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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.09.1917
- Strukturtyp
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- 1917-09-06
- Erscheinungsdatum
- 06.09.1917
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Redaktioneller Teil. 208, 6. September 1917. über wie über seine Gesundheit, seine Freiheit, seine Gedanken, seinen Namen, sein Bild verfügen können. Die wirtschaftlichen Vorteile, die aus dieser Verfügung entsprängen, seien als deren Folgeerscheinung von keiner selbständigen Bedeutung. Wogegen die reine Vermögenstheorie behauptet, daß mit der Schöpfung des Werkes dieses ein selbständiges Dasein beginne, als eine Sache, an der nur wegen ihrer wirtschaftlichen Verwertbarkeit der Urheber ein rechtlich beachtenswertes Interesse habe. Zwi schen diesen beiden Polen sucht eine dritte Meinung wieder zu vermitteln. So Allseld, der im Urheberrecht ein »von der modernen Rechtsentwickelung erzeugtes Recht besonderer Art« erblickt, mit der »doppelten Funktion, persönliche Interessen und Vermögensinteressen zu schützen«. Und namentlich Köhler mit Aufstellung der Lehre vom Jmmaterialgüterrecht. Köhler knüpft an die Vermögens- und geistige Eigentumstheorie an, indem er beide zu demselben neuen Begriff erweitert. Jene mit dem Hinweis, daß das Vermögen nicht lediglich aus wirt schaftlichen Gütern zu bestehen brauche, sondern auch ideelle Wertgegenstände dazu gehören könnten; diese seien ebensogut rechtsschutzwllrdig: Jmmaterialgüter. Und das geistige Eigen- tum dehnt Köhler gleichfalls zu einem immateriellen Ver mögensrecht. Alle Rechte aber, die sich nichtin den Rahmen des Jmmaterialgüterrechts einfügen lassen, weist er aus dem Urheberrecht hinaus: als allgemeine Persönlichkeitsrechte, die nur gewisser Umstände wegen mit dem besonderen Jmmaterialgüterrecht verbunden seien. Diese begriffliche Aus scheidung der Persönlichkeitsrechte aus dem Urheberrecht hat Köhler den Vorwurf der Zerreißung des Rechtsstoffes einge tragen, wogegen er sich jedoch auf die Berechtigung juristischer Analyse beruft. Außerdem: alles Recht ist Menschenwerk, und Irren ist menschlich; man kann eine solche Zerreißung nur freu dig begrüßen, wenn sie lehrt, daß man bisher unberechtigter weise zwei gänzlich verschiedene Dinge in einen Topf geworfen habe, übrigens dürfte im geltenden Gesetz Köhlers Theorie herr schende Meinung geworden sein, wie Birkmeyer bereits in seiner Kritik des Entwurfs sestzustellen versucht hat. II. Kunstrecht. Auch Köhlers Theorie läßt noch viele Fragen ungelöst, stellt noch keine befriedigende Auffassung vom Wesen und Zweck dieser rechtlichen Materie dar. Jedoch bildet sie die denkbar günstigste Grundlage für ein weiteres Vorwärtsschreiten, — ein Hinausschreiten aus dem engen individuellen Urheber recht in den weiten Raum des sozialen Kun st rechts. Man hat seit langem schon erkannt, daß der Urheber auf Grund seiner Tätigkeit geschützt werde. Auf Grund seiner be sonders gearteten Tätigkeit. Es macht einen Unterschied, ob jemand einen Brief oder eine Novelle schreibt, Tonleitern oder ein Rondo spielt, eine Wand anstreicht oder ein Bild malt, ein Kleid färbt oder eine Batikarbeit macht, eine Mietskaserne oder ein Schloß baut. Warum das alles? Welche höheren Ziele verfolgt die urheberische Tätigkeit gegenüber der handwerks mäßigen? Welche Besonderheit rechtfertigt die Unterscheidung? Wer hat außer dem Urheber selbst Interesse an einer außer gewöhnlichen Bewertung? Hier sind wir am Kernpunkt der Frage angelangt. »Der Urheber wird geschützt«, — ja, wo durch hat er sich denn diesen besonderen Arbeitsschutz vor allen anderen Arbeitern verdient? Welchen Vorzugswert hat seine Tätigkeit für die Allgemeinheit? Diese Frage drängt sich uns auf und muß beantwortet werden, sobald wir die Persönlichkeitstheorie für die Betrach tung des Urheberrechts als zu eng empfinden. Soweit diese Auffassung ausreicht, wird auch noch kein besonderes Urheber, recht verlangt. Zur Entfaltung der urheberischen Tätigkeit kann man niemand zwingen; das verbietet schon das allgemeine Recht auf Freiheit der Individualität. Aber mit dem Abschluß der Tätigkeit ist eine Entzweiung eingetreten, neben dem Schöpfer steht nunmehr ein Geschaffenes (Köhler), neben dem Urheber sein Werk. Außer der persona haben wir jetzt noch eine res') vor uns, und für die ausschließliche Gewalt über ') Eine res inevrporslis, einen »»körperlichen Gegenstand iHoh ler, Schnster). MS 8 diese neue Sache, das Jmmaterialgut, wird ein besonderer Rechtsschutz verlangt. Das Begehren einer solchen rechtlichen Bevorzugung einer Einzelperson muß aber gerechtfertigt wer den und kann es nur durch Hinweis auf einen besonderen Wert des angeblichen Rechtsgutes. Worin besteht nun der besondere Wert der urheberischen Arbeit, im Gegensatz zu andern rechtlich geschützten Tätigkeiten? Anders ausgedrückt: was ist Urheberschaft? Sind doch darin wohl alle Meinungen heute einig, daß wir nur durch Erkenntnis des Wesens der Urheberschaft zu einer vollen Recht fertigung des Urheberrechts gelangen können! Die Urheber schaft im engeren Sinne') bezeichnet eine künstlerische Tätigkeit. Malerei ein künstlerisches Anstreichen, Architektonik künstlerisches Bauen, Plastik künstlerisches Modellieren; Panto mime ist künstlerische Bewegung, Schriftstellerei künstlerische Handhabung der Sprache, Musik Tonkunst. Alle urheberische Arbeit ist also »Kunst«, d. h. sie verkörpert eine besondere, aus gezeichnete Art des »Könnens«. Wodurch ausgezeichnet? Woran bemessen? Wem zum Nutzen? Ausgezeichnet ist die Kunst schon durch ihren Zweck. Der reine Künstler arbeitet nicht wie der Handwerker zu wirtschaftlichem, sondern zu ideellem Zwecke. Er macht einen intraindividuellen Prozeß durch, die Umwandlung eines von außen oder durch Einsall (Inspiration) auf ihn einwirkenden sinnlichen Reizes in reines Bewußtsein; er erzeugt das Er lebnis des ästhetischen Selbstgefühls, die Schönheit der Er griffenheit (Cohen). Dieser innerliche Vorgang der Selbst erhebung ist so stark, so expansiv, daß er zumeist auch einen Drang zur Mitteilung Hervorrust. Der schöpferische Künst ler fühlt sich veranlaßt, die von ihm selbst gefühlte innere Stei gerung von anderen nacherleben zu lassen (Diez, Voigtländer). Das ist sein ä st Yetis ch er Wille, den wir als »Kunsttrieb« bezeichnen (Cohen), und der durch seine Eigenart den beson deren Zweck der urheberischen Arbeit bestimmt. Die Verwirk lichung dieses ausgezeichneten Zweckes, die künstlerische Tat können wir weiter bemessen an der Art der Ausführung; an dem besonderen Charakter der Mitteilung als einer »dem ordentlichen Kreis des Lebensverkehrs entzogenen abgerundeten Darstellung« (Köhler). Als der »Wiedergabe eines Seelen oder Naturvorganges«, der besonderen stilvollen Formung eines allgemeingültigen Inhalts °). Die so »gekonnte« Verwirklichung des ästhetischen Zweckes, die künstlerische Darstellung eines inneren oder Umweltvor gangs, ist jedoch eine soziale Tat. »Es sucht der Bruder seine Brüder, und kann er helfen, hilft er gern.« Einen ideel len Wert hat der Künstler der Allgemeinheit ver mittelt, hat jedem anderen fühlenden Menschen die Mög lichkeit des Racherlebens des ästhetischen Schöpfungsvorgangs gegeben: in Form der Wahrnehmung des Kunstwerks. Allen zum Nutzen ist die Urheberschaft! An alle Menschen Wendel sich das Tonwerk, das Gemälde, der Kunstbau, die Dichtung, die Skulptur, das Ballett, die Kunst stickerei, der Film. Und das Erzeugnis bleibt in seiner Wirkung auf die Allgemeinheit auch nicht für sich, sondern alle Einzel schöpfungen fließen wieder zusammen in der umfassenden Einheit der »Kunst«, dem großen kulturellen Ver kehrsmittel. Kunst ist also der Inbegriff aller Kunstwerke, und Kunst - ausübung oder Kun st pflege, — das ist der Oberbegriff, unter dem sich die einzelnen Arten künstlerischer Tätigkeit, Kunst schöpfung und Kunstwahrnehmung vereinigen. Mit ihm erst gewinnen wir den Gesichtspunkt, unter dem wir die volle soziale Bedeutung des Kunstschaffens, der Urheberschaft würdigen können. Wir werden nämlich weiter gewahr, daß mit der Voll- endung des Schöpsungsvorgangs in vielen Fällen noch gar nicht die beabsichtigte Allgemeinwirkung eintritt; sondern zwi schen der künstlerischen Schöpfung und der Wahrnehmung müssen oft noch andere Tätigkeiten vermitteln, die gleichfalls künst lerischer Natur sind. In den meisten Fällen ist noch viel Arbeit: ') Weiteres vgl. unter IV. U Näheres vpt. nntcr III.
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