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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.10.1900
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- 1900-10-10
- Erscheinungsdatum
- 10.10.1900
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- Deutsch
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7670 Nichtamtlicher Teil. 236, 10. Oktober 1900. litterarischen, der Verleger mehr von der geschäftlichen Seite aus wahrnehmen, jedenfalls besteht in dieser Grundlage der beiderseitigen Beziehungen Interessengemeinschaft, nicht Widerstreit. Wohl können dann über die Art, wie man das Buch am besten fördert, oder über die Verteilung des erwachsenen Gewinnes (— nicht selten auch Verlustes!) u. a. m. Meinungsverschiedenheiten und Reibungen entstehen. Aber wo blieben die aus, wenn Menschen miteinander in Wechsel wirkung treten?! Ebensowenig kann ich es für richtig halten, wenn die Er läuterungen behaupten (S. 20), daß der Verleger »regelmäßig der geschäftserfahrenere und häufig auch der wirtschaftlich stärkere Teil ist« und deshalb das Gesetz sich im Zweifel zu grinsten des Verfassers entscheiden müsse. Ja, wenn es sich nur um Bücherherstellung, Vertrieb, Buchhaltung rc. handelte! Aber einen ganz wesentlichen Teil verlegerischer Geschäfts kunde bildet die Kenntnis des »litterarischen Marktes« (wenn es einmal kurz so bezeichnet werden darf), die sehr schwierig ist und meist nur durch lange Erfahrung erworben wird. In dieser Hinsicht kann ein Autor, der lange im litterarischen Leben gestanden hat, sehr viel »geschäftskundiger« sein, als etwa ein seit kurzem etablierter Verleger. Aehnliches gilt rücksichtlich der »wirtschaftlichen Stärke« des Verlegers. Wenn der eine nur seiner Arbeitskraft, der andere neben dieser auch des Kapitals bedarf, um sich eine Existenz zu gründen, so ist doch wohl eigentlich die Position des elfteren die günstigere. Es kommt hinzu, daß der Verleger bei seiner Thätigkeit genötigt ist, mehr und mehr von seinem anfänglichen Kapital in Bücheroorräten festzulegen — deren Wert nicht selten außerordentlich sinken kann —, sich also wirtschaftlich zu schwächen, während eine große Zahl von Autoren eine wirtschaftlich gesicherte Stellung ganz un abhängig von ihrer schriftstellerischen Thätigkeit haben. Ich wende mich gegen diese Stelle der Erläuterungen, weil aus ihr im Grunde der alte Satz herausklingt: »Schutz dem wirtschaftlich Schwachen vor der Ausbeutung durch den Starken!« Daß dieser Satz auf das Verhältnis von Autor und Verleger Anwendung findet, ist ein ebenso altes und verbreitetes, wie ungerechtfertigtes Vorurteil. Es besteht offenbar in jüngster Zeit bei manchen Autoren über Urheber- und Verlagsrecht das Bestreben, beide von einander zu trennen und das letztere nicht als einen Teil, sondern als einen Ausfluß des Urheberrechtes anzusehen. Diese Anschauung kommt im Entwurf des Gesetzes zwar nur mittelbar, in den Erläuterungen aber unmittelbar zum Ausdruck (Entwurf S. 16 ff.). Das ist, nach meiner Ansicht, eine unbegründete und unzweckmäßige Trennung, die in ihren Konsequenzen zu künstlichen Konstruktionen führt, die auf die Dauer — wie ich überzeugt bin — nicht zu halten sein werden. Das Recht des Urhebers an einem Geisteserzeugnis ist zunächst ein vollkommen unbeschränktes. Er kann sein Werk nach freiestem Ermessen, in irgend einer ihm geeignet scheinenden Art verändern, veröffentlichen, verbreiten, ver vielfältigen oder vernichten. Begreift man die Summe aller dieser Rechte unter dem Urheberrecht, definiert man ander seits »das ausschließliche Recht zur Vervielfältigung und Ver breitung eines Werkes« als Verlagsrecht (wie es der Entwurf thut), so leuchtet ein, daß das Verlagsrecht ein Teil des Urheberrechtes ist und wie dieses mit dem Werke entsteht. Will oder kann der Urheber nicht alle seine Rechte selbst aus üben, so steht es ihm frei — wie das Urheberrechtsgesetz vollkommen richtig bestimmt —, diese seine Rechte »beschränkt oder unbeschränkt« zu übertragen. Diejenige Gruppe von Rechten, die am häufigsten übertragen werden, hat man unter dem Begriff »Verlagsrecht« zusammengefaßt. Durch den Verlagsvertrag geht also ein Teil des Urheberrechts vom Autor auf den Verleger über, dagegen bleibt dem Autor der Rest des Urheberrechtes, insbesondere aber das Recht auf Aenderung rc. — Das scheint mir eine sehr einfache und natürliche Auffassung zu sein; gekünstelt dagegen die Kon struktion, daß dem Autor, der ein Verlagsrecht überträgt, doch das Urheberrecht unverkürzt bleibt, daß er das Recht der VervielfälUgung überträgt und auch wieder nicht über trägt, vielmehr nach Z 9 verpflichtet ist, nach Abschluß des Verlagsvertrages dem Verleger erst noch »das ausschließliche Recht zur VervielfälUgung und Verbreitung zu verschaffen«. Wenn die Erläuterungen bemerken, das Urheberrecht müsse beim Autor bleiben, weil sonst gewisse Ueberschreitungeu des Verlegers nicht als »Nachdruck« angesehen werden könnten, so erscheint das nicht als zutreffend. Hat der Autor dem Verleger einen Teil seiner Urheberrechte übertragen und letz terer beschränkt sich nicht auf diesen Teil, sondern vergreift sich an dem beim Autor verbliebenen Teil, so macht er sich eben einer Verletzung dieser Urheberrechte, also des Nach drucks schuldig, gerade so, wie umgekehrt der Autor Nach druck gegen den Verleger verüben würde, wenn er sein Werk vervielfälUgen wollte, bevor der dem Verleger übertragene Teil des Urheberrechts erloschen ist. Nach der Auffassung des Entwurfes würde der Verleger keinen Nachdruck begehen, wenn er nur in dem Vertrage etwa die Bestimmung aufnimmt: »Herr überträgt das ihm an dem Werke 6 zustehende Urheberrecht unbeschränkt auf die Firma 0 unter den nachstehenden Voraussetzungen«: folgen die verschiedenen Vertragsabreden, darunter die, daß der Ver leger beliebig viele Auflagen drucken kann, die jedoch jedes mal x Exemplare betragen und wofür er dem Autor ^ Mark Honorar zahlen soll. — Ein anderer Vertrag enthalte die selben Bedingungen, nur ohne die einleitende Klausel. Gesetzt, der Verleger druckt nicht x, sondern x-j-u Exemplare. Nach dem Gesetz ist er im einen Fall Nachdrucker, im anderen nicht! Unzweifelhaft aber war die Absicht der Vertrag schließenden in beiden Fällen die gleiche, und der Verleger macht sich in beiden Fällen des gleichen Vergehens schuldig; also sollte das Gesetz nicht einen Unterschied zulassen, der in der Sache nicht begründet ist. Die Ursache derartiger gekünstelter Bestimmungen erblicke ich in dem Bestreben, die Funktion des Verlegers auf die eines Nutznießers oder gar Bediensteten des Autors zu redu zieren. Beides kann in vereinzelten Fällen zutreffen, so gut wie zuweilen der Autor ein Beamteter des Verlegers sein kann. Die Gesamtheit aber nach diesen extremen Fällen be urteilen, würde notwendig zu sehr schiefen Urteilen führen. Es kommt hinzu, daß die Bedeutung verlegerischer Thätigkeit für die Schöpfung des Buches als Tauschwert gemeinhin sehr unterschätzt wird. Wenn ich behaupte, daß dieser Tauschwert nicht vom Autor, sondern allein vom Verleger geschaffen wird, so klingt das vielleicht sehr paradox. Man wolle sich aber vergegenwärtigen, daß der Begriff des Urheberrechts sehr neuen Datums ist. Er konnte sich erst mit Entwickelung der Buchdruckerkunst, und auch dann nur sehr langsam, heranbilden. Vorher war der Autor so weit davon entfernt, die VervielfälUgung seines Werkes zn ver bieten, daß er häufig selbst die Abschreiber bezahlte; denn nur so konnte er hoffen, sein Werk verbreitet zu sehen und selbst zur Geltung zu kommen. Erst als es durch die Buch druckerkunst möglich wurde, das Werk in großer Anzahl zu relativ billigem Preise zu vervielfältigen, trat das Buch in die Reihe der Tauschwerte ein. Wir sehen also, daß das Geisteserzeugnis an sich — wie ja auch selbstverständlich — keinen Tauschwert darstellt; dieser entsteht erst durch die VervielfälUgung, er entsteht also durch die Thätigkeit des
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