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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.11.1916
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- 1916-11-30
- Erscheinungsdatum
- 30.11.1916
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. ^ 278, 30. 'November 1916. uns lag ein Ort in Rauch und Flammen. In der Nacht wurden wir zum Helfen kommandiert. Das war ein Nacht-Schauspiel! Die herrliche Kathedrale brannte, ein ganzes Stadtviertel war dem gefräßigen Feuer schon zum Opfer gefallen, und immer noch waren die Franzosen dabei, die schöne Stadt, in der sie Wohl starke Truppenverbände vermuteten, mit einem Hagel von schwer- sten Geschossen zu überschütten. So hatte unsere gute Absicht nicht viel Zweck, müde und verqualmt zogen wir uns in eine angenehmere Stellung zurück. Endlich war es so weit. Nachts marschierten wir durch ein altes Kanalbett bis A., und ohne Verluste erreichten wir dies nur noch aus Trümmern bestehende Dorf, obwohl die weittragenden Geschütze des Feindes die ganze Nacht hindurch die Strecke unter Feuer hielten. Einen Tag blieben wir dort »in Reserve«, und dann ging es in die vorderste Stellung. Daß das ganze Bataillon durch das rasende Trommelfeuer durchgekommen ist ohne jede Verluste, denn kleine Schrammen rechnen wir nicht, erscheint mir heute noch wie ein Wunder. Keiner von denen, die dabei waren, wird jemals diese fürchterlichen Tage vergessen. Wie gesät lagen die Leichen, meistens Franzosen, und nur wenige der tapferen Bayern, die wir hier abgelöst hatten. Entsetzlich war der Ver wesungsgeruch. Gräben und Unterstände gab es nicht mehr, aber Granattrichter, einer neben dem andern, boten uns Schutz gegen die etwa 100 Meter vor uns liegende feindliche Infanterie. So gut es ging, richteten wir uns ein, die Leichen schassten wir kriechend in Granatlöcher und bedeckten sie mit Erde; einige Verwundete zogen wir auf Zeltbahnen an Riemen wie Schlitten nach hinten. Das schreckliche Trommelfeuer hatte nachgelassen, aber unaufhörlich gingen jetzt die Leuchtkugeln des Gegners hoch, und wenn nur irgend eine Bewegung bei uns bemerkbar wurde, so setzten drüben die Maschinengewehre ein und bestrichen mi nutenlang die ganze Stellung. In der Nacht noch erfolgte ein Sturmangriff, aber wir patzten auf, unsere Maschinengewehre, die so geschickt in Deckung gebracht waren, daß selbst wir sie noch nicht entdeckt hatten, räumten fürchterlich unter den anstürmenden Gegnern auf; auch wir täte» unser Möglichstes, dicht vor unseren Löchern brach der Angriff zusammen, nur wenige der Feinde kehrten zurück. Dichter noch lagen nun die Toten zwischen den Stellungen, und fürchterlich war das Jammern der Verwundeten, denen weder wir noch ihre Kameraden Rettung bringen konnten. Die Sonne, eine glühendheiß Augustsonne, ging aus und brachte neue Schrecken. Flieger flogen in ganzen Schwärmen über unsere Stellungen, so niedrig, daß wir fast glaubten, sie müßten auf uns herunterfallen. Mit ihren Maschinengewehren bestrichen sie unsere Stellungen. . . . Da scheint Rettung zu kommen, ein, zwei, drei Ma schinen mit dem schwarzen Kreuz erscheinen hoch oben und stür zen sich auf die vielfach überlegenen Gegner. Gleich sind zwei von diesen außer Gefecht gesetzt, da lassen sie von uns ab, um sich zu verteidigen. Noch einen dritten Gegner sehen wir, brennend, drüben niedergehen, dann verlassen die Feinde, verfolgt von un fern braven Rettern, den Platz. Wir versuchen die Verwundeten nach Möglichkeit zu ver binden, buddeln uns tiefer ein und wollen frühstücken. Aber keinem ist es möglich, auch nur einen einzigen Bissen zu sich zu nehmen. Der entsetzliche Verwesungsgeruch, das grauenvolle Stöhnen der im Sonnenbrand vor uns verdurstenden Verwun deten, die Aufregung der fürchterlichen Nacht verscheuchen das Hungergefühl. Wir liegen und warten, was nun kommen wird. Und es kommt, schrecklicher noch als bisher. Wieder ein Trommelfeuer, 21- und 28 Zentimeter-Granaten schlagen, gut ge leitet, mitten in unsere Steilungen. Rechts und links, vor und hinter uns fliegt die Erde hoch, Patsch, da schlägt so ein Ding hinten in eins der Löcher, in die wir die Leichen begraben hatten, haushoch fliegen menschliche Glieder, mit Blut und Fleischfctzen sind wir bedeckt, neben mir liegt eine abgerissene Hand. Ich will aufstürzen, das linke Knie ziehe ich an, da ist es mir, als wenn ein glühendes Eisen an mir lang gestreift würde, fast bin ich besinnungslos, aber ich merke doch, neben mir saust eine Granate von gewaltiger Größe vorbei und in die Erde, mein letztes Stünd chen hat wohl geschlagen. 1462 — Es war ein Blindgänger. Wieder bin ich verschont geblie ben, aber so mancher von den liebe» Kameraden liegt nun kalt und still da. Will denn der Tag kein Ende nehmen? Die Nerven-An- spannung zu ertragen, geht über menschliche Kräfte. Endlich dämmert es! Unser Kompagnieführer, der ganz vorne gelegen, aber ebensowenig wie andere seine Stellung verlassen konnte, kriegt von Loch zu Loch, er tröstet die Verwundeten, spricht den andern neuen Mut zu, ach, auch er hat ja eine junge Frau, einen kleinen Buben zuhause, wie schwer mag ihm selbst ums Herz sein. Da kommt eine Ordonnanz gekrochen: »Befehl vom Herrn Hauptmann, eine Gruppe von ach! Mann mit einem Unterossizier > soll sofort da und da sein, die Bayern ablösen.« Es war ein weit vorgeschobener Posten, den die Bayern ! zurückerobert und mit zäher Verbissenheit gegen verschiedene An griffe gehalten hatten. Wir wußten, die dorthin sollten, nahmen ihr Todesurteil mit. »Leute, Ihr habt gehört, um was es sich handelt, wer meldet sich freiwillig?« Wir sehen uns an, stumm, keiner meldet sich, wir alle sehen nun schon wieder seit Tagen dem Tod ins Auge, aber vor diesem letzten Schritt graut es uns doch. Wieder spricht der Leutnant: »Bedenkt, Leute, die da draußen sitzen, warten nun schon Tage auf Ersatz, wie wäre Euch zu Mute, wenn Ihr wartet, und Eure Kameraden lassen Euch im Stich«. Da meldeten wir uns alle . . . »Na Dicker, wenn Du da nur durchkommst!« meinte unser Führer, der schon erwähnte Unteroffizier Schuster. Es war auch nicht leicht. Die Leuchtkugeln verbreiteten ein blasses Licht, das scharfe Schatten warf und dadurch jede Be wegung um so deutlicher erkennbar machte. Jede Bodendeckung nutzten wir aus, einzeln in mehreren Metern Abstand, auf dem Bauche uns fortbewegend, näherten wir uns langsam dem Ziele. Ein Sausen und Surren war über uns von wütendem Feuer der Maschinengewehre. Schon hatte eine Kugel meinen Stahlhelm, in dem ich aussah wie ein alter Landsknecht, gestreift, eine andere den Riemen meines Sturmgepäcks zerschnitten, einen Kameraden hatte ein Kopfschutz getötet. In einem Minenkrater fanden wir endlich die Besatzung, die abzulösen wir gekommen waren, noch zwei Mann. Die Leichen der anderen waren, notdürftig in ihre Zeltbahnen gewickelt, ver scharrt, und die zwei wackeren Bayern, die nun seit Tagen den Posten hielten, waren noch immer guten Mutes und weigerten sich entschieden, sich zurückzuziehen. Wir machten sie aufmerksam, daß für uns alle hier in dem engen Loch gar kein Platz sei. »I gehör daher, i geh net« meinte der eine, der das Wort führte, und der andere nickte dazu. Die beiden hatten sich eine Brustwehr gebaut, auf der nebeneinander die Gewehre der Ge fallenen, natürlich geladen, lagen, die Munition und die Hand granate» lagen dabei. Viel hatten sie nicht mehr, und schon um dem Munitionsmangel abzuhelfen, war es gut, daß wir kamen. Ter Bayer erklärte die Stellungen, drüben weit rechts bestrichen unsere Maschinengewehre das ganze Feld, auch links wären wir durch Maschinengewehre und Infanterie ziemlich geschützt. Aber hart links und gerade vor uns seien wir jedem Angriff preisge- gcben, ein einzelnes Maschinengewehr in der Nähe helfe uns, sonst seien wir auf uns allein angewiesen, und die Franzosen, die kaum 80 Meter entfernt uns gegenüber lagen, würden wohl nicht lange auf sich warten lassen. Er hatte recht. Noch hatten wir nicht richtig unsere Stellun gen eingenommen, da setzte ein Trommelfeuerchen ein, das schlecht gezielt uns keinen Schaden zufügte und nach den Erfahrungen j der letzten Tage uns nicht sonderlich aufregte. »Hier ist's ja ganz gemütlich!« meinte Kamerad Lehmann. »Jetzt kommt's! Gebt's Ihnen nur feste!« rief der Bayer, als j plötzliche Stille eintrat. Noch war nichts zu sehen, aber da lösten sich drüben dunkle ! Schatten vom Gelände, verschwanden, sprangen wieder auf, laut los stürzen sie vor. Da knallt cs bei uns los, Schuß auf Schutz, das Maschinengewehr links hämmert dazwischen, näher und näher stürmen die Gegner, schon greifen wir zu den Handgrana ten, da machten die letzten der Gegner Kehrt; noch einige Schüsse
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