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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.04.1917
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1917-04-05
- Erscheinungsdatum
- 05.04.1917
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- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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N 80, 5, April 1017. Redaktioneller Teil. und viele französische Verlagshäuser hatten überhaupt geschlos sen. Von allen Büchern wurden am meisten begehrt: Treitschkc, Bernhard! und Nietzsche. Während bei Erscheinen die Bücher von Bernhard! kaum beachtet worden waren — ich habe seiner zeit, wenn ich nicht irre, wegen mangelnden Absatzes Exemplare zurücksenden müssen —, konnte man später nicht genug Exem plare beschaffen. Treitschke hatten selbst manche Geschichts- Professoren nur vom Hörensagen gekannt, und nur von Nietzsche gab es Übersetzungen. Bernhard! wurde besonders in der so fort veranstalteten englischen Übersetzung viel gekauft. Während man den »Hunnen« in der Tagespresse so schwarz wie möglich malte, konnte man doch nicht ohne seine Bücher leben. Es wird z. B. den Schülern vom »Lwn Vollere«, der vornehmsten Gymnasialbildungsanstalt Englands, heilsam gewesen sein, daß sie selbst während des Krieges die Atlanten von Putzger und Sydow-Wagner benutzen mußten. Man hatte eben nichts Eigenes und ging schleunigst auf die Suche nach Ersatz, der aber teurer und wohl auch nicht so gut ist. Die während des Krieges erschie nenen Bücher von Prof, von Wilamowitz - Möllendorff über Aeschylos fanden sogleich Abnehmer, wie ja überhaupt der auf dem Gebiete der klassischen Philologie arbeitende Gelehrte nie mals ganz der deutschen Bücher entraten kann. Selbst die Hochschulen Indiens erteilten nach wie vor Aus- träge aus deutsche Literatur. Nebenbei bemerkt wurde eine dieser Sendungen bei dem Transport von der »Emden« aus den Meeresgrund befördert. Tie Universität Liverpool dagegen bestellte alle deutschen und österreichischen Bücher und Fort setzungen ab, ja in manchen Schulen wurde Deutsch gänzlich vom Schulplan gestrichen. Eine Flut von Pamphleten förderte der Krieg zutage, von denen die meisten wenig Sachkenntnis und viel Hatz verraten. Auch Karikaturen, worunter manches von gutem Humor zeugende Schriftchcn sich befand, fanden gu ten Absatz. Selbst für das verbotene »Gott strafe England« des Simplizissimus fanden sich Abnehmer. Unser Agent legte auch hin und wieder eine deutsche Kriegsbroschüre den Sendun gen bei, deren Inhalt, verglichen mit den Hetzblättern der eng lischen Presse, eine Wohltat war. Während in normalen Zeiten die Universität Oxford 3000 bis 4000 Studenten zählte, waren im April 1915 kaum 500 dort, und diese betrieben meist noch ihre militärische Ausbildung. Ein deutsches Buch durfte man nicht ins Schaufenster legen, wegen der damit verbundenen Gefahr des Fenstereinwcrfens. Die Krankenschwester, die schnell Fran zösisch lernen wollte, mutzte sich des deutschen Unterrichtsbnches bedienen, denn es gab nichts Kurzes und Besseres in der Art des Polyglott Kuntze, und selbst der aus Belgien kommende Gast Englands lernte Englisch nach der »Methode Gaspey - Otto- Sauer« ! Das Studium der russischen Sprache kam sehr in Aufschwung, nur fehlte es an Lehrbüchern, wenn man eben nicht »Gaspey-Otto-Sauer« benutzen wollte und als Wörter buch das selbst in einem während des Krieges erschienenen eng lischen Lehrbuch der russischen Sprache empfohlene Holtzeschc Taschenwörterbuch. Die Fakturen der Bücher aus Riga trugen zwar nicht mehr deutschen Vordruck, aber die Anmerkungen wa ren in Deutsch. Das Marineministerium bzw. die Intelligenz-Ab teilung kaufte von Sticlers Atlas, maäo in Eermonz-, soviel auf zutreiben war, und man konnte auch sonst so recht sehen, wie schlecht ohne deutsche Bücher drüben auszukommen ist. Nur die Perthesschen Wandkarten, die ich für das geographische Institut der Universität beziehen wollte, waren nicht erhält lich. Im Lause der Monate wurde die Lage immer unange nehmer. Während man erst uns arme Deutschen bedauerte und von russischer Dampfwalze und dem westlichen Steinwall sprach, ging die Sache doch anders, als man gedacht und gewünscht hatte. Daher war in gewisser Beziehung die Internierung eine Erlösung aus unsicherer Lage. Im »6ainp« gab es auch Bücher, allerdings meist Unterhaltungslektüre von sehr zwei felhaftem Wert. Später, als wir nach Schottland kamen, wurde es in dieser Hinsicht besser. Eine Hütte war als Bibliothek eingerichtet und erhielt durch die Fürsorge der Quäker eine An zahl Bücher. Sie waren wahllos aus allen möglichen Gebieten zusammengctragen und wurden später durch Bände der Deutschen Dichter-Gcdächtnis-Stiftung ergänzt. Außerdem nahm ein Buch händler als Vermittler mit Erlaubnis des Zensors Bestellungen aus deutsche Bücher an, doch dauerte es fast immer 6—8 Wochen, ehe die Bücher aus Leipzig kamen. Probe-Bände der Jugend wurden als gefährlich beschlagnahmt. Hintenherum gelangte aber selbst Kriegsliteratur ins Lager und wanderte von Hand zu Hand. Ja sogar Rohrbach, »Der deutsche Gedanke« entging dem wachsamen Auge des Zensors, ganz zu schweigen von Chamberlains »Grundlagen«. Sehr erwünscht wäre eine Samm lung populärwissenschaftlicher Schriften in der Art von »Aus Natur und Geisteswelt« oder »Wissenschaft und Bildung« in der Bibliothek gewesen, da mancher nach belehrendem Lesestoff dür stete und die Zeit recht langsam dahinschlich. Sehr verdient hat sich die Fürsorge-Gesellschaft unter Vorsitz von vr. Marke! da durch gemacht, daß sic Grammatiken der verschiedensten Spra chen unentgeltlich an das Lager lieferte. Als der Bedarf an spanischen Lehrbüchern gestiegen war, witterten die englischen Zeitungen wieder einen Einfluß aus Deutschland, während es den Leuten doch nur darum zu tun war, ihre Zeit nicht nutzlos zu verbringen. Unterhaltung bot auch die »Stobsiade«, die ein zige und der Zensur wegen nicht einmal regelmässig erscheinen de Lagerzeitung. Zum Schluß mutz ich noch ein von verschie denen englischen Professoren, ich glaube, cs waren deren 7, herausgegebenes Buch »Eerman Lulturo« erwähnen, in dem die Errungenschaften der Deutschen auf den verschiedenen Gebieten uneingeschränkt dargestellt und gewürdigt werden, ein Gegen beweis auf all die Anfeindungen, die man täglich in den Zei tungen lesen konnte, und in die sogar Gelehrte von internatio naler Bedeutung, wie Prof. Vinogradoff und Sayce, mit ein- stimmten. Nach dem Krieg wird es lange dauern, ehe sich der Absatz deutscher Literatur in England wieder auf die Höhe von früher heben wird, denn es wird vor allem an geschulten Kräften in den dortigen Buchhandlungen fehlen, da diejenigen, die durch den Krieg schuldlos alles verloren haben, kaum nach dort werden zurückkehren wollen. Die Bestellungen aber, die früher direkt nach Deutschland gingen, werden dann durch Mittelsleute gehen oder überhaupt ausbleiben. Es ist daher zu wünschen, daß sich auch später wieder junge Leute finden, die als Pioniere deut scher Kultur ins Ausland gehen, denn man wird dort einsehen, datz man ihrer bedarf. Obwohl ich nach all dem Erlebten seit Kriegsbeginn keinen Grund habe, einer Versöhnung mit Eng. land das Wort zu reden, möchte ich doch schließen mit der Hoff nung, die einst Rcv. Carlyle, der Ilniversitätspsarrer von Ox ford, aussprach. Anspielcnd auf das, was die deutsche Geistes wissenschaft auch für England getan hat, sagte er: »Wir waren Freunde, und wir müssen wieder Freunde werden«. Mag dies unter den jetzigen Umständen auch manchem nicht aus dem Her zen gesprochen sein, so möge er an das Goethe-Wort erinnert sein: »Alle menschlichen Gebrechen heilet wahre Menschlichkeit«. RobertJahn. Kleine Mitteilungen. Vaterländischer Hilfsdienst. — Wie wir bereits in Nr. 67 des Börsenblatts ausführtcn, zählt der Buchhandel in seiner Allgemeinheit nicht zu den kriegswichtigen Betrieben, so daß seine Angehörigen nicht von der Verpflichtung der Anmeldung befreit find. Die Frage, ob ein einzelner buchhändlerischer Betrieb als kriegswichtig zu be zeichnen ist, kann nur von Fall zu Fall entschieden werden. Nach 8 2 des Gesetzes über den Vaterländischen Hilfsdienst kommt es nicht allein darauf an, ob ein Beruf oder Betrieb im allgemeinen für die Zwecke der Kriegführung oder der Volksversorgung unmittelbar oder mittelbar Bedeutung hat, sondern auch, ob die Zahl der in den einzelnen Betrieben tätigen Personen im Verhältnis zu dem Bedürf nis steht. Daher muh, falls notwendig, jeder einzelne Betrieb bei dem für ihn zuständigen Feststellungsausschuß einen Antrag auf Anerkennung als .Hilfsdienstbetrieb stellen. Eine besondere Entschei dung darüber, ob ein Beruf oder Betrieb im Sinne des 8 2 der Ver ordnung Bedeutung hat, sowie ob und in welchem Umfange die Zahl der darin beschäftigten Personen das Bedürfnis übersteigt, trifft je doch der Feststellungsausschnß nur dann, wenn für den Antrag steller zur Zeit ein unmittelbares berechtigtes Inter esse an einer solchen Feststellung vorliegt. Eine Entscheidung des Feststellungsausschusses ohne Vorliegen dieser Voraussetzung würde.
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