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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.04.1917
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1917-04-21
- Erscheinungsdatum
- 21.04.1917
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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^ 92, 21. April 1017. Redaktioneller Tel!. Börsenblau s. d. Dlschn. Buchlicmdel. voll bezahlt machen. Vor allem das wichtigste: die verschieden- steil Gruppen des musikalischen Publikums haben gesehen, daß bei mir nicht eine Atmosphäre der Langweile herrscht, sondern daß man neben großem Lager auch Anregung und Abwechslung findet.« Ich sreute mich, diese Warenhaus-Erfahrungen meines Freundes, die mir nicht unbekannt waren, erneut zu hören, und — war es die andere Beleuchtung, war es die kräftige, an regende Winierluft — genug, mir schienen die Lehren, die Freund F. für sich daraus gezogen, so selbstverständlich, daß ich eigent lich gar nicht begriff, warum nicht weiteste Kreise der Sorti menter in der für sie möglichen Weise Nutzen aus dem Schreck gespenst der Warenhäuser ziehen. Ich sagte wohl so etwas, doch Freund F. ging über meine Zustimmung schnell hinweg, nahm doppelt große Schritte und fuhr mit Lebhaftigkeit fort (er hatte augenscheinlich noch viel auf dem Herzen): »Sehen Sie, wie damals mit den Warenhäusern, so ist es setzt ähnlich mit den Feldbuchhandlungen. Auch über diese un liebsame Konkurrenz ist viel lamentiert worden. Ich habe ziem lich am Anfang des Krieges, als von Feldbuchhandlungen über haupt noch keine Rede war und wenig Bücher und gar keine Musikalien hinausgeschickt wurden, die Versorgung von Laza retten und Etappenstationen mit Musik etwas organisiert. Die Kunden oder Kundinnen wurden gefragt, ob sic Angehörige im Felde hätten, ob im Lazarett, und ob sie bei diesen oder ihren Freunden sich nicht erkundigen wollten, ob und welche Gelegen heit zum Musizieren gegeben wäre. Sie dürften überzeugt sein, daß sie kaum mit etwas größere Freude bereiten würden als mit der richtigen Art von Musikalien. Während Musikalien, insbesondere die für Kleines und Salon-Orchester, von den Ver legern vorzugsweise als Liebesgaben hinausgesandt wurden, habe ich dauernde Bestellungen durch diese früh gegebenen Hin weise, die sich von Familie zu Familie, von Freund zu Freund weilergesprochen, erhalten, sodatz ich jetzt eine Expedientin nur mit Feldversand gut beschäftigen kann.« Mir schien auch diese neue Erfahrung wirklich einigermaßen das »Ei des Kolumbus« zu sein. Als wir dann — nicht bei einer Wirtin wunderhold, aber in einem Bauernhaus — uns etwas gestärkt hatten, fuhr mein Freund fort: »Es tut mir ja leid, daß ich dem wundervollen Winter- morgen mit seiner köstlichen Poesie durch meine Berufsgedanken solch prosaischen Einschlag gebe, aber Sie werden begreifen, daß all diese Fragen mich reizen. — Nehmen Sie das Weih nachtsgeschäft an, das trotz dem Kriege in den letzten Jahren ja durchaus nicht schlecht war, aber in welchem Umfange konnte dies noch gesteigert werden! Der Buchhandel hat die ganze Presse der Verbreitung guter Bücher dienstbar gemacht, — die Kreis- und Ortsvereine haben durch wirksame Plakate den werbenden Imperativ: ,Kauft gute Bücher!' vor Augen geführt, — kostbare bibliophile Publi kationen kommen der Kauflust der Kunden entgegen und erhöhen die Einnahmen des Sortimenters. Von alledem ist im Musi kalienhandel kaum ein Hauch zu spüren. Die von Ihnen früher erwähnte Musikalische Hausbibliothek' halte ich gerade in jetzigen Zeiten, wo das Geld so an Wert verloren hat und so viel leichter als sonst ausgegeben wird, für ein überaus wich tiges, die Kasse des Sortimenters füllendes Verkaufs-Objekt. Ich habe solche Serien wiederholt abgesetzt und finde, daß, wer von den Verlegern es mit dem schwer kämpfenden Sorti ment gut meint, nicht 20- oder 2S-Pfennig-Ausgaben bringt, son dern Band-Ausgaben, und zwar je höher im Preise, desto besser! Wir müssen für die vielen teueren Werke, die im Laufe der Jahre frei und billig geworden sind — Werke, die, wie die Wagner- Klavier-Auszüge, die Kompositionen von Liszt, die Schulen von Benot, Kummer und Lebert und Stark zum täglichen Brot des Sortimenters gehört haben —, uns Ersatz durch andere gewichtige Einnahmen schaffen! Denn wenn die frei gewordenen Werke durch den billigen Preis meist auch in größerer Anzahl abge« setzt werden, so schasst dieser Mehr-Umsatz für die Kasse doch selten das gleiche Ergebnis wie der frühere Verkauf der teuren! Ausgaben! Da der Musikhandel sich an wirklich kostbare biblio phile Veröffentlichungen noch nicht hcrangewagt hat, habe ich, so gut es ging, mich auf eigene Faust auf diesem Gebiete versucht. Ich lasse seit Jahren zu Weihnachten von einem ge schickten Buchbinder, der nicht nur Handwerker, sondern auch Künstler ist, für eine größere Anzahl wertvoller Bände: Orchester-Partituren wie die von Rich. Strauß, Opern-Parti- turen wie Bizets Carmen, Sammel-Bände wie Kriegs Lyrische Stücke usw., schöne Hand-Einbände Herstellen, an denen alles: das Material, die Prägung, das Vorsatzpapier, kostbar und künstlerisch gediegen ist. Zunächst war es ein Wagnis, jetzt aber findet seit Jahren jedes Stück seinen Liebhaber. Die Einzel- Herstellung bedingt ungewöhnlich hohe Preise, das Publikum zahlt aber willig. Der Verdienst ist, abgesehen von dem Vor teil, daß ich der Kundschaft etwas Besonderes, Eigenes biete, gut, und der Versuch beweist, daß auch in musikalischen Kreisen bibliophile Wünsche zugunsten des Sortimenters zu Wecken sind.« Während des Vortrags meines Freundes war die Sonne mehr und mehr gesunken, aller Glanz der Landschaft schien ent schwunden, es wurde bitterlich kalt, wir mußten unsere Schritte beschleunigen, um die Bahnstation noch beizeiten zu erreichen. »Eine weitere Erfahrung noch«, sagte mein Freund mit ganz vereistem Bart, »dann will ich Sie auch mit meiner Be- russmelodie verschonen. Ich denke aber, wenn ich sie recht ein dringlich singe, daß sie bei Ihnen haftet und Sie vielleicht zur geeigneten Stunde die eine oder die andere Weise zum Besten der Allgemeinheit verwenden können. Ich habe oft beobachtet, welch guten Absatz die Jnstru- menten-Handlungen mit Zitherschulen und Zithermusik erzielen. Die meisten Sortimenter wollen vom Vertrieb von Zithermusik wenig wissen; sie halten diese Musik für minderwertig, den Ver kauf für nicht lohnend und das ganze Gebiet für nicht würdig. Mit dem mir eigenen Widerspruchsgeist konnte ich nicht ein- sehen, warum ich zugunsten der Jnstrumenten-Handlungen ver zichten sollte. Ich habe vielmehr dieses stiefmütterlich behan delte Gebiet sorgsam gepflegt und überraschende Erfolge erzielt. Auch hier war mir das Schaufenster guter Helfer-, ich erstand eine (nicht billige) Figur, eine hübsche Tirolerin, die an einem Tische sitzend Zither spielte, und füllte nun die eine Seiten- Abteilung des Schaufensters, wo die junge Dame untergebracht war, ganz mit Zither-Musikalien an. Kamen die Zither-Spielen den, durch das Aushängeschild angelocki, zunächst tropfenweise herein, so habe ich jetzt eine sich immer vermehrende feste Kund schaft für Zithermusik und habe den Beweis erbracht, daß man sehr Wohl neben oder trotz klassischer Musik, neben Strauß, Reger und Pfitzner auch flott Zither-Noten verkaufen kann. Was ich Ihnen da erzähle, sind alles keineswegs Erfolgs- Patente von mir — alles schon dagewesen! Auch sind die Er fahrungen kaum einfach nachzumachen, sie wollen nach Stadt, Kundschaft, Vorzügen und Eigenart des Inhabers gewandelt sein. Sie beweisen nur, daß selbst im Musikalien-Sortiment Schätze zu heben sind. Allerdings, eins ist Voraussetzung dafür, und da komme ich zu dem Punkt, der vielleicht die Hauptquelle für alle Musikalien-Sortimenter-Klagen und -Mühen ist. Allein kann der beste Chef sein Geschäft nicht führen, er mnß Mit arbeiter haben, die nicht Pagoden gleich bedienen, sondern aus dem Vollen denkend milschaffen! Wie aber steht es mit un serem Musikalienhändler-Nachwuchs? Ach, lieber Freund, ich fürchte, es sieht traurig aus! Wenn ich etwas zu sagen hätte, ich wollte ein neu Gesetz verkünden, ich wollte « Weiter kam mein Freund nicht, ich mußte unwillkürlich an Getzler denken, zwar hatte kein Pfeil den Freund hinweggerafft, aber da wir inzwischen in den Bahnhof und in ein furchtbar Gedränge gekommen waren, hatte eine Menschenwellc ihn fort- geschoben und in eine andere Abteilung des Zuges entführt. So war ich an diesem Tage um seine Äußerungen über die Lehr- lings- und Gehilfenfrage im Musikhandel gekommen, die auch mir brennend und wesentlich scheinen, doch hoffe ich, sie ein ander mal von meinem Freunde, dem Sortimenter von altem Schrot und Korn, zu hören, und werde dann nicht verfehlen, sie an meine geneigten Leser weiterzugeben. Paul Ollendorfs. 305
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