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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.05.1916
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1916-05-08
- Erscheinungsdatum
- 08.05.1916
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. „k 105, 8. Mai 1916. Sie sind mit Humor durchsetzt, weil sich der Mensch, der nach der Regel der Wissenschaft denken lernte, ganz anders vor der Um welt abschließen kann, als der nur durch die Schule und das Leben mit Erfahrung und Schicksal Erzogene, Die Leute, die aus dem Luxus und der Bequemlichkeit her- ausgerisjen wurden, die bis zu ihrer Einberufung keine Besinn lichkeit kannten, die mit anstrengender Arbeit, Zerstreuung oder Taumel ihr Sein aussüllten, wurden alz Soldaten nachdenklich und suchten nach einem geistigen Gehalt als Gegengewicht zu der ihnen ungewohnten körperlichen Anstrengung und als Folge der Gesundung ihres Körpers, Diese Gruppe bildete in unserem Bataillon zunächst den Stamm der Leser, Sie als Durchschnitt zu behandeln und ihr zur Zerstreuung Lesefutter zu geben, wäre falsch. Es ruht in diesen Menschen eine Intelligenz, die sich zwar äußerlich der Tagesarbeit und der Gewohnheit widmete, die aber in der Jugend oft gute Anlage zu geistiger Beschäftigung zeigte und die wieder zu wecken und zu Pflegen eine reizvolle und die Gesellschaft fördernde Aufgabe ist. Auf hoher Warte stehen bei der Auswahl ihrer Bücher die Lehrer, Sie verlangen meist nach dem »Kataloge und suchen bestimmte Namen, die aber auf keinen schlechten Geschmack schließen lassen, Entdeckerfreuden suchen sie wohl selten, und das Abenteuer beim geistigen Genuß, die Sehnsucht der Kunst zigeuner, ist ihrem Ordnungssinn zuwider. Der Akademiker ist im Leseraum ein seltener Gast, Er Über sicht die aufgestellten Bücher mit prüfendem Blick, verspricht wiedcrzukommen und beschränkt sich dann meist auf Zeitungen und Zeitschriften, Der Schreiber dieser Zeilen, der selbst seit Monaten fast kein Buch gelesen hat, bringt ihm Verständnis ent gegen. Selbständige Kaufleute, die die Grenzen ihres Heimatbezirks selten verließen, Beamte und Privatbeamte gehören zu einer Gruppe, deren Geschmack nicht leicht zu befriedigen und deren Lesehunger schwer zu stillen ist. Will man sie einteilen, so kann man zwei Spielarten scheiden. Die einen haben Achtung vor dem Wissen und der Schrift, die andern betrachten jenes als un praktischen Überfluß und diese als Mittel zur Macht und zur Verständigung. Die ersten halten weder Zeit noch Begabung, sich ein eigenes Urteil zu bilden und lassen sich vom Geschmack der Masse, von der Mode oder der Reklame leiten, die zweiten sehen in dem Bllchcrmenschen die Possenfigur und suchen im Buche mehr die sinnliche Anschauung, das Bild, Eine weitere Gruppe ist die der großstädtischen Arbeiter, die nach ganz bestimmter Richtung vorgebildet sind und deren Anschauungen man in jahrelanger Tätigkeit kennen gelernt haben muß, um ihr Vertrauen zu gewinnen und sie bei der Auswahl der Bücher beraten zu können. Der Ehrgeiz des Buchwarts muß darin bestehen, die Leute abends aus den Stuben herauszuholen, sie vom Kartenspiel zu entwöhnen und mit der Kantine in Wettbewerb zu treten. Es wäre noch zu betonen, daß diese Betrachtungen keines wegs allgemein genommen werden dürfen. Es ist ein großer Unterschied bei der Befriedigung des Lesebedürfnisses zwischen den Frontsoldaten und der Bewachungsmannschaft zu machen. Doch auch der Dienst der letzteren ist so anstrengend und ver antwortlich, daß dem Manne zum Lesen nicht gar zu viel Zeit bleibt. Erwünscht wäre es, daß den Arbeitskommandos, die außerhalb des Lagers weilen, die Benutzung der Volks- und Gemeindebücherei gestattet würde. Eine Anmerkung für die Kollegen: es sei empfohlen, die für Soldaten bestimmten Ankündigungen kurz unter Vermeidung von Redensarten in verständlichem Deutsch mit besonderer Be tonung des Wesentlichen abzufassen. Der militärische, knappe, klare Stil liegt den Leuten, Es wäre von Vorteil, wenn er in die Verkehrssprache übernommen würde. Unser Gefangenenlager besteht aus Holzbaracken, In einer dieser befindet sich der Bataillonsleseraum, Seine Ent stehung stand unter einem Hellen Stern, und selbst der Krittler kann schlecht an ihm etwas aussetzen. Der Herr Lagerkommandant löste die Aufgabe, mit einfachen Mitteln ein viel besichtigtes Mnsterlager zu schaffen. Der Herr Bataillonskommandeur kümmert sich bis zum kleinsten um das SSV Wohl seiner Mannschaften und sieht sie in seiner feinsinnigen, vorurteilsfreien, fast väterlich zu nennenden Art gern geistig be schäftigt und unterhalten. Die eigentliche Leitung des Lese- raums hat ein Oberleutnant, der wegen seiner Organisations gabe im Buchhandel sehr bekannt ist. Die Einrichtung besteht aus einfachen Bauernmöbeln, die mit saftiger roter Lackfarbe gestrichen sind. An den Wänden hängen die Bilder unserer Heerführer und Volkshelden neben Darstellungen aus der Geschichte Deutschlands und guten Stein drucken, die in lichte» Farben Landschaften und Seestücke zeigen. An den gegenüberliegenden Wänden der unteren durch die Mlltzenhalter abgesetzten Hälfte hängen die Zeitungen und Zeit schriften, die zu bestimmten Stunden vom Postzimmer geholt und dann sofort in Zeitungshalter gespannt werden. An der einen Wand sind die Karte» der Kriegsschauplätze angebracht, deren jede in eine schmale Holzleiste gespannt ist. Den noch freien Raum der Wände nehmen die Regale ein, in denen die Batail- lonsbllcherei, die zurzeit etwa 2000 Bände umfaßt, nntergebracht ist. Zum Sammeln und Sichten der alten Zeitungen ist ein Fachwerk angebracht, sodaß die Leute, die vom Kommando zurück kommen, die alten Zeitungen Nachlesen können. Im Hinteren Raume befinden sich zehn Schreibpulte, aus einfachem Holz ge zimmert, darunter ein breites zum Notenschreiben für den Chor führer, das Grammophon, das abends Konzerte gibt, der Spiel tisch für Schach- und Brettspiele und der Stolz, zwei Korbstühle mit Kissen, Das Kartenspielen ist im Lescranm verboten. Rau chen, mit Ausnahme von Pfeifen, ist gestattet, Trinken verboten. Der Raum ist geöffnet von 10 Uhr morgens bis !410 Uhr abends ohne Unterbrechung; er ist auch abends gut beleuchtet und ge lüstet. Die Bücherei leiht an jeden dem Bataillon Zugeteilten Bücher mit einer Leihfrist von >4 Tagen aus. Für jedes Buch besteht eine Karte, auf der oben Titel nach bibliographischen Grundsätzen, Art und Standnummer vermerkt ist. Darunter be finden sich in doppelter Ausfertigung die Rubriken: Tag der Ausgabe, Nummer der Lesekarte, Tag der Rückgabe, die mit einem Datumstempel ausgefüllt werden. Wildenbruch, Ernst von, Kindertränen beste dtsche. Erz. 1578 Ausgabe Lesekarte Rückgabe Ausgabe Lesekarle Rückgabe 27. 2. l6 8, 3. 16 18, 3, 16 80 319 42 3, 3, 16 15, 3, 16 Jeder Leser erhält eine Karte, auf der laufende Nummer, Vor- und Zunamen, Kompagnie oder wo sonst der Inhaber zu finden ist, Ausgabetag und ausstellender Diensthabender vermerkt sind. Die Karten werden in ein Tagebuch übertragen, das also nach Nummern geordnet ist. Dieses Tagebuch wird alphabetisch nach Namen der Karteninhaber registriert. Wer ins Feld rückt oder dem Bataillon nicht weiter angehört, gibt die Karte zurück und sein Name wird im Buche gestrichen. Die Bllcherkartothek ist nach Standnummern, wie die Bücher, geordnet. Jedes Buch erhält mit schwarzer deutlicher Zahl auf weißem Grund seine Nummer und wird durch Stempel als Bataillonseigentum bezeichnet. Bei nicht pünktlicher Ablieferung erfolgt zunächst kameradschaftliche Mahnung, dann Meldung, die bisher noch nicht nötig gewesen ist. Die Kartothek ist in zwei Kästen geteilt, deren einer die Karten über die vorhandenen, der andere die über die verliehenen Bücher enthält. Eine Bestandsaufnahme ist so in einer knappen halben Stunde gemacht, und das Einmahnen der Bücher, die nicht rechtzeitig abgeliefert sind, dauert auch nicht länger.
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