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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.05.1916
- Strukturtyp
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- 1916-05-23
- Erscheinungsdatum
- 23.05.1916
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- Deutsch
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.V U8, 23. Mai 1916. Redaktioneller Teii. crons Kriegsnovellen nicht für Spitäler, Wohl aber für die Be- satzungstcuppen in Serbien, dagegen würde, um nur eins heraus- zngreifen, Müllcnhosfs «Aus einem stillen Hause« für Erholungs heime sehr geeignet sein. Sogenannte fromme Bücher, auch fromm im Sinne von einigen Lagertöfschen Schriften, dürften für die Reichsbuchwoche ganz ungeeignet sein. Seitdem mir in meiner stützen Jugend als Schüler einer Privat-Lateinschute »Das Leben des seligen, Stanislaus Kosta« und kurz darauf Meschlcrs Alohsius von Gonzaga ausgehändigt wurde, habe ich nie mehr «ine Schülerbibliothek, auch die des Gymnasiums nicht, benutzt und würbe auch als Soldat nur mit Scheu und Bangen eine Feldvibliothek aufsuchen. Nicht als ob ich derartige Bücher ablehnte, nein, aber sie sind meistens sehr langweilig geschrieben. Ich »röchle hier an das Wort eines österreichischen Feldgeistlichen erinnern, dem fast nur Gebet- und Erbauungsbücher für seine Soldaten zugesandt wurden: »Schickt mir keine frommen Bü cher mehr!«, schrieb er, »ein Soldat vor dem Feinde ist ohnehin fromm und gottesfllrchtig«. Da der Buchhändler in der Reichs buchwoche der Berater des Käufers besonders in dem Sinne sein soll, daß ein wirklich geeigneter Lesestoff für unsere Krieger ge stiftet wird, soll er seine Bllcherkenninis in zweckdienlicher Weise bei der Reichsbuchwoche verwerten, nicht etwa zum Heile seines älteren, festen Lagers. »Nur das Beste ist gut genug für die Ver teidiger unserer Heimat, unseres Herdes, unserer wirtschaftlichen Existenz! Unser« Bücher sollen nicht in den Ruf kommen, den die Liebesgabenzigarren sich schon vielfach erworben haben. Je Vesser die in der Reichsbuchwoche gekauften Bücher sind, desto besser werden die Soldaten im Feld« und da heim zu Bücherlicbhabern erzogen. Und batz jetzt, im Kriege, den Soldaten gute Bücher als Mittel zum Zweck — welcher Zweck es auch immer sein möge — geboten werden, das ist der Nutzen, den der gesamte Buchhandel für seine Bemühungen in der Retchsbuchwoche erzielen wird. Die Büchermesse in Lyon. <Vgl. Nr. 110.) Das Unternehmen des Maires von Lyon Eduard Herriot und seines Hintermanns Pierre Decourcelle, Präsidenten der -»äoeiete des Kens dv lettres«, mit Leipzig und dem gesamten deutschen Buchhandel in ernsten Wettbewerb zu treten, nach der verunglückten Warenmuster messe in Lyon die Verkündigung des wirtschaftlichen Vernichtungs krieges gegen Deutschland durch eine nachfolgende — mit gleichem Un bedacht ins Werk gesetzte — Lyoner Büchermesse zu bekräftigen, hat die Pariser Zeitungspresse ausgiebig beschäftigt. Eine reiche Auswahl dortiger Blätter aller Schattierungen mit ausführlichen Berichten liegt uns vor. Alle in unangenehm überschwänglichem Tone gehalten, an- gcfüllt mit Reden voll tönenden Phrasengeklingels und auf zündende Schlagworte zugespitzt, sachlich aber ohne brauchbaren Inhalt, ohne tiefere Einsicht in das werktätige Getriebe des Buch- und des Welt handels. Die unbezweifelte Bedeutung der Namen der Redner kann über diesen Mangel nicht hinwegtäuschen. Neben Herriot und Decourcelle kamen im Laufe der Messe, soweit wir unseren Unterlagen entnehmen, noch der Unterstaatssekretär der schönen Künste Dalimier zu Worte, der die ernste Teilnahme der Negierung versichern und ihre Unterstützung Zusagen konnte, ferner Edmond Haraucourt, Guglielmo Ferrero, J.-H. Nosny von der ^esdsmis Ooncvurt und das Mitglied der ^eademie kran^ais« Emile Bontroux, der seinen beifällig gestimmten Hörern den klaffenden Ab grund zwischen germanischer Kultur und klassischer Zivilisation, wie letztere nach seiner Meinung Frankreich beherrsche, klarzumachen suchte: »Während diese die Vollkommenheit des Menschen und seiner Lebens bedingungen erstrebt, indem sie die Natur mit dem Ideal in harmoni schen Einklang bringt, die Freiheit mit der Ordnung, hat jene sich die Aufgabe gestellt, ein Herrenvolk zu schaffen mit der Bestimmung, die Welt und die Menschheit zu seinem Nutzen auszubcuten«. — Wir brauchen uns bei dieser Offenbarung französischer Weltanschauung nicht aufzuhalten. Den auf dein Felde der Ehre gefallenen Schriftstellern, deren Zahl er nach ungenügenden Unterlagen auf mindestens 25N schätzt, widmete Maurice Barres von der ^eademie kran^am« ergreifende Abschieds worte. In einer musikalischen Gedächtnisfeier zu Ehren der beiden Komponisten Enrique Granados, eines Spaniers, der bedauerlicher weise der »Snssex«-Katastrophe zum Opfer gefallen ist, »388388in6«, und des Franzosen Albsric Magnard, »ku8ÜIv par Ie8 ^llemands«, sprachen Herriot und Romain Coolus, Präsident der »8oeiete d«8 auteui-8 et compo8it6ur8«. Dieser beschränkte sich auf Schilderung der Verdienste der verstorbenen Künstler und der Umstände ihres Opfer todes. Dabei erfahren wir, daß Magnard, der nicht Soldat war, sich von der Leidenschaft hatte hinreißen lassen, aus seinem Hause, das er bedroht glaubte, auf eine deutsche Reiterpatrouille zu schießen. Bet der nachfolgenden Inbrandsetzung seines Hauses fielen leider auch viele noch unveröffentlichte Notenhandschriften den Flammen zum Opfer. Die Lyoner Büchermesse hat nur wenige Tage gedauert, nicht ganz eine Woche, und die volltönenden Überschriften der Zeitungs berichte »I>3 koü-6 du livre« haben sich alsbald in die bescheidenere »86maiu6 du livre« gewandelt. Was sie zu einer ernst zu nehmenden Messe hätte stempeln können, daran hat es, wie schon bei der Waren mustermesse, so völlig gefehlt, daß wir kaum Veranlassung hätten, uns mit ihr zu beschäftigen, geschweige denn eine Besorgnis für den Leipziger und deutschen Buchhandel zu äußern. Aber dieser erste Ver such wird aller Wahrscheinlichkeit nach wiederholt werden, wenn nicht in Lyon, so vielleicht in Paris, und der Gefahr eines Wirtschaftskrieges, der sicher zu erwarten ist, sollte unserseits rechtzeitig und mit größtem Nachdruck entgegengetreten werden. So ungläubig wir den sicherlich übertriebenen, zum mindesten unzulässig ver allgemeinerten Schilderungen französischer Beurteiler von der Unfähigkeit und Untätigkeit des französischen Verlages gegen überstehen, so wenig zweifeln wir an der Lebenskraft des deutschen Buchhandels und dem Geschick und der Rührigkeit unserer Verleger, daß sie aller Gefahr zuvorkommen, sie im Notfälle glücklich bestehen werden. Aus den vielen uns vorliegenden Pariser Berichten hebt sich einer von Marc V. Grellet im »dournal de8 I)6bais« (Nr. 123 vom 2. Mai 1916) vorteilhaft heraus, dessen nüchterne Betrachtung Sachkenntnis verrät und genügende Zuverlässigkeit zu verbürgen scheint. Seine Übersetzung sei hier angeschlossen: » Die Bücherwoche ist beendet. Die Schlußfeier brachte einen meisterhaften Vortrag von Emile Boutroux: »Lateinische Zivilisation und deutsche Kultur«, der die Bedeutung der Lyoner Büchermesse dahin zusammenfaßte: Schätzung des richtigen Wertes der allzu laut ge priesenen, vor dem Zusammenbruch stehenden deutschen Kultur und Beleuchtung der allzusehr verkannten lateinischen Zivilisation. Gewiß, die Lyoner Büchermesse war in mehr als einem Betracht glänzend; sie war eine schöne Bekundung französischen Geistes. Man hat Männer von großer Bedeutung gehört: Maurice Barrös, Guglielmo Ferrero, Emile Boutroux, Haraucourt, Pierre Decourcelle; man hat sich von Rosny eine meisterliche Studie über den Roman vor tragen lassen; man sah dort die Oornedib Iranyaigs, und man hörte den Vortrag von Werken Albbric Magnards und Henriquc Granados'. Selten sah man so gute Gesellschaft. Auch die zur Bücherwoche dort versammelte Presse hat es nicht daran fehlen lassen, ihren Erfolg zu melden, und wir finden am Ton ihrer Berichte nichts auszusetzcn. Aber vielleicht erlaubt man uns, uns auf einen anderen Standpunkt zu stellen und eine andere Glocke ertönen zu lassen: Wo bleiben bei alledem die Verleger? Penn es scheint mir hinreichend einleuchtend, daß man ihnen in einer Büchermesse einen bescheidenen Platz schuldet. Der Maire von Lyon hat mit einem treffenden Wort die Haltung vorgezeichnet, die die französische Handelswelt angesichts des deut schen Wettbewerbs von nun an einnehmen müsse, er hat sie zum wirtschaftlichen Kriege aufgerufen. Der Ausdruck ist zutreffend und umfaßt ein ganzes Programm, vielleicht veranlaßt er sogar eine völlige Umwälzung der in der französischen Geschäftswelt bisher geübten Betriebsarten und -Gewohnheiten. Wer zum Kriege ruft, versteht darunter zunächst eine lange Vorbereitung, methodischen und organi satorischen Geist; sie allein können den Vormarsch gestatten. Kann man sagen, daß sich davon etwas bei der Lyoner Büchermesse gezeigt hat? Nein. Zur Buchhändlermesse in Leipzig, die Jahrhunderte alt ist und mit der man in Wettbewerb treten will, empfangen die deut schen Verleger drei Monate vorher eine Einladung, die ihnen das Datum nennt, einen Monat später bringt man ihnen die Sache in Er innerung, und kurz vor der Eröffnung der Messe schickt man ihnen Eintrittskarten, Ausweisscheine und alles das, worauf ein Aussteller das Recht haben kann. Die Leipziger Buchhändler empfangen ihre Kollegen aus den anderen Städten und bekümmern sich um sie während ihres Aufenthalts. Nun aber hat man in Lyon den Widersinn zum Grundsatz erhoben: Für die Büchermesse mögen die Verleger, also die Lieferer der Bücher, die letzten sein, die um ihre Beteiligung angegangen werden. Acht Tage vor der Eröffnung der Messe wußte man im 66rel6 de la lidrsirie noch nichts über die Bedingungen, nach denen diese Ausstellung vor sich gehen sollte. So waren denn die Verleger genötigt, ihre Sendungen in letzter Minute in aller Eile zusammen- 651
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