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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.02.1917
- Strukturtyp
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- 1917-02-05
- Erscheinungsdatum
- 05.02.1917
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- Deutsch
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^ 29, 5. Februar 1917. Redaktioneller Teil. festzustellen sein. Man würde also, um einen vielseitigen Verlag als Beispiel anzuführen, aus der Produktion von Georg Müller in München ein eigenartig getreues Abbild der widerspruchs vollen künstlerischen, kulturellen und geistigen Strömungen un serer Zeit erhalten. Weitere wertvolle Schlüsse lassen sich aus der Verlagstäligkeit von Firmen ziehen, die sich bemühen, nach ihrer Schätzung nur wirkliche Kunstwerte aufzunehmen, z. B. Verlag S. Fischer und Insel-Verlag. Vom Naturalismus bis zum My stizismus, von der Romantik zurück zur Klassizität mit ihren vielen Spielarten kann man von Jahr zu Jahr die Wandlungen der Künste kritisch am Buche und dessen Ausstrahlungen auf die Persönlichkeit verfolgen. Ich will z. B. behaupten, daß Gerhart Hauptmann seine Wandlungen von den Webern über Florian Geyer zur Hannele nicht nur von der Zeit, sondern hauptsächlich von den Büchern beeinflußt, die in den Perioden seines Schaffens erschienen, durchmachte. Wandlungen, die sich unabhängig von der Mode mit wildem Drange in Kunst umsetzten. Ich bin ein Gegner der Auffassung, daß solche Geister sich dem Geschmack der Masse oder dem Markte anpassen, weil ich für viele unserer Größten Bücher lieferte und heimlich ihr Schaffen beobachten konnte. Die Bedeutung des Buchhandels auf die Entwickelung unserer Dichter und der Ausbau des graphischen Gewerbes auf die Arbeiten unserer malenden und zeichnenden Künstler gehört mit zu unserem Problem, bei dem die Wechselwirkung nicht zu übersehen ist. Doch sind die Buchhändler Berufsschwciger, und nur selten unterbricht einer dies« stumme, geheime Absprache von Geist zu Geist und vom Künstler zum Kaufmann. Die Bedeutung des Buchs für die Wissenschaft zu schildern, ist überflüssig. Es sei jedoch darauf hingewiesen, daß die größten Forschungen aus den Ergebnissen anderer Gelehrten abgeleitet und gefolgert sind. Würde das Buch und der deutsche Buch handel nicht die Zollschranken des Geistes und der Staaten gestürmt haben, so wäre Wohl manche die Welt bewegende Ent deckung und Arbeit nicht möglich gewesen. Eine der größten Ausgaben, die das Buch und der Buchhan del noch zu lösen haben, ist die Verbreitung der Forschung und des Wissens im Volke. Ich habe über Bildung und besonders über di« Volksbildung, deren Hilfsmittel neben anderen das Buch ist, meine eigenen Ansichten, die sich nicht mit den gegenwärtig herrschenden decken. Ich will mir die ein« nicht mit dem Rohr oder Krückstock und die andere nicht mit dem Klingelbeutel aus privaten Mitteln vorstellen. Nur das eine möchte ich sagen: das Buch und der Buchhandel der Zukunft, wie immer auch seine Form sein mag, wird dem Staate eine der wichtigsten Stützen sein, sobald dieser erkannt hat, daß ein reifes Volk sich und damit auch ihn nur durch Bildung und Erkenntnis kräftigend und fördernd erneuert. Um dem Problem völlig gerecht zu werden, müssen wir uns auch mit der Qualität und Quantität des Buchs beschäftigen, soweit durch sie fein Erfolg bedingt wird. Zur ersten wollen wir auch die Form des Werks rechnen, insofern sie nicht durch die Kunst selbst geschaffen ist. Ist es doch heute nicht selten, daß ein Roman, eine Novelle als Theaterstück oder für das Kino hergerichtet wird. Es gehört also zu unserer Aufgabe, zu erkunden: welche Formen zieht die Menge vor. Man wird unterscheiden zwischen wissenschaftlichem Mantel, biographischem, geschichtlichem, Kriminal-, Abenteurer roman usw., Novelle, Essay, Gedicht, Briefform. Hier setzt die Beobachtung des Verkäufers ein, der von Zeit z» Zeit darüber berichten müßte. In gewissen Zeiten, besonders wenn es den Menschen an nichts zum Genuß fehlt, sind selbst die besten Novel len, di« schönsten Gedichte schwer zu verkaufen, während dicke Romane mit Sittenschilderungen oder auch Briefe, durch die man in Räume zu gucken hoffte, deren Eintritt sonst nicht geöffnet ist, stark verlangt wurden. Die Beobachtung dieses Geschmacks ist dauernd wertvoll. Zu ihm gehört auch die wechselnde Beliebtheit der Ausstattung betreffend Bilder, Papier (Bütten, Dünndruck nfw.), originelle Formen, uniforme Ausstattung (Serien), krasse »der einfache Titel. Zu beachten wäre auch die in gewissen Zeit- abständen erfolgende Wiederkehr der Wahl der Titel (ganze Sätze, abgebrochene mit Gedankenstrich, einzelne Worte, Fremdwort«, aus fremden Sprachen Geholtes, Klares, Rätselhaftes, Unver ständliches). Welche besonderen Schlüsse lassen sich hieraus auf die Reife und die Kultur ziehen, auch aus der kommenden und gehenden Mode der Untertitel, der Pseudonyme und Ano nyme, ihre in Rudeln auftrelende Namenwahl, ihr« etwaigen Beziehungen auf die Geschichte und Politik (jetzt üuaius alter, Ovrmaiuors, Teutnnicus, nur der »Schützengraben« fehlt). Von Wichtigkeit wäre eine Verfolgung der Preisfestsetzung. Es ließe sich vielleicht folgern, daß zu bestimmten Zeiten Einheits- Preise unbeliebt sind und Mißtrauen in die Güte Hervorrusen, während sie jetzt oft eine Voraussetzung des Erfolgs bilden. Mancher Schriftsteller rühmte sich vielleicht, eines seiner Jugend- werke für teures Geld an eine Sammlung billiger Bücher ver kauft zu haben, und äußerte im Freundeskreise, daß bei diesem Verkaufspreise für die Käufer der alte Schinken gut genug wäre. Diese Anschauung mag sich bei Abflauen der Gangbarkeit solcher Serien auf das Publikum übertragen, so daß es, das Buch als Ware betrachtend, aus dem Preise auf den Wert des Schrift stellers schließt. Zu beachten wäre auch, daß die Käufer nicht gern Bücher aus Verlagen verschenken, die durch einen billigen Einheitspreis markiert sind, während in Zeiten wie den jetzi gen solche mit Stolz vorgezogen werden. Auch die Beobachtung über die Massenerscheinungen von Volks-, Feld- und gekürzten Ausgaben gehört zu dieser Abteilung. Der geschickte Vertrieb hat auf die Qualität des Buchs dann Einfluß, wenn durch ihn bei der Masse Anhaltspunkte für dessen Wertung gegeben werden. So eingeschränkt können wir den Vertrieb einteilen 1. durch die Presse (Waschzettel, vom Verleger beeinflußt« Rezensionen und Aufsätze, Verfasscranhang), 2. durch die Reklame (Anzeigen, Prospekte, Berichte über Erfolge), 3. durch Empfehlung a) durch den Sortimenter, t>) von Mund zuMund.(Ein genialerVerleger engagiert vielleicht in Zukunft Weltleute, die bei jeder sich bietenden Ge legenheit ln der Gesellschaft, im Theater, in der Kneipe das Ge spräch auf sein neuestes Buch bringen und di« Zuhörer so ge spannt machen, daß sie am kommenden Tage zur Leihbücherei oder Buchhandlung gehen). Wie die Qualität ist auch die Quantität der Mode unter warfen, was durch Berichte zu beweisen wäre, ob dick« oder dünne Bücher, ein- oder mehrbändige Werke, welche Formate beliebt sind. Zu erwähnen wären noch die frei gewordenen Werke, deren Schutzfrist abgelaufcn ist, und die erneut aus den Markt gebracht werden und nicht selten in verschiedener Richtung, geistiger, kul tureller und wirtschaftlicher, große Kreise ziehen. Wir versuchten, mit dem Schanzzeug der Wissenschaft an der Oberfläche zu graben in der Erwartung, daß sie die durch unsere Erfahrung gewonnenen Beobachtungen tiefer erkunden wird. Dann wird es unsere Berussaufgabe sein, durch geeignete Organisafton die wirtschaftliche Nutzanwendung zu ziehen. Wie ich mir hierzu die Vorbereitung nach dem Frieden denke, darüber vielleicht ein anderes Mal. Jacques Jolowicz. Die Schlacht von Salamis und der Weltkrieg. Bon Fritz Müller. (Nachdruck verboten.) Der Hans hat jetzt griechische Geschichte. Die Schlacht von Salamis ist dran. Die Schlacht von Salamis ist ein dickes Kapitel im kleinen »Jäger«, vom großen »Jäger« ganz zu schweigen. Dem Hans sein ein ziger Trost ist, daß er den großen »Jäger« nicht zu büffeln hat, die Schlacht von Salamis im kleinen »Jäger« kostet schon genug an Schweiß. Noch dazu, wo man den Schweiß der Schlacht von Mara thon kaum überwunden hat. Bei der Schlacht von Marathon war es dem Hans nur eine dumpfe Ahnung, die ihm bei der Schlacht von Salamis zur ärgerlichen Gewißheit wird: Der Schweiß der Ruderer von Salamis plus dem der Kapitäne, plus dem sämtlicher Hopliten in der Schlacht von Marathon, einschließlich des Extraschweißes, den hinter her der Schnelläufer mit der Siegesbotschaft nach Athen vergossen hat, füllt nur eine reichlich große Schale, mährend der Schweiß, den seit dem sämtliche Lateinschüler der ganzen Welt beim Auswendiglernen 119
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