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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.09.1917
- Strukturtyp
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- 1917-09-06
- Erscheinungsdatum
- 06.09.1917
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208, 6. September 1917. Redakttoneller Teil. erforderlich, um die Aufnahme des Kunstwerks durch weitere Personenkreise zu ermöglichen. Die Schöpfung muß erst aus geschrieben, vorgeiragen, erläutert, vielleicht gar übersetzt oder bearbeitet und geschäftsmäßig verbreitet werden, bis sie in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden kann. Wir kommen so zu den künstlerischen Zwischenleistungen der bearbeitenden — nachschasfenden und erläuternden — Künstler: Rezitatoren, Schauspieler, Sänger, Virtuosen, Dirigenten, Spielleiter, Tän zer, Dekorateure, Übersetzer, Arrangeure, Kopisten und Kon servatoren (von Gemälden und Skulpturen), Kritiker; und der Kunsthändler: Verleger, Sortimenter, Bilderhändler, Agen ten, Konzert-, Theater-, Ausstellungsunternehmer; auch ihr Tun fäll! unter den Oberbegriff der Kunstpflege, ebenso wie die künstlerische Wahrnehmung und die Urheberschaft. Wie klein erscheint unter diesen soziologischen Gesichts punkten die Persönlichkeit des Urhebers, der hiernach nur ein Glied in der langen Kette der kunstausübenden Allgemeinheit darstellt; wie klein das einzelne Kunstwerk, ein winziger Stein nur in dem ragenden Bau der Kunst, ein dünner, kurzer Faden in dem weltumspannenden Seil der Geisteskulturi Aber jetzt erst, nachdem wir diesen Gesichtskreis uns ge schaffen hüben, können wir eine Antwort auf die Frage finden: wie rechtfertigt der Urheber sein besonderes Rechtsschutz begehren? Solange er in seinem Persönltchkeitsbereich bleibt, schützen ihn noch die allgemeinen Individualrechte, und ein besonderer Rechtsschutz erübrigt sich. Es mutz ihm auf Grund des Rechtes der Geheimhaltung, das jeder Mensch hat, über lassen bleiben, sogar das zur Stillung seines Mitteilungs dranges schon geschaffene Werk entweder der Öffentlichkeit zu übergeben oder aber es aus irgend welchen persönlichen Grün den seiner natürlichen sozialen Auswirkung zu entziehen (Köhler). Wenn der Urheber die Schöpfung nun aber der Allgemeinheit mitteilt, so bekundet er damit selbst den Willen, seine Interessen zu verallgemeinern, das persönliche Gut zum Gut der Menschheit zu erheben. Wie das Binnengewässer bei seiner Einmündung ins offene Meer, so wird die indivi duelle Schöpfung bei ihrer Mitteilung als öffentliche Kunst ein Gut der Allgemeinheit, — juristisch ausgedrückt: eine ros om- nium! Hierin sehe ich das Unrichtige sämtlicher bisherigen Auf fassungen des in Frage stehenden Rechtsgebiets. Nicht mit dem ausschließlich Persönlichen Interesse des Urhebers an seiner Schöpfung ist seine Forderung in erster Linie zu be gründen; sondern maßgebend ist das soziale Interesse an der Erhaltung des Allgemeinwerts, des kulturellen Ver kehrsgutes, das man Kunst nennt. Wären wir schon früher vom individuellen Urheberrecht zum sozialen »Kunstrecht« durch gedrungen, so wäre der immer wieder angezettelte Parsifal- streit viel früher und schneller erledigt worden. Wogegen um gekehrt die folgerichtige Durchführung des »Urheberrechts« eine empfindliche Schädigung des kulturellen Volksbcsitzes bedeuten würde: man stelle sich nur vor, daß für jedes Drama oder Tonwerk ein besonderer Ort und eine besondere Zeit der Aufführung be stimmt werden sollte, kein Bild kopiert oder photographiert wer den dürfte, ein vielbegehrtes Buch nur in einer beschränkten Zahl von Exemplaren erschiene und das urheberische Individualrecht wie das Eigentum oder ein anderes Vermögensrecht unbe schränkt übertragbar und vererblich wäre! Nun, glücklicher weise sind diese Gefahren, die der Ausbau des Urheberrechts mit sich bringt, wenigstens schon entdeckt, und man verkennt nicht mehr völlig die Rechtserheblichkeit der sozialen Kulturinter essen. Allfeld spricht bereits von der Kunst als »idealem Gut der Nation, ja der ganzen Welt«, ähnlich äußert sich auch Köhler, und vor allem ist es Voigtländer, der auf die soziale Seite der Urheberschaft, ja schon die soziologische Bedingtheit des Schöpfungsvorganges hinweist: »Goethe, auf einer ein samen Insel ausgewachsen, wäre nicht Goethe geworden«. Aber noch ist diese Erkenntnis nicht genügend durchgedrungen, noch wertet man egoistische und soziale Bedürfnisse nebeneinander, anstatt jene diesen unterzuordnen. Hier seien nun die vollen Konsequenzen gezogen: nicht selbstische, sondern Gcmeininteressen mutz das Recht vorab schützen; darum nicht Urheber-, sondern Kunstrccht! III. Künstlerrechte. Mit der Erkenntnis des sozialen Interesses und Aner kennung seiner Schutzwürdigkeit als Kunstrechl wäre praktisch noch nicht viel erreicht. Die Allgemeinheit als solche kann ihre Rechte nicht wahrnehmen. Einzelne Personen oder Personen verbände muß sie damit betrauen, die Gesamtheit in der Rechts ausübung zu vertreten und Störungen der schutzwürdigen Interessen zu verhindern. Beamten ist die Verwaltung, Sol daten die Landesverteidigung, Ärzten die Gesundheitspflege übertragen. So wird denn, soweit erforderlich, die Allgemeinheit auch in der Kunftrechtsausübung vertreten, und naturgemäß von den durch ihre Tätigkeit dazu berufenen Personen: den Künst lern. Das allgemeine Kunstrecht zerfällt daher in der Praxis in eine Reihe von individuellen, jedoch sozial gegeneinander aus geglichenen Sonderrechten, welche die Arbeiten aller einzelnen Künstler schützen, — als deren Inbegriff wieder die gesamte Kunstpflege und somit das Jmmaterialgut der Menschheit selbst, die Kunst. Um die Bedeutung dieser Auffassung voll zu begreifen, müssen wir in das Wesen künstlerischer Arbeit einen noch tiefe ren Einblick gewinnen, als dies bisher der Fall war. Als be sondere Merkmale der Künstlerarbeit wurden der ästhetische Zweck und seine Ausprägung in der geleisteten Arbeit angegeben, Be sonderheit des Willens und der Tat. Während die Kriterien jedoch oben nur zur Bewertung der Urheberschaft, also bloß einer Art von Kunstausübung, angeführt wurden, ist jetzt zu prüfen, ob sie bei jeder Bewährung von Künstlerschaft hervortreten. Der künstlerische Zweck: das Nacherleben des inneren Schaffensprozesses durch künstlerische Wahrnehmung liegt zweifellos auch der nicht urheberischen Kunstbetätigung zu grunde. Jede Art von Wiedergabe, Bearbeitung, Nachbildung, Übersetzung, Erläuterung eines Kunstwerkes, sei es einer Dich tung, eines Musikstücks, Tanzes, Gemäldes oder plastischen Bil des, setzt künstlerische Wahrnehmung voraus und will sic weiter vermitteln. Und die Eigenart des Berufes des Kunsthändlers, ob nun der Vertrieb von Büchern, Noten, Bildern, Filmen oder die Veranstaltung von Theater-, Tanz-, Kino-, Vortrags-, Konzertausfllhrungen, künstlerischen Ausstellungen sein Ge schäftszweig ist, liegt auch gerade darin, daß er zum Unter schiede von allen andern Kaufleuten auf die Erhaltung und Ausbreitung vorwiegend ideeller, geistiger WSrte abzielt und das wirtschaftliche Moment hier nicht ausschließlich maßgebend ist. Nicht so sehr die Förderung des Handels-, als vielmehr des Kulturverkehrs liegt ihm ob; nur so erklärt sich seine rechtliche Sonderstellung. Bei allen um die Kunstpflege be mühten Personen ist also ein künstlerischer Zweck ausschließlich oder doch vorwiegend gegeben, stets begrifflich wesentlich. Wie steht es nun aber mit der Verwirklichung des ästheti schen Zweckes, der künstlerischen T a t selbst? Deren Betrachtung wird uns, nachdem wir das Ziel jeglicher Kunstausllbung als gemeinsam erkannt haben, die Unterschiede der Einzel leistungen erweisen. Das Rechtsgut ist die Kunst, vorgestellt im einzelnen Kunstwerk. Jede künstlerische Tat vollzieht sich daher an einem Kunstwerk. Entweder sie schafft ein solches, oder sie schafft an ihm, oder sie nimmt es wahr. Mit tech nischem Ausdruck: der Künstler produziert, reproduziert oder rezipiert ein Kunstwerk. Die bedeutendste Kunstleistung ist die Produktion, die Urheberschaft. Sie hat die wenigsten Voraussetzungen: Worte, Begriffe; Klänge, Rhythmen; Linien, Flächen, Farben; Körper bewegungen. Möglichkeiten der Kunst, noch keine Kunst selbst. Stoff, aus dem der Schöpfer erst ein Kunstwerk erzeugt. Als lebendigen, in sich geschlossenen Organismus. Zeugnis der Ge setzlichkeit des ästhetischen Bewußtseins. Intuitive Wiedergabe eines Seelenvorganges, sei es durch Selbstdarstellung oder Um weltschilderung. Ureigene, »dem ordentlichen Kreise des Lebens- Verkehrs entzogene« Formung eines allgemein menschlichen In halts. Nicht der Inhalt allein, nicht die Form allein schafft das Kunstwerk, wie in älteren, jetzt fast aufgegebenen ästhetischen 10!>9
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