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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.01.1916
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1916-01-04
- Erscheinungsdatum
- 04.01.1916
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. 2, 4. Januar 1916. Heuer Erhabene, das wir Vaterland nennen; um nichts anderes. Heute stehe» in den Lücken Landwehr und Landsturm — und es wäre nicht menschlich, zu sagen, daß sic nicht in erster Linie den Rücken vor ihre Familie, ihr Heim und ihren Besitz stellen. Aufgerciht auf das Nationalbcwußtsein aber sind diese mil lionenfachen Einzelküntpfe das gleiche, was uns (vielleicht M- sicher, aber nicht zäher) die Jungsoldaten selbstlos brachten: die Verteidigung des Vaterlandes. Daran sollt Ihr denken und Euch nicht durch Widerschwätzer beirren lassen, die leichtfertig mit dem Worte »Begeisterung» das ungeheuerliche Muß, die Ele mentarkraft dieses Krieges, übertünchen. Darum werden wir mit den Kameraden da draußen auch nicht über Fahnen und Glockengeläut sprechen, wir werden ihnen schlicht von den Familien erzählen, von den Frauen und von.den Kindern. Das ist ihnen das Liebste und Willkommene, die Seelen- stkrkung. Und so sei es auch mit den Büchern, die aus der Heimat in das Feld kommen. Gebt die stillen von den Hcidelandschaften und den Wäldern, von der kleinbürgerlichen Zufriedenheit und den glücklichen Familien; nehmt selten die lauten des großstädti schen Lebens, und — hütet Euch vor den tatfrischen Büchern dieses Krieges! Die Zeit meißelt die »16» an den blutigen Kriegsblock. Wohlan denn! Deutschland marschiert weiter . . . »Wenns dieSoldaten...« Da stand nun also der ehemalige Armierungssoldat (und cinst-einstmasige Buchhändler) auf dem Pionier-Kascrnenhofe, »rollte« die Hände zur Elastizität, drehte den Rumpf kreisend über die eingestandcnen Beine und sank, wenn es befchlsnotwen- dig wurde, federnd in die knackenden Kniee. Er hatte zwei Schritt Abstand von den Nebenmännern, deren einer 140,5 Zentimeter in der Höhe, der andere Wohl ebensoviel im Umfang maß, und wußte sich noch nicht ganz in die Dimensionen der soundsovielten Garnitur zu schicken. Indessen hatte er ja de» »Schwalben schwanz« schon beim Schippcrausmarsch abgelegt und wußte von den Lackstiefcln nur noch so viel, daß sie bequem auch noch in die Kommißstiefel hincingepaßt hätten. Als Hauptübung aber hatte er sich das Armcstrcckcn ausbc- dungen; es lag ihm nun einmal im Gefühl, als müsse er die lang- cntbehrtc, liebe deutsche Sonne, die schon septemberhoch stand, millionenfach umarmen. Freilich kreuzte das die Meinung des sonst so gemütvollen Unteroffiziers, der alle Bewegungen »eckig« haben mußte und nicht verstand, daß jemand die Arme bis zum Blauwerden sprei zen wollte. Und einmal fragte er mich, wie ich heiße. Als ich ihm munter meinen Namen nannte, sagte er kurzweg »Nein!«, und wie ich nun meinen Vornamen dazusetzte, schüttelte er den Kopf — er werde mich nachher nochmals fragen, ich soll es mir überlegen. Hilflos guckte ich zu meinen Nachbarn Zwei-Schritt- rechts und Zwci-Schritt-links; aber was sollten die mir sagen, wie ich hieße, ich kannte ja ihre Namen auch nicht und schließlich . . . schließlich mutzte ich es doch am besten wissen! Also »rollte« ich weiter, rang die Arme und sank in die Kniebeuge. Immer wieder aber riß mich dieses kategorische »Nein« aus der Ruhe und zweifelte meine Überzeugung an. Da entschloß ich mich, mein Gehirn durch unentwegtes Rumpfbeugen klarzurllcken, und wie ich das zum vierten Male tat und meinen Kopf gelenkig zwischen die Stulpenstiefel steckte, rutschte mein gutes altes Ar mierungssoldbuch wie ein rettender Engel rötlich aus der Hosen tasche. Ich richtete mich ans, machte eine unendlich weite Rumpf drehung nach hinten, warf schnell einen Blick in das Soldbuch — und nun, nun wußte ich es militärisch beglaubigt, daß ich doch so heiße. »So wars gut, wie es der Ricbicke macht, immer weil- herumdrchen, daun kommt die Gelenkigkeit wieder. Ach so« — und damit steuert der Unteroffizier auf mich zu — »wissen Sie jetzt, wie Sie heißen?« Ich war verdutzt: da nennt mich einer mit Namen . . . und wenn ich diesen Namen aussprcche, soll ich nicht so heißen. Also »—??« »Das könnten Sie doch schon wissen, daß Sie jetzt Pionier Riebicke heißen« — und damit wandte er sich eckig von mir. Ich sank in die Kniebeuge: eins — zwei . . . eins — zwei . . .»sw. 6 Von vornherein behaupteten unsere Vorgesetzten, daß wir nicht laufen könnten. Nun waren wir zwar allesamt bereits ein gutes Stück unseres Lebensweges gewandert, manche von »ns schritten sogar schon in den Jahren über Vierzig und schleppten obendrein noch den Ballast eines guten Wanstes ganz unbeschwer lich mit sich — aber schließlich gaben wir doch eine Widerrede als zwecklos auf, wie ja das Schweigen überhaupt die Erkennungs marke des guten Soldaten ist. Und so ergaben wir uns mit der unbedingt notwendigen stoischen Ruhe dem Schicksal, das uns täglich (sehr vielmal »täglich«) im Tempo links-zwei-drei-vier« hin und her auf dem Kaserncnhose »laufen« lehrte. Als uns dieser Pionierschritt erst einmal in den Knoche» saß, wurden wir ihn niemals mehr los. In seinem Nhhthmns lernten wir Bretter und Balken tragen, bauten wir Brücken auf und rissen sie wieder ab, schwenkten wir in Gruppen, Zügen und Kompagnien . . . . wahrhaftig, wir haben laufen gelernt! Das Glanzstück jedes Tages aber wurde der »Hoppegarten». So nennen wir schelmisch die prächtige Hindernisbahn, die sich in der ersten Zeit noch unfern Blicken sorgsam entzog, sich dann aber unzertrennlich unserm Dienst anschmicgte. Sie hat für jede Muskel etwas, beginnt mit Fuchslöchern und endigt (weit hinten) mit einem hohen Zaun zugespiyter Eisenstäbc. Die Fuchslöcher konnten wir mit Rücksicht ans unsere beleibteren Kameraden erst nach einigen Dienstwochen passieren; jetzt rutschen wir alle aal glatt durch. Auch Prägt sich der »Hoppegarten« mehr und mehr zum »Jungbrunnen« um. Der Pionier-Rekrut muß natürlich auch ein Gewehr haben, znm »Griffe klopprn«. Und es dauerte auch nicht lange, da hatte jeder von uns seine Knarre ans der Schulter, nannte das schloß- lose Ding stolz »Turngewehr« und zog damit — auf übungs- märsche. Nun, diese sind wie im Frieden, vielleicht weiter und öfter und sangloser. Das Schönste war immer die Musik, die uns ans dem Rückmarsch zwanzig Minuten weit entgcgenkam und die manchmal schon recht müden Beine wie am Draht nach sich zog. Dann faßten wir alle strammen Tritt, und es war — »Wenns die Soldaten durch die Stadt marschieren, Ofsnens die Mädchen Fenster und die Türen« —, daß man uns manchmal Blumen zuwarf und Zigarren, die be liebter waren. Gelegentlich marschierten wir auch hinter der Fahne. Aber cs war nicht unsere Bataillonssahne, denn weder kamen wir weit her, noch zogen wir weithin. Es geschah meist, wenn wir vom Wasscrübungsplatz kamen. Dann empfing uns vor der Stadt ein Trupp kleiner Jungen und trabte, den Fahnenträger in der Mitte, singend vor uns her. Und oft paßte cs so schön, daß sie gerade beim Vorbeimarsch am Denkmal unseres Kameraden Klinke mit Hellen Stimmen jauchzten: »Hoch lebe Deutschland — hoch unser tapferes Heer!« Ihre Altersgenossen aber vom andern Geschlecht standen am Stratzenrande und streckte» ihre Händchen bittend zu uns; wir sollten sie anfassen und ein Stück mitnchmcn. Da kam cs vor, daß mancher von uns vier, fünf Kinder neben sich her zog und — sinnend — nur noch mechanisch den Gleichschritt mit- trat . . . So wurden aus den Tagen Wochen und aus den Zivilisten Soldaten. Und im dritten Monat zogen wir die grauen Kappen über die blanken Helme, färbten das Lederzeug schwarz und wurden »Ersatz«. ein. Georg Försters Briefe an Christian Fried rich Bost, Hrsg, von Paul Zinckc. 8". Dortmund 1915, Druck und Verlag von Fr. Wilh. Nuhfus. XVIII, 265 S.) Preis brosch. 8 ^k, geb. 8 80 -s ord. Mit diesem Briefwechsel hat der Herausgeber Paul Zinckc so wohl der Literatur wie dem Buchhandel ein schönes Geschenk gemacht. Handelt es sich doch um den Briefwechsel mit einer Firma, die noch heute in Berlin besteht, wobei nur zn bedauern ist, daß die Briefe von Boß nicht erhalten sind und nur einige Bruchstücke von Förster seinen Briefen angejiigt werden. Aber anch aus den Briefen Försters geht das freundschaftliche Verhältnis hervor, in dem die beiden Bricfschrcibcr zueinander gestanden haben, und die selbstlose Art, in der Voß den ewigen Geldnöten Försters durch Vorschüsse zn begegnen
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