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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.12.1917
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1917-12-28
- Erscheinungsdatum
- 28.12.1917
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- Deutsch
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- Saxonica
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Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. X» 30l, 28. Dezember 1917. In der am Dienstag, den 4. Dezember, abgehallenen Sitzung des Berliner Bibliophilen. Abends sprach Herr llr. Walter Schulz über islamische Buchkunst; ein Thema, das nicht nur des Gegenstandes wegen die Hörer interessierte, son. dern auch im Hinblick auf unsere Bundesgenossenschaft mit der Türkei und die zu erwartende nähere Verbindung mit dem Orient nach dem Kriege als durchaus aktuell zu bezeichnen ist. Herr 0r. Walter Schulz ist durchaus berechtigt, ein solches Thema zu behandeln; ist er doch der Verfasser des bei Karl W. Hiersemann in Leipzig im Jahre 1914 erschienenen wertvollen Werkes: »Die persisch-islamische Miniaturmalerei«, eines Wer- tes, das nicht geschrieben werden konnte ohne tiefgründige Stu- dien an Ort und Stelle. So hat auch die Voraussetzung nicht enttäuscht, daß den Hörern vielfach ganz Neues geboten werde, da ja, wie der Vortragende auch ausführte, die Kenntnis des Orients bei uns sehr wenig verbreitet ist und uns namentlich die Kulturzustände und Kulturentwicklung des Orients immer noch recht fern liegen. Der Vortragende führte ungefähr folgendes aus: Seit kur- zem erst, Ende der 80er Jahre etwa, erwärmte sich nach langer Pause erneut das europäische Interesse für die islamische Buch kunst. Die Ausstellungen in Berlin und München 1910, später in Paris trugen ein gut Teil dazu bei, wirkten wie Offenbarun gen einer bisher ziemlich unbekannt gebliebenen, aber unserer mittelalterlichen mindestens gleichwertigen Buchkunst. Was von diesen kleinen Meisterwerken erhalten blieb, das verdient sicherlich eine größere Beachtung des Kunststudiums und der Fach wissenschaft, als ihnen bisher zuteil wurde. Einen Anfang machte das Archiv für Buchbinderei 1915. Noch steckt der Buchdruck im Orient sozusagen in den Kinderschuhen, ein wirklicher Kunst- druck ist so gut wie nicht vorhanden. »Der Buchhandel des Orients ist mehr ein Handschriftenhandsl als ein eigentlicher Buchhandel.« — Vorbildlich ist der Orient für unser Buchge werbe zweifellos gewesen. Er lieferte uns das Papier, die Form des Buches, die Heftlade, die Lederbereitung und die Lederverzierungskünste. über Italien kam uns die Lehre im 15. bis 16. Jahrhundert. Venedig lernte und ahmte nach. Unter- schiede sind genug zwischen Abend- und- Morgenland: im Ma- lerial, den Rohstoffen und Werkzeugen, in den Technikmethoden, der inneren Verbindung der einzelnen Buchieile und den äuße ren Hüllen, ferner in den Verzierungssystemcn. Da gibt es rein ornamentale Einbände, wie die arabisch-ägyptischen, die kostbaren geometrischen maurischen und solche mit Figuren im Ornament verflochtene, die Persischen. Daneben finden sich noch die groben analolischen, die für die Ewigkeit dauern. Seltsam ist die phantastische Ausstattung des Textes und die Zusammen setzung der Farben, unerreicht die Vergoldung. Weit reich haltiger als bei uns war der Buchschmuck. Von der Schrift, heilig dem Islam, geht der Weg zum Bild. Mit dem Koran schmuck fängt die Buchmalerei an, aber das Buch Gottes bleibt ohne figürliche Zier. Ganz schmucklos waren die mystisch-philo sophischen und religiösen Handschriften, Wohl wegen der lang wierigen Herstellung illuminierter Bücher, mitunter 30 bis 50 Jahre. Die persische Buchmalerei schreitet an der Spitze in den islamischen 4 Völkergruppen. Ihre Hauptmotive sind Kriegs-, Liebes- und Trinkszenen. Zeitlos scheinen die Bücher, doch läßt sich der Werdegang verschiedener Zeit- und Kunstperioden deut lich an ihnen verfolgen mit all ihren verschiedenen Siilarten und räumlich weitgetrennten Kunstzentren. Spätantik wirken die arabischen Miniaturen, die übrigen getreu den persischen ost asiatisch. Dem höchsten Aufschwung nach der grausigen politi schen Weltkatastrophe, dem Mongoleneinfall, und der goldenen Blütezeit in Herat im 15. bis 18. Jahrhundert mit der Maler- akndemie der 40 Meister unter Timurs Enkel Prinz Baisonghur folgen der Niedergang am Ende der national-persischen Reaktion im 17. Jahrhundert und der jähe Zusammenbruch mit der Ein führung des Buchdruckes. Dieser findet große Schwierigkeiten zumal religiöser Art in Persien und der Türkei, dagegen ver breitet er sich schnell in Ägypten. Roch fristen Handschrift und Gemälde ihr kümmerliches Dasein im islamischen Orient. Es gilt, die Miniaturen zu erhalten, sie größeren Kreisen zu Gesicht zu fuhren. Die Hindernisse sind nicht unbezwinglich. 1278 Schu.d daran trägt die schwierige Materie setbst, das Erforder nis eines Verlrautseins mit islamischer Kultur und die fremd artige Komposttionslechnik der Malerei. Den Hauptgrund aber bildet unsere allgemein schwachentwickelte Kenntnis von der Weltliteratur des Islams. Wir hatten eine Zeit, wo wir der schönen Literatur des Orients uns näherten: das 18. Jahrhun dert. Herder und Goethe waren die Führer in der westöstlichen Richtung. Dann aber sank die orientalische Welt für uns wie der zurück in den Schlaf der Vergessenheit. In den Buchgemälden finden wir eine buntphantastische Wunderwelt, die uns fremd erscheint und doch gar nicht fremd ist. Ihre Gestalten sind uns vertraut von Kindheit an. Da sind die Heiligenlegenden. All die arischen Anklänge in Wort und Bild. Wir soltten dem Islam enlgegenkommen, seine Werke in unserer Sprache mit Reproduktionen der besten Miniaturen her ausbringen und sie weiteren Kreisen zugänglich machen, denen sic bis jetzt verschlossen sind. Der Orient war wie auf vielen Gebieten der Kunst ein Lehrmeister in der Einbandtechnik und äußeren Ausstattung des Buches. Aus den Miniaturen, seinem Ornamentschmuck könn ten wir für unsere modernen Buchillustrationen Anregungen ge wiß empfangen, vielleicht stärkere, als sie von Japan ausgingen, das uns fremder, exotischer gegenübersteht als der nahverwandte Islam. Der Vortrag wurde mit gespannter Aufmerksamkeit ange hört und löste reichen Beifall aus. In der darauf folgenden Diskussion wurden verschiedene Fragen gestellt, die der Vor tragende beantwortete. Als Vortragender folgte dann an demselben Abend Herr Arno Holz. Herr Holz hatte eigentlich zugesagt, einen Vor trag über die Buchkunst zu halten, wie er sie verstände, und wie er sie zum Teil in seinen Büchern durchgeführt hat. Aus mir unbekannten Gründen Verzichtete er aber auf seinen Vortrag und las statt dessen eine Anzahl Stücke aus seinem »Phantasus« vor, dem er eine Einleitung vorausschickte, in der er seine Be strebungen, die Metrik und Rhetorik, die zurzeit noch die Dicht kunst beherrschen, durch Rhythmik zu ersetzen, darlegte. Auch diesem Vortrage wurde lebhafter Beifall zuteil. Zu einem Ereignis ersten Ranges gestaltete sich die Ver - stetgerungdervonProf. RichardvonKaufmann hinterlassenen Kunst schätze, die am 4. Dezember und folgende Tage unter Leitung von Hugo Helbing und Paul Cas- sirer stattfand. Schon wochenlang vorher war das künstlerische Berlin in Aufregung, und auch im Börsenblatt äußerte sich ein Niederschlag davon in den Gesuchen des großen Kaufmannschen Katalogs, der mehrere Bände füllt. Bei der Versteigerung waren selbstverständlich die Berliner Galeriedirektoren vertreten, ebenso die Leiter der Galerien von Dresden, Kassel, sowie die Direktoren des Städelschen Kunstinstituts in Frankfurt a. M. und der Kunst sammlungen von Wien und Budapest. Auch das neutrale Aus laut, beteiligte sich lebhaft an der Versteigerung, und man sah die Leiter der Galerien von Stockholm, Kopenhagen, Kristiania, Amsterdam und Utrecht. Auch die Berliner und auswärtigen Privatsammler fehlten nicht. Sie waren entweder persönlich erschienen oder hatten Vertreter beauftragt, für sie zu kaufen. Natürlich machte sich dies auch in den Preisen bemerkbar, die durchgängig sehr hoch waren. Ich verzichte darauf, einzelne Preise zu nennen, die Tages zeitungen haben ja auch darüber berichtet. Nur ein Bild sei erwähnt: Pieter Brueghels Schlaraffenland, das einen Preis von 310 000 -Ä erreichte und, was besonders erwähnt werden möge, nicht in das Ausland gegangen ist, sondern von der Mün chener Pinakothek erstanden wurde. Das Gesamtergebnis der Versteigerung Kanfmaun beläuft sich aus 11828 055 Mark. Ein Nachspiel hat die Versteigerung noch gehabt, in einem Antrag des Zentrumsabgeordneten vr. Kauf mann, der im Preuß. Abgeordnetenhause den von Vertretern aller Parteien unterstützten Antrag stellte, bal dige Maßregeln zu ergreifen, durch die der Verkauf der
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