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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.09.1908
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- Erscheinungsdatum
- 08.09.1908
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- Deutsch
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9486 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 209, 8. September 1VV8. besten gegen den Nachdruck gekämpft. Auch dessen Zorn Uber die größte Zunft auf Erden, die Diebe, oder das, was Lessing, Kant, Goethe den Nachdruckern ins Stammbuch schrieben, wird Herr Steiger nur unbegreiflich »komisch« finden. Als dann im achtzehnten Jahrhundert die Privilegien einen immer fadenscheinigeren Schutz gewährten, und als mit den fortschreitenden Verkehrsverhältnissen der Nachdruck den Ehrlichen immer härter traf, da haben die Schriftsteller mit ihren Verlegern vereint den heißen Kampf geführt. Lesen Sie einmal nach, wie die Reich und Breitkopf sich geplagt und gemüht haben, bis endlich die erste Buchhandelsgesell schaft 1765 zustande kam und bis man der sächsischen Re gierung das berühmte Dezember-Mandat von 1773 abge rungen hatte. Vielleicht haben Sie dann für Ihre wackeren Standesgenossen von damals etwas mehr übrig, als ein Komisch-finden! Ein einheitliches Verlagsrecht für das ganze Reich haben sie allerdings noch nicht zu stände bringen können. Dazu brauchte es stärkerer Kräfte. Wie auch die Juristen, ein Beier, Carpzow und Pütter sich mühten, in zur« Romano vsl O-lvovico stand kein Satz gegen den Nachdruck. Der Nachdrucker und seine Verteidiger stehen fest auf ihrem Schein, dem gegebenen Recht. Es gibt nur das Privileg — und das gilt bis zu den Landesgrenzen und dem Tag seines Ablaufs — und gewisse Einfuhrverbote, Nachdrucke in andere Länder, z. B. nach Sachsen, zu bringen. In einer Berliner Gegenschrift gegen die bekannte Dessauer Gelehrtenbuchhand lung wird lebhafte Verwunderung ausgesprochen über das Verlangen der Gelehrten, daß ihnen im Brandenburgischen nicht nachgedruckt werden solle. »Als wenn wir keine Ware fabrizieren sollten, die in Dessau fabnziert wird!« und dann heißt's mit Betonung: »die Untertanen des Königs von Preußen hängen nicht von dem Willen anderer Fürsten ab«. — Heute sagt man »Gesetze der Völker« und ist über dem großen Wasser sehr erstaunt und entrüstet, wenn Europa mit seinen »Phrasen und Redensarten« von Kultur und Rechtlichkeit die amerikanischen Fundamentalgesetze kritisiert. In dem literarisch unproduktiven Süden des Reichs, in Österreich vor allem, hat kein Gesetz den Nachdruck damals verboten. Gerade wie heute im freien Amerika. »Viele inländische Hände zu beschäftigen und die durch sie fabri zierten Waren gegen ausländisches Geld umzutauschen«. So lautet das staatliche Wirtschaftsprinzip. Man hat in den engen Anschauungen des Merkantilismus gewerbliche und rechtliche Grundsätze ohne Bedenken gemischt. Gerade wie heute die Union die gewerblichen Interessen mit ihrem Autorrecht noch nicht auseinanderhalten kann oder will. Keine 16 deutsche Bücher hat die NanukaoturinZ elarwo in 16 Jahren den amerikanischen Setzern zuweisen können. Die Anregung des Herrn Fritz Schwartz, zu untersuchen, wieviel fremde Werke überhaupt in den Vereinigten Staaten von Amerika neu gesetzt und gedruckt worden sind, hat deshalb sehr wohl einen Zweck. Wenn nämlich die andern Länder den amerikanischen Setzern nicht mehr Arbeit lieferten als Deutschland, so werden diese Arbeiteivereinigungen bald ge neigt sein, den Kulturbestrebungen der übrigen Welt die Hand zu reichen. Dagegen, daß original-amerikanische Bücher zum Schaden der Arbeiter im billigeren Ausland gesetzt würden, ließe sich wohl bei den schutzzöllnerischen Talenten ihres Landes ein Mittel finden. Den Schriftstellern, die für ihr gutes Recht fochten — so haben sie in ihrer Einfall eben immer gemeint —, ist's damals, wie heute, schlecht ergangen. Ein Jenaisches »US8P0V8UW suri8 samt völligem Beifall der juristischen Fakultäten von Gießen, Erfurt und Helmstädt« hat anno 1722 den Autoren eröffnet: Die Ehre der Erfindung gehört nächst Gott dem Autor. Der kann seine Erfindung be halten, bis er einen Liebhaber findet, der ihm ein Honorarium für seine Intervention und Mühe zahlt, oder bis er von hoher Obrigkeit ein Privileg ausgewirkt hat.*) Heute steht ihm frei, seine Aushängebogen zu verkaufen oder sich in Washington eintragen zu lassen. Johann Georg Heinzmann, ein böser Nachdrucker zu Ende des achtzehnten Jahrhunderts, hat den »Geldautoren« in einem »Appell an meine Nation« 1795 grimmig seine Nachdruckermeinung gesagt, die sich nicht schämten, in ihrem »Geiz« immer bessere Bedingungen für sich zu erstreben. Heute scheucht Herr Steiger den deutschen Schriftstellern die anmaßenden Luftschlösser aus den nebulösen Köpfen und mahnt sie, ihre kritischen Gedanken von den »Rechten« der großmächtigen Union zu lassen. »Überschreien« können Sie uns, Herr Steiger, »über- schreiben« sollen Sie uns gewiß nicht! Und wir haben einen prachtvollen Bundesgenossen, der heißt: Entwickelung. Im achtzehnten Jahrhundert war kein voll wirksamer Schutz erstritten worden. Aber die Idee wurde stärker und machtvoller, und die wirtschaftlichen Um gestaltungen halfen zum Sieg. Erst als der nachdruckende Süden (Österreich vor allem) ein eigenes original-buch- gewerbliches Leben entwickelte, als man süddeutschen Original verlegern mit dem »rooiproouw« des Nachdrucks vom Norden hatte drohen können, im zweiten und dritten Jahr zehnt des neuen Jahrhunderts, war der Boden für eine allgemein schützende literarische Gesetzgebung vorhanden. Es gibt eben immer und überall Menschen, die nur Gefühl für ihre Tasche haben. Jetzt mag unsere Stellung zu den Vereinigten Staaten noch eine ähnliche sein, wie man in Leipzig 17s1 über Österreich schreibt**): ». . . . denn Re pressalien auszuüben und Werke der Buchhändler in Kays. Königl. Landen nachzudrucken sey zur Zeit, so lange die dortige Literatur nicht fruchtbarer an guten Büchern sey, als bishero, noch nicht möglich«. In absehbarer Zeit wird aber auch die Union geistig so weit sich entwickelt haben, daß sie eine eigene Literatur hat, die in der alten Welt Interesse und Liebhaber findet. Das drohende »Reziprokum« wird der Union dann den geistigen Anschluß au die Kulturvölker etwas plausibler und wünschenswerter machen. Bis dahin soll der Vertrag von 1892 stehen bleiben. Aber auch nur so lange! Und jetzt noch einmal zu Herrn Steiger. Seine Auf klärung hat uns nichts Neues bringen können. Seinen mit Emphase betonten und wiederholten Hauptsatz, daß der Nach druck deutscher Literatur nach den Gesetzen der Vereinigten Staaten regelmäßig erlaubt sei, wissen wir alle. Bei uns leben aber auch ivtra Ivxso sehr mäßige Menschen kinder. Überm Wasser mag das ja anders sein. Daß dann den deutschen Autoren durch den amerikanischen Nachdruck nur Reklame gemacht wird und daß sie dadurch nur zu großem Danke verpflichtet seien, ist kaum mehr als ein schlechter Witz. Daß der vorherige Abdruck eines Buches in einer Zeitung das nachher erscheinende Buch im Absatz mindert, ist zweifellos. Denn die Schicht der Leser, die nach der Lektüre eines Werkes dies auch noch zu besitzen wünscht, ist sehr klein. Es wird hier wie drüben gelten, daß die große Masse der Leser ein Buch nur gelesen haben *) Abgedruckt in: -UnpartheyischeS Bedenken, worlnnen aus allen natürlichen, göttlichen und Menschlichen Rechten und Gesetzen klar und deutlich ausgeführt und bewiesen wird, daß der unbefugte Nachdruck privilegierter und unprivilegierter Bücher ein grob schändliches, allen göttlichen und menschlichen Rechten und Gesetzen zuwiderlauffendes Verbrechen und infamer Diebstahl sey». Cöln 1712. **) Archiv XIV, 306.
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