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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.08.1916
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- 1916-08-01
- Erscheinungsdatum
- 01.08.1916
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- Deutsch
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Ganz Nichtiges denkst du, etwas Müheloses, Automatisches, da platzt die Granate, die von weither kommen mag, vielleicht zufällig ein Schutz ohne Ziel, ohne Absicht durch die Luft hinheulend . . . zerreißt dir das Leben — dir: Jüngling, Verlobten, Gatten, Vater, Menschen, an dem soviel Liebe hängt, der Liebe gibt. so ganz nebenbei. Dieser Krieg ist Zustand geworden, Beharrung. Wir haben uns au ihn gewöhnt, als sei es niemals anders gewesen; als hätten die Äcker hier um uns niemals anderes ge tragen, als diesen brcuneudrotcn Mohn, diese himmelblauen Kornblumen, dieses weite, sinnlose Grün .... und diese Kreuze hier und da und dort, Grenzpfähle des Todes, dessen Macht uns so klein erscheint, so unwahr, so — überlebendmöglich. Ist es nicht, Kamerad, als wäre die Spanne unseres Lebens nur in sich zufammengeschoben: wie ein Fernglas? Alles ist noch in uns, und nur die Pole Geburt uud Tod sind nahe aneinander- gerückt. Alles ist noch in uns: die Liebe und die Empfänglichkeit, und jenes grenzenlose Mitfllhlen am Tode anderer. Starb mir da ein alter Freund in der Heimat, ein Greis und Seelenhirte, der mich den Weg zum Konfirmationsaltar führte .... und ich schritt zwischen allen diesen Toten hier drautzen und trug die Trauer um diesen Mann, dessen Lebenszweck erfüllt war, im Feuer der Granaten umher und achtete nichts. Gibt es noch Menschen, die über der Erde wohnen, gibt es noch Häuser, die Dächer haben und Türen und Fenster, Kir chen, die nicht nur Skelette sind von Sparren uud Balken mit gestürzten Altären und kopflosen Madonnen? Was ist das nur, daß alle Menschen sich so verkriechen und verschanzen müssen und nichts sehen sollen von der Hellen, lichten, sonnigen Welt? Da droben wandert der Tod, groß, grob und patzig, jeder Schritt donnert und jeder Atemzug knattert .... und doch: fürchten wir ihn? an sich? sein Dasein? Nein, niemand I Aber sein Kommen, sein Drohen, seine Unberechenbarleit .... das ist es. Und wir drücken uns und wagen nicht aufzuschauen, platt wie die lauernde Gier liegt der Moloch dlors auf uns. Indessen geht der liebe Gott über das Land, dieser Rätsel volle, Ursächliche, an den wir uns klammern. Wir wissen: ir gendwo ist wieder die Zeit der hohen Ernte, einer Ernte, da der Tod nicht dengelt und tausend Granaten sein Schuitlcrlied heulen. Irgendwo . . . Hörst du, Kamerad, hörst du: dieser liebe Gott schreitet auch über unsere Gräben und Unterstände, und kein Verhau hemmt ihn und kein Sperrfeuer. Nichts, er ist ein Freier, er steht über dem Tode; er ist Herr über alle, die sich wie wütende Bestien zerfleischen; er ist zeitlos und doch bei uns, er kennt die Men schen seit Anbeginn, er hat sie selbst erschaffen; er ist es, der ein mal sür sich sprechen Uetz: Meinen Frieden gebe ich euch I Glaubst du an den Frieden? Glaubst du an Gott? Es ist eines das andere. Kraft und Glaube, das ist, was uns gross macht. Kraft und Glaube, das ist, was uns den Frieden bringt. Der Friedhof. Einmal lag hier Wohl ein Dorf — ein Dorf mit Kirche und Glockengeläut, mit Schnittersang, mit Mädeln und Burschen; mit Geburt, Hochzeit und Tod; mit Tanzen, Lachen und Frohsinn. Und es muß doch dieselbe Sonne darübergestanden sein und derselbe schwerfunkelnde Nachthimmel. — einmal, da es diese Greuel nicht gab, da alle Menschen noch so dahinlebten und nicht wußten, was das eigentlich sei, Krieg, und über den Frieden leichthin die Achsel zuckten. Wie ein unersättliches Ungeheu^: schob sich die Front um dieses Dorf und verschlang es. Unter ihren Pranken wurden Kirche und Häuser zermalmt, und langsam, stetig fraßen di« stählernen Zähne einen Stein von dem andern. Durch Keller und Kirchcngcwolbe bohrten sich Gänge und Wege. Die Gärten wurden aufgewühlt, und die Bäume moderten in den Brust wehren. Allez Land zerklüftete und zerriß in seinem Zusammen hänge; riesige Erdblocks aus Lehm und ziegelrotem Staub wuchsen zur Masse. Das Dorf verschwand, und niemand wird es mehr finden, der je hier seine Heimat sucht. Die Granaten Pflügen mit Riesenschaufeln. Sie kehren um, was unten liegt, und werfen es in die schwefelgleitzcnde Sonne. Auch dieses Dorf hatte Tote, Menschen, die von ihm fort- starben durch Krankheit und Alter. Es setzte ihnen Kreuze aus Holz und Granit und pflegte die Gräber mit Blumen und Ro- scnstöcken. Und da alle flohen, als die Front kam, mutzten sie die zurücklassen, die ihnen so gestorben waren, ganz allein und liebelos. Hart an ihnen vorbei laufen die Gräben der Infanterie. — Lange standen diese Gräber noch, als das Dorf schon dahin war, und immer noch blühten Blumen darauf pflegelos wirr durcheinander. Aber diese Erde zittert und bebt, und so rannen die Hügel merklos ineinander und wurden ein einziges Grab. Dann polterte der steinerne Christus vom hohen Kruzifix, und alle Kreuze legten sich langsam seitwärts und sielen um. Niemand sah mehr, daß hier ein Friedhof gewesen war. Man vergaß es. Es kamen Infanteristen, die schossen über seine Blumen hinweg. ... päng . . . Päng ... Da begannen die Granaten von drüben auch hier mit Riesen händen zu schaufeln. 1017
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