^ 91, 19. April 1918. Fertige Bücher. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 2557 Bruno Cassirer in Berlin Liebermanns neues Buch Max Liebermanns geistige Beweglichkeit ist einzig. Es genügt ihm nicht, sich als Maler und Graphiker mit dem Weltbild auseinanderzusetzen, sondern gelegentlich greift er auch zur Feder, »m Erlebnisse, die ihm auf der Seele brennen, mit den Mitteln des Worts klärend festzuhalten. So entstanden die außerordentlich geistreichen Broschüren über Degas (1899) und Joseph Israels (1901), und auch bei dem setzt erschienenen Büchlein „Die Phantasie in der Malerei" (Verlag Bruno Cassirer) hat man das Gefühl, daß es unter dem Zwang einer inneren Notwendigkeit langsam gereift ist. Der Künstler will sich Klarheit verschaffen über die Erkenntnisse eines langen, arbeitsamen Lebens. Er ist auch hier Gestalter, genau wie in seiner Kunst. Und wir, die Zuschaucnden, genieße» das feine Schauspiel, in seine Psyche tiefer hincinzuschc», mit verdoppeltem Eifer. Es ist so Licbermannisch, daß man glaubt, er male gleich als Beleg der Worte neue Bilder vor uns hin. Wir sehen den Künstler vor uns, wie er leibt und lebt. Die Schrift ist so bis ins Letzte durchdacht, daß sie Liebermanns Anschauungen über die moderne Malerei, über die Malerei schlechtweg restlos enthüllt und über das persönliche Erkenntnisbuch hinaus greifend zum richtigen Programm-Buch wird. Berliner Lokal-Anzeiger. Die Phantasie in der Malerei „Unter diesem Titel ist soeben im Verlag Bruno Cassirer, Berlin, ein Buch aus der Feder von Mar Liebermann erschienen. Obwohl sich der Künstler gleich von vornherein darüber im klaren ist, daß es niemandem und niemals gelingen werde, den Schleier des künstlerischen ZeugungSprozeffeS so zu lüften, daß das Wesen der Kunftwerdung erklärt werden könnte, versucht Mar Liebermann dennoch den Inhalt der Kunst zu ergründen und uns »äherzubringen. Wenn er von der Phantasie in der Malerei spricht, geht er von dem Standpunkt aus, daß gute Malerei nur die ist, die gut gedacht ist. Dann zeigt er an der Hand der verschiedenen Kunstrichtungen Einfluß und Bedarf der Phantasietätigkeit des Künstlers. Die programmatische Bedeutung des Buckes, das eine lange Reihe geistreicher Einfälle und treffen der Bemerkungen bringt ist, unverkennbar. Es ist nicht für den Augenblick geschrieben und seinem Inhalt nach berechtigt, als dauernde wertvolle Bereicherung der deutschen Kunstlireratur angesehen zu werden. National-Zeitung. „Die Phantasie in der Malerei." Börsenblatt f. den Deutschen Buchhandel. 83. Jahrgang. 343