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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.04.1917
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1917-04-21
- Erscheinungsdatum
- 21.04.1917
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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Redaktioneller Teil. ^ 92, 21. April 1917. Die 964 Veröffentlichungen erfolgten von 64 deutschen und 12 ausländischen Firmen, von den 64 Firmen sind die Hälfte wirtliche Verlagshäuser. Die hohe Anzahl der Publikationen ernster Musik ist in diesem Vierteljahr durch die 220 Liszt-Ver- ösfentlichungen bedingt. Zieht man Liszt ab, so ergeben sich sür ernste Musik 385, für leichte Musik 359 Werke. Schon um dieses Mißverhältnis, das iu anderen Vierteljahren noch krasser zu tage treten wird, deutlich vor Augen zu fuhren, dürfte solche Statistik von Nutzen sein! Ich war wieder einmal recht ftadtmüde und naturhungrig. Kurz entschlossen nahm ich mir Urlaub und fuhr einige Tage trotz der Ungunst des Wetters in den Harz, und siehe da: ich hatte Glück! über Nacht war Rauhreif gefallen; als ich von der Bahn kommend den Wald betrat, war ein strahlend schöner Tag, alle Bäume mit ihrem schneeweißen Behang glitzerten und fun kelten im Sonnenschein so recht wie im Märchenlande. Es war köstlich scharfe, klare Lust, lautlose Stille, so ganz, wie ich es erhofft und geahnt hatte: plötzlich fällt alles Schwere von einem und man spürt die wuudereinzige Heilkraft der Natur. Als ich wohl eine Stunde gegangen, traf ich den ersten Men schen : ein stämmig großer Mann mit langem, vereistem Bart kam mir entgegen. Ich glaubte meinen Augen nicht zu trauen, aber am Gang hatte ich ihn gleich erkannt, es war mein Freund, der Musikalienhändler, ein prächtiger Mensch, ein Mustkalien-Sorti- menter vom alten Schrot und Korn. Das Erstaunen, sich hier in der Einsamkeit zu treffen, war kaum minder groß als die Freude, sich nach Jahren wiederzusehen. Da er nur wandern wollte, kehrte er gern, mich begleitend, um. Wir hatten früher lange Märsche zusammen gemacht, er war ein Naturfreund wie ich, und so gingen wir, wie er es liebte, auch jetzt stumm genießend nebeneinander her. Nach längerer Weile brach er das Schweigen: »Es paßt zwar gar nicht in diesen Zauberwald, aber da ich Sie einmal getroffen, muß ich mir etwas von meinem Berufsherzen oder, wenn Sie wollen, von der Berufsleber reden. Je älter ich werde, je bänglicher wird es mir, trotz aller eigenen Erfolge, um die Zukunft des Musikaliensortiments im allgemeinen. Mit Spiel- Hagen frage ich: Was will das werden? Ich habe, was Sie im Börsenblatt geschrieben, gelesen. Von Goethe und der Musik, von Mozarts Titus und ähnlichem zu berichten, ist ja ganz schön, interessiert mich aber wenig, — hingegen was Sie über Schaufenster, über Neuigkeiten und Pro paganda sagen, das war Wasser auf meine Mühle. So selten man von Sortimentern etwas liest, so selten auch über das Musikalien-Sortiment, und doch wäre da dringend viel zu sagen. Sehen Sie, der Durchschnitts-Sortimenter mit mittlerem und kleinem Geschäftsbetrieb ist beileibe nicht arbeits unlustig. Im Gegenteil, er arbeitet wie ein Pferd, aber vor lauter Tagesmühen hat er, wie mir scheint, ganz verlernt, ver schnaufend, ruhend zurückzublicken und zu prüfen, was er nun eigentlich geschaffen. Vor lauter Arbeit übersieht er häufig, daß andere Zeiten mit anderen Ansprüchen heraufgekommen sind. Während es früher genügte, wenn der Kaufmann das dar bot, was verlangt wurde, gehört jetzt eigentlich auf allen Ge bieten zum guten Verkäufer die Gabe, nicht nur das zu ver kaufen, was der Käufer verlangt, sondern darüber hinaus, was der Händler abzusetzen wünscht. Es gibt kaum einen Geschäftsbetrieb, der nicht versuchen wird, neue Kundschaftskreise heranzuziehen. Nur der Musikalien händler, der wie der Buchhändler nicht nur Kaufmann ist und sein soll, aber doch auch nicht vergessen darf, daß er ein kauf männisches Gewerbe betreibt, scheint zufrieden zu sein mit der Kundschaft, die ihn gerade beehrt.« Wir stampften tapfer im Schnee weiter. Ich unterbrach meinen Freund nicht, denn ich kannte ihn, wenn ihm etwas auf der Seele brannte, wünschte er keine Gegenrede. Er sprach dann wie ein Volksredner und verlangte nur verständnisvolles Zuhörcn. »Sehen Sie den Fall mit den Warenhäusern. Was wird über diese unleidliche Konkurrenz geklagt! Ich besinne mich deutlich der Zeit, als die ersten Warenhäuser mit Mufikalienabteilungen 394 bei uns erstanden und meine Frau und ich in unserem da maligen kleinen Sortiment diese neue Konkurrenz recht fühlten. Da machte ich mich eines Alltags vormittags zum Erstaunen meiner Frau, da ich wochentags sonst nie fortging, ohne zu sagen wohin, auf und ging geradeswegs — unerkannt natürlich — iu die Musikalicnabteilung des Riesenhauses, kaufte eine Kleinigkeit und setzte mich dann an dem Tisch, scheinbar einige Lieder aussuchend, nieder. Ich suchte lange, über eine Stunde, die Zeit war aber nicht verloren. Was ich da sah und hörte, war neu insofern, als es anders war, als wir es gelernt. Aber ich sagte mir damals gleich, das Gute von der Sache kann ich auch aufnehmen. Ein Hauptleitmotiv der Warenhäuser kam auch hier wirk sam zur Geltung: Mel sehen reizt zum Kaufen'. Es war er staunlich, wie zahlreiche Musikalien in diesem nicht großen Raum sichtbar gemacht waren; nicht so, daß man vor lauter Umschlägen und Titeln gar nichts sah, sondern gut gruppiert nach Klassen und Art trat jedes einzelne Werk wirklich in Erschei nung. Auch merkte man Wohl, daß nicht, wie es bei uns Musik sortimentern häufig der Fall ist, die Auslagen Wochen- oder monatelang in gleicher Weise ausgestellt waren; es wirkte viel mehr alles frisch. Auf der Verkausstafel fehlten nicht die be rühmten großen Stöße, an einer Seite Antiquaria, Klavier- auszüge zu lächerlich billigen Preisen, — an der anderen Seite vielleicht 100 oder mehr Exemplare von einem damals neu hsr- ausgekommenen illustrierten Kinderliederbuch, Preis deutlich vermerkt: Mark 1,50, und ich war überrascht, zu sehen, wie viele der Kaufenden nebenbei noch ein Exemplar dieses wirklich rei zend illustrierten Büchelchens Mitnahmen. Zwischen dieser Ver kaufsabteilung und der Jnstrumenten-Abteilung war ein kleiner Raum, von dem aus man gedämpft die Töne eines Klaviers herllberhörte. Diese gedämpften Töne lockten, wie ich sah, einen großen Teil des hin- und herwogenden Publikums an. Ein junges Mädchen spielte dort die neuesten Schlager, vor allem den Walzer aus der ,Lustigen Witwe', der damals höchste Neu heit war. Stöße von Neuigkeiten lagen auf einem angrenzenden Tisch, und der Verkäufer konnte nicht genügend von den billigen Dingen einrollen. Ich habe diese Warenhausbesuche öfters wiederholt. Mir war klar, daß ich das Gesehene nicht ohne weiteres auf mein Musilaliensortimentsgeschäft übertragen konnte. Ich mutzte vielmehr diese Erfahrungen in eine für mich geeignete Weise transponieren, und der Erfolg hat mir gezeigt, daß ich mich in der Art nicht vergriffen. Ich sagte eines Tages ver schiedenen Konservatoristen: ,Jhr habt jetzt genug Musik zeitungen bei mir gelesen und genug telephoniert, Ihr könnt Euch als Gegenleistung auch einmal um mich verdient machen', und nun richtete ich unter Mitwirkung dieser Kon servatoristen in dem an meinen Laden grenzenden Raum eine Vorspiel-Abteilung ein, — nicht jeden Tag und jede Stunde, das hätte mein Publikum ja wild gemacht, aber ich gab bekannt, daß an bestimmten Tagen in der Woche die neuesten Schlager (unter Nennung der Stücke) ,gratis' zu hören seien. Ich biete an solchen Tagen das, was ich spielen lasse, ebenfalls in Hunderten von Exemplaren zum Verkauf und bin fast stets von der Lebhaftigkeit des Abgangs aufs neue überrascht. Auch hat mein vergrößertes Sortiment nach diesen Warenhaus-Ent deckungsfahrten ein ganz anderes Gesicht bekommen. Ich lege viel, sehr viel, auch teuere Werke broschiert uud gebunden aus, wechsle regelmäßig zweimal wöchentlich, und wenn ich auch nicht ,Weiße' und ,rote Wochen' inszenieren kann, so bringe ich doch in größeren Zwischenräumen, Schaufenster- und Jnncn- Auslagen übereinstimmend, Violinmusik-Tage, Operntage, wo bei auch ganz besonders die Neuerscheinungen berücksichtigt wer den. Ich bereite diese Sonder-Ausstellungen des längeren vor, bitte die betreffenden Verleger, mir auf dem speziellen Gebiete Werke in größerer Anzahl mit Rücksendungsrecht zu liefern, und lasse bei Studien-Tagen die betreffenden Lehrer vorher darauf aufmerksam machen. Alles dies erfordert Zeit und Mühe. Ich habe aber gefunden, daß die zwei jungen Damen, die sich be sonders unter meiner Leitung mit diesen Arbeiten befassen, sich
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