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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.02.1917
- Strukturtyp
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- 1917-02-05
- Erscheinungsdatum
- 05.02.1917
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. 29, 5. Februar 1917. dieser Schlachten in irgendwelchen Jägern der Weltgeschichte — na, er will nicht übertreiben, aber ein Kessel im ungefähren Ausmaß des Bottnischen Meerbusens würde kaum genügen, um den Nachschweiß anfzunehmcn, den die Handvoll Vorschweiß fortzeugend, fluchbeladen gebären mußte. Eine siegreiche Schlacht zu schlagen, hatte sicher einen Sinn. Aber siegreiche Schlachten auswendig zu lernen mit allen Jahres zahlen, allen Eigennamen, allen ihren Ursachen, geschichtlichen, ökonomischen und moralischen, und endlich ihren Folgen, geschichtlichen, ökonomischen und moralischen, bis zu Karl dem Großen und darüber hinaus, nein, das ging doch über die Hutschnur. Und dabei bestand noch der Verdacht, daß Karl der Große seine welthistorischen Schlachten geschlagen hatte, ohne eine Ahnung von ihren fernen, zum Teil in den Schlachten von Marathon und Salamis verankerten, sinnreichen Ursachen gehabt zu haben, da diese verrosteten Verankerungen ver mittels scharfsinniger Kettenschlüsse erst nach Jahrtausenden durch allerhand Jäger in den Mittelschulen hochgewunden wurden. Uber solchen Bedenken war Hans erst neulich beim Auswendig lernen der geschichtlichen, ökonomischen und moralischen Folgen der Schlacht von Salamis cingeschlafen. Was wiederum zur Folge hatte, daß er einen Vierer kriegte, die Schlacht von Salamis dreimal ab zuschreiben und eine Stunde nachzusitzen hatte. Und in dieser Nach- sitzstnnde dämmerte dem Hans der kühnste der Verdachte liber die Schlacht von Marathon: Ob nicht seinerzeit Themistokles, wenn er alle Folgen seiner Lieblingsschlacht, also auch alle Millionen Vierer, alle Millionen abgeschriebener Seiten und alle Millionen Nachsitzstunden vorausgesehen hätte, noch den unbekümmerten Mut zu einer solchen Schlacht aufgebracht und sie nicht lieber unterlassen haben würde? Und wenn man weiterhin bedachte, daß es mit dem einen Vierer und der einen Nachsitzstunde nicht einmal getan ivar, sondern daß die Schlacht von Salamis demnächst in der Semesterprüfung ihre dick bäuchigen Segel nochmals drohend blähen konnte, daß ihre unbarm herzigen Schlachtschiffe noch einmal in der Jahresprüfung knapp vor dem Anfrücken in die nächste Klasse durch den Lernozean pflügen würden, um schließlich nach allen Fährlichkciten noch nach Jahren in der Abgangsprüfnng heimtückisch wiederzukehren . . . »Teufel«, sagte Onkel Max während des Abendessens beim Lesen des sechshundertdreiundzwanzigsten Tagesberichts dieses Krieges, »Teufel, werden es einmal die Buben nach diesem Kriege schwer haben!« Hans spitzte die Ohren, und die Mutter sagte: »Warum denn, Onkel Max?« »Weil sie im Geschichtsunterricht alle die unzähligen Schlachten dieses Weltkrieges, angcfangen von der Schlacht bei Mülhausen bis hinüber nach Kiantschau und hinunter nach Deutsch-Südwestafrika und hinauf nach Lodz und Warschau und hinab nach Belgrad und den Dardanellen . . .« »Selbstverständlich. Gesetzt den Fall, der Weltkrieg geht hinüber nach der Dobrudscha und — und —und...« Dem Hans blieb der Bissen im Munde stecken. Sämtliche Löffel auf dem Tische klirrten auf den Teller und rasteten, der ganzen Ge sellschaft schien es übel zu werden — »Aber Onkel Max«, versuchte die Mutter zu beschwichtigen, »glaubst du denn, daß unser Hans noch —?« »Selbstverständlich. Gesetzt den Fall, der Weltkrieg geht im nächsten Jahre zu Ende, so kommt euer Hans in der Sekunda gerade recht, um in einem besonderen Zusatzband des großen »Jäger« — der kleine wird's bis dahin nicht mehr fassen — sämtliche Schlachten dieses Weltkrieges samt allen Daten, allen Siegen und allen etwaigen Schnitzern, einschließlich aller geschichtlichen, ökonomischen und mora lischen Ursachen und Folgen...« Hans war weiß geworden. Die Schlacht von Salamis versank harmlos im Meer des Auswendiglernens, ein Niesentier mit hundert schillernden Frageaugen »Wann?... Wo?... hat wer?... wen oder was?...« stieg aus der grauenvollen Tiefe. Um und um war sein Leib mit harten Nachsitzstunden umschnppt, von seinen Lenden schil ferten sich Abschreibseiten und sein Knorpelschwanz peitschte einen Vierer in die Luft. Auch Mutter war erschrocken. »Und du glaubst, Onkel Max«, sagte sie, »daß Hans in allen diesen lausend Ereignissen des Weltkrieges geprüft —?« »Geprüft?« sagte der Vater, der bis jetzt geschwiegen hatte, lang- sam und mit einem tiefernsten Blick in die Tischrunde, »nein, Kinder, diesen Weltkrieg braucht keins von uns, auch Haus nicht, mehr zu lernen. Wir haben alle, auch Hans, schon mehr mit ihm getan, als bloß auswendig gelernt. Wir alle, Hans eingeschlossen, haben ihn er lebt. Das genügt. Und was die Prüfung anbetrifft, so denke ich, daß wir auch diese mit dem Weltkrieg überstanden und bestanden haben: du, Mutter, als du deinen Erstgeborenen drangabst — du, Hans, als du deiner Mutter all die Zeit her keine Plage, sondern ein» Hilfe warst — und du, Onkel Max — hm — na ja, als du dann und wann auf deinen Schweinebraten hast verzichten müssen.« Vater schwieg. Mit schwer gesenkten Kopsen sahen sie alle in die dampfenden Suppenteller. In Hansens Suppenteller versank das grauenvolle Fragetier mit den Nachsitzschuppen und dem Vicrer- schwanze lautlos in die Tiefe. Aufstieg wieder die Schlacht von Salamis mit einer Handvoll Namen und einer einzigen Jahreszahl. Vergnügt und leichtbeschwingt blähten sich die Griechensegel gegen die Perserflotte. Und auf einem Griechenschiffe, vorn auf dem vergolde ten Schiffsschnabel, saß Hans mit zuversichtlich baumelnden Füßen und schrie dem Feind Auswendiglernen zu: »Nur heran, du einschich tige Schlacht von Salamis, dich werden wir im Handumdrehen ha ben . . .!« Kleine Mitteilungen. Grillparzers »Ahnfrau«. — Anläßlich des 100. Jahrestages der ersten Aufführung von Grillparzers »Ahnfrau« hielt Herr Fried rich Schiller, Mitinhaber der Fa. Moritz Perles in Wien, am 28. Januar im Saal des Kaufmännischen Vereins in Wien einen interessanten Vortrag, wobei er u. a. ausführte: Die Anregung zur »Ahnfrau« verdankt Grillparzer, wie er uns in seiner Selbstbiogra phie erzählt, zwei Büchern, von denen er das eine deutlich bezeichnet: »Tie Geschichte des französischen Räubers Mandrin«, während er von dem zweiten den Titel nicht mehr gegenwärtig hat und es daher nur ganz allgemein als »ein Volksmärchen« anführt. Grillparzer erzählt von seiner Nänberquelle: »Von den Häschern verfolgt, flüchtete Man drin in ein herrschaftliches Schloß, wo er mit dem Kammermädchen ein Liebesverhältnis unterhielt, ohne daß diese, ein rechtliches Mäd chen, ahnte, welch einem Verworfenen sie Kammer und Herz geöffnet hatte. In ihrem Zimmer wurde er gefangen«. Man sieht in diesen Angaben aus der Quelle einige Grundmomcnte der »Ahnfrau«. Der Nänberhanptmann Jaromir sucht Schutz im Schlosse, das seine Ge liebte, nicht ein Kammermädchen, sondern die Tochter des Hauses be herbergt; dieser ist sein verbrecherischer Beruf nicht bekannt. Im Schlosse findet er seinen Untergang. Von der zweiten Quelle »Ein Volksmärchen« berichtet Grillparzer, daß darin die letzte Enkelin eines alten Geschlechtes vermöge ihrer Ähnlichkeit mit der als Gespenst nmwandelnden Urmutter zu den schauerlichsten Verwechslungen An laß gab, indem der Liebhaber einmal das Mädchen für das Gespenst, dann wieder, besonders bei einer beabsichtigten Entführung, das Ge spenst für das Mädchen nahm. »Ein Volksmärchen«, das ist sicher ein schwacher Anhaltspunkt für die Forschung, doch gelang es den Ge lehrten der Grillparzer-Zeit, mit ihrem trefflichen Führer August Sauer, das Buch festzustellen, das Grillparzer so undeutlich bezeich net hat. Es trägt den für ein Schauermärchen charakteristischen Titel: »Die blutende Gestalt mit Dolch und Lampe oder die Beschwörung im Schlosse Stern bei Prag«. Da der mit vielem Fleiß und großer Liebe zur Sache ansgearbei tete Vortrag so stark besucht war, daß die Zuspätgekommenen keinen Einlaß mehr finden konnten, so entschloß sich der Redner zu einer Wiederholung des VortrageS, die in der vergangenen Woche im »Volksheim« stattfand. Personalnachrichten. Otto Gebler s. — Der Münchener Tiermaler Professor Ott» Gebier ist im Alter von 78 Jahren gestorben. Er liebte es, seinen Bildern, auf denen er vorzugsweise Schafe darstellte, einen genre haften humoristischen Inhalt zu geben. Die Nationalgalerie ln Berlin, das Dresdener Museum und die Neue Pinakothek in München besitzen Werke von ihm. Gustav Schönleber f. — Am 2. Februar ist in Karlsruhe der Direktor der dortigen Kunstschule, Landschaftsmaler Professor Gusta» Schönlcber, im Alter von 65 Jahren gestorben. Die Berliner Natio nalgalerie besitzt zwei Bilder des Künstlers, den »Herbst in Rapallo« und eine »Studie«. Die Liebe Schönlebers galt besonders den alten deutschen Städten; seine Wandgemälde im Berliner Neichtagsgebäude, die »Laufenburg«, »Straßburg« und »Rothenburg ob der Tauber« darstellend, sind in farbigen Wiedergaben als Einzelblätter und in Zeitschriften weitesten Kreisen bekannt geworden. Stephan Worms f. — In Gainfarn bei Vöslau ist der Ministe rialrat im österreichischen Handelsministerium vr. Stephan WormS gestorben. Der Dahingeschiedene hat sich durch eine Reihe von Publi kationen über österreichisches Bergrecht sowie über das internationale Schiffahrtswesen in der Wissenschaft bekannt gemacht. Verantwortlicher Redakteur-: SmilThomaS. — Verlag: Ter Vdrsenverein der Deutschen Buchhändler zu Leipzig. Deutsches BuchhändlerhauS. Druck: Ramm L Seemann. Sämtllch in Leipzig. - Adresse der Redaktion und Expedition: Leipzig, Gerichtsweg 26 sBuchhändlerhauS). 126
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