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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.05.1916
- Strukturtyp
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- 1916-05-13
- Erscheinungsdatum
- 13.05.1916
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Redaktioneller Leit. 110, 13. Mai 1916. schichten, öle die beiden vergesset, lassen oder die Ungeduld zügeln, in ihrer Mehrzahl in Volksausgaben gekauft worden sind. Die un geheure Menge zeitweilig entwurzelter Männer, die der Krieg ge schaffen hat, ist in ihrem Verhalten zum Buche ivie Reisende, die ei» billiges Buch lause» wie eine Zeitung und es auf der Bank liegen laisen, wenn sie's gelesen haben. Es ist wahrscheinlich, das; nach Einstellung der Feindseligkeiten ein großer Teil dieses Lese- publiknuis sich an diese VeröffentlichungSfor», gewohnt hat und ihr ständiger Kunde bleiben wird. Man weis; übrigens, das; schon ein Pariser Verleger eine Sammlung erscheinen läßt, die die berühmte Tauchnitz-Kollektion ersetzen soll. Man sage nicht, wie mau das früher allzu leicht glaubte, daß ein Buch zum Durchschnittspreise, gut gedruckt-, auf anständigem Papier, gegenüber dieser auf die Spitze getriebenen Vervolkstümlichnng ver schwinde» müsse. In keiner Weise und ebensowenig wie ein Werk eigentlicher Buchkunst, das, dem Himmel sei Dank, immer noch Leute von Geschmack findet, die eine schöne Prosa, eine prächtige Poesie erst dann mit vollkommenem Genuß lesen, wenn sie auch in schmuckes Gewand gekleidet ihnen geboten werden. Es ist sogar zu wünschen, daß die Büchermesse auch eine besondere Abteilung für Buchkunst bringen möchte. Bedauerlich allerdings wäre cS, wenn sie sich etwa darauf beschränken würde, während so viele neue Aufgabe» ein tatkräftiges Vorwärtsschreiten unsrer Verleger fordern. Tatsache ist, daß der lebhaft betriebene Schulunterricht ver schiedene Klassen von Lesern für dasselbe Blich geschaffen hat, aber auch, daß diese verschiedenen Leser sich gegenseitig nicht in, Wege sind, weil ja auch ihre materiellen Mittel, ihren Wünschen Genüge zu tun, verschieden sind. Balzac schon hat bemerkt, daß in einer reicheren Gesellschaft als der seiner Zeit diese Erscheinung Alltage treten würde, vor allem die von sehr verschiedenen sozialen Leser- klassen. Er ist der Verkünder der kommenden volkstümlichen Aus gabe neben der Originalausgabe desselben Buches, die fast gleichzeitig mit dieser erscheinen müßte. Allerdings wurde er damals bei jedem seiner Werke vom belgischen Nachdruck auSgeranbt; über fein Leserkreis war auch begrenzter als heute. Die Frage der Verbilligung unsrer gangbaren schöllen Lite ratur durch Volksausgaben sollte in vorderster Reihe stehen; denn einerseits muß man an die große Menge französischer Leser denken, deren Geist mit der denkbar besten Literatur genährt werden soll, anderseits an die Notwendigkeit, uns aus diesem Gebiet nicht vom Anslandöbuchhandel verdrängen zu lassen. Hierzu muß gewünscht werden, daß alle berufsmäßig am Buche Beteiligten sich zu voller Verständigung znsammenfinden. Desgleichen, daß lebhaftere Be ziehungen zwischen dem Oerele de la librrurie und der beauftragten Vertretung der französischen Schriftsteller, der Lveivte d«8 de leiiroL, gepflegt werden möchten. Mit lobenswerten Bemühungen i» dieser Richtung ist schon deren letzter Ausschuß vorgegangen. Es darf erwartet werden, daß er sic unter dem Vorsitz des Herrn Decoureelle erneut aufnehmen wird, vielleicht bei Gelegenheit der Lyoner Büchcrmesse. Autoren wie Verleger müssen sich von dem selben Gedanken leiten lassen: der feste innere Zusammenhalt ist eine der wirksamsten Waffen, die dem französischen Geiste nach dem militärischen, auch den wirtschaftlichen Sieg sichern wird. .1. Soweit der französische Mahner. — Leine Siegeszuversicht ehrt ihn; wir bringen ihr achtungsvolles Verständnis entgegen. Und nicht nur für seine Anerkennung des Wertes deutscher buchhändlerischer Ar beit, sondern für manchen uns wider seine Absicht gegebenen Wink dürfen wir ihm sogar dankbar sein. Wenn wir von mancher allzu naturalistischen Schilderung, man chem Allzumenschlichen in der französischen Belletristik absehen, so dürfen wir seiner Begeisterung für das Erzählertalent französischer Schriftsteller, ihre stilistische Leichtigkeit und Gewandtheit, ihre Kunst lebendiger, packender Darstellung beipflichten. Es sind Vorzüge, die ihnen im Bunde mit der weitverbreiteten Kenntnis ihrer Sprache draußen in der Welt große Leserkreise erobert haben, nicht selten größere als im eigenen Lande. Und nicht minderen Beifall zollt der deutsche Buchhändler und Bücherfreund dem Geschmack und der vor nehmen Gediegenheit manchen Erzeugnisses französischer Buchkunst, zu mal der älteren, wie sie bis vor wenigen Jahrzehnte» noch gepflegt wurde. Aber auch die deutsche Literatur, auch die neuere, kann dem französischen Esprit zum Glück eine Fülle von geistvollen Erzählern gegenüberstellen, die es au Formgcwandtheit, an Kraft und Lebendigkeit der Dar stellung getrost mit ihm aufnehmen dürfe», ihn an Tiefe und Inner lichkeit der Schilderung, weit überragen. Nur infolge geringerer Weite des Sprachgebiets müssen deutsche Bücher zurzeit noch zurück stehen. Sicherlich wird die zu wünschende weiteste Verbreitung be herrschender Kenntnis der deutsche» Sprache nicht ausbleiben; doch erst kommende Geschlechter werde» diesen Triumph erleben. 610 Was die Äußerlichkeiten des Buches betrifft, die Gediegenheit und Vornehmheit des Papiers und Drucks, des Bildschmucks, des Einbands, so darf die »euere deutsche Buchausstattung cs mit der französische» gleichfalls aufnehmen; sie ist der merklich zurückgeblie benen gegenwärtigen französischen sogar überlegen. Freilich »ins; hier eine Einschränkung gemacht werden: von der leider wieder in größere Aufnahme gekommenen Drahtheftung sollte unter allen Um ständen Abstand genommen werden, auch für wohlfeile Bücher, Wochen- nuö Monatshefte, vollends von der ärgerliche» seitliche» Heftung, die sich neuerdings wieder breit macht und das Lesen zur Qual wer de» läßt. Nichts sollte versäumt werde», unsre gegenwärtige Überlegenheit uns auch zu sichern. Das dürfte um so unerläßlicher sein, als neben diesem Ly oner Unternehmen noch andere Vorbote» des zu eröffnenden Sturmes ge gen die Weltverbreitung des deutschen Buches sich zeige». Dahin ist vor allem die Schaffung eines »Oouritd du livi-e« in Paris zu rechnen, dessen Angehörige als Träger berühmter Name» der Wissenschaft und Lite ratur volle Geltung beanspruchen dürfe» und von nicht zu bezwei felndem Einfluß auf die Meinung der gebildeten Welt sein würden. Die Bildung dieses Komitees hat am 18. April d. I. unter dem Vorsitz deS ständigen Sekretärs der ^eadsinie de8 1il8eription8 et IZ6Ü68- ^.6itr68 Gasto» Maspero stattgefunden. Ihr Ziel ist die Ausbreitung der französischen Gedankenwelt im weiteste» Umkreise nicht nur aller zurzeit mit Frankreich verbündeten Völkern, sondern der ganzen gebil deten Welt. Wir sind überzeugt, daß der Reichtum und die große Vielseitigkeit der deutschen Literatur, im Bunde mit der Rührig keit und Findigkeit unserer Verleger, auch mit dem Geschick der Buch hersteller, dem guten Geschmack der Bnchkünstler, den Gefahren zu be gegnen wissen werden, die uns im zukünftigen wirtschaftlichen Kampfe drohe», und daß sie den Niederlagen entgehen werden, die Herr.1. ö. ihnen feindnachbarlich zugedacht hat. Die Frage billiger Volksausgaben, auf die er mit wohlbegründeter Hartnäckigkeit immer wieder zurückkommt, dürfte auch den deutsche» Bnchverlag alsbald ernstlich beschäftigen. Zweifellos werden sic nach Rückkehr gesicherter politischer Verhältnisse noch in größerer Menge als bisher ans dem deutschen Büchermarkt erscheinen, ihn zeitweilig vielleicht beherrschen. Ihr Ausbleiben oder nur geringfügiges Vorkommen wäre gleichbedeutend mit Versäumung der denkbar günstigsten Gelegenheit, weiteste Volkskreisc, die für den Buchhandel früher selten zu haben waren, ihm auf die Dauer zu gewinnen. Auch die ideelle Aufgabe des Buchhändlers, Leselust zu wecke», Wissen und Bildung i» weitem Um fange ins Volk zu tragen, bliebe sonst bedauerlich unerfüllt. Inwieweit cs möglich sein wird, die billige Volksausgabe auch neben der teureren Originalausgabe zu führen, sie sogar gleichzeitig mit dieser erscheinen zu lassen ohne empfindlichen Nachteil für letztere, bleibe dahingestellt. Immerhin dürfte das Beispiel, das uns der Verleger von Sven Hedins Kriegsberichten gegeben hat, das Erscheinen der ungewöhnlich erfolg reichen Volksausgabe vor der (ausführlicheren) - Originalausgabe, zu denken geben, vermutlich auch lehrreich sein. Dem Weltkriege verdanken wir Erweckung von Leselust in Hnndert- tauscnden, vielleicht Millionen von Krieger». Es befriedigt, zu hören, daß sich die gleiche Erscheinung von Lesehnnger auch hinter der fran zösischen Front gezeigt hat. In anderen Lagern dürfte es kaum anders sein. Mit einiger Zuversicht darf aus dieser beispiellos vermehrten allgemeinen Bekanntschaft mit der Literatur auf ein dauerndes Nach wirken des Anstoßes geschlossen werden. Auch eine ernstere und allge meinere Wertung des Buches als Besitz muß erwartet werde». Ter deutsche Buchverlag im Bunde mit den Autoren wird nicht zurückstehcn, wenn es gelten wird, diese ethischen und wirtschaftlichen Errnngen- jchaftcn des Krieges zu sichern. Daß unter den Mitteln dazu die Wohl feilheit des Buches eins der wirksamsten sein wird, kann nicht bezweifelt werden. Wie eS eiuznrichten sein wird, daß Antor und Verleger dabei auch die gebührende materielle Belohnung empfangen, erscheint uns als Frage zweiter Ordnung. Die Hauptforderung für die nächste Zukunft dürfte es sein, daß der Buchhandel die glücklich gewonnenen Leser kreise sich möglichst unvermindert erhält. Ein allgemeinerer Übergang zu volkstümlichen Ausgaben, nach Befinden mit textlicher Einschrän kung, kurz und bündig, leicht verständlich, und im Preise so wohlfeil ivie möglich, wird nicht vermieden werden dürfe». Ob dann später eine bleibende allgemeine Steigerung der Absatzmögilchkciten sich zeigen und in logischer Folge mit entsprechender Preisminderung auch der Originalausgabe» zu rechnen sein wird, läßt sich zunächst nicht entschei den, wohl aber mit einiger Zuverlässigkeit erwarte». Inwieweit die Lyoner Büchermesse etwa Erweiterungen im Wesen der Leipziger Buchhändlermesse, vielleicht im Sinne einer Ver kaufsausstellung für de» Großhandel und unter Heranziehung deS Aus landes, notig »lache» könnte, mag gleichfalls der weitere» Entwicklung ! Vorbehalten bleibe». Immerhin wird die Empfehlung, daß eine solche
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