegen aus H. kräftig die Hand schüt teln zu können. In der Armeehauptbuchhandlung, die unter der Leitung eines Unteroffiziers stand, waren 7 bis 8 Kame raden beschäftigt, von denen 3 bis 4 Buchhändler, je einer Papierhändler, Manufakturist, Ingenieur und Buchhalter waren. Die Lage der für Bücher, Papierwaren und Zeitungen ge trennten, wenn auch nebeneinanderlicgenden beiden Verkaufs läden an der lebhaftesten Ecke des Marktplatzes war außer ordentlich günstig. Infolge des besonders durch die große Somme-Schlacht herbeigeführten äußerst lebhaften militärischen Verkehrs in St. Quentin war der Umsatz in der Hauptbuch handlung recht bedeutend. Ter Zeitungsverkaus mußte vielfach durch Feldgendarmen geregelt werden, und in der Buchhand lung war der Andrang oft so stark, daß wir scherzweise von Sturmangriffen auf unseren Laden redeten. Von früh 9 Uhr bis abends 7 Uhr war ununterbrochen geöffnet, Sonntags von 9 bis 2 und von 5 bis 7 Uhr. Der Dienst war bei dem immerfort starken Verkehr anstrengend. Die vorrätige Literatur war reichhaltig; neuere Werke wurden massenhaft abgesetzt, der Preis spielte meistens keine Rolle. Die bekannten Sammlungen, Insel, Fischer, Lange- wiesche, Lutz, Ullstein, Reclam, Engclhorn und wie sie alle heißen, waren in ziemlicher Vollständigkeit vorhanden. Natür lich wurde in der Hauptsache Unterhaltungsliteratur verlangt und verkauft, die neueren Sachen lagen auf langen Tischen zur Ansicht aus und wurden von den Käufern vielfach selbst aus gewählt. Es kam übrigens zu unserer Freude recht häufig vor, daß Offiziere, sichtlich überrascht über das reich ausgestattete Lager, uns ihre aufrichtige Anerkennung aus freien Stücken aus- sprachen. Neben der Unterhaltungsliteratur waren aber auch andere Werke in entsprechender Auswahl vorhanden. Selbst verständlich nahm der Verkauf von Kriegskarten, Ansichtskarten, Papierwaren und photographischen Artikeln, die auch an Marke tender abgegeben wurden, einen großen Raum ein. Der Käufer- kreis setzte sich aus allen militärischen Rangstufen zusammen, vom Armierungssoldaten bis zu den höchsten Offizieren drängte man sich im buntesten Durcheinander vor unseren Auslagen. Daneben trat aber auch eine, an Zahl naturgemäß kleine fran zösische Kundschaft auf. Daß man bei alledem auf das draußen sich abspielende kriegerische Leben nur kurze Blicke Wersen konnte, läßt sich denken. Mittags drangen beim Auf- und Zugehen der Ladentüre die Klänge der deutschen Platzmusik herein. Es hat sich mir das Bild des schönen Marktplatzes mit seinem prächtigen gotischen Rathause unvergeßlich eingeprägt. Die mittägliche Wachtparade, die langen Reihen der Marketenderwagen und Autos, zur Front abziehende oder zurückkehrende Truppen, der rege Verkehr auf de» Bürgersteigen, kurzum es herrschte ein immerfort wechseln- des interessantes Leben und Treiben. Dabei klimperte regel mäßig z» den Zeitschlägen das Glockenspiel des Rathauses, und hier und da mischte sich in den fernen Kanonendonner auch das Dröhnen ganz schwerer Geschütze oder das Knallen von Abwehr kanonen. Einen ganz eigenartigen Anblick gewährte der Platz, wenn „ach eingetrctener Dunkelheit alle Läden geschlossen, alle Fenster verdunkelt wurden. Eben aus dem Hellen kommend, tappte man wie blind einher. Überall leuchteten Taschenlaternen kurz auf, erhellten mit Offizieren zur Front zurückkehrcnde Au tos plötzlich sektindenlang das Dunkel, und blitzartig erschienen lange Lichtspalte beim Öffnen der Türen zu den deutschen Ein- kchrhüuser» und Ofsiziershcimen. Bei dem immer noch regen Verkehr mußte man sich vorsehen, daß man nicht angerannt wurde oder selbst mit anderen znsammenstieß. Nach des Tages Last noch ein Schoppen Bier im deutschen Einkehrhaus. Mit Mühe und Not finden wir in dem rauchgeschwängerten großen Raume noch ein eben freiwerdendes Plätzchen. Kricgsleute aller erdenklichen Waffen und jeden Alters, oft unmittelbar aus den Gräben kommend, sitzen dort eng gedrängt, rauchend, erzählend und hantierend beisammen. Bei aller überfülle doch ein Bild heimatlich deutscher Gemütlichkeit. Nun schnell heim zum Quartier. Die Kameraden der Armeehauptduchhandlung waren in einem hinter dem Justizpalast gelegenen schmalen Einsamilien- Hause eines geflüchteten Franzosen untergebracht, und zwar je vier in zwei kleinen Stuben des ersten Stockes. Das Erd- 1077
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