Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.12.1916
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1916-12-15
- Erscheinungsdatum
- 15.12.1916
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19161215
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191612158
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19161215
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1916
- Monat1916-12
- Tag1916-12-15
- Monat1916-12
- Jahr1916
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Redaktioneller Teil. ^ 291, 15. Dezember 1916. türlich nicht die Rede sein. Gewiß könnte wenigstens der Warenhausbuchhandel Gutes wirken, wenn er wollte. Nach den Proben zu urteilen, die ich gesehen habe, ist aber der Wille, Geld zu verdienen, bei ihm allein ausschlaggebend. Ist es möglich, die Bevölkerungsmassen, die heute für den Buchhandel unfruchtbar sind, zum Buche zu erziehen? Das Bei spiel der skandinavischen Länder beweist, daß diese Frage b e - saht werden muß. Erscheint dort ein gemeinverständliches Buch von Bedeutung, so durchdringt es alle Bevölkerungs- schichten. Tie nicht einmal übermäßig leichte Schrift von Schiff- Drost: »Der nordische Knoten« wurde allein in Schweden in 50 000 Stück verkauft. Dabei hat Schweden nur sechs Mil - lionenEinwohner! In den skandinavischen Reichen zei gen die Einzeichnungslisten auf größere Werke häufig die Namen von Arbeitern, kleinen Beamten und Kleinbauern. — Freilich läßt sich ein kleines Volk literarisch und buchhändlerifch leichter durchpflügen, als ein Volk von fast 70 Millionen Köpfen. Aber an sich beweist das Beispiel Schwedens und Dänemarks, daß das Buch seinen Einzug auch in die breiteren, tieferen Schichten der Bevölkerung halten kann. Bedarf es aber überhaupt eines solchen Beweises noch nach! den Erfahrungen, die wir in den letzten zwei Jahren gemacht haben? Haben uns nicht unzählige Briefe aus den Schützen-! gräben gesagt, daß dort auch Leute gern zum Buch greifen,! die nie eine Buchhandlung betreten haben? Tausend, hundert-! tausend Fäden zwischen Buch und Mensch sind im Felde neu ^ geknüpft worden. Es wäre ein schlimmer Verlust, wenn diese! Verbindungen auf die Dauer des Krieges beschränkt blieben. Es ist ohne Zweifel so: Schichten, die sonst als Leser und Käufer von Büchern nicht in Betracht kamen, sind im Begriff, für das Buch reif zu werden. Auf welchem Wege sollen die Tausende, nein die Millionen weiter geführt werden? Der Weg, den diese vermutlich selber finden würden, führt ins Waren- Haus zu den 95 Pf.-Büchern, bestenfalls zu Ullstein. Sollte dieser Weg der richtige sein? II. Es gab eine Zeit, in der die Bevölkerung in der Haupt sache örtlich gegliedert war. Die Stadt A-Hausen bildete einen kleinen Kulturkreis für sich, ebenso wie B-Heim oder C«bach. Damals, als das Zeitalter des Verkehrs noch nicht die Massen durcheinanderschüttelte, als die Post noch das Hauptbeförde rungsmittel war, da hatte auch ein kleiner Kulturkreis unter sonst günstigen Voraussetzungen die Möglichkeit, sich zu ent wickeln. Aus diese Zeit ist der Sortimentsbuch handel noch heute zugeschnitten. Im Börsenblatt hieß es noch kürzlich, daß die Sortimcntsbuchhandlung in man cher Klein- und Mittelstadt ein Kultursaktor von Bedeutung sei. Das ist unzweifelhaft richtig. Es fragt sich nur, ob die Aufgabe des Buchhandels damit als erschöpft angesehen werden kann. Von der örtlichen »Kultur-Zentrale- wird Wohl das alteingesessene Bürgertum ersaßt. Aber wo bleiben die tausend Anderen, zumal die vielen modernen »Zigeuner«, die sich von Berufs wegen nur kurze Zeit, oft nur wenige Monate in einer Stadt aushalten? Die örtliche Gliederung des Volkes ist nicht mehr so fest wie einst. War der Bewohner von A-Hausen früher in erster Linie A-Hausener, so gibt es jetzt in A-Hausen zahlreiche Ein wohner, die sich in erster Linie als Arbeiter, Beamte, Hand lungsgehilfen, Techniker fühlen und fühlen müssen, Leute, die ganz genau wissen, daß sie morgen, übermorgen oder nächste Woche ihren Wanderstab weitersetzen müssen. Ist der Faden, der diese Massen mit der jeweiligen Stätte ihrer Tätigkeit ver bindet, nur dünn und schwach, so sind doch andere Fäden vor handen, die diese Masse untereinander und mit gewissen Zen tralen verbinden, die Fäden der Berufs-Organi sationen. Breite Schichten des Volkes sind Arbeitnehmer geworden. Und die Millionen der Arbeitnehmer haben sich im Laufe der letzten Jahrzehnte zu gewaltigen Verbänden organisiert. Eine ganz unvollständige Übersicht zeigt bereits die folgenden Zahlen: Ende 1903 halten Mitglieder: 1518 4 160 000 die freien Gewerkschaften 2 570000 die christlichen Gewerkschaften .... 340000 die Hirsch-Dunckerschen Gewerkschaften . 105 000 die wichtigsten kaufmännischen Verbände 550 000 die Verbände der Techniker und Werk meister usw 175 000 Wirlschastsfriedliche Arbeitervereine. . 270 000 Unabhängige Arbeitervereine .... 150000 Waren diese Gewerkschaften und Verbände vielfach zunächst nur Vereinigungen zur Erkämpfung höherer Löhne usw., so er standen ihnen mit der Zeit zahlreiche neue Ausgaben. Die Führer erkannten, daß sich die wirtschaftlichen Kämpfe um so leichter führen und gewinnen lassen, je tüchtiger und weiterblickend die hinter ihnen stehenden Massen sind. Die Verbände und Gewerk schaften gründeten deshalb Zeitschriften. Diese Zeitschriften, die zunächst meist nur von der geistig regsameren Oberschicht der Mas sen bestellt und gelesen wurden, machte man dann für alle Mit glieder obligatorisch. Man wollte und mußte Wissen, wenn auch vielfach nur ein bestimmtes Wissen, in möglichst weite Kreise tragen. — Durch diese Verbandszeitschriften und durch den Ausbau der örtlichen Zweiggliederungen wurde das Gefüge der Organisationen ein immer festeres. Ein anderes Moment trat hinzu: An die Spitze der Organi sationen gelangten im Laufe der Zeit vielfach Männer, deren Blick über die Grenzen der jeweiligen Gewerkschaft, des jewei ligen Verbandes hinüber reichte. Diese Männer empfanden die geistige Not der breiten Schichten. Sie erkannten, daß das Bemühen, den Arbeitnehmern höhere Löhne und bessere Arbeits bedingungen zu verschaffen, noch nicht das letzte Ziel ihrer Tätig keit sein dürste. Sie erkannten, daß mit der wirtschaftlichen He bung die geistige Förderung Hand in Hand gehen müsse. Von dieser Erkenntnis wurde die Arbeit der Organisationsleiter inehr und mehr beeinflußt, und so entstand mit der Zeit eine ganze Reihe größerer und kleinerer Kulturkreise von einer ganz be stimmten Eigenart. Diese Entwicklung steht freilich noch in ihrem Anfangsstadium, aber sie wird durch den Krieg gefördert werden und schnell einem gewissen Abschluß zucilen. In den Kulturkreisen ihrer Organisationen stecken die Mil lionen der Organisierten viel tiefer, als die Außenwelt es weiß und glauben möchte. Der freie Gewerkschaftler schwört auf seine Gewerkschaft im besonderen und das Gewerkschaftskartell im allgemeinen. Der christliche Gewerkschaftler verficht sein Gewerkschaftsideal mit Feuereifer. Der deutschnationale Hand lungsgehilfe, um das mir zunächst liegende Beispiel zu wählen, hängt zumeist an »seinem« Verband viel inniger als etwa an einer der Städte, durch die ihn sein Beruf wirbelt. Der Verband ist die Heimat, der Rückhalt, der Stolz und die Zuversicht des Or ganisierten. Der Einfluß der Leitung einer gut geleiteten Or ganisation ist innerhalb gewisser Grenzen ein fast unbeschränkter. Die Leitung kennt die Eigenart, die beruflichen und anßerberuf lichen Bedürfnisse ihrer Berufsgenossen genauer als irgend ein anderer, sie kennt Hunderte, ja Tausende davon persönlich. Die Mitgliedermassen wissen andererseits, daß die Männer der Lei tung es gut mit ihnen meinen. Da diese aus dem gleichen Berufe herborgegangen sind, so haben ihr Wort und ihr Rat besonderes Gewicht. Die Organisationsleitungen sind deshalb die gegebenen Führer zum Buch. Sie und sie allein können die Verbindung mit den Millionen, die heute dem Buchhandel unerreichbar sind, Herstellen. Auf Grund einer siebzehnjährigen Erfahrung glaube ich behaupten zu können: 1. Die Organisationsleitungen können diese geradezu auf sie wartende Aufgabe nur mit Hilfe von Verbandsbuch Handlungen lösen. 2. Einen anderen Weg, an die Massen heranzukommen, gibt es nicht. Der einzige Weg zur dauernden, bedeutenden Hebung des Büchermarktes ist die Gründung vieler Organisations- Buchhandlungen. (Fortsetzung folgt.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder