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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.08.1916
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1916-08-01
- Erscheinungsdatum
- 01.08.1916
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- Deutsch
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Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. 176, 1. August 1916. Und sic kehren, was unten liegt, um und werfen es in die schwefelgleißende Sonne, vor unsere Augen. Einmal lag hier ein Dorf . . . reden die bleichenden Schädel. Musik im Dorf. Mit einem Male beginnt sic. Vnmm — ein Paukenschlag und juchhei! die Jugend quirlt durch die alten Soldatenglieder. . . . Musik . . . deutsche Mtlitar- musik . . . hier, 3060 Meter hinter der Stellung. In den alten Bäumen Wundern sich die Vögel. Sie wollten eigentlich schlafen gehen, aber — nun? Nun singen sie mit, die Sperlinge, die Finken und die Drosseln. Und die Wildtauben gurren in ihrem Brutnest, als möchten sie das Fagott auch noch lernen. Und die alten Krähen unterhalten sich wie Klatschweiber im richtigen Dorfe. »Dreckst«, eins der Hansmäuschen, dem ich eben die harte Käserinde zuwarf, macht staunend Männchen und spitzt die Ohren. Der ganze schwere Schall der Musik wirst sich in meine wacklige Baumrindenlaube. Aber ich kann's vertragen, nach dem Trommeln da draußen im Schützengraben ist mir alles Pianis- simo, Largo. Und wenn die Pauke noch so wettert! Musik, Musik im Dorf! Alles kommt aus die Beine. Die Spielkarten fliegen in die Schubkästen, die Zeitungen werden an die Wand gespießt, Pfeife, Zigarre, Zigarette fliegen in den Mund ... Musik, Musik im Dorf! Aus allen Hütten und Erdhöhlen kommen die Grauen, da fesselt auch keine Kantine und kein dampfendes Essen . . . hinaus zur Musik! Da unter den hohen Ulmen und Buchen, auf Ruhebänken, die wir uns unlängst bauten, sitzen sie und lauschen . . . und plaudern von daheim, von da, wo die Sonne noch hell scheint! Meine braven Pioniere haben's bequem. Unser Quartier liegt ja mitten in diesem Park, der jetzt so voll, so übervoll von Musik ist. Sie brauchen nicht zu laufen, wenn die Pfeife aus geht, sie können auch die Zeitung lesen, sie können selbst beim Gulasch bleiben. Den gibt es selten, und nun genießen sie ihn gar noch wie einen Festtagsbraten mit richtiger, leibhaftiger Musik als Abendimbitz. Musik, Musik im Dorf! Ein kleiner Franzosenjungc tanzt mit seinem Blondzöpf- chen; was geht sie die Not an, wenn's Musik gibt! Ein müder Greis kommt langsam näher; nun bleibt er stehen und wiegt den Kopf hin und her, her und hin Musik! Ein paar Frauen stellen sich in die Haustüre, verschränken die Arme und hören auch zu. Der brestc Gaul an der Parkpforte scharrt beim Schlacht marsch; er war Wohl beim Manöver dabei irgendwo und er innert sich Musik! Musik, Musik im Dorf! Erinnerst Du Dich, Liebste, da im märkischen Dorf . . . . und es war Abend, die Sterne suchten sich im tiefen See, die Rohrdommel flötete, die Weiden wiegten sich .... und einer sang zur Mandoline: »Wenns die Soldaten durch die Stadt marschieren, öffnen die Mädchen Fenster und die Türen- —? Damals lag der Krieg so fern — und nun sind sie lange, lange schon aus der Stadt marschiert weit, weit hinaus — und in meiner Baumrindenlaube liegt jetzt diese selbe Melodie: »Kommens die Soldaten wieder ln die Heimat, seins ihre Mädchen alle schon verheirat.« .... Musiki Musik, Musik im Dorf .... .... höre niemals ans! spiele immer weiter, immerfort; ewig. Damit wir die polternde Front nicht hören, den Krieg dicht vor uns. übertöne das Schnitterlied des Todes, der wie der zur hohen Ernte geht, 3000 m vor uns. Dieses grausige Lied und das Dengeln der Maschinengewehre und das Sirren der Granaten — verschlinge es! Du, Musik im Dorf — du . . . . hörst . . . . auf?!! 1018 Gedanken eines Auslanddeutschen. i. Jeder Deutsche, der längere Zeit im Ausland gelebt hat, wird sicher die Beobachtung gemacht haben, das; Deutschland sich viel weniger als andere Großmächte um Sie allgemeine Meinung der übrigen Nationen, besonders der kleineren Staaten, um deren Haß und Liebe gekümmert hat. Ich will damit in keiner Weise bemerken, daß wir ebenso, wie die Engländer Pfunde, die Franzosen Napoleons und die Nüssen Rubel lustig rollen ließen, auch unsere »Guillanmes«, wie die Franzosen unsere Zwanzigmarkstücke heißen, in Bewegung Hütten setzen sollen, um die »pia22a« für uns zu gewinnen. Es gibt aber noch andere, anständige Mittel, um ans die Seele des Volkes zu wirken, als nur das — allerdings nicht riechende — Gold. Unter diesen Mitteln harmloser nnd anständiger Natur rechnet in erster Linie die Beeinflussung durch Filme. Wir reden natürlich nicht von den verfilmten Schund-Kriminalromanen, die das Entzücken eines zweifelhaften Publikums bilden, sondern von solchen Filmen, die für das Verständnis deutschen Lebens und Wesens für das Ansland von Vorteil wären. Schreiber dieser Aufzeichnungen hat bei seinem Aufenthalt im Ausland, in Italien, Griechenland, Ägypten und der Türkei, während langer Jahre gefunden, daß der fremde Film, in erster Linie der französische, alle Kinos beherrscht. In dieser Beziehung tun sich besonders hervor die beiden großen französischen Filmgesell schaften Patho nnd Gaumont, die wöchentlich eine Abteilung unter der Rubrik »^.etualites äs In somains« bringen. In dieser Abteilung findet sich alles mögliche Schöne und Großartige, das aber ausschließlich in Frankreich passiert ist. Ausstellungen, Paraden, Sportkämpfe, Schiffstaufen, Manöver mit glänzenden Attacken der Kavallerie, alles in Gegenwart des Präsidenten, dazu eine Reihe schöner Landschaften in »1a belle Trance« ziehen in buntem Wechsel vorüber. Außerdem kommt noch, um auch der Damenwelt gerecht zu werden, eine Reihe geschickt gestellter Modebilder, die auch für die Herren der Schöpfung, solange sie diese Kostüme nicht zu bezahlen brauchen, sehenswert sind. Dann kommen, wenn überhaupt einmal etwas von Deutschland gezeigt wird, Schreckcnsbilder aus diesem Barbarenlande, ein Niesenbrand in einem Hafen, ein Zusammenstoß zweier Eiscnbahnzüge oder zweier Schisse, irgend eine kleine Rauferei auf der Straße, die zu einer- großen Revolution umretouchiert ist, das Bild eines Massenmörders und ähnliche Schauergeschichten. Es liegt System in dieser Auf machung. Für die Volksmasse in einem fremden Lande, die niemals Deutschland gesehen hat, auch wohl kaum Näheres darüber weiß, müssen solche Bilder erzieherisch wirken, und zwar in dem Sinne, daß die Leute sich sagen: nach alledem, was wir sehen, muß dieses Frankreich das erste, das größte, das mächtigste, das glänzendste Land Europas sein, und in diesem Deutschland, in dem nur Unglücksfälle und Morde und Aufstände Vorkommen, möchte ich nicht tot sein! Man kann es den Leuten gar nicht verdenken, wenn sic diese Meinung fassen und von einer solchen, wie ich mich oft überzeugt habe, nur sehr schwer abzubringen sind. Es kommt noch hinzu, daß diese Bilder in den allerwenigsten Fällen kritisiert werden, nein, es wird ihnen blindlings geglaubt, und die Unterlassung eines Gegenzugs hat uns in den Augen des Auslandes um manche Sympathien gebracht. Nach Beendigung des Krieges sollte, wenn möglich mit Hilfe der Negierung, eine Organisation gegründet werden, die in allen Zentren des Auslandes Filme bringt, die die Großstädte Deutschlands und deren Leben und Treiben, seinen Handel und Industrie, seinen Schiffsverkehr, sein siegreiches Heer und seine Marine, die Luftflotte, seine Landwirtschaft, seine wissenschaftlichen Institute, Hochschule», Krankenhäuser, Bibliotheken, neue Erfindungen usw., sowie die herr lichen Gegenden Deutschlands und Österreich-Ungarns in farbigen guten Aufnahmen bringt. Auch eine Wochenschau, ähnlich der oben erwähn ten, sollte gezeigt werden, die alle interessanten Begebenheiten der Woche aus den Mittelstaaten scsthält und noch nach Jahren als inter essantes historisches Bild gezeigt werden kann. Müßten diese Filme verschenkt werden, müßte noch daraufbczahlt werden, nur um sie zeigen zu dürfen, so würde es sich doch noch reichlich lohnen. Besonders im Orient ist das Volk überaus dankbar für jedes belehrende Bild, es bringt seine oft naiven Anschauungen iiber das Gesehene zum Ausdruck und hat auch, wie ich oft beobachtet habe, ein vorzügliches Gedächtnis dafür. Hier ist eine Aufgabe, des Schwei ßes der Edlen wert. Eine zweite, nicht minder wichtige Aufgabe ist die folgende. Die Zeitungen in den fremden Staaten schrieben vor dem Kriege — zum großen Teil noch heute — unbesehen über alles und jedes gegen uns. Wenn ich nun auch nicht sagen will, daß wir ebenso flott, wie es unsere Gegner getan haben, unsere silbernen Kugeln rollen lassen sollen, so wäre doch jedenfalls eine bessere Benachrichtigung der aus ländischen Presse nach Beendigung des Krieges zu wünschen. Die
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