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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.03.1911
- Strukturtyp
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- 1911-03-22
- Erscheinungsdatum
- 22.03.1911
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3588 «SSrsenblaU s. d. Dtschn Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. IS 67, 22. März 1911. und Vergils gesehen habe. Sueton erzählt in seinen Bio- graphien der Kaiser Augustus und Nero, daß ihm Briefe dieser beiden Kaiser Vorlagen, die irgend jemand als Kuriositäten auf bewahrt haben mußte und die ihm übergeben worden waren, um die Art und Weise kennen zu lernen, wie sie zu schreiben pflegten. In Athen, Alexandrien, Rom blühte ein ausgebreiteter Handschriftenhandel. Schon im fünften Jahrhundert v. Chr. gibt es in Griechenland eine volkstümliche Literatur und schon vor dem Jahre 400 v. Chr. in Athen Bibliotheken. Die von den Ptolemäern in Alexandrien gegründete Bibliothek war die größte des Altertums und soll bei ihrer Zerstörung durch die Araber an die 700 000 Rollen gezählt haben. Nach der politischen Nieder- werfung ihrer Heimat strömten Scharen von griechischen Philo sophen, Rhetoren und Sprachlehrern nach Rom und bewirkten einen mächtigen Aufschwung der Schriftstellerei, deren Erzeugnisse bald ein selbständiger Schriftenhandel vermittelte. Die großen Bibliotheken, die die römischen Sieger aus Alexandrien und Griechenland hinwegführten, förderten zugleich das Studium der griechischen Literatur. Pomponius Atticus war der erste, der diese Bücherschätze nicht bloß für sich, sondern auch für seinen Handschriftenhandel benutzte. Die Hand schriften wurden teuer bezahlt. So gab zu Ciceros Zeiten ein reicher Mann dem Grammatiker Pompilius Androni- cus für das Manuskript seiner Geschichtstabellen 16 000 Sesterzen (etwa 2600 Mark), und ein anderer bot dem älteren Plinius für seine Exzerptensammlung 400 000 Sesterzen (etwa 62 000 Mark). Die Herstellung der Handschriften und ihr Vertrieb durch den Handel erhielt sich in Rom ziemlich bis zum fünften Jahrhundert n. Chr. Selbst die ersten Einfälle der Barbaren in Italien ver mochten nicht, die geistige Herrschaft der ewigen Stadt in einem einzigen Ansturm zu brechen. Erst der Sturz des Gotenreiches begrub die tausendjährigen geistigen Schätze Roms und mit ihnen zugleich diejenigen der ganzen damaligen gebildeten Welt. Und wie in Rom, so verschlang der Vernichtungskrieg der Goten und Byzantiner auch in ganz Italien die kostbaren Schätze der alten Literatur bis auf die Überreste, die die glücklicher weise bald entstehenden Klöster des Benediktinerordens zu sammeln und zu retten vermochten. Das Verdienst, zuerst die Pflege der Wissenschaften in den Bereich der Auf gaben des klösterlichen Lebens ausgenommen zu haben, muß indes für Cassiodorus in Anspruch genommen werden. Magnus Aurelius Cassiodorus, geboren um 479, war Kanzler des Ostgotenreiches und zog sich kurz vor der Einnahme Ravennas durch Belisar 640 von den Geschäften zurück in das von ihm ge- gründete Kloster Vivarium in Calabrien. Die von ihm geschaffenen Einrichtungen dienten den Jüngern des hl. Benedikt als Muster, dessen Klöster in den folgenden sieben Jahrhunderten Mittel punkte der geistigen Tätigkeit wurden. Der christliche Klerus wird nun fast ausschließlich der Träger der gelehrten Bildung; allein er handelt nicht mit seinen lediglich auf Bestellung an gefertigten Abschriften und verdrängt durch seine Tätigkeit den eigentlichen Handschriftenhandel jahrhundertelang fast ganz. Die Mönche leisteten namentlich vom neunten bis zum vierzehnten Jahrhundert Vorzügliches, dann aber werden sie mit der zu nehmenden Sittenverderbnis der Geistlichkeit bequem und kaufen lieber die unentbehrlichsten Bücher oder lassen andere für sich abschreiben. »Sie schwelgen heutzutage lieber im Ausleeren der Becher, statt in der Verbesserung der Bücher« sagt der englische Bischof Richard de Bury in seinem 1344 vollendeten Philobiblon von ihnen. In vielen Klöstern schläft die Schreibtätigkeit sogar ganz ein. Die im zwölften, dreizehnten und vierzehnten Jahr hundert erfolgte Gründung von Universitäten, von denen hier nur diejenigen zu Bologna, Padua, Ferrara, Florenz, Pavia, Rom, Paris, Oxford, Barcelona, Prag, Wien, Heidelberg, Köln genannt seien, rief eine neue Blüte des Handschriftenhandels hervor. Für die Anfänge und die Entwicklung des deutschen Handschriftenhandels waren übrigens die damaligen deutschen Universitäten nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Urkund lich lassen sich die Spuren eines ausgebildeten deutschen Hand schriftenhandels erst zu Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts Nachweisen, wenn auch eine ausgedehnte Lohnschreibertätigkeit in eine viel frühere Zeit zurückreicht. Die Lohnschreiber hielten sich trotz der Erfindung der Buchdruckkunst noch bis in die ersten Jahrzehnte des sechzehnten Jahrhunderts hinein. So bat einer von ihnen noch 1625 den Straßburger Rat um eine Anstellung als Lehrer, weil ihm durch den Druck der Bücher seine Nahrung als Schreiber entzogen worden sei. Sammlungen von Handschriften waren während des ganzen Mittelalters bis zu dessen letztem Jahrhundert klein, aber sehr kostbar und deshalb selten. In einer wirtschaftlich und geistig so wenig entwickelten Zeit, wo das Pergament den Wert des Silbers hatte, konnte sich ein einzelner Reicher höchstens ausnahmsweise einen Handschriftenluxus gestatten, welcher Weinberge und ganze Landgüter zu seiner Befriedigung verschlang. Das Kloster Benediktbeuren rühmte sich im achten und neunten Jahrhundert der kostbarsten und reichhaltigsten Bibliothek in ganz Bayern, weil es etwa fünfzig Handschriften besaß. Die Mero- wingerin Gisela, die nach dem Sturze ihres Hauses im Kloster Kochel den Schleier nahm, brachte 21 Handschriften ins Kloster mit und unterhielt im nahen Benediktbeuren unter Abt Waldram fünf Kapläne zum Abschreiben von Werken. Der Mönch Ulrich vertauschte mit Zustimmung des Abtes und Konvents 1064 ein Meßbuch gegen einen umfangreichen Weinberg bei Bozen. Ähnlich erwarb die Nonne Diemuth von Wessobrunn (1067—1130) für eine von ihrer kunstfertigen Hand geschriebene Bibel ein Landgut am Pleißenberg. Noch im vierzehnten Jahrhundert waren die Handschriften so selten und teuer, daß sie häufig, wie z. B. 1332 in Paris, vor einem Notar verkauft und übergeben wurden; andererseits aber auch so kostbar ausgestattet, daß man sich heutzutage kaum mehr einen Begriff von einem derartigen übertriebenen Luxus machen kann. Hier nur einige Beispiele: Etienne de Conty zahlte für eine Luxusabschrift und den Pracht einband der 1346 verfaßten Henri Bohicschen Kommentare (»In 62 Livres 11 Sous (ca. 825 Frcs.). Eine gute Abschrift des Oorpus juris kostete tausend Gold gulden, so daß der berühmte Jurist Accursius nicht imstande war, sich eine solche anzuschaffen. Der Eichstätter Domherr Hans Prahsel zahlte 1427 für einen Livius 120 Goldgulden. Plutarchs Pa rallelen wurden 1470 mit 800 Goldgulden bezahlt. Der Bruder Jan van Enkhuisen aus Zwolle erhielt für ein Prachtexemplar der Bibel 1600 Goldgulden; eine einfach geschriebene Bibel dagegen kostete 100 Kronen. Die Gräfin von Anjou gab für ein Exemplar der Homilien Haimons, des Bischofs von Halberstadt, 200 Schafe, 5 Malter Weizen und ebensoviel Reis und Hirse. Im Jahre 1474 verpfändete Ludwig XI. als Sicherheit für ein von ihm von der Pariser medizinischen Fakultät geliehenes Manuskript des ara bischen Arztes Rhases sein Silbergeschirr und stellte außerdem noch einen Edelmann als Bürgen für die Rückgabe. Man darf aber von den erwähnten Prachtwerken nicht auf die Ausstattung und Preise der gewöhnlichen Handschriften schließen, da auch damals jene die Ausnahme und diese die Regel bildeten. Andrer seits ist es aber unmöglich, eine sichere Berechnung der Preise der mittelalterlichen Handschriften anzustellen oder nachzuweisen, weil es an den nötigen Angaben fehlt. Am klarsten lassen sich die verhältnismäßig teuren Preise aus den für den Elementar unterricht bestimmten Schriften Nachweisen; sie sind in der Tat für den kleinen Mann fast unerschwinglich. So kostete nach der Schulordnung von Bautzen 1418 ein Abcbuch und Paternoster einen Groschen, ein Donat zehn Groschen und ein Doctrinale eine halbe Mark. Nun kaufte man aber noch 1614 dort eine Henne für einen Pfennig, ein Pfund Rind- oder Kalbfleisch für zwei Pfennig, Brot für drei Menschen pro Tag für drei Pfennig, ein Pfund Käse für drei Pfennig und eine Maß besseren Weines für einen Kreuzer. Daß die späteren Bücher bei ihrer massen haften Herstellung bedeutend billiger waren, ist eine auf der Hand liegende Tatsache, allein Parallelen und Vergleiche lassen sich nicht ziehen. Die Ausbildung des Geschäfts, die zu nehmende Konkurrenz und die dadurch bedingte reichlichere Versorgung des Marktes mit neuen Schriften drückte natür- lich die Preise. Wenn 1279 eine in Bologna geschriebene Bibel 80 Lire (— 343 ^) kostete, so wurde 1493 eine »Lidlirc liatinu.«, auf 319 Pergamentblätter geschrieben, in Breslau für 4 Gulden (im jetzigen Gelds das Zehnfache) verkauft. Im vier- zehnten Jahrhundert betrug in Italien der Durchschnittspreis eines vollständigen »6orpus juri8« 480^; 1451 brachte ein solches in Florenz 14^ Dukaten (gleich etwa 90 > nach dem Münzfuß von 1464). Um 1400 kostete ein auf 116 Pergamentblätter in
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