Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.04.1927
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1927-04-30
- Erscheinungsdatum
- 30.04.1927
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19270430
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-192704307
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19270430
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1927
- Monat1927-04
- Tag1927-04-30
- Monat1927-04
- Jahr1927
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
X? ISO, 30, April 1927. Redaktioneller Teil. George alles Lebendig« dieser zerbrochenen Welt und di« leben wollende Zukunst zugleich in gesättigter Gegenwart rettend. So birgt er -da, wo Nietzsche den Boden bereitete, den Keim neuer Sprache. Das literarisch Ausschlaggebende der Gegenwart ist eine Tiefen- und Breitenwirkung Nietzsches und Georges. Erstes Kenn zeichen dieser Wirkung ist die Zusammenballung des Worts, das nicht mehr ruhiger Spiegel eines fertigen Zustands, sondern aus brechende Flamme ist, die aufschmelzen und neu gestalten will. Weder im bloß chaotischen Ausdruck (etwa des Expressionismus) noch in -der bloßen Agitation, di« gefühllos ist für das Mißver hältnis innerer Glut und toten, rückgewandten Ausdrucks (etwa der durchschnittlichen sozialistischen Literatur), ist solche Wirkung zu suchen; ebensowenig wie in der vorzeitigen Breitlretung und Systematisierung der neuen Gehalte oder der bloßen Weiterkulti vierung des Goetheschen Erbes, di« vornehm die geschehene Wende übersieht. Am ehesten liegt die Wirkung dort, wo traditionelle Bereiche des Geistes von innen her aufgeschmolzen werden. So von innen her 'bedeuten Worriuger-KünstlerischeZeit- frügen» «ine Überwindung der gewohnten Kunst, Klatt --Schöpferische Pause» eine Überwindung der gewohnten Bildung, Mirgeler --Sokrates» eine Überwindung der ge wohnten Philosophie. Zugleich werden gerade in diesen drei deut lichen Zeichendeutungen der Zeit di« überzeitlichen Kräfte sichtbar, die sich als wandlungssähig und so als zukunstshaltig bewähren: bei Worringer die jüdisch« Verkündigung des Endes und der Ruf der Umkehr, bei Klatt der protestantische Protest gegen di« Ver gewaltigung der Natur, bei Mirgeler der katholisch« Vorstoß aus der Sicherheit der rechten Tradition. Es wurde anfangs betont, daß der Anfang der jüngsten Zeit kein gewöhnlicher Anfang ist. Er läßt zum erstenmal in der Ge schichte alles bisher Geschehene bewußt als Vergangenheit hinter sich. Damit ergibt sich als charakteristisch für unsere Zeit das ge schichtliche Bewußtsein. Zwar zur lebendigen Mitgift, zur Er innerung ist uns die Geschichte noch nicht geworden, eher zum Leiden des Historismus. Ein« Überwindung liegt nur im Willen (am stärksten bei Georg«) und in Ansätzen vor. Gäbe es das Buch überwindender Deutung der Geschichte, so müßt« es hier zum Be schluß genannt werden; so mag cs sein Bewenden haben bei Leo p o ld v. Ranke s »Wel tge s ch i ch t-e», di« in erstem siche ren Griff wenigstens den Rahmen unserer Vergangenheit bestimmt und uns die lebendige Aneignung als Ausgabe hinterlassen hat. Kennwort: Symmachus. Heinrich Jungmann, Wien. I. Als berufenste, weil Praktisch wirksame Stelle wendet sich ein großer deutscher Fachverein an weite Kreise mit der Umfrage, welche zwölf Bücher aus allen Erscheinungen der letzten neunzig Jahre herausgegrifsen werden dürfen, um in der Hausbücherei jedes Gebildeten ihren Platz zu erhalten. Die von der geistigen Not der Zeit geradezu diktierte Fragestellung birgt in der weisen Beschränkung auf die gering« Zwölfzahl eine sichere Gewähr dafür, daß tatsächlich das Wichtigste ausgefunden werde; denn nur durch solche Konzentration kann aus dem Kampf der mannigfaltigen Schwierigkeiten, den die Fülle der Möglichkeiten heraufbeschwört, der leitend« Gedanke, das aus den Bausteinen innerlich gegründe ter Erkenntnisse fest gefügte System der Wahl gewonnen werden. Daß es sich um tiefer« Fundamente als um die recht äußerliche Be weiskraft hoher Auslagenziffern handeln muß, ist so gut wie still schweigende Voraussetzung. Nun mag die Suche nach dem alles speisenden Quell be ginnen. Irrwege, dünne Rinnsale und manche Goss« -werden wir als trügerisch zu erkennen haben, -dann aber erschließt sich dem forschenden Blick, dem horchenden Ohr ein reiner, starker Strahl springenden Wassers, der, rasch zum Strome gewachsen, in ewig gleichem Wellenschläge weithin Fruchtbarkeit verschenkt. Was, so versinnbildet, alles mit seinem Geschmack durchsetzt, ist das wahr haft Nationale, die wirkende Kraft des Volklichen. National- Deutsch: nicht der ist es, der sich am Worte «Deutsch» berauscht, der den Laut sich tausendmal wiederholt, ohne ihn einmal zu leben: nicht die sind es, denen Lichtenberg für unsere Zeit nicht minder treffend als für die seine den Spiegel Vorhalt: -Es gibt Heuer eine gewisse Art Leute, meistens jung« Dichter, di« das Wort .deutsch' fast immer mit offenen Nasenlöchern aussprechen. Ein sicheres Zeichen, daß -der Patriotismus bei diesen Leuten sogar auch Nach ahmung ist . . .». Keine dümmere Simplisizierung, keine verant wortungslosere Oberflächlichkeit als das wäre denkbar. Deutsch tum: -das ist vielmehr ein Kreis von so ungeheurem Umfang und Inhalt, daß di« einzelnen Punkte und Teil« oft einander ent schwinden, bis sie sich schließlich aus der gemeinsamen Fläche -wieder zusammengezwungen fühlen. Deutschtum ist nicht ängstliche Ab sonderung, sondern Umfassung; Europa und die Welt zieht der brüderliche Arm an sich. Deutschtum ist Schicksal, ist das -in den Sternen Hangende» Recht und -die unentrinnbare Pflicht -des Ein zelnen und der -Gesamtheit, sich auf dieser vorgezeichnetcn Bahn zu vollenden. Und so in diesem gewaltigen Rahmen ihres Wesens besitzt die -deutsch« Nation ihre Sendung; indem sie ihre Seel« dem Geist -vermählt, wirkt sie Echtes. Aus dem Schoße deutschen Schicksals taucht alle Kunst empor, nnt ihr die Literatur. Wie die -heilige» russische Literatur nicht mü-d« wird, wie eine verlorene Seele die Religion zu suchen, in der russische Menschen dann -das »-Gottträgervolk» sein würden, so steigt das deutsche Schrifttum immer wieder zu jenen »Müttern» hinab, die alles Wissen wahren. Die höchste Kunst, die Musik, ist in -die deutsche Literatur geflossen, sodaß sie volle Akkord« greifen kann in jener «Melodie, zu der die Welt der Text ist» (Schopen hauer). Diese Musik der deutschen Welt in ihren wichtigsten Büchern wiederzufinden ist di« eigentliche Aufgabe, die sich diese Zeilen setzen können. Von jedem dieser Bücher aus müßte sich das ganze oder fast das -ganze tiese deutsche Wesen wiederentdecken lassen; alle diese Bücher dürsten nicht nur als literarisch« Wert« in die Zwölfzahl einbezogen werden, selbst wo die überragende Form dafür spräche. Es dürften nur Bücher ausgenommen wer den, -die wahrhaft vcrehrungswürdig historisch sind, die Wundmal«, Zeugnisse, Sturmzeichen, köstliche Ruheplätze im Leben der Nation, die also Denkmäler der wichtigen Haltepunkte bedeuten, an denen der Geist der Zeit und das Gonie gemeinsam das Werk schufen, indem sie gläubig ineinander überflossen. II. Die so bezeichnet« Umrißlinie wird durch Widerstände -der Wirklichkeit vielleicht nicht den vorgetragenen Grundsätzen voll kommen gemäß ausgefüllt werden können; um dann die besten Bücher doch zu finden, iverden etwa Erwägungen der Nützlichkeit und Wirksamkeit Hilfe bieten. Allen so gearteten Gedanken voran muß ein anderer -geltend gemacht -werden: Fast hinter allen Wer ken, die genannt werden sollen, steht, oft ganz unmittelbar durch leuchtend, ein großer Mensch, dessen persönlicher Reiz geschätzt zu werden, dessen Leben gekannt zu werden verdient; Mensch und Werk erst geben den letzten bleibenden Gewinn. Welches sind nun die Bücher, -denen so innig -die Herzens nähe eines jeden zu wünschen ist? Von Hebbel, -dem herben Norddeutschen, mag die glück lichste Synthese, die je seinem Tiefsinn, seiner instinkthaften dramatischen Wucht und reinen Sittlichkeit gelang, die mächtigen »Nibelungen» für viele andere Kostbarkeiten stehen. Di« soziale Dichtung soll mit -dem Werk, das dem Quell tiefster Mensch lichkeit entsteigt und so die aufrichtigsten, wirksamsten Laute des Milleids gesunden hat, mit G. Hauptmanns »Weber» zu Worte kommen. — Die Innigkeit, di« Einfalt aus Tiefe, die jede hohe Lyrik auszeichnet, macht -Mörikes Gedichte zum rein sten Besitz seit Goethe. Was das Auge trank, das gab Lilien- crons -bewegte Seele so bildhaft, so vollsaftig, so neu wieder, daß ihm an dieser -Stelle der verdiente Platz eingeräumt -werden muß. — So befremdlich es scheinen mag, den Dramatiker -G r i lk -- parzer hier als -Prosaisten -aufzuführen, ist es doch geboten, seine Novelle »Der arme Spielmann», diese starke, aus tiefer seelischer Not zu ewigem Leben geborene Erzählung, ihres hohen Ranges wegen zum Repräsentanten seines Schaffens zu bestellen. »D ergrüne Heinrich-, Kellers klares Kunstwerk, ist mit seinem selbstprüferischen Ernst, d«m verklärenden Humor i-n eine
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder