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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.06.1916
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1916-06-21
- Erscheinungsdatum
- 21.06.1916
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- Deutsch
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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.V 1-11, 21. Juni 1916. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. (Börsenblatt für de» Deutschen Buchhandel)! In Frankreich hat einzig Le Soudier kühne Versuche in diesem Sinne gemacht. Hat er Nachfolge gefunden? Ermutigung? Und wer hätte jemals daran gedacht, «in Adreßbuch des französischen Buch handels zusammenzustellen? Wir haben so etwas nicht? Wir haben nichts dergleichen. Nun aber, — da sehe ich auf meinem Tische einen dicken Quartband von dreizehnhundert Sei-' tcn. Ich schlage ihn ans. Da finde ich, wie eine Perlenschnur gereiht, eine ungeheure Fülle von Namen: Firmen von Ver legern, Inhaber, Teilhaber, die Adressen von Sortimentsbuch- händlcrn, alles mit Angabe des Grllndungsjahres, der Kommis sionäre im In- und Auslände, der Versendungsbedingungen, selbst mit Bezeichnung der Inhaber von Postscheckkonten und noch zwanzig weitere Einzelheiten mehr. Ach! Alles das ist deutsch. Dieses monumentale Werk ist der amtliche Bottin, herausgegeben vom Börsenverein der Deutschen Buchhändler (»Offizielles Adreßbuch des Deutschen Buchhandels«). Da hat man einen Zeugen der emsigen Betriebsamkeit unserer Feinde und unserer eigenen Trägheit. Eine so beschaffene Organisation, in der der Einzelne seine Kräfte und geschäftlichen Tugenden einem System der Gesamheit widmet, in dem Sinne geleitet, daß der beste Nutzen heraus springt, -- sie zu betrachten, ist herzzerreißend für Franzosen, die an kleinliche Egoismen gewöhnt und durch ihre Demokratie zer splittert sind. Denn schließlich endet man doch bei einer Frage der Menschheit, bei der Haltung der Bürger, sicher nur Opfer ihrer Einrichtungen und Sitten, aber im vollen Sinne auch selber schuldig; — sollen sie so bleiben, wie sie sind? Welcher Art sind sie denn? Was für Männer? Was für Erscheinungen? Die Neu gierigen können was erleben; sie haben «in Wirrsal des »Wa rum« zu lösen. Warum? Warum — um alles in einer Frage zusammenzufassen — hat noch kein Präsident unseres »Orale« damit ein Ende ge macht, seinen Titel lediglich als ehrenvolle Auszeichnung auf zufassen, und den Versuch gewagt, den Grund zu einer beruf lichen Organisation zu legen? Ich wiederhole. Es gibt Sitten oder, um mich richtiger aus- zudrücken, eine seltsame Abwesenheit von Sitten. Die Franzosen haben den Sinn für die vielseitig vermehrende Vereinigung von Kräften verloren: ein nationaler Verlust, von dem mehr als nur eine Ursache sich in den abscheulichen politischen Gewohn heiten finden lassen könnte, letztere selbst aus recht lächerlichen Grundsätzen hervorgegangen. Aber das erklärt nicht alles, und beste Möglichkeiten kommerziellen Lebens würden, so befürchte ich, keine wesentliche Änderung schaffen: je mehr der Gewerbs- oder Kaufmann bei uns sich darin gefällt, auf geebneter Bahn sich > zu bewegen, um so untätiger wird er, um so mehr wächst seine Furcht vor irgend welchem Wagnis. Ich möchte mich nicht ver leiten lassen, das Porträt irgend eines unserer großen Verleger zu zeichnen. Aber vielleicht könnten einige Bemerkungen und Anekdoten ihren Nutzen haben zur Ergänzung derer, die man im Verlauf dieser Erörterung schon gefunden hat. Der »Orale cke 1a lädrairie« hatte die Anwandlung — es ist schon einige Jahre her —, ein technisches Bureau zu schaffen zur Untersuchung und Wertbestlmmung von Neuheiten der Druck kunst, der Papier-, der Druckfarben-Erzeugung und des Schrift gusses. Wer, zum Teufel, mischt sich da hinein? Unverzüglicher Protest der »Lssoaiation ües imprimsnrs«. — Wie! so sagten diese Herren, aber Sie bringen ja unsere Preise unter die Leute. Nun werden wir auch so liefern müssen, wir. Nach acht Tagen war der Orale zurückgewichen. Bei L . . . Es gibt einen Herrn, der in seiner Stellung als Gelehrter nützliche und schöne Bücher schaffen könnte; er begnügt sich aber mit kaufmännischer Arbeit. Was tut's, wenn der un mittelbar« Gewinn genügt. Er genügt. Er allein gewinnt dabei. Bezeichnet» X . . . läßt tatsächlich Bücher erscheinen, aber nur solche, die eines reißenden Absatzes sicher sind. Der Name des Verfassers, ein hoher Grad von Aktualität seines Stoffes: damit hat er das, woran ihm liegt und was ihn be stimmt, ein Manuskript anzunehmen oder abzulehnen. Soll man auf Abenteuer ausgehen? Ausnahmsweise kommt es vor, daß eine große Verlags buchhandlung von dieser unendlichen Geschäftsklugheit abzugehcn Willens scheint und eine eigene Verlagspublikation unternimmt. Ah, man wird sehen. Eine von ihnen kündigt eine Sammlung von Texten großer französischer Gelehrten an, einige davon er scheinen sogar. Aber ein junger Besucher der Laboratorien glaubt zu bemerken, daß einzig Physik und Chemie in der Samm lung vertreten sein werden. Er stürmt zum Verleger: »Und die Naturwissenschaften? Und die Mathematik? Und die Astro nomie?« — Der Verleger läßt entmutigt die ausgebreiteten Arme sinken: — »Was wollen Sic? Das Unternehmen geht über unsere Kräfte. Es gibt kein sicheres Publikum dafür . . . Wir haben schon sechs Bände herausgebracht... « — »Das ist ja sehr bedauerlich, mein Herr«, erwidert der junge Mann, ein Ausländer, »aber Deutschland veröffentlicht doch eine gleichartige Sammlung, mit diesem Unterschied — die sen Unterschieden —, daß die Gelehrten aller Wissenschaften und aller Länder darin einbegriffen fein werden, daß der Band eine Mark kostet, und daß man in der Bändezahl schon beim zweiten Hundert ist!« Und der junge Ausländer, dessen Äußerungen ich hier wieder gebe, faßte meine beiden Hände: »Dennoch gibt es nur Euch, Ihr Franzosen, die Ihr zu arbeiten wißt. Wir andern in Europa, wir möchten gern Euch alle Bücher schaffen sehen, die ein Arbeiter braucht. Sie würden geistvoll und vollendet sein. Aber wie ist es nur möglich! Es ist beklemmend für die, die Euch lieben. Sogar die französische Literatur habe ich nach deutschen Texten studieren müssen. Man kann seine Tage nicht in den Bibliotheken hinbringen, und auch nicht jeder kann ein Vermögen an Bücher wenden. Das ist schließlich die jämmerliche Frucht unseres Geistes der Knauserei, unserer Habgier, unserer Angst vor dem nötigen Wagemut. Ter unheilbare menschliche Egoismus macht uns schwerfällig, läßt uns zum Spießbürger hinabsinken in Unge schicklichkeit und Feigheit. Schluß. — An eine so wohldurchdachte Organisation wie die deutsche ist nicht zu denken. Deutschland ist wirklich zu weit im Vorsprung, so daß es unnütz wäre, selbst für spätere Zeit einen französischen Volckmar sich auszudenken, nicht einmal eine Bestellzettelbörse in Paris. Ist es übrigens Wohl wünschens wert, in den Mengen mit Deutschland den Gleichschritt anzu- ftreben? Dieses große und mächtige Räderwerk, das einen Lärm macht wie in einem Hüttenwerk, schafft wenig anderes als un persönliche, alltägliche Handelsware auf einem Gebiete, auf dem wir wünschen, die Würde der Wissenschaften und der Künste zu bewahren. Gut und groß, so sei es; aber auch schön, aus erlesen, klassisch. Ich nehme ein Wunder an: Zwei oder drei große Ver leger würden eine Erneuerung ihrer Korporation in Angriff nehmen. Was hätten sie dabei zu versuchen? Der Titel eines Mitgliedes des »Orale« muß, müßte je denfalls künftighin Vorteile schaffen, denen anderseits die Ver pflichtung zu einer gewissen Disziplin entsprechen würde. Dazu würde es nur einer kleinen Zahl willensstarker Männer bedürfe», und wären es nur zwei. Böser Wille, Trägheit würden sich wider- setzen. Eine hartnäckiger Feldzug in den fachlichen Bulletins, Vorträge, geschickte Veröffentlichungen würden vielleicht zum Ziele führen. Danach würden als weitere Möglichkeiten sich zeigen: 1. die Ausstattung des Bureaus des »Orale« mit streng zu handhaben den Machtbefugnissen, 2. die Einführung von verantwortlichen Kommissionären, 3. die Schaffung eines jährlichen Buchhändler- Adreßbuchs, 4. die Verpflichtung zur Teilnahme an fachlichem Unterricht, vielleicht ln Verbindung mit bestimmten Primärschu len. Man wird den damit verursachten Aufschwung vorahnen und zugleich den Reiz, der korporativen Organisation anzuge- 8V5
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