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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.11.1916
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1916-11-07
- Erscheinungsdatum
- 07.11.1916
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- Deutsch
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.V 25g, 7. November 1916. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. weigern. Etwaige Schritte der Barsortimenter gegen Sorti menter, die die Zahlung des Umsatzslempeis verweigern, sind dem Vorstande des Verbandes sofort zur Kenntnis zu bringen. Im Warenhandel haben sich bekanntlich scharfe Gegensätze innerhalb der Handelsvertretungen bei den Erörterungen über die Abwälzung der Warenumsatzsteuer herausgebildet. Mit aller Bestimmtheit erklären z. B. sowohl der Deutsche Handelstag wie die Handelskammer zu Berlin, »daß sie es nicht für ange zeigt halten, daß die Lieferanten ihren Abnehmern die Waren umsatzsteuer in Rechnung stellen«. Dagegen macht die Potsdamer Handelskammer, Sitz Berlin, geltend, »sie halte es für richtig, daß sich das deutsche Erwerbsleben allgemein dahin schlüssig werde, grundsätzlich den Käufer mit der Warenumsatzsteuer zu belasten, damit die Steuer, dem Wege der Ware solgend, letzten Eudes aus die breite Schicht aller Verbraucher zu liegen komme«. Das Gesetz spricht sich nicht darüber aus, auf welche Schul tern die Last zu legen sei, es hält sich an den, der den Umsatz macht, und hat nur bei Aufträgen, die vor dem 1. Oktober 1918 abge schlossen wurden, den Abnehmer verpflichtet, dem Lieferer die Steuer zu vergüten. Diese Bestimmung bedeutet mehr einen Schutz des Lieferers gegenüber seinen Abnehmern, läßt aber keinen Schluß auf den Ersatz der Steuer bei Abschlüssen nach dem 1. Oktober zu. Wenn ein solcher sich also auch nicht aus dem Gesetz herleiten läßt, so ist doch damit nicht gesagt, daß er nicht durch Vertrag gesichert werden kann. Aus der Ausnahme bestimmung des Art. V kann zwanglos gefolgert werden, daß der Gesetzgeber, da er dem nicht durch Vertrag geschützten Lieferer einen Regretzanfpruch an den Abnehmer ausdrücklich im Gesetz zu billigt, damit rechnet, daß sich die Handelskreise selbst über die Be handlung der Steuer bei künftigen Abschlüssen innerhalb ihrer Kreise verständigen werden, schon weil die Verhältnisse viel zu verschiedenartig sind, um nicht weit besser durch Vereinbarung der Beteiligten als durch Gesetz geordnet werden zu können. Im Buchhandel sind die Beträge meist so gering, daß eine Belastung mehr Schererei und Unannehmlichkeiten im Gefolge haben würde, als das Objekt ausmacht. Mit dieser Tatsache werden sich auch die Barsortimente abfinden müssen, obwohl sie infolge der Höhe ihrer Umsätze und der ver hältnismäßig bescheidenen Zwischengewinne weit stärker von die ser Steuer betroffen werden als andere Firmen. Erfreulicherweise hat der Vorstand des Deutschen Verlegervereins seinen Mit gliedern empfohlen, von einer Belastung der Steuer ihren Ab nehmern (Sortimentern, Barsortimentern) gegenüber abzusehen, so daß der Stempel im Buchhandel voraussichtlich in jedem Be triebe nur in einer Summe unter den allgemeinen Handlungs- Unkosten erscheinen wird. Da diese indes heute fast die Höhe des Verlegerrabatts erreicht haben, so wird vom Sortiment schon der auf seinen Umsatz entfallende geringe Steuerbetrag unange nehm empfunden werden. Wollten wir jedoch das Thema Weiler ausfpinnen, wie hier Abhilfe zu schaffen sei, so würden wir wieder zum Ausgangspunkt unserer Betrachtung: Ladenpreise und Ladenpreiszuschläge oder Rabattfrage zurüct- kehren müssen, während uns doch ebenso wie den Lesern daran liegt, zum Schlüsse zu kommen. Das kann kaum besser und kürzer geschehen, als daß wir uns dem Danke an den Verbands. Vorstand anschließen, dem Herr Gcheimrat Siegismund in warm- empfundenenSchlußwortenAusdruck gab, in denen er darauf hin wies, daß der Geist Adolf Kröners auch heute noch im Verbände lebendig sei und hoffentlich auch in Zukunft eine Heimstätte bei ihm haben werde. Vor dem Vortrage. Er ging sonst in keine Vorträge mehr. Zuviele Erwartungen hatte er da hineingetrage», znviele Ent täuschungen mit herausgenommen. Unerfiillt war sein Wunsch, sein höchster Wunsch geblieben: Einem Meister, einem Dichter einmal zu zuhören, der sein Werk vom Pnlt herab so vortrug, wie es ihm in dunkler Schaffensstunde selber wuchs. Wie es ihm die erste Hand eingab, die s ihm aus der Tiefe reichte. »Du verlangst demnach«, so sagten seine Freunde, »daß einem Dichter hinterm Vortragspult sein Werk zum zweiten Male wachsen solle, ohne daß ihm ins Gedächtnis käme, er habe es schon einmal vor- gcboren?« »Ja.« »So laß dir sagen, daß es das nicht gibt. Kein Werk gebiert im gleichen Hirn sich zweimal.« »Im Hirne nicht, mag sein. Vielleicht im Herzen aber?« »Wir glauben nicht daran.« »Das iväre bös. So mußten wir der Meister Werke also immerzu aus zweiter Hand entgegennehmen? Immer müßten wir die Wir kung tiefster Flammgewalten nur als erstarrte Lavastücke im assortier ten Naturalienkabinett bestaunen? Niemals dürften wir am Rand des Kraters der Begnadeten dem Feuerausbruch selber gegenüber stehen?« »Auch wenn wir's könnten«, lächelten die Freunde, »am Rand des Kraters ist's bei einem Ausbruch nicht gemütlich.« »Was liegt daran? Ich wollte schon nicht fehlen, wenn ich den Weg zu dem Vesuv nur wüßte.« Seine Freunde gingen, mit den Achseln zuckend. Er aber ging dnrch die Straßen. Vor den Anschlagsäulen blieb er stehen. Schon wieder ein Vortrag? Am nächsten Montag? Schon gnt, schon gut — er würde nicht hingehen. Seit Jahren ging er doch in keinen Vortrag mehr. Halt — wer, heißt es da, trägt vor? Wie, der? .... Einer, dessen Werke er am höchsten stellte. Werke, die ihm in der Zeit der fahrigsten Zerrissenheit, wo er an der Welt verzweifeln wollte, Rettung waren, Leitstern wurden? Werke, die ihn manchmal, in den Himmel? Und wenn er, der Suchende, der so laug vergeblich Jawohl, dicht heran — doch hinüber nicht. Wie, wenn es diesem Manne Vorbehalten war, so vorzutragen, daß seine Hörer am Rand des Kraters stehen durften, in welchem eine Flammenwelt heraufschob in den Himmel? Und wenn er, der Suchende, der so lang vergeblich suchte, Zeuge, Miterleber dieses Götterschauspiels sein durfte? Sinnend ging er weiter. Nur um an der nächsten Anschlagsäule wieder stehn zu bleiben — dann wieder — den ganzen Weg nachhause. Wie einer, der auf einem Kreuzgang ist hinauf zur Waldkapelle und unterwegs gewissenhaft an jeder Kreuzstation verweilt. »Ach, lieber Gott, wenn's möglich wäre, bitt ich dich.« Und zu Hause schlug er seine Zeitung auf und blätterte — da, da war es wieder — Montag, Montag? — war das nicht schon heute? — und um 8 Uhr — war das nicht in einer Stunde . . . ? Eine halbe Stunde vor dem Vortrag saß er in den leeren Bänken und wartete . . . Eine Viertelstunde vor dem Vortrag saß er schweigend da und sah mit leeren Augen, wie die Leute durch die Türe strömten, eine flüsternde andächtige Menge, die sich hastig ihre Plätze suchte und zischelte lind tuschelte . . . Zehn Minuten vor Beginn des Vortrags kam durch die Tür was Dunkles in den Saal geflattert und ließ sich dicht vor seinen Füßen nieder — setzte sich auf die nervös zuckenden Fußspitzen und wippte eine Weile mit — kletterte am Schienbein aufwärts — zog ihm einen unsichtbaren Gürtel um die Brust — eng, immer enger — saß ihm jetzt am Hals, am bloßen Hals; die Angst, die niederträchtige Angst — Wenn der nun auch so war wie alle andern? Auch aus der zweiten Hand die Meisterwerke reichte? Hübsch in Stanniol verpackt, nach haudclsmäßigcr Usance? Oder bestenfalls fürs Publikum ein hausgemachtes Süpplein kochte au den Feuern, die ihm einst die großen Werke aus den Tiefen schleuderten? Fünf Minuten vor Beginn des Vortrags überfiel ihn eine andre Sorge. Eine, die ihm von hinten ins Genick sprang: Wie, wie würde er aussehen? Würde sein Gesicht, seine Gestalt die Werke Lügen strafen ? Es war doch nicht der dicke Herr am Vorstandstisch? Es war doch nicht der hagere, ausgehöhlte Mensch, der jetzt hereinkam durch die Türe? Doch nicht der hinter ihm mit seinem glattrasierten amerikanische» Gesicht? Doch nicht der blasierte Mensch, der jetzt am Podium vorbeischlcnkerte — um Gottes willen, nur der nicht — und auch den, der jetzt in tadellosem Gehrock gemessen durch die Tür !am, laß es auch den nicht sein, lieber Gott — keinen von allen diesen, lieber Gott — nur diesmal erspare mir die Enttäuschung, nur dieses eine Mal . . . Er schloß die Augen. Lange, lange schloß er die Augen ganz fest. Es war ihm, als könne er sie nie mehr wieder öffnen, Blut brauste in den Schläfen, fast benahm es ihm die Sinne . . . Aber als er jetzt doch die Augen'aufschlug, sah er durch einen wogenden Nebel den Dichter am Katheder stehen. Die Nebel legten sich, ein Schwaden nach dem andern. Klar ward es rings im Saal. Klar ward es auch in seiner Seele. Das also war er? Ja, jubelte es in ihm, ja, s o hätte er sich ihn vorgestellt, gerade so. 1379
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