7742 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Fertige Bücher. aR 2ti4, >3. November !9i6. T Soeben erschien: Albrecht Dürers Leben von Miliz, Pastor 191b. 8°. Preis 4.— !N. orü., 3.— M. netto, 2.65 !N. bar. Zreiexempl. 7/6. Gebunüen 5.- M. orS., 3.75 M. netto, 3.35 M. bar. Zreiexempl. 7>6. 2 gebunüene Exemplare bar zur Probe mit 50°/°! Buch, das uns von Albrecht Dürer wirklich etwas mitzuteilen hat, bedarf auch heute, ja gerade heute ^ nicht erst der Rechtfertigung. Das Lebenswerk dieses Großen hat an Eindringlichkeit für Deutschland in unserer schweren Zeit noch zugenommen. Es ist von einer großen Auslese gesprochen worden, die der Krieg unter den geistigen Werten vorgcnommen habe. Vieles ist verblaßt und von uns abgefallcn. Einem Dürer aber hat die Auslese nur noch neue Kräfte zuführen können. Seinen „Reiter" aus dem berühmten Kupfer stich „Ritter, Tod und Teufel" empfindet man geradezu als Sinnbild unserer Zeit, und mehr als ein Kriegs buch hat dieses Blatt auf seinen Titel übernommen. Ein Künder deutscher Art ist Dürer gewesen, von seinem ersten Meisterwerk, der „Offenbarung Johannis", bis zu seinem Letzten, den großen Aposteltafeln. Darum lieben wir ihn so, und darum ist sein Werk auch wieder so bedeutungsvoll geworden wie einst vor hundert Jahren, als Deutschland gleichfalls in einem Kampf um sein Dasein sich wieder auf sich selbst besann. Was ist nun das Unterscheidende des vorliegenden Dürerbuches von den bekannten älteren? Ganz kurz gesagt, liegt es darin, daß hier vornehmlich das Deutsche im Dürer herausgearbeitet wurde. Bei der südlichen Orientierung unserer gesamten Kunstgeschichte hatte man sich mehr und mehr daran gewohnt, Dürer von der italienischen Renaissance aus zu sehen und zu beurteilen. Das führte zu einer Licht- und Schattenver teilung, bei der manches für den deutschen Dürer wesentliche Werk zu kurz kam und andere nur deshalb stark betont wurden, weil sich in ihnen italienische Anklänge fanden. Man war auf dem besten Wege, einen „lateinischen Dürer" zu konstruieren. Dagegen wendet sich das Pastorsche Buch, nicht etwa in Wider legungen der anders Denkenden, sondern in einer rein aufbauenden Arbeit. Bekannt sind Pastors germa nische Untersuchungen, namentlich auf vorgeschichtlichem Gebiet. Sie ermöglichen cs ihm, das „Problem der Gotik", aus dem heraus ein nordisch acsehener Dürer allein verständlich ist, doch noch ganz anders darzustellen, als das bei der üblichen Renaissance-Bildung geschah. Die Kunsthistoriker werden sich mit den Ergebnissen, die Pastor auf seinem Wege findet, wohl noch eingehender beschäftigen. Doch nicht an den engeren Kreis der Fachleute, sondern an das ganze Volk ist dieses Buch gerichtet. Das Leben Albrecht Dürers ist geschildert, nicht nur sein aus dem allgemeinen kulturgeschichtlichen Zusam menhang gelöstes, rein künstlerisches Werk. Fichte meint in seinen Reden, „unter den einzelnen und be sonderen Mitteln, den deutschen Geist wieder zu heben", würde es ein besonders kräftiges sein, wenn jemand das Leben in den alten deutschen Städten so schilderte, daß wir in ihnen zu gehen und zu stehen meinten. Don einem Hintergrund solcher Art hebt die Pastorsche Erzählung sich ab. Das alte Nürnberg mit seinen Türmen und Giebeln taucht vor uns auf, wir leben die Gedanken der Menschen um 1500 mit, ihre Hoff nungen und Ängste, die große Spannung der Zeit, die sich dann löste in der Reformation. Wie Dürer teil hat an alledem und ihm Ausdruck gibt in seinen Werken, erscheint er wieder so, wie Hermann Grimm ihn gelegentlich charakterisiert hat: „als Interpret der Gedanken seines Volkes und seines Jahrhunderts". Ein Buch, das uns auf diese Weise deutsche Kultur- und Kunstgeschichte zugleich in lesbarer fesselnder Form dar bietet, darf wohl zeitgemäß genannt werden. Das neueöuch Pastors, üer bereits eine großeGemeinöe besitzt, eignet sich vortrefflich als Geschenkwerk unö zur versenöung ins Zelü. wir bitten um nachürückliche verwenüung. Berlin w. 35. Reichöverlag Hermann Ralkoff