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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.06.1916
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- 1916-06-20
- Erscheinungsdatum
- 20.06.1916
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- Deutsch
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Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. ^ 140, 2V. Juni 1916. Daß man diese auch an den maßgebendsten Stellen für überaus wichtig hält, geht am besten daraus hervor, daß ein kaiserlicher Prinz, der Erzherzog Leopold Salvator, ihr Protektorat über nommen hat. Freilich könnte diese so überaus begrüßenswerte Aktion ganz andere Erfolge erzielen, wenn sie sich in höherem Matze der Mithilfe und Mitwirkung des Buchhandels bedienen würde. Ein Blick auf die Anlage der zweiten deutschen »Reichsduchwoche« könnte den sicherlich von den besten Vorsätzen erfüllten Leitern der Aktion »Bücher ins Feld« zeigen, wie man es anzustellen hat, um sich die Anteilnahme der weitesten Volkskreise zu sichern und eine Sammlung wirklich volkstümlich zu gestalten. Denn nur wenn das gelingt, können die geistigen Bedürfnisse der Truppen in halbwegs ausreichender Weise befriedigt werden. Wie groß diese sind, zeigt sich auch in dem Entstehen von zahlreichen Feld- buchhandlungen an den verschiedenen Fronten der k. u. k. öster reichisch-ungarischen Armeen, die sämtlich dem Vernehmen nach überraschend große Umsätze zu verzeichnen haben. Das sind Erscheinungen, die man in Österreich früher kaum für möglich gehalten hätte. Und ebenso unmöglich wäre es uns erschienen, daß eine Idee bei allen, aber auch wirklich allen Be- völkerungsklassen und Gesellschaftsgruppen Österreichs und Un garns in gleicher Weise auf so lebhaftes Interesse und so be geisterte Zustimmung stoßen würde, wie das mit Naumanns mit teleuropäischen Gedanken tatsächlich der Fall ist. Innerhalb die ses gewaltigen Gedankenbezirks ist es die Annäherung zwischen Deutschland und Österreich-Ungarn, die im unbestrittenen Vor dergrund der allgemeinen Aufmerksamkeit steht und vom Denken des einzelnen, soweit es nicht auf den Krieg selbst, sondern auf die Zeit nach dem Krieg« gerichtet ist, Besitz ergriffen hat. Diese Einmütigkeit der Anschauungen und diese Allgemeinheit der Be strebungen sind ein in der österreichischen Geschichte ohne Bei spiel dastehendes Schauspiel. Wenn jemals eine Bewegung die Bezeichnung »volkstümlich« verdient hat, so ist es die auf Her beiführung der Annäherung zwischen dem Deutschen Reich und Österreich-Ungarn. Es wird ja Wohl bald keine Körperschaft, kein« Vereinigung in Österreich geben, die sich nicht in feierlicher Weise zu diesem Gedanken bekannt und seine Verwirklichung ge fordert hat. Selbst Kreise, die es sonst ängstlich vermeiden, aus ihrer Zurückhaltung hervorzutreten, wie z. B. die Universitäts lehrer, haben sich in eindrucksvollen Kundgebungen für den denk bar engsten Zusammenschluß mit Deutschland erklärt. Dabei ist es interessant, wie sich seit Beginn des Krieges die Annäherungsidee erweitert und ausgestaltet hat. Anfangs dachte man nur an eine innigere Vertiefung des politischen Bündnisses der beiden Staaten, später verlangte man daneben auch ein wirt schaftliches Zusammengehen, womöglich die Schaffung einer mehr oder weniger vollständigen wirtschaftlichen Einheit. Aber auch dabei blieb es nicht. Die Forderung nach wirtschaftlichem Zu sammenschluß führte zum Verlangen nach einer Rechtsannäherung bzw. einer Rechtsgleichheit auf dem gesamten Gebiete des Ver kehrsrechtes, Urheber-, Marken-, Patentrechtes, Gewerberechtes usw. Schließlich ging man noch weiter. Der Gründung einer »Waffenbrüderlichcn Vereinigung« in Berlin ist eine solche in Budapest und in diesen Tagen auch in Wien gefolgt. Das Ziel dieser »Waffenbrüderlichen Vereinigungen« aber ist ein weitum fassendes. Neben die politische und wirtschaftlich« Annäherung soll die geistige und kulturelle treten. Die Völker, die miteinander den Kampf um ihr Dasein geführt haben, sollen jetzt auch mit den Waffen des Geistes aneinanderrücken, ihre geistigen Besitztümer und kulturellen Schöpfungen austauschen und alle Kräfte ihres geistigen Schaffens der waffenbrüderlichen Vereinigung zuführen, um gemeinsam der Kulturentwicklung zu dienen. Es versteht sich von selbst, daß der österreichische Buchhandel — und das gilt Wohl auch vom deutschen — dieser Bewegung mit der größten Sympathie gegenübersteht. Lange bevor Naumanns Buch die Geister fesselte, hat sich ja der Buchhandel Deutschlands und Österreichs im »Börsenvercin« zusammengeschlossen, haben sich tausend Fäden zwischen den Berufsgenossen beider Reiche ge sponnen, die so dicht wurden, daß sie die staatliche Scheidung ver gessen ließen und für das berufliche Gebiet ein« wahre Einheit s schufen. Zahllose deutsche Buchhändler haben sich im Laufe der j Jahre in Österreich als besonders geschätzt« Mitarbeiter aufge- 798 halten und sind hier heimisch geworden, und auch der österrei chische Berufsangehörige ist in den Sortiments- und Verlags buchhandlungen Deutschlands gar oft zu finden. Gilt doch ein Aufenthalt in Leipzig oder einem der andern Mittelpunkte des deutschen Buchhandels für den jungen österreichischen Buch handelsbeflissenen geradezu als hohe Schule, und welchem Buch händler schlägt das Herz nicht höher, wenn es ihm vergönnt ist, an der Leipziger Ostermesse teilzunehmen. So ist das gegenseitige Sichkennen und Verstehen unter den Buchhändlern Deutschlands und Österreichs ungezwungen, vielleicht auch unbewußt entstan den, ehe man noch von einer mitteleuropäischen Bewegung sprach. Damit soll aber nicht gesagt sein, daß letztere dem Buch handel nichts mehr zu geben hätte. Schon einmal ist an dieser Stelle darauf hingewiesen worden,*) daß das Verhältnis zwischen dem deutschen und österreichischen Buchhandel trotz der Innigkeit und Herzlichkeit der Beziehungen insofern etwas ein seitig ist, als der deutsche Buchhandel fast nur als der gebende, der österreichische als der nehmende Teil erscheint. Die Mehr einfuhr an Büchern aus Deutschland nach. Österreich gegenüber der österreichischen Ausfuhr betrug im Jahre 1912 ungefähr 31 Millionen Mark, ein Verhältnis, das für Österreich gewiß günstiger sein könnt«, wenn die Bücher österreichischer Verleger im Reiche auch nur annähernd dieselbe Aufnahme fänden, wie es umgekehrt geschieht. Wenn erst einmal das österreichische Publi kum sehen wird, daß auch solche Bücher, die in Österreich er schienen sind, in Deutschland gern, und willig gekauft werden, dann wird auch in Österreich selbst das bei den Bücherkäufern noch immer so sehr verbreitete Vorurteil verschwinden, als könnte ein gutes Buch nur aus Deutschland kommen. Dann wird auch die für den österreichischen Buchhandel gewiß nicht allzu schmeichelhafte Erscheinung aufhören, daß unsere berühmten österreichischen Dichter und Schriftsteller ihr« Werke fast aus nahmslos nicht in Österreich verlegen lassen. Ja vielleicht wird es dann einmal umgekehrt ein deutscher Schriftsteller mit einem österreichischen Verleger versuchen, was bis jetzt als etwas ganz Unerhörtes erschienen wäre. All das wird für den deutschen Buchhandel nicht schädlich, für den österreichischen aber sehr er sprießlich sein. Aber auch noch in anderer Hinsicht muß der Buchhandel dem mitteleuropäischen Gedanken Beachtung zuwenden. Eine wesentliche Voraussetzung des auf dem Boden wahrer Gleichheit erfolgenden Zusammenarbeitens und brüderlichen Wetteiferns liegt darin, daß auch die rechtlichen Beding^gen, unter denen diese Arbeit erfolgt, möglichst gleichförmig sind. Das ist ja der Grund, warum jetzt die Bestrebungen zur Vereinheitlichung weiter Rechtsgcbiete in Deutschland und Österreich-Ungarn so lebhaft eingesetzt haben. Gerade in rechtlicher Hinsicht aber sind die Buchhandelsverhältnisse in beiden Staaten nichts weniger als gleich. Im Deutschen Reiche besteht für den Buchhandel Gewerbe freiheit, der österreichische Buchhandel wird vom Konzessions- Zwang beherrscht! Diese Gegenüberstellung mag genügen, um den gewaltigen Unterschied aufzuzeigen, der zwischen den recht lichen Daseinsbedingungen des Buchhandels in Deutschland und Österreich liegt. Es ist hier nicht der Platz, um im einzelnen die tiefgehenden Verschiedenheiten darzulegen, die sich insbesondere aus dem österreichischen Preßgesetz gegenüber den Verhältnissen in Deutschland — und zwar durchweg zu ungunsten Österreichs — ergeben. Die Entwicklung des deutschen Buchhandels feit Ein führung der Gewerbefreiheit wird Wohl jene Berufsgenossen in Österreich, die noch immer Anhänger des Konzessions-Systems sind, nachdenklich stimmen müssen. So kann also der Buchhandel für seine eigenen Zwecke aus der mitteleuropäischen Bewegung wichtige Erkenntnisse ziehen. Aber er ist auch seinerseits imstande, dem Annäherungsgedanken bedeutsame Dienste zu leisten. Er kann an der Erreichung des nächsten Zieles der Zusammenschluß-Bestrebungen Mitarbeiten, nämlich des gegenseitigen, Sichkennen- und Verstehen-Lernens, welchem wieder als notwendige Bedingung die gegenseitige Kenntnis der kulturellen, verfassungsmäßigen, völkischen, wirt- *> Vgl. Or. Irma Höft, Bon österreichischen Büchern. Börsenblatt Nr. 48 vom 25. Februar d. I.
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