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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.03.1916
- Strukturtyp
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- 1916-03-11
- Erscheinungsdatum
- 11.03.1916
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- Deutsch
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Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. S9, II. März 1916. Geschäft nicht geglaubt! Nun holte ich mir meine Steuerpapiere her, und das verblüffende Ergebnis ist das folgende: Wenn ich auf die Endsumme jener zwölf Monate die ungefähr 45°/», die ich nach dem neuen Posttarif- ent Wurf, falls er damals Gesetz gewesen wäre, hätte dazublechen müssen, so hätte ich eine Summe zahlen müssen, die um i/h höher ist, als der für 1914 den Teilhabern meiner Firma zu sammen zudiktierte ganze Wehrbeitrag, und nur 16°/» niedriger ist, als Staats- und Ge meindesteuer des Jahres 1914, ebenfalls für alle Teilhaber. Da hört denn doch wirklich aller Sinn und Verstand auf! Ich soll mit andern Worten den Betrag der direkten, ganz ge wiß nicht niedrigen Staats« und Gemeindesteuern nahezu noch einmal in Gestalt von erhöhtem Postgeld erlegen! Verblüffend, unglaublich, ungeheuerlich, aber wahr! Daß ein solcher Wechselbalg von Gesetzentwurf nicht zum Gesetz werden darf, wenn es irgendwie zu verhindern ist, das steht fest. Also schleunigst die Flucht in die Öffentlichkeit er griffen! Gern schrieb ich Ihnen, verehrter Herr Thomas, einen längeren Artikel für unser Leib- und Magenorgan, das Börsen blatt, aber ich bin derartig mit Arbeit überhäuft, daß ich Ihnen nicht versprechen kann, in den nächsten Tagen damit zustande zu kommen. Eile hat aber die Sache, denn der in der zweiten Hälfte des März zusammentretende Reichstag hat womöglich schon über die neuen Gesetzentwürfe zu beschließen. Das Wirk samste aber, was meiner Meinung nach auf der Stelle geschehen müßte und geschehen kann, wäre, daß Sie dieses Ergebnis meiner Postgeld- und Steuerberechnung flugs i» die Öffentlichkeit des Buchhandels bringen und auf diese Weise recht viele andere Berufsgenossen auffordern, sich ungesäumt die gleiche Aufrechnung zu machen, ein jeder für seine Verhältnisse. Dann haben wir wenigstens den festen Boden der Wirklichkeit unter den Füßen, um bestimmt sagen zu können, wie der erhöhte Postgcldtarif im Buchhandel wirken wird. Daß er verwüstend, vernichtend wirken wird, ist mir außer allem Zweifel. Wenn Sie dann noch, verehrter Herr Thomas, aus Eigenem dartun wollen, wie verkehrt Verkehrssteuern überhaupt sind, wie hier wieder Handel und Verkehr die Lasttiere sein sollen, während der Agrarier und der Rentner vergnügt schmunzelnd frei aus gehen; wie ungleich auch innerhalb des Handels und der Indu strie der Postgeldverbrauch ist im Vergleich mit dem Umsatz und dem Reingewinn; wie zerstörend weiter, um auch dies noch zu erwähnen, die Quittung? st euer auf den Buchhandel, namentlich aus den Leipziger Verkehr wirken wird, — so werden Sie damit hoffentlich noch recht viele andere Buchhändler veran lassen, sich über das Verhängnis klar zu werden, das über uns allen schwebt. Aber wie gesagt, Eile tut not! Ihr ergebenster Diesmal Namenlos. Zu den wenigen unbestrittenen Tatsachen des öffentlichen Lebens gehört die Erfahrung, daß niemand gern Steuern zahlt. Von diesem Gesichtspunkte aus gesehen, kann es nicht befremden, daß auch die neuen Steuercntwürfe der Regierung mit schweren Bedenken in den beteiligten Kreisen ausgenommen werden. Denn immer wird man denjenigen Staat als den besten ansehen, der bei vollkommenstem Schutze des Erwerbslebens seinen Bür gern die wenigsten Steuern abverlangt. »Ganz bequem«, sagte Bismarck einmal in einer Reichstagsverhandlung, »sitzt der Steucrrock niemals, cs ist immer besser, man hat gar keinen«. Gleichwohl — und auch das Genie Bismarcks hat hier keinen Ausweg finden können — ist der Staat auf die Steuern ange wiesen, zumal die moderne Staatswirtschaft im wesentlichen immer Steuerwirtschaft sein wird. Denn es kann nicht so sehr als seine Aufgabe betrachtet werden, unmittelbaren Gewinn aus den ihm unterstellten Instituten, besonders Post, Telegraphen und Eisenbahn, herauszuwirtschaften, als vielmehr dem allge meinen Verkehr zu dienen. Wenigstens hat dieses Interesse hinter den finanziellen Gewinn zurückzutreten, ganz abgesehen 262 davon, daß die Privatposten bewiesen haben, daß es sehr Wohl möglich ist, billige Portosätze einzuführen und trotzdem noch ange messene Gewinne zu erzielen. Als der Staat sie aus dem Wege räumte und dadurch ein Monopol auch für den Ortsverkehr her stellte, wurde diese Wandlung allgemein begrüßt in der Annahme, daß dieses Monopol nicht zu einer Ausnutzung führen und die Verkehrsbedingungen verschlechtern, sondern einer rationelleren Wirtschaft dienen würde. Auch dürfte es nicht richtig sein, die Grundsätze privatwirtschaftlicher Betriebe ohne weiteres auf staatliche Institute zu übertragen, da der Verkehr nicht Selbst zweck, sondern nur Mittel zum Zweck ist, nämlich zu dem Zwecke, die Menschen einander näherzubringen und dadurch den Gedanken- und Güteraustausch zu fördern. Da mithin der Staat nicht genügend Einnahmen aus diesen dem Zwecke des Verkehrs dienenden Anstalten ziehen kann, so muß er im Wege der Steuergesetzgebung sich die Mittel für den Staatsbedarf beschaffen. Steuern sind somit ein notwendiges Übel, und wenn es auch kaum eine Steuer geben wird, die man als populär bezeichnen könnte, so sind doch Verkehrssteuern die schlechtesten Steuern, weil sie das Wirtschaftsleben an der Wurzel angreifen, also die Steuerkraft der Geschäftswelt, die fast allein die Lasten dieser Steuern aufzubringen hat, nicht fördern, sondern vielmehr verringem. Denn hier handelt es sich nicht um eine Besteuerung dessen, was man einnimmt oder verzehrt, sondern um eine Besteuerung der Arbeit, und zwar jener Arbeit, die mehr spekulativen als produktiven Charakter hat, da der weitaus größte Teil der Ausgaben für Post, Bahn, Fernsprecher und Telegraphen doch dazu dient, neue Geschäftsverbindungen anzubahnen, Waren zu empfehlen und Käufer heranzuziehen. So werden eigentlich hier Fleiß und Regsamkeit besteuert, die man sonst zu belohnen pflegt und die heute zur Aufrechterhaltung des Wirtschafts lebens notwendiger sind als je, schon weil nur wenige in der glücklichen Lage sind, daß ihnen die Bestellungen ins Haus ge bracht werden. Die Folge dieser Besteuerung wird mithin sein, daß Handel und Verkehr, also die Hauptquellen der Steucr- kraft, eine erhebliche Einbuße erfahren werden und manches Ge schäft unterbleiben wird, weil entweder die Aufwendungen für die Anknüpfung neuer Geschäftsverbindungen nicht im Verhältnis zu dem möglichen Erfolge stehen oder weil es überhaupt un möglich ist, auf der in Aussicht genommenen Basis noch rationell in der bisherigen Weise zu Wirtschaften. Von heute auf morgen aber den Betrieb auf vollständig neue Grundlagen zu stellen, wird sich ebensowenig überall erfolgreich durchführen lassen. Würden wir doch bei Einführung dieser neuen Verkehrssteuern das Doppelte dessen an Inlandsporto zu bezahlen haben, was in Österreich, der Schweiz, Frankreich und andern Ländern für den gleichen Zweck zu entrichten ist. Daß das Weltporto von einer Erhöhung ausgeschlossen werden soll, ist Wohl nur seinem Schutze durch internationale Verträge zu danken. Zu diesen Mehr ausgaben treten nun noch die unbequeme Zahlungsart, die Stö rungen bei der Abwicklung des Geschäftsverkehrs, wie sie nament lich die Einführung des Quittungsstempels mit sich bringen würde, sowie die Belästigung durch die Schreibarbeit bei der Abferti gung der Kunden usw., kurz Hemmungen, die das gerade Gegen teil sind von dem, was der Handel braucht, um sich entwickeln und die Lasten mit tragen zu können, die der Staat Wohl oder übel von jedem einzelnen fordert. Auch die Tatsache, daß jeder stündlich daran erinnert wird, was er dem Staate für Opfer zu bringen hat, dürfte wenig dazu beitragen, die Freude am Staate zu erhöhen, so sehr sich auch jeder seiner Verpflichtungen ihm gegenüber bewußt ist. Wir haben wiederholt ausgesprochen, daß für den Buch handel kein besonderes Brot gebacken wird, daß er sich vielmehr wie jeder andere Handelszweig in die bestehende Wirtschafts ordnung einzufügen hat. Aus diesem Grunde sehen wir hier auch davon ab, die neuen Steuerentwürse in das Licht der besonderen Verhältnisse des Buchhandels zu rücken. Sollten sie, was wir nicht hoffen, Gesetz werden, so muß der Sortimenter, da diese neuen Lasten keinen Raum in der Spanne zwischen Ordinär- und Nettopreis haben, sie auf die Käufer abwälzen. Damit wird er nur tun, was andere Berufszweige von Anfang an getan haben, nur daß sie es als selbstverständlich einpfinden und unter lim-
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