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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.02.1916
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1916-02-07
- Erscheinungsdatum
- 07.02.1916
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- Deutsch
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/V 30, 7. Februar 1016. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchbandel. um 4 "X, schlagen konnte, so verdanke ich das wohl lediglich der Em pfehlung des Publikums. Reklame und unverlangte Katalogab gabe habe ich ganz ansgcgcbcn, habe auch in Friedenszeiten davon nicht allzuviel Vorteil vcrsptirt, und bin der Ansicht, daß im Buch handel noch mehr als in anderen kaufmännischen Berufen der Mann das Geschäft macht. Wahrnehmcn jedes geschäftlichen kaufmännischen Vorteils, bei uns also Ausnutzung der Partievorteile halte ich dabei für nötig, wobei freilich der Sortimenter gelegentlich auch nicht kleine Risiken cingehen muß, kann er doch nie wissen, namentlich bei Neisenden- bestellnngen, wie der oder jener Artikel cinschlägt. So hatte ich in diesem Jahre wirklich Bedenken, ob die großen Partien, die ich teilweise bezogen, auch Abnehmer finden würden. Ich bin in den meisten Fällen nicht enttäuscht worden und habe von den billigen 1 Mk.- und 2 Mark-Artikeln Mengen gebraucht, die mir noch in Friedenszeiten als für mich unerreichbar erschienen wären. Eine Inventur des Lagerbestandes kann ich jetzt, wegen Perso nalmangels, nicht machen, kann also meinen wirklichen Nutzen zif fernmäßig nicht festlegen, glaube aber, daß ich im letzten Jahre der besser rabattierten Hanptartikel wegen auch besser abgeschnitten habe, als sonst. Daß weite Kreise, die bisher vom eigentlichen Buchhandel nicht viel wußten, dem Buche gewonnen sind, das Gefühl habe ich unbe dingt, und wenn es auch schwer ist, eine Voraussage für künftig zu machen, so sehe ich doch keine Ursache zum Pessimismus, vorausge setzt, daß alle Teile unseres Buchhandels den jetzt gewonnenen Grundsätzen gemäß handeln. Einige Artikel im Börsenblatt, die auch dem Verlage sagen, daß er sich nicht immer ans ausgetretenem Geleise bewegen und Nenausgaben bloß der Konkurrenz wegen bringen darf, fanden meine besondere Billigung. Daß es auf allen Gebieten Sünder gibt und auch die Herren Sortimenter im »Gchenlassen« genügendes leisten, weiß ich. Es wird von beiden, meist aus Unkenntnis des betreffenden Gebietes, zu viel verlangt. Wenn ein ruhiges Handin- handarbeiten ermöglicht und auch mal dem Sortimenter eine große Partie überwiesen wird, die er bisher deswegen nicht vom Kunden er halten hat, weil die Erkenntnis, daß auch der Sortimenter zu demselben Preise wie der Verleger liefern kann, sich noch nicht ins Bewußtsein des Bestellers gehämmert hat, dann wird auch auf unserer Seite wieder mehr Arbeitsfrendigkeit einziehen, und wir werden anch wieder Personal bekommen, das, besser entlohnt, anch besser arbeitet und damit allen Teilen nützt. Ähnlichen kaufmännischen Grundsätzen huldigt ein Sorti menter aus einer mittleren badischen Garnisonsladt: Seit Kriegsanfang ist das Ladengeschäft ein ganz anderes ge worden als vordem. Der Umsatz hat sich um ca. ^4 erhöht, also eine Höhe erreicht, wie er wohl nie zuvor dagewcsen ist und so bald auch nicht wieder kommen wird. Der Grund ist zu suchen in den veränderten Verhältnissen. Juristen, Techniker, Ingenieure, sonst gute Kunden mit großen Jahresrechnungen, sind, soweit sie nicht ihrer Militärpflicht genügen, zu Kunden zweiten und dritten Ranges herabgesnnken; berufliche Bücher kaufen sie so gut wie nicht mehr. Den Behörden, Schulen usw. ist äußerste Sparsamkeit anempfohlen. Da hieß es, sich nun den ver änderten Verhältnissen anpassen, wollte man nicht unter die Räder kommen. Der Inhalt der Schaufenster wnrde erheblich ver ändert; billige Bücher fürs Feld, Ullstein-, Scherl-, Montanus-Bände traten an die Stelle der wissenschaftlichen Literatur. Die Ladentische zierten statt Geschenkliteratnr und ernster Werke die neuesten Zeit schriften, Zeitungen, Notizbücher, Ansichts- und Feldpostkarten und Jnstrnktionsbücher, wahrlich nicht zum Nachteil des Geschäfts. Den Bedürfnissen des einfachen Mannes sowohl wie derer, die Geeignetes zur Versendung ins Feld suchten, mußte Rechnung getragen werden. Und das war die Quintessenz des Ganzen. Es mußten Leute herangezogen werden, die sonst eine Buchhandlung nicht betraten. Die Einnahme für diese Kleinigkeiten erreichte jeden Abend eine sehr anständige Höhe, und der Verdienst war befriedigend, da sie gut rabattiert sind. Freundliche Bedienung, sachgemäße Be ratung taten ihr Teil dazu. Mit diesem gesteigerten Ladenbetrieb rückte die Weihnachtszeit heran. Das Lager war vollgepfropft. Bar Geld spielte keine Nolle, denn monatclangcr intensiver Kleinverkanf stillte das Bank konto. Es wurden Abschlüsse gemacht mit den Jugendschriftenver- legern: Ullstein, Montanns, Langewieschc nsw., alles mit erhöhten, Rabatt, meist größer als in Friedensjahrcn, dem Noten Kreuz wurden bilige Bücher angebotcn, und Tausende von Neclam- hcftcn, Hesses Bibliothek, Tornisterbibliothek abgesetzt. Der Fendrichschc .Kriegskalender erwies sich als ganz besonders lukrativer Artikel. Geschenkliteratnr wnrde sehr viel verlangt; Neuigkeiten von Keller, Braun, Presber, Stegemann, billige Ausgaben von Fischer, Ullstein, der Deutschen Bibliothek gingen sehr gut; weniger wurden Werke von Bloem, Herzog, Heer verlangt, die sonst im Vordergründe in den kleineren Städten stehen. Mehrfache An zeigen in den Tageszeitungen »Bücher fürs Feld« taten das ihrige. Es war ein Weihnachtsgeschäft wie noch nie in f r ü h e r e n I a h r e n. Und die Hauptsache war: die meisten Sachen wurden bar bezahlt, selbst von Kunden, die früher alles anfschreibcn ließen. Ich hatte das Gefühl, daß die Leute viel leichter kauften, als vor dem Kriege. Unser Gewerbe hat ebenso goldenen Boden wie jedes andere, das habe ich schon in vielen Versammlungen betont; aber, aber — es muß kaufmännisch betrieben werden. Vor dem Feste ist im Sprechsaal des Börsenblattes viel darüber geschrieben worden: »Ist der Buchhändler ehrlich?«. Ich habe im November und De zember etwa 15 bis 20 Romane und neue Erzeugnisse gelesen, na türlich nachts; denn ich empfehle prinzipiell kein Buch, das ich nicht kenne. Ich gehe von der Ansicht aus: ich verkaufe erstens leichter und zweitens dankbarer, wenn ich die Literatur, auf die es beim Weihnachtsfest ankommt, selbst kenne. Dagegen mache ich keine Ansichtssendungen, schaffe mir nach Mög lichkeit jede Arbeit, die ich sonst während des Jahres tue, vom Halse. Ich habe den ganzen Dezember kaum ein Börsenblatt gelesen, Lager ordnen auf spätere Zeit verschoben und mich nur dem Weihnachts geschäfte gewidmet. Schaffen mußte ich, da auch mir eingclernte Kräfte nicht zur Verfügung standen, wie noch nie in meinem Leben. Den ganzen Tag am Ladentische stehen und bedienen und nach Gc- schäftsschluß Kasse und Verschreibung machen strengt an; aber der Mensch kann viel, wenn es sein muß (Fortsetzung folgt.) Meine Verschickung nach Sibirien. Erinnerungen und Erlebnisse eines Nigaschen Buchhändlers. Von G. Jonck. 8°. 62 S. München 1916, I. F. Lehmanns Verlag. Brosch. 1 ^ ord. Mit dem Inhalt der vorliegenden Erinnerungen als eines be merkenswerten Kulturdokuments des Weltkrieges sind die Leser unseres Blattes bereits durch ihre Veröffentlichung in den Nummern 3—9 ds. Jahrgs. bekannt geworden. Viele von ihnen werden den Wunsch haben, sie in Buchform als geschlossenes Ganzes zu besitzen und auf- zubewahren. Zeigt sich doch in diesen schlichten und wahrheitsge treuen Aufzeichnungen eines unserer Berussgenossen die ganze Kultur- fcindschaft der Machthaber eines Niesenreiches, dessen rohe Kräfte von dem Neider jenseit des Kanals gegen uns entfesselt worden sind, um uns zu vernichten. Wie groß diese Gefahr war, ergibt sich nicht allein aus der Verwüstung unserer östlichen Provinzen, sondern auch aus dem Verfahren, das gegen einzelne Deutsche in Rußland eingcschlageu worden ist, nicht allein zu dem Zwecke, ihre Existenz zu vernichten, sondern sie auch persönlich zu quälen und zu schikanieren, gleichsam um den Haß, der gegen alles Deutsche herrschte und geschürt wurde, dessen Betätigung nach außen aber an der Wachsamkeit und dem Feldherrn talent eines Hindenbnrg scheiterte, an einzelnen deutschen Neichsange- hörigen auszulasscn. Selbst die Ehrfurcht vor dem Greisenaltcr war kein Hindernis für diesen Haß. Georg Jonck ist in gewissem Sinne ein Märtyrer, wie es hundert Jahre vor ihm Palm war. Denn gerade dort, wo eine niedriger stehende Kultur alles daran setzt, eine höhere zu verdrängen und zu vernichten, bedeutet der Bnchladcn und das Verlagskontor des Buchhändlers einen Damm gegen alle zerstörenden Absichten. Bricht auch dieser zusammen und begräbt die persönlichen Kräfte, die ihn hielten und festigten, unter sich, so stehen wir vor einem Schicksal, das aus der Vernichtung der Sache die Persönlichkeit umso schärfer und deutlicher hcrvortreten läßt. Da das Joncksche Buch wie kaum ein anderes geeignet ist, das russische »System« zu brandmarken, obwohl es nur die Geschehnisse sprechen läßt, so wäre ihm eine weite Verbreitung im Publikum zu wünschen. Denn das Schicksal seines Verfassers ist das von Tausenden Deutscher, die einst auszogcn, um deutsche Kultur nach Osten zu tragen, nur daß es nicht vielen gelungen ist, den schützenden Hafen der alten Heimat wieder zu erreichen. Heute stehen deutsche Truppen vor der Stadt, in der unser Bcrufs- genosse lebte nnd wirkte, che er nach Sibirien verschickt wurde. Er selbst harrt in der alten Heimat der Zeit, die ihn auf das gewohnte Arbeitsfeld znrückführen soll. Mögen sich die Dinge so gestalten, daß es ihm möglich wird, noch manches Jahr im Dienste des deutschen Gedankens auf vorgeschobenem Posten zu wirken. Sein Erleben in der Kriegszcit wird ein unvergängliches Blatt in der Geschichte dcö deutschen Buchhandels während des Weltkrieges bleiben. 139
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