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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.09.1908
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 14.09.1908
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- Deutsch
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214, 14. September 1908. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. 9729 Ich ging zuerst zu Frommann, Der aber sagte: Komm man Mir nicht mit solchem Plunder! Das liegt wie Blei jetzunder. Der Tasso ging zwar leidlich; Doch das betheur' ich eidlich, Ich bin mit Ariosten Noch nicht auf meine Kosten. Bis 1806 war das Frommannsche Geschäft in erfreulichem Aufblühen begriffen, der Verlag war hochangesehen und zählte zu den bedeutendsten Deutschlands in damaliger Zeit, er gewährte ihm reichliche Arbeit und reichlichen Gewinn. Die Oktobertage dieses Unglücksjahres, von denen Frau From mann eine anschauliche, ergreifende Schilderung gab*), die auch in dem Buch ihres Sohnes mit verwendet ist, wirkten lähmend auf die geschäftliche Tätigkeit. Zwar wurde das Frommannsche Haus vor Plünderung bewahrt, aber große pekuniäre Lasten erforderte die Verpflegung der Einquartierung, und vor allem stockte Handel und Wandel; und die folgenden Jahre waren auch nicht dazu angetan, dem Geschäft größere Ausdehnung zu geben und neue Autoren zu gewinnen. Bezeichnend ist, was Göschen in dieser Hinsicht von Frommann schreibt**): »Sehn Sie, um Gotteswillen, nicht thütiger, als Sie nothgedrungen sehn müssen. Wir wissen jetzt nicht, wohin mit unfern Sachen. Und wenn sie wohin wissen, wie kommen Sie zur Bezahlung? Sparen Sie alles, was Sie Ostern zu erwarten haben, denn wir wissen nicht, was wir davon bekommen. Ich habe nicht mehr wie einen Ballen Papier für 19 Thlr. gekauft. Zahlen Sie niemand, der es entbehren kann, bis Ostern, damit Sie Geld in Händen haben, wenn Sie etwas einnehmen. Auf andre Leute, auf Tratten läßt sich nichts rechnen, und jetzt kann niemand dem andern auftragen, Geld mit der Post zu senden, weil zu viele Streifpartheien die Posten an fallen«. Die traurigen Zeitumstände, die allgemeine Not trafen um so schwerer, als Frommann gerade neue Unternehmungen begon nen hatte, die er nicht ohne Benutzung seines Kredits durchführen, ebensowenig aufgeben konnte. Der Absatz der wissenschaftlichen, noch mehr der belletristischen Literatur stockte, in den Messen wurde schlecht gezahlt, Geldverlegenheiten waren unvermeidlich und Opfer von allen Seiten gefordert. »Es gehört viel Muth dazu«, sagt der jüngere Frommann, »nicht die Flügel sinken zu lassen, und eine Frau wie meine Mutter, die ihm redlich tragen half und zugleich so meisterhaft verstand, sich einzurichten und mit wenigem viel zu leisten. Denn, beschränkte sich auch der freund schaftliche Umgang auf einen engen Kreis mit sehr bescheidenen Anforderungen an die leibliche Verpflegung, so wurde doch die Gastfreiheit des Frommannschen Hauses aufrecht erhalten«. Gerade in diesen schweren Jahren erlebte sie ihren Höhepunkt, da gerade in jene Jahre der Hauptverkehr mit Goethe fiel. Auch der Familienkreis von Frommann vergrößerte sich, indem, nach dem schon früher der Bruder, der Buchdrucker Wesselhöft, sein Geschäft nach Jena verlegt hatte, auch die Mutter, zwei Schwestern und eine Stieftante von Frau Frommann nach Jena übersiedelten und so den Kreis erweiterten, in dem sich Goethe vorzugsweise wohl fühlte. Wenn sich unter dem Druck der Fremdherrschaft nun auch jeder einschränken mußte, so gewann andererseits die Geselligkeit durch das enge Aneinanderschließen der vom Franzosenhaß gleich erfüllten Gemüter, das sich auch auf die auswärtigen Freunde erstreckte. Jena war damals ein Herd vaterländischer Gesinnung, die auch auf die studierende Jugend mächtig einwirkte. Goethe war bald nach der Übersiedelung Frommanns nach Jena in Beziehungen zu diesem getreten, vielleicht durch gemein same Jenaer Bekannte, vielleicht auch durch Goethes Vertrau ten und Freund Riemer, den Lehrer seines Sohnes August, *) Vor, während und nach der Schlacht bei Jena 1806. Gleich zeitige Niederschriften von Johanna Frommann geb. Wesselhöft. **) Das Frommannsche Haus S. 93. Börsenblatt sür den Deutschen Buchhandel. 7b. Jahrgang. der durch sein Wörterbuch und andere Arbeiten mit Frommann geschäftlich zu tun hatte. In der Buchdruckerei, die dann From mann in Gemeinschaft mit seinem Schwager Wesselhöft betrieb, wurden für Cotta Goethes Werke gedruckt. Mit Frau Frommann teilte Goethe die Vorliebe zum Garten bau; sie tauschten Sämereien und Gartenfrüchte aus, Delikatessen wurden von Jena nach Weimar gesandt, auch Stickereien und Zeichnungen. Goethe revanchierte sich mit Andenken aus Karls bad und mit Einladungen nach Weimar zu Konzerten und Opern vorstellungen. Viel und gern hat er in Frommanns Hause ge weilt und 1806 auch seinen Geburtstag dort gefeiert. Die Briefe, die er bis kurz vor seinem Lebensende an die Angehörigen der Familie schrieb, sind ein vollgültiges, schönes Zeugnis für die Liebe und Verehrung, die er für das Haus Frommann empfand. In Frominanns Hause traf er auch mit dessen Pflegetochter Minna Herzlieb zusammen und war ihr bald aufs herzlichste zugetan; in späteren Jahren hat er gestanden, daß er sie innig geliebt und sie ihm als Vorbild für die Ottilie in den »Wahlver wandtschaften« gedient habe. »Niemand verkennt in diesem Roman«, sagte er, »eine tiefe, leidenschaftliche Wunde, die im Heilen sich zu schließen scheint, ein Herz, das zu genesen fürchtet. Der 3. Oktober 1809 (als der Druck beendet war) befreite mich von dem Werke, ohne daß die Empfindung des Inhalts sich hätte verlieren können.« Auch in Sonetten hat er ihr gehuldigt. Das junge Mädchen, damals siebzehn Jahre alt, hat von dem Liebeswerben des altern den Mannes nichts gespürt; sie hat sich gefreut, daß »der liebe alte Herr« sie gern hatte;sie war stolz auf seine Huldigungen, freute sich über seine kleinen Geschenke, sang seine Lieder mit der Innig keit eines schwärmerischen Gemüts und lauschte mit Andacht seinen Worten. Weiter aber auch nichts. Erst später ist ihr wohl die Er kenntnis der Liebe Goethes gekommen; ihr späteres Schicksal ist tragisch gewesen; unglücklich verheiratet, hat sie ein freudloses Leben geführt und ist schließlich 1865 in einer Heilanstalt in Gör litz gestorben. Als die Befreiung vom Feindesjoch geschah und die Ver hältnisse besser wurden, hätte es wohl nahe gelegen, daß From mann seinen Verlag vergrößerte und seine Verbindungen und Freundschaften ausnutzte. Das geschah nicht, vielleicht scheute er sich, zu den alten Lasten neue zu nehmen, vielleicht auch war ein persönliches Empfinden daran schuld. »Er lebte Wohl des Glaubens, daß persönliche Freundschaften durch geschäftliche Beziehungen leicht getrübt werden; er wollte die Freundschaft der Freunde genießen als ein unabhängiges Gut; er fürchtete wohl, daß die manchen kleinen und gröberen Dinge, welche immerhin trotz besten Willens auf beiden Seiten, zwischen Verfasser und Ver leger treten könnten, ihm hie und da einen Schaden an jenen feinen geistigen Gütern zufügen möchten, der ihm sehr schmerz lich gewesen wäre«, meint W. Hertz. Ihm war die Freundschaft mit ihrer anspruchsloseil Geselligkeit ein Bedürfnis. Er wollte sich diese Freundschaft rein erhalteil und den Seineil als ein heiliges Erbteil überliefern. Daß er nie den Versuch machte, Goethes Verleger zu werden, lag auch daran, daß er mit Cotta sehr befreundet war, für diesen Goethes Schriften druckte und es gegen seine Natur gewesen wäre, Cotta Konkurrenz zu machen. (Schluß folgt.) Kleine Mitteilungen. " Interparlamentarische Konferenz. — Die 15. Konferenz der Interparlamentarischen Union wird in den Tagen vom 16 bis 19. September 1908 in Berlin zusammentreten. 899 Teilnehmer sind angemeldet, davon: aus Belgien 105, Canada 6, Däne mark 49, Deutschland 81, Frankreich 44, Großbritannien 71, Holland 57, Italien 127, Japan 1, Norwegen 25, Österreich 111, Portugal 20, Rumänien 43, Rußland 9, Schweden 16, der Schweiz 7, Spanien 5, Ungarn 95, den Vereinigten Staaten von Amerika 26. Außerdem haben 255 ausländische und 38 deutsche Damen ihre Teilnahme angemeldet. 1271
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