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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.02.1917
- Strukturtyp
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- 1917-02-05
- Erscheinungsdatum
- 05.02.1917
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. 29, 5. Februar 1917. Diese Liste könnte noch viel weiter ausgebaut werden. Es sollten nur einzelne Winke gegeben werden, die znr Lösung des Problems beitragen könnten. »Wie entsteht das Buch?« Wir müssen uns damit behelfen, durch die Einteilung auf die Beantwortung hinzuweisen. Durch das bewußte Schaffen des Verlegers, ruhend auf a) intuitiver Anregung. Der Gedanke blitzt auf, der sich nach und nach zum Bild gestaltet, das in die Wirklichkeit gesetzt wird; v> seinem Wissen und seiner Forschung. Es entstehen die großen wissenschaftlichen Serienunternehmungen, die Heraus gabe alter Ausgaben, die Ausgrabungen; a) Erkenntnis des Zeitgeistes. Außer Cotta, Perthes möchte ich hier in Erwartung des Widerspruchs einiger Leser Eugen Diedcrichs anfiihren. Den Zeitgeist erkennt als Verleger nicht nur, wer ihm folgt, sondern auch wer ihn führt oder ihm entgegentritt. Absichtlich nannte ich als geistigen Vater zuerst den Verleger, da der Verfasser meist der Empfangende ist, der, durch jenen oder durch die eigene Idee befruchtet, angeregt wird, das Buch in die Welt zu setzen. Diese dem bewußten Schaffen des Verlegers ent gegengesetzte Idee des Autors könnte man gliedern a) intuitiv durch Kunsteingebung. Es entstehen die reinen Kunstwerke ohne Rücksichten und Nebenabsichten; d) durch Befruchtung mit Samen anderer geistiger Arbeit. Die Strecke von der Einfühlung und Wiedergabe bis zum geisti gen Plagiat und Wiederkäuen ist eine weite; c> sammelnd, sichtend, zusammenfassend, klärend, erläuternd. Zu Werken wie Lexika, Encyklopädten, Lehrbüchern, Kommen taren. Gerade diese reinliche Scheidung der Geistesarbeit des Verlegers und Verfassers erleichtert uns das Verständnis für die heutige Marktlage, die zwar seltener den Verleger zum Autor oder Herausgeber, desto öfter aber den Schriftsteller zum ge werbsmäßigen Händler mit seiner Kunst und seinem Wissen wer den läßt. Die Kritik des Problems zeigt uns zunächst, welche praktische Wirkung uns dessen Lösung bringen kann. Die wirtschaftliche Nutznießung scheiden wir aus. Eine dem frischen Forschergeiste angepatzte bibliographische Statistik würde uns beweisen, welche Gebiete besonders gepflegt wurden. Durch Vergleichung der Zahlen aus den verschiedenen Zeiten können wir die Kurven der geistigen Strömungen ziehen. Durch zweckmäßige Einteilung der erfolgreichsten Bücher ist die herrschende Richtung und Mode zu erkennen. Jrrtümer in den Literaturgeschichten aus persönlicher Anschauung der Verfasser könnten so widerlegt werden. Auch der Sortimenter ist leicht Täuschungen ausgesetzt. Erscheinen z. B. in einigen Verlagen mehrere biographische Romane zur glei chen Zeit, so ist er sehr geneigt, hieraus seine Folgerungen zu ziehen. Das zahlenmäßige Resultat der in dem Vierteljahr er schienenen Bücher dieser Art würde ihn vielleicht belehren, daß er sich selbst täuschte, und aus solchen Trugschlüssen lernt man. Eine kritische Sichtung der buchhändlerischen Sondergebiete würde dem Buchhändler, der sich selbständig machen will, ein zuverlässiger Ratgeber und dem suchenden Autor ein Führer sein. Die rück- blickende Zusammenfassung erfolgreicher Bücher läßt Schlüsse auf die geistige Beschaffenheit eines Volkes und den Bestand oder den Wandel des Zeitgeistes zu. Während die bibliographische Statistik mehr zur Kenntnis seiner und abgetönter Stimmungen der Auslese und der Wissenschaft führen wird, kann die Übersicht über den Erfolg der Bücher zur Erkenntnis des Geschmacks und der geistigen Reife der Masse beitragen. Wenn der Verleger, wie wir oben behauptet und zu beweisen versucht haben, tatsächlich bewußt schafft, ist er nicht nur Vater geistiger Kinder, sondern hat auch ungeheuren Einfluß auf die Gesellschaft. Wir können auch hier nicht unsere Gedanken in der Fülle, welche die Ausdehnung und Wichtigkeit der Sache fordert, zum Ausdruck bringen. Wir müssen uns nitt deren Andeutung und der zum Verständnis erforderlichen Disposition des Stoffes begnügen. Das Wirken des Verlegers im Staate kann ein för derndes, zersetzendes oder verneinendes sein, wobei z» beachten ist, daß es jeweilig nach der herrschenden Meinung über die Auf gaben und das Wohl des Staats eingeschätzt wird, also wie diese wechselnder Beurteilung unterliegt. 118 Demgemäß wird auch die Willens-, wenn nicht Wesensänße- rung des Verlegers, das Buch, eine gleiche Wirkung haben, falls es seinen Zweck erfüllen soll. Da der Verleger nicht als Berufs- mensch persönlich, sondern durch seine Bücher, die er verlegt, wirkt, hätten wir den Einfluß des Buchs aus die Formen der Ge sellschaft zu untersuchen. Wir wollen den Stoff dieser Bücher gliedern 1. in den Staat selbst. Das Gebiet der Geschichtschreibung in weiterem Sinne dürste diese Büchergruppe füllen, 2. in das Recht. Hierher gehört die Verbreitung, Erläute rung und Popularisierung der Gesetze, 3. in die Staatskunst, unter die auch die Parteibildung als ihre Folge zu rechnen ist. Wer dem Werdegang unserer Sozial politik und ihr vorauseilend der Entwicklung der sozialdemokra tischen Partei in Deutschland sachlich und vorurteilslos folgte, erkennt den gewaltigen Einfluß des Buchs auf diese Bildungen. 4. in die äußere Politik. Ist auch hier mehr die Presse, als das Buch von Bedeutung, so läßt sich doch auch der Einfluß des Buchs durch Beispiele feststellen. Nur eines aus meiner Mappe: Wer vor etwa sechs Jahren die Auslagen der Prager tschechi schen Buchhandlung photographiert hätte, würde für spätere Zeiten eine beweisende Illustration erhalten haben. 5. in die Wirtschaft, insbesondere Industrie und Handel Auch hier hat die Presse, besonders die Fachzeitschrift, die Füh rung. Die leitenden Kreise haben noch nicht die nachhaltige Wir kung des sachlich geschriebenen Buchs in ihrer ganzen Bedeutung für sie erkannt. Durch das billig« Buch werden sie mit Hilfe des Buchhandels weit schneller und sicherer die wirklichen In teressenten, als durch kostenlose Hergabe von Reklamebroschüren und Katalogen, die oft ungelesen in den Papierkorb wanden,. Große Schiffahrtsunternehmungen erprobten bereits den Ein fluß. Trotzdem hat das Buch in Deutschland noch nicht die Macht auf den Handel ausgeübt, wie z. B. in England. Man fängt aber an zu erkennen, daß die Verbreitung geographischer Kenntnisse, von Reisebeschreibungen, von Schilderungen aus dem Ausland und den Kolonien für den Welthandel von großer Wichtigkeit ist. Da das Buch durch die Ausbreitung des graphischen Ge werbes immer mehr zum Massenartikel bestimmt wird, während es früher durch die kleinen Auflagen mehr für die Auslese zuge schnitten war, haben wir bei unserer Untersuchung den umgekehr ten Weg der Wissenschaft eingoschlagen und zunächst den sozio logischen Einfluß festgestellt. Nach meiner Ansicht wäre es ver kehrt, aus ihm nun rückwirkende Schlüffe zu ziehen, die sich aus das einzelne Mitglied der Gesellschaft, das Individuum, be schränken. Wir müssen vielmehr selbst dort, wo das Buch für Massen berechnet ist, unterscheiden, ob es seinem Zwecke nach die Allgemeinheit, den Staat, die Gesellschaft fördern oder binden oder ob es auf die innere Verfassung des einzelnen klärend, lö send, revolutionierend, Genuß bringend wirken soll. Die Sozio logie ist zwar eine Erweiterung der Psychologie, wer jedoch mit der Masse lebt und sich gewöhnt, nur sie als Gebilde, nicht den einzelnen Bestandteil in ihr zu betrachten, erkennt in ihr mehr physikalische und chemische Analogien. Die Beobachtungen, die wir in der Psychologie am einzelnen Objekt machen, werden aufgehoben, zu neuen Verbindungen verschmolzen, sobald nicht der einzelne gesondert, sondern in der großen Menge mit ihr und aus ihr heraus denkt, empfindet und handelt. Durchdringen wir unser Problem tiefer, so wird uns gerade das Buch zeigen, daß es zur Erkenntnis der Massen noch eines anderen Weges, als des bisher wissenschaftlich und politisch gegangenen, bedarf, sonst wäre das, womit wir uns hier befassen, kein Problem mehr. Wir scheiden also zwischen dem Einfluß des Buchs auf die Gesellschaft und seiner Wirkung auf den einzelnen, auch dort, wo es für viele berechnet ist (beim populären Buch und der Volksliteratur). Wir betrachten zunächst die Kunst als solche, die die Empfindung des einzelnen durch Lust oder Unlust löst und sich dabei der Vermittlung des Buchs bedient. Während die Lite raturgeschichte aus der Zeit und den mit ihr sich bil denden Kreisen ihre Ergebnisse ableitet und so zur Sich tung und Wertung gelangt, würde als Stichprobe ai« den erschienenen Büchern die Wandlung der Kunst, deren Seitensprung, der Kultur, und deren Kehrbild, der Afterkrinsl.
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