209, 8. September 1908. Fertige Bücher. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel 9495 Verlag von Egon Fleische! Sc Co., Berlin IV. 9 Nur hier angezeigt: Aus der Frankfurter Theaterchronik von Fedor Mamroth 2 Bde. ord. M. 10.— geh., M. 12.— geb. netto 25 °/g, bar33'/z°/„ und 9/8. Einband des Freiexemplars wird berechnet. Nach dem Tode Fedor Mamroths war in den Zeitungen häufig von seinen berühmten Theaterkritiken die Rede. Man zitierte prägnante Schlagworte daraus und hoffte, daß die Dramaturgie, welche sie präsentierten, dem Schlummer in den Spalten der Frankfurter Zeitung entrissen werden könnte. Leute liegt nun diese Frankfurter Dramaturgie vor uns: zwei starke Bände, verständnisvoll redigiert und chronologisch geordnet, mit einem verläßlichen Register versehen. Aus achtzehn Jahren Theater dienstzeit sind die erlesensten Essais aneinandergereiht, so daß dies Werk nicht bloß dem Schauspieler, Theaterinteressenten und Ästheten ein Genuß, sondern jedem Literaturfreunde wegen der Stofffülle und Vielseitigkeit des Materials eine reiche Quelle der Anregung sein dürfte. Man kennt Mamroths leuchtende Sprache. Durch das Medium seines Geistes rücken selbst Werke und Leistungen dritten Ranges in eine zeitweise magische Jntereffantheit. Trifft aber die Seele dieses Dichters, der ein Journalist war, auf verwandte Seelen, so entstehen Bekenntnisse tiefer wundervoller Art, kleine lichte Filigrangespinste, die auch um ihrer selbst willen bestehen würden. So glaubt man es gern, daß zum Beispiel die innigen Worte Mamroths über „Wenn wir Toten erwachen" manchem Leser näher gehen werden, als das ganze ergrübelte Stück des alten Ibsen. Die intuitive Durchfühlung eines Kunstwerks war Mam roths Größe. Linier dem „Baumeister Solneß" spürte er das leidenschaftliche Erlebnis des greisen Poeten, eben jene Episode in Tirol, von der die Welt erst nach des Norwegers Tode, also zehn Jahre nach dem Erscheinen des Referats, erfahren hat. — Mit welchem edlen Enthusiasmus hat er bei ihrem ersten Erscheinen die Düse begrüßt! Die herrlichen Dithy ramben gehören zu den köstlichsten Partien des Buches. Auch Sonnenthal, Schweighofer, Poffart, Kainz, Laase, Coquelin, die Burgtheaterschauspieler Lewinsky, Mitterwurzer, Lartmann, die Sarah Bernhardt, die Rejane, die Odilon, die Raabe, die Lading, die Maeterlinck, die Frank, die Triesch, die Iudic, die Segond-Weber erfahren ausführliche Würdigungen. Anderen Künstlern kommt Mamroth mit seiner reichen Theatererfahrung, mit seinem profunden Wissen um die Bühnentechnik zu Lilfe. Gastspiele von Künstlern, die zu dauernden En gagements in Frankfurt führten, wie auch Abschieds vorstellungen langjähriger Mitglieder sind in die „Frankfurter Theaterchronik" ausgenommen. Eins der schönsten Kapitel umfaßt das Jahr 1902, das den Abschied vom alten Frankfurter Schauspielhaus und einen literarhistorischen Zyklus von Muster vorstellungen schildert. Theatergeschichtliche Exkurse, mit eigenen, seltenen Erinnerungen verflochten, geben diesem Kapitel ein bedeutendes Gepräge. Das Bezwingende und Einzige dieser Kritikensammlung wurzelt in der Persönlichkeit ihres Verfassers, die in ihrer unerbittlichen kritischen Schärfe, aber auch in ihrer unbestochenen, von Vorurteilen freien Menschenliebe daraus hervorleuchtet. 1241*